Tito und Jugoslawien

H

hyokkose

Gast
wthurner schrieb:
Tito, über dessen andere Leistungen ich hier kein Urteil abgeben will, tat nicht schlecht daran, die Nationalisten in die Gefängnisse zu stecken
Ob sich diese Politik ausgezahlt hat, mag man füglich bezweifeln. Möglicherweise hat gerade dieser Druck die vorhandenen Ressentiments verstärkt.
 
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Eine Frage:

Hallo Hyokkose,
Deinen Einwand habe ich mir auch schon überlegt. Nur, wie hätte nach Deiner Meinung dann
Tito gegen die diversen Nationalisten (anders) vorgehen sollen?
 
Lieber Wthurner,
niemand kann sagen, was gewesen wäre, wenn Tito sich in dieser oder jener Frage anders verhalten hätte, als er es getan hat. Man kann nur feststellen, daß seine Politik gescheitert ist, denn schon zum Zeitpunkt seines Todes gärte es gewaltig.
 
Tach, oder besser Nabend Wthurner,
dass, was Du angemerkt hast, kann ich in jedem Fall unterschreiben.
Was mir in meinem Beitrag unterlaufen ist - auch da hast du recht - ist die Vermischung zweiter sachverhalte. Auf der einen Seite habe ich versucht, zu begründen, dass die Formierung einer eigenständigen bosnischen Nationalität nach heutigen Maßstäben gemessen, vollkommen gerechtfertigt ist.
Dass die Bosnier - egal, ob muslimischer, katholischer oder Orthodoxer Konfession - auch heute noch massiven nationalradikalen politischen Einflüssen aller Seiten unterliegen, ist leider auch eine Tatsache.
Fanal dieser national-sezessionistischen Politik ist die Sprache.
Kleiner Exkurs:
In BiH wurde in Jugoslawien die sogenannte ije-kavische Variante der serbo-kroatischen Sprache gesprochen. Am weitesten verbeitet war die sprachliche Grundform der sto-kavstina (Benannt nach dem Fragepronomen sto?/was, bzw. warum). Um Zagreb herum sprachen damals einige Leute kajkavstina (kaj?/was?), in Serbien und an Serbien grenzenden Teilen Bosniens "stakavstina" (Sta?/ auch: was?).
Milch hieß "mlijeko" (wird so ausgesprochen, wie es geschrieben wird).
In Serbien dominierte die e-kavische Ausprägung, also "mleko".
Nur noch in Dalmatien, und selbst dort nur lückenhaft, war die i-kavische Ausprägung der sto-kavstina verbreitet. Milch gleich "mliko".
Was während und nach dem Krieg passierte, war Politik mit linguistischem Anstrich.
Klar, die Kroaten bestehen darauf, dass sie Kroatisch sprechen, die Serben darauf, dass sie Serbisch sprechen und die bosnische Politikelite führt die Bosnische Sprache ein. Eine Komikertruppe aus Sarajevo hat damals mit Recht darauf hingewiesen, dass man in Montenegro dringend zwischen Montisch und Negrinisch unterscheiden sollte...
Jedenfalls sind auf allen drei Seiten durchgeknallte Sprachenforscher dabei, diese Sprachen, die im Ursprung Dialekte derselben Sprache sind, radikal umzustrukturieren. darüber kann ich ein Lied singen, ich muss nämlich jeden Tag Texte in (neu-)kroatisch verfassen.
In Bosnien werden immer mehr türkische Wörter in den Sprachschatz eingefügt und in Kroatien heißt das Telefon, das immer Telefon hieß, jetzt brzoglas (schnelle Stimme - na bravo...).
Was Tito angeht - meine persönliche Meinung ist, dass jedes System - nenne es sich demokratisch oder sozialistisch - gut daran tut, gegen radikale Nationalisten mit unbarmherziger Härte vorzugehen. Man muss sich aber klar machen, dass solch' hartes Vorgehen auch Willkür und persönlichen Rachegelüsten Tür und Tor öffnet.
Was die Massenerschießungen von kroatischen Domobranenoffizieren (so 'ne Art Wehrmacht) und Ustascha-Anhängern nach dem Zweiten Weltkrieg angeht, ist es so, wie Milovan Djilas (erst ein enger Vertrauter und Kampfgefährte Titos, dann unbarmherziger Kritiker des Systems) es damals schrieb. Ich kann es nur sinngemäß wiedergeben:
"Verräter und Aufrührer erwartet im Kriege überall dasselbe Schicksal. Auf dem Balkan gibt es leider mehr davon, als anderswo."
 
Hallo hyokkose!
Noch kurz zu Tito. Egal, mit wem Du heute redest. Mit Menschen von Kroatien bis Mazedonien. Die sagen dir selbst: "Wir brauchen einen Politiker, der uns mit Härte führt. Sonst kommen wir nicht aus dem Quark."
Damit verstricken sie mich immer in Diskussionen, weil diese Forderung ja einem Eingeständnis der eigenen Unmündigkeit gleichkommt. Und das haben die Leute hier (Balkan allgemein) garnicht nötig. Sport, Kultur, IT-Branche - unglaublich talentierte, clevere Leute. Was politische Mündigkeit angeht - unheimlicher Nachholbedarf. Vermutlich die Folge jahrhundertelanger Fremdbestimmung.
Gruß,
Halbblut
 
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Hallo Halbblut,

ich muß Deinen jüngsten Beiträgen vollkommen zustimmen. Schon interessant, daß Du heute
mit den sprachlichen Rohrkrepierern der Nationalisten kämpfen mußt. Diese neuen sprachli-
chen Nationalismen werden sogar im (z.B. kroatischen) Fernsehen bei Quizspielen, wo Geld zu gewinnen ist, abgefragt.

Zu Deiner Bemerkung :

" Egal, mit wem Du heute redest. Mit Menschen von Kroatien bis Mazedonien. Die sagen dir selbst: "Wir brauchen einen Politiker, der uns mit Härte führt. Sonst kommen wir nicht aus dem Quark." "

noch folgende Anmerkung : unter Tito lebten die Jugoslawen 35 Jahre, ohne grosses Blutvergiessen, einigermaßen einträchtig beieinander, wer glaubte sein eigenes nationales "Süppchen" kochen zu müssen wurde (wie ich meine, berechtigterweise) abgestraft.
Hätte es eine Alternative hierzu gegeben?
Diese Frage ist auch an Hyokkose gedacht.
 
wthurner schrieb:
noch folgende Anmerkung : unter Tito lebten die Jugoslawen 35 Jahre, ohne grosses Blutvergiessen, einigermaßen einträchtig beieinander, wer glaubte sein eigenes nationales "Süppchen" kochen zu müssen wurde (wie ich meine, berechtigterweise) abgestraft.
Hätte es eine Alternative hierzu gegeben?
Diese Frage ist auch an Hyokkose gedacht.


Ich heiße zwar nicht Hyokkose oder Halbblut, wage aber trotzdem eine Antwort. M.E. beginnt die innere Krise Jugoslawiens nicht mit dem Tod Titos sondern bereits davor. Schon Ende der 60er-Jahre und während der 70er kommt es zu Unruhen und Spannungen. So kommt es bereits 1971 zu Kämpfen in Bosnien. Und auch anderswo gärt es bereits damals: Tito muss sich mit "Konterrevolution" und Nationalismus in Kroatien herumschlagen. Letztlich schafft er es nur durch eine Politik der starken Hand und Säuberungen das Gebilde zusammenzuhalten.
Tito war wohl definitiv die Symbolfigur einer "panjugoslawischen" Idee aller Südslawen. Letztlich wurde Jugoslawien auch und gerade durch ihn trotz innerer Unruhen und Krisen zusammengehalten. Doch bereits mit seinem Tod ist deutlich zu sehen, dass die Krise schon sehr weit fortgeschritten ist. Mag er vielleicht versucht haben das zusammenzuhalten und autoritär Nationalismus zu unterdrücken. Aufhalten konnte er den Zerfall so aber nicht. Damit war eben auch er ein Teil des Problems.
Um mal eine provokante These in den Raum zu stellen: Am 04.05.1980 (Titos Todestag) hätte sich Jugoslawien entscheiden müssen zwischen Staatenbund oder Föderation. Das aber wurde angesichts der seit den 70ern andauernden Staatskrise um Inflation, Arbeitslosigkeit, Zusamenbruch des Binnenmarkts etc. nicht ernsthaft diskutiert. Und ab da "passiert dann, was passieren muss". Der Zerfall ist kaum mehr aufzuhalten, die Spannungen (z.B. im Kosovo) nehmen zu.
 
Es ist eigentlich noch nie gut gegangen, wenn man verschiedene Völker mit Gewalt unter einem Dach vereinigen will. All diese Reiche und Staaten sind letztlich, oft verbunden mit Kriegen zerfallen und untergegangen. Das war bei Alexander und den Römern so, bei den Osmanen war es nicht anders. Ebenso in Österreich-Ungarn. Und heute in der UdSSR bzw. in Russland, der CSSR und eben in Jugoslawien. Aber beileibe ist das kein europäisches Problem. Die Kurden im Nahen Osten, die Palästinenser in den besetzten Gebieten, Kaschmir in Indien, die Unruhen in Indonesien. Bürgerkriege in Afrika, weil in den künstlichen postkolonialen Staatengebilden ein Stamm den anderen unterdrückt.

Man kann auf Dauer nicht gegen den Wunsch der Menschen auf freie Entwicklung ihrer eigenen Kultur regieren.
 
So wie ich wthurner meine verstanden zu haben, ist er eben der Ansicht, dass es sich in Jugoslawien gar nicht so sehr um verschiedene Ethnien gehandelt hat:

wthurner schrieb:
Du unterscheidest zwischen Kroaten, Serben und Bosnaci , postulierst verschiedene Nationalitäten und beklagst die Unterdrückung der Nationalismen durch Tito (" Am Ende gewinnt Tito und rechnet mit den Nationalisten unbarmherzig ab").
Die wichtigste Klammer der Jugoslawen ( die Sprache) unterschlägst Du in deiner Aufzählung der eigenständigen Nationalität der muslimischen "Bosnier". Stipan hat hier schon mal behauptet kroatisch unterscheide sich wesentlich von serbisch bzw. bosnisch.
In Wirklichkeit handelt es sich um die serbo-kroatische Sprache mit Unterschieden die etwa mit denen zwischen Süd-und Norddeutschland vergleichbar sind.
Weil die Bayern kulturell, religiös(katholisch) und in ihrer gesellschaftlichen Struktur eine eigenständige Entwicklung durchgemacht haben wie z.B. die Schleswig-Holsteiner sprechen wir noch lange nicht von einer bayrischen Nation.

Ich gebe dir hinsichtlich der von dir beschriebenen Beispiele recht. Andererseits gibt es auch positiv verlaufene Entwicklungen. Beispielsweise in Südafrika. Wären sich die damals bis aufs Blut verfeindeten Parteien nicht nähergekommen, hätte es vor 10 Jahren mächtig knallen können.
Etwas anders verhält es sich im Palästinakonflikt. Das ist nur ganz bedingt mit dem Ende Jugoslawiens vergleichbar.
Stellt sich die Frage ob und wie Jugoslawiens Zerfall hätte aufgehalten werden können. Und eben da sind wir dann auch bei Tito gelandet.
 
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manganite schrieb:
Es ist eigentlich noch nie gut gegangen, wenn man verschiedene Völker mit Gewalt unter einem Dach vereinigen will. All diese Reiche und Staaten sind letztlich, oft verbunden mit Kriegen zerfallen und untergegangen. Das war bei Alexander und den Römern so, bei den Osmanen war es nicht anders. Ebenso in Österreich-Ungarn. Und heute in der UdSSR bzw. in Russland, der CSSR und eben in Jugoslawien. Aber beileibe ist das kein europäisches Problem. Die Kurden im Nahen Osten, die Palästinenser in den besetzten Gebieten, Kaschmir in Indien, die Unruhen in Indonesien. Bürgerkriege in Afrika, weil in den künstlichen postkolonialen Staatengebilden ein Stamm den anderen unterdrückt.

Man kann auf Dauer nicht gegen den Wunsch der Menschen auf freie Entwicklung ihrer eigenen Kultur regieren.

wenn das so ist, dann gebt den Basken endlich ihre Unabhängigkeit, damit die ETA nicht weiter mordet. Wie ist es wenn Norditalien sich von Süditalien wegen des großen Nord-Süd-Gefälles abspalten will? Vielleicht kommen ja bald endlich die Bayern auf den Trichter sich selbständig zu machen, dann können auch mal wieder andere Meister werden.
 
Leopold Bloom schrieb:
Stellt sich die Frage ob und wie Jugoslawiens Zerfall hätte aufgehalten werden können. Und eben da sind wir dann auch bei Tito gelandet.
Für mich stellt sich eher die Frage, warum man etwas mit Gewalt und Unterdrückung zusammenhalten soll, was ganz offensichtlich nicht zusammenbleiben will...
 
Alexandros schrieb:
wenn das so ist, dann gebt den Basken endlich ihre Unabhängigkeit, damit die ETA nicht weiter mordet. Wie ist es wenn Norditalien sich von Süditalien wegen des großen Nord-Süd-Gefälles abspalten will? Vielleicht kommen ja bald endlich die Bayern auf den Trichter sich selbständig zu machen, dann können auch mal wieder andere Meister werden.
Die Beispiele gehen ziemlich daneben.In keinem der Länder gibt es Dikataturen oder autokratische Systemen, oder werden Völker nicht militärischer Gewalt unterdrückt, werden die Rechte zur Entfaltung der eigenen Kultur beschnitten etc.

Wenn dann hättest Du am ehehsten noch Nordirland nennen können, das letzte Überbleibsel der britsichen Besatzung der gesamten irischen Insel.
 
Tito der Friedliche ...

Bitte nicht vergessen,wieviel Blut diese 35 Jahre "Tito-Frieden" Kostete !
Alleine die Ungarische Gebiete Zahlten dafür mit Zehntausenden Opfer !!!
Wenn jemand die Völker in der gegend kennt (und ich komme aus der "Gegend") der weiss:Die hassen sich.Die können sich nicht leiden, da gibt es seit 1600 jahren kein Frieden, und es sollte bestimmt keine neue Friedens-Diktator hin. Der Panslawische Traum war wohl nichts.
 
manganite schrieb:
Für mich stellt sich eher die Frage, warum man etwas mit Gewalt und Unterdrückung zusammenhalten soll, was ganz offensichtlich nicht zusammenbleiben will...
Real war doch Jugoslawien ein Staat mit einer slawischen Bevölkerung (die Albaner im Kosovo einmal ausgenommen) die eine nahezu identische Sprache, das Serbo-kroatische sprach. Dessen Unterschiede von Kroatien nach Serbien, von Montenegro nach Bosnien (Slowenien weiß ich nicht genau) sind nicht viel größer als das gesprochene Deutsch von der Nordseeküste bis in die Alpen.
Was also in Deutschland funktioniert, Menschen unterschiedlicher Religion (Katholizismus-Protestantismus) und unterschiedlicher Dialekte unter einem staatlichen Dach, funktionierte in Jugoslawien nicht. Was sicher an der unterschiedlichen geschichtlichen Entwicklung liegt. Kroatien ist eher venezianisch-österreichisch/ungarisch geprägt, Bosnien eher osmanisch, Serbien auch osmanisch aber später stark an Russland angelehnt und Montenegro ist eher durch jahrhundertelangen Kampf um seine Unabhängigkeit vom Osmanischen Reich geprägt. Durch diese Faktoren haben sich der Sinn auf die Unterschiede mehr ausgeprägt, als die Erkenntnis auf das Einigende. Deutschland hat auch erst einen 30jährigen Krieg und 150 Jahre eher Nebeneinander als Miteinander gebraucht, bis es im 19. Jahrhundert die Idee der Einheit entdeckt hat.
Die Idee hinter dem Staat Jugoslawien ist aber trotz der derzeitigen Nationalismen in den Nachfolgestaaten richtig. Man kann sie aber natürlich nicht zusammenhalten wenn sie das nicht selbst wollen.
Vermutlich wird erst die mögliche Aufnahme in die EU dafür sorgen, dass sich die Staaten versöhnen und wieder zusammenarbeiten. :spinner:
 
Hallo Leopold Bloom und Tamas,
kommen wir zurück auf Tito und Jugoslawien.
Was ich ausdrücken wollte ist, daß im Vergleich mit der Nach Tito Ära relative Ruhe (ohne
Krieg) für 35 Jahre in Jugoslawien geherrscht hat und ich dies eher positiv sehe.
Wenn wenn Tito hiefür kritisiert, so sollte man vielleicht sagen wie er es anders hätte machen können.
@Tamas: könntest Du Deinen Einwurf

"Bitte nicht vergessen,wieviel Blut diese 35 Jahre "Tito-Frieden" Kostete !
Alleine die Ungarische Gebiete Zahlten dafür mit Zehntausenden Opfer !!!"

bitte etwas näher erläutern.
 
Hallo Wthurner und auch all' die Anderen seien gegrüsst,
ich komme mal zurück auf deine Frage, ob es eine Alternative zur restriktiven Politik Titos gegen die Gegner des Jugoslawischen Staatsgebildes gegeben hätte.

Abschließend kann man diese Frage ohnehin nicht beantworten. Fakt ist, dass jedes Land seine Verfassung und seine Grenzen schützen will und dazu primär auch ein Recht hat.

Erst einmal will ich vorausschicken - damit hier keiner denkt, ich könnte nicht nachempfinden, wie schmerzhaft ein knallharter Kurs gegen potenzielle Sezessionisten für Beteiligte sein kann - dass im kroatischen Frühling in den Siebzigern, ein Großonkel von mir bei der Vorbereitung eines Bombenanschlags auf einen Staudamm in der Herzegowina von Titos Geheimpolizei gestellt, und an Ort und Stelle erschossen wurde.

Generell gehe ich davon aus, dass der Staat Jugoslawien, in seinem Kampf um Selbsterhaltung keine Alternative zu dieser Politik der harten Hand hatte. Man muss sich einfach klarmachen, mit welcher Häufung radikaler Nationalismen und Abspaltungstendenzen Tito es zu tun hatte.
- starke slowenisch-separatistische Tendenzen
- kroatische Altfaschisten und Ultranationalisten
- serbisch ultranationale und serbisch-königstreue Nationalisten
- montenegrinisch Königstreue
- mazedonisch-bulgarische Anbandeleien
- starke ungarische Begehrlichkeiten in Slawonien und der Vojvodina
- albanische Separationsbestrebungen im Kosovo
...

hinzu kam, nach dem Bruch mit Stalin, immenser Druck der Sowjets auf das jugoslawische Staatsgebilde, ständige Unterwanderungsversuche durch den KGB. Außerdem Italiens latenter Anspruch auf Istrien (ist Berlusconi immernoch scharf drauf...).

In Deutschland, mit einem 80-Millionen-Volk, haben wir Jahre gebraucht, den RAF-Terror einiger weniger in den Griff zu kriegen. Um ihn in den Griff zu kriegen, wurden demokratisch-rechtsstaatliche Prinzipien ausser Kraft gesetzt. Den braunen Abschaum haben wir in Deutschland immer noch nicht von der Straße gefegt. Das sind aber nur zwei Probleme - o.k., jetzt kommen noch die islamischen Gotteskämpfer dazu.

Dennoch: In Jugoslawien gab es ein Dutzend solcher Bedrohungen. Das System musste mit größter Härte dagegen vorgehen, alles andere hätte einen früheren Zusammenbruch des Landes, vermutlich verbunden mit einem Bürgerkrieg zur Folge gehabt. Und dass im kalten Krieg, mit den Russen auf serbischer Seite und dem Westen auf slowenisch/kroatischer Seite - herzlichen Glückwunsch.

Dass diese Politik auch massenweise unschuldige Opfer gefordert hat, nach demokratischen Maßstäben menschenrechtsfeindlich war, stimmt. Tatsache ist aber auch, dass derjenige, der in Jugoslawien seinem Beruf nachgegangen ist, sich ansonsten in Musik, Sport und Kultur ausgetobt hat, seiner Familie ein relativ gutes Leben ermöglichen konnte und besser gelebt hat, als es in den heutigen Folgestaaten ein Großteil der Menschn tut. Dazu musste man nicht einmal KP-Mitglied sein. Das ist zumindest meine gelebte Erfahrung.
Gute Nacht und laku noc
 
Andronikos schrieb:
Real war doch Jugoslawien ein Staat mit einer slawischen Bevölkerung (die Albaner im Kosovo einmal ausgenommen) die eine nahezu identische Sprache, das Serbo-kroatische sprach. Dessen Unterschiede von Kroatien nach Serbien, von Montenegro nach Bosnien (Slowenien weiß ich nicht genau) sind nicht viel größer als das gesprochene Deutsch von der Nordseeküste bis in die Alpen.
Was also in Deutschland funktioniert, Menschen unterschiedlicher Religion (Katholizismus-Protestantismus) und unterschiedlicher Dialekte unter einem staatlichen Dach, funktionierte in Jugoslawien nicht. Was sicher an der unterschiedlichen geschichtlichen Entwicklung liegt. Kroatien ist eher venezianisch-österreichisch/ungarisch geprägt, Bosnien eher osmanisch, Serbien auch osmanisch aber später stark an Russland angelehnt und Montenegro ist eher durch jahrhundertelangen Kampf um seine Unabhängigkeit vom Osmanischen Reich geprägt. Durch diese Faktoren haben sich der Sinn auf die Unterschiede mehr ausgeprägt, als die Erkenntnis auf das Einigende. Deutschland hat auch erst einen 30jährigen Krieg und 150 Jahre eher Nebeneinander als Miteinander gebraucht, bis es im 19. Jahrhundert die Idee der Einheit entdeckt hat.
Die Idee hinter dem Staat Jugoslawien ist aber trotz der derzeitigen Nationalismen in den Nachfolgestaaten richtig. Man kann sie aber natürlich nicht zusammenhalten wenn sie das nicht selbst wollen.
Vermutlich wird erst die mögliche Aufnahme in die EU dafür sorgen, dass sich die Staaten versöhnen und wieder zusammenarbeiten. :spinner:

Bei den Deutschen handelt es sich aber eher um verschiedene Dialekte, während die verschiedenen südslawischen Stämme über eigene Sprachen verfügen. Serbisch steht doch zu Slowenisch oder Kroatisch eher wie Deutsch zu Niederländisch oder Dänisch. Ihnen ist zwar die gemeinsame Abstammung als Slawen eigen, doch sind auch Deutsche, Österreicher, Schweden, Norwegen, Niederländer, Luxemburger, Dänen und begrenzt auch Engländer, Schweizer und Belgier in der gemeinsamen Abstammung Germanen. Würde man versuchen diese Völker aufgrund einiger gemeinsamer Grundzüge in Sprache und Kultur in einem Staat zu vereinen, wäre dieser Versuch genauso zum Scheitern verurteilt wie Titos Ansinnen dieses System bei den südslawischen Völkern aufrechtzuerhalten.
 
HauptmannLaudon schrieb:
Serbisch steht doch zu Slowenisch oder Kroatisch eher wie Deutsch zu Niederländisch oder Dänisch.
Serbisch und Slowenisch sind zwei verschiedene Sprachen, Serbisch und Kroatisch nicht. Die Hochsprache differiert kaum mehr als das Hochdeutsche in Deutschland und das Hochdeutsche in Österreich.
(Allerdings gibt es in jüngster Zeit Anstrengungen, neue Wörter einzuführen, um sich sprachlich vom Nachbarn zu distanzieren.)
 
Das Problem des Serbokroatischen war eben leider die unterschiedliche Schreibweise, Kroatisch in lateinischen, Serbisch in Kyrillischen Buchstaben. Das zu vereinheitlichen war selbst Tito nicht Diktator genug. Egal welcher Seite er ihre Schreibweise genommen hätte, von dieser wäre ein Bürgerkrieg ausgegangen.

Da war Atatürk von anderem Format, er schaffte die arabische Schrift ab und führte die lateinische ein, um das Land dem Westen anzunähern. Er hatte vermutlich das Glück, das damals noch fast niemand schreiben konnte in der Türkei.:rolleyes:
 
Tito, war ein Diktator, der 120.000 bis 300.000 Kroatische Soldaten (Wehrmacht) Zivilisten und einige wenige Ustasa Männer quer durch Jugoslawien treiben ließ bis sie verreckt sind .
Ich bin auch gerade am zweifeln ob unser so hochgepriesener Kapitalismus wirklich eine Zukunft hat, aber unschuldige Menschen zu töten ist wirklich nicht die lösung!
Der kroatische Frühling hatte verschiedene Gesichter und ich glaube kaum das jemand die HNS kroatische Volkspartei als Nationalistisch bezeichnen will.
Tito war in allem extrem, lebte wie ein pasa in einem sooooo komunistschen staat, machte milliarden schulden und ging mit anderen staaten den weg der neutralen. Aber ich denke man muss ihn trotzdem ganz einfach als Diktator abtun und er war ein blutiger,..... sowohl an Serben als auch an Kroaten und allen anderen.


:)
 
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