Gemeint sind die 20 Jahre vor 1991 (Zeitpunkt des Reich-Ranicki-Statements). Die von dir beklagte Häufigkeit von Sexszenen im TV verdankt sich der implizit oder explizit an Drehbuchautoren gestellten Forderung, solche Szenen in den Plot einzubauen. Manche Regisseure lösen diese Aufgabe gut, andere weniger. Vielleicht spielst du auf solche Szenen vor allem in deutschen Produktionen wie z.B. "Tatort" an, wo sie in der Tat aufdringlich und unelegant wirken, weil mit deutschen Schauspielern kein wirklich guter Film zu machen ist; ihr Spiel und ihre Sprechweise wirken, im Unterschied zu ihren Kollegen in den USA, England und Frankreich, meist sehr hölzern und aufgesetzt. Aber ich komme vom Threadthema ab.
Was du über den deutschen Film sagst, empfinde ich dort überhaupt nicht [explizit: Film!], dafür aber beim französischen Kino häufiger mal.
Ich habe mich mit Reich-Ranicki zwar vor etlichen Jahren versöhnt (mit Mein Leben und noch einmal mit seiner gloriosen "Dankesrede", dieser Philippika auf das deutsche Fernsehen), aber als Literaturkritiker habe ich ihm auch so manche seiner Rezensionen übel genommen, besonders in solchen Fällen, wo ich den Eindruck hatte, dass er das rezensierte Buch gar nicht gelesen hatte. Meine erste Begegnung mit RR behandelte seine Rezension von Bölls Ansichten eine Clowns, von RR mit Ressentiments eines Clowns überschrieben. Wer die Ansichten kennt, wird die Ressentiments nicht verstehen.Genau genommen schließt RR die "Blechtrommel", die er übrigens für den einzigen - ich zitiere - "sensationellen" Roman von GG hielt, in sein Verdikt nicht ein, da er sich nur auf die 20 Jahre vor 1991 bezieht.