Transkript einer Handschrift (1400)

Yuukido

Neues Mitglied
Hallo liebe Forum-Mitglieder

Ich arbeite an einer wissenschaftlichen Arbeit im Rahmen eines Masterstudiums im Fachbereich Germanistik. Momentan befasse ich mich mit dem bibelepischen Text 'Adam und Eva' von Lutwin, welcher in der Mitte des 14. Jahrhunderts geschrieben wurde. Das Werk ist nur in einer vollständigen Handschrift in der Diebold Lauber Werkstatt überliefert. Obwohl die Handschrift bereits transkribiert wurde, so sind die beiden Buchdeckelseiten sowie ein kurzer Notizeintrag an der oberen Textseite (Bild 1) nicht transkribiert.
Ich wollte fragen, ob jemand in diesem Forum die Fähigkeit besitzt, mir bei der Transkription der beiden Seiten sowie der Notiz zu helfen, da ich es alleine nicht schaffe aber die Transkriptionen unbedingt für die Analyse benötige. Die Texte sind logischerweise in Mittelhochdeutsch verfasst.

Ich bin um jede Hilfestellung dankbar!

00000071.jpg

00000216.jpg
00000217.jpg
 
Ich lese da:
Wo Pfaff, do Wein
Wo wiber do gram (Gram lese ich nicht wirklich, eher orem)
Wo pur(???) do neid
Wo studenten do freid
Wo burger do lust
Wo hoffheit, do hunger und durst

Pur könnten Bauern sein, wenn’s aus dem allertiefst oberdeutschem Gebiet kommt.
 
Hey du bist denn gut!
"pur" könnte durchaus richtig sein (ich lese hier auch "pur"), wobei ich bezüglich der Bedeutung nicht sicher bin. Laut dem Wörterbuch Adelung lässt es sich mit 'unverfälscht, unvermischt, rein' übersetzen. Die Bedeutung könnte hier also sein: wo Reinheit ist, ist auch Neid. Andererseits könnte auch die Bauern gemeint sein, das ist mir nicht ganz schlüssig. Auf jeden Fall hast du mir schon einmal weitergeholfen! Vielen Dank!
 
Ich lese da:
Wo Pfaff, do Wein [...]
Mit der Information fand ich dies:
https://archive.org/stream/lutwinsadamunde00lutwgoog/lutwinsadamunde00lutwgoog_djvu.txt

Etwas aufgeräumt und korrigiert liest sich die erste Seite so (es fehlen sechs Zeilen [Edit: aus Faksimile ergänzt, in rot]):
[Edit: Die oberen fünf Zeilen gehören nicht zum Text und wurden später eingefügt.]

Wo pfaff do wein
Wo wiber do grein
Wo pur do neid
Wo Studenten do freid
Wo burger do lust Wo hoffleit do hunger und durst
.

Ob ir armut wonet by
Hatt sü danne reinen mut
Den nement für groß gut
In wurdent dicke ungemut
Dovon nement reinen mut
Von der wibe grossem gut

Aber des sitten pfligt man niht
Als man tegelichen siht
Man nymet gut für ere
Wer das gut über mere
Nymet der hatt krancken mut
Und das ist nit gut
Wann es die lüte zu nötten treit
Das lange zu huffen ist geleit
Nach der hordere list
Das zergat in kurtzer frist
Er mangelt des gluckes rat
Der von erbe nit eren hatt
Von sinem gute geschieht das
Zwor er were hie nyden bas
Do er viel in einen myst
Und hier der Rest als Faksimile:
https://archive.org/details/bub_gb_ubILAAAAIAAJ/page/n45/mode/2up

[Edit] Pur ist definiv der Bauer, wie noch im heutigen Hochalemannisch.
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo Divico

Ja genau, die erste Seite (Bild 1) gibt es bereits als Transkript, da galt meine Frage nur den oberen Zeilen, welche später hinzugefügt wurden. Trotzdem vielen Dank fürs Ordnen und Aufschreiben!!
Leider sind die beiden Buchdeckel-Einträge (Bild 2 und Bild 3) in keiner Transkription bis anhin übernommen worden. Da diese aber interessante Informationen enthalten könnten, wäre es sehr spannend, sie in der Analyse miteinzubeziehen.
 
Da diese aber interessante Informationen enthalten könnten, wäre es sehr spannend, sie in der Analyse miteinzubeziehen.
Den Text der letzten Seite ("Item man soll mir gelten...") findet man hier (allerdings ohne die nachträglichen Kritzeleien):
https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/jbksak1899/0150/image

Ein Halbsatz ist offenbar einmal dem Zensurmesser zum Opfer gefallen. ;)

[Edit] Auf der mittleren Seite konnte ich noch die zweizeilige Notiz ganz unten halbwegs entziffern:

[Gewichtseinheit?] XVI guld bin ich schuldig von enthalt gelt[?]
[Gewichtseinheit?] XXVIII guld bin ich schuldig den heilig
 
Zuletzt bearbeitet:
Diese Notiz noch:

lutwin_1.jpg
Hier entziffere ich vorerst Folgendes, wobei ich mir aber keinen rechten Reim darauf machen kann, was es hier mit dem "Bedarf an treuen Knaben" auf sich hat — zumal mir der Dialekt fremd erscheint (vielleicht sieht hier jemand mehr, bzw. versteht es besser):

Ob indert unsrinner [jer her?]
der ainß trewen knaben petorft
zw sichken od zw roß warten zw
wo dan [daß?] wer das wolt er trewlich
ausrichten wer sein
petorfft der schreib sein han
Am ehesten verstehe ich es als eine Regieempfehlung: Wer Bedarf an einem treuen Knaben (einem Kriegsknecht/Ritter?), auch zu Ross, hat, soll ihn sich hineinschreiben — (mit ganz großem Fragezeichen).
 
Zuletzt bearbeitet:
Hey Divico

Du bist ja echt super! Mir war/ist es unmöglich gewesen, dies zu transkribieren! Vielen Dank für deine Hilfe!
Der Sinn erschliesst sich mir ehrlich gesagt auch nicht wirklich.. ich werde mich morgen diesem mal intensiv widmen!
 
Zurück
Oben