Tschechoslowakei-Split??

B

Bagradian

Gast
Servus
Ich wuerde gerne mal mit jemandem darueber diskutieren, warum sich die Tschechoslowakei 93 geteilt. Meine Theorie ist ziemlich mies und ich hoffe auf einige Gegenstimmen treffen zu koennen:
Die Slowaken wollten ihre Unabhängigkeit aufgrund von purem, blindem Nationalismus. Die unglaublich doofen Politiker, die damals von ihrem Volk gewählt wurden, haben nichts anderes im Sinn gehabt, als sich mit Prag zu streiten und das, aufgrund purer Machtgeilheit. Endlich Präsident eines eigenen Landes sein, davon wird Herr Meciar jedes Mal geträumt haben, wenn er während seiner Boxerkarriere mal wieder auf die Fresse bekommen (bei dem Weg: man sollte alle seine Gegner nachträglich ehren!!).
Die Politiker in Prag waren ueber diese Streitereien vielleicht ein wenig irritiert, aber im Grunde konnte es Ihnen nur Recht sein. Die slowakische Teilrepublik war mit Sicherheit kein wirtschaftlich oder kulturell wertvolles Gebiet.
Die Buerger der Slowakei fanden das alles zwar nicht besonders toll, aber wie so oft in ihrer Geschichte waren sie einfach zu faul sich zu wehren.

Soweit bis hierhin, ich bitte um Widerspruch!!
 
Eigentlich schon, da es Kommentare voller Energie verspricht.

Aber von der These, habe ich schon mal gehört. Das es aus purem (vorrübergehenden) Nationalstolz passierte, schließlich ist doch die Tschecheslowakei als Bündis gegründet worden, also die Slowaken wurden nicht dazu gepresst.
 
Ich habe auch schon gehört, dass es zwischen den beiden Seiten in Finanz- und Verfassungsfragen zu Streitigkeiten gekommen sein soll. Auch über die Namensgebung schien man sich uneinig gewesen zu sein.
Somit scheint es schon begründete Differenzen gegeben zu haben, die jedoch scheinbar wirklich auch vom nationalismus geprägt sind (den warum sollte man sich sonst über den Staatsnamen streiten).
Schuld war vielleicht auch eine mangelnde Kompromissbereitschaft der beiden führenden Parteinen.
 
Ach ja nach dem wegfall der Mauer war auch die Tschechoslowakei hinfällig, weil sie als eine Art Schutzstaat der Sovijetunion gegründet worden war.
In der Teschechoslowakei gab es 2 Völker die Tschechen und die Slowaken, beide waren Staatstragend d.h. wenn ein Volk nicht mehr will dann ist der Staat hinfällig.
Schluss!
Das als Nationalismus zu bezeichnen ist falsch, aber natürlich gab es wie in jeder Nation dieser Welt Nationalistische Tendezen. Manche forderten den Anschluss an ungarn andere den Anschluss Rhuteniens an die Slowakei aber daraus ist ja nix geworden.
So das wars eigendlich, ach ja der Präsident der Slowakei ist zwar ein Populist aber er hat nix zu sagen und das ist auch gut so.

Liebe Grüße Stipan
 
Die Tschechoslowakei ist nach dem ersten Weltkrieg gegründet worden und steht somit in direkten Zusammenhang mit Wilson´s Selbstbestimmungsrecht
 
Teilung der Tschechoslowakei

Die Meinung der "Slowakischen Republik"
Die Regierung der ČSFR versuchte mit zentralistischen Bestrebungen den Staat auf Prag und somit eine tschechi- sche Vorherrschaft zu fixieren. Dies lief dem inzwischen immerhin zweihundertjährigen Bestreben der Slowaken zuwider, sich von jeglicher Fremdherrschaft zu lösen. Nach 75 Jahren in einer hauptsächlich von Tschechen domi- nierten Staatsmacht mit wechselnden ausländischen Einflüssen und mit einer seit dem 30. Oktober 1918 nicht ratifizierten und somit noch nicht gültigen Deklaration über die nationale Selbständigkeit der slowakischen Nation, begannen am Anfang des nun vergangenen Jahrzehnts slowakische und tschechische Politiker auf eine Trennung der beiden Landesteile hin zu arbeiten.

http://slowakei-online.info/republik.htm

Die tschechische Variante:
Die Beziehungen zwischen der Slowakei und Tschechien waren auch na der Teilung der ehemaligen Tschechoslowakei am 1. Januar 1993 hoch über dem Standard. So deklarierten es die Politiker auf beiden Seiten. Die Grundlage für diese guten Beziehungen bildete vor allem die Art und Weise, wie die Teilung durchgeführt wurde. Sie war friedlich, nach beidseitigem Einvernehmen. Es gelang auch das gemeinsame Vermögen aufzuteilen, also hinterlies die Teilung keine grosse Spuren auf Seelen der Menschen.

http://www.radio.cz/de/artikel/53295

Ein "europäischer" Zivi berichtet:
Tschechen und Slowaken sind ein "Brudervolk" gleicher Abstammung, das auch nahezu dieselbe Sprache spricht. So gesehen ist es nicht verwunderlich, das nach dem Zerfall des "Völkerkerkers" Österreich-Ungarn 1918 die "2 Nationen - 1 Staat" These aufkam, die dann auch in der ersten Tschechoslowakischen Republik verwirklicht wurde. Im Pittsburger Vertrag wurden Slowaken wie Tschechen gleiche Rechte zugesichert, was - zum Nachteil der deutschen Bevölkerung - auch recht gut klappte. 1993 trennten sich dann beide Staaten aufgrund nationalistischer Tendenzen wieder friedlich, Grenzstreitereien sind aber z.T. bis heute nicht beigelegt.
http://www.eo-bamberg.de/eob/opencms/jugend/zivildienst/allgemein/tschechen.html
 
Sehe ich auch so. Übrigens die slowakischen Regierungen und Staatspräsidenten sind doch fast ausnahmslos extrem-nationalistisch orientiert oder gewesen.
 
Die Slowaken mochten noch nie die Tschechen und die die Tschechen noch nie die Slowaken. Sie sind wie Geschwister, die dem anderem das Leben ein wenig schwerer machen machen. Andererseits, haben sie dieselbe Kultur und Sprache und sind wirtschaftlich eng verbunden. Die Teilung wirde unter den ersten Gesichtspunkten vollzogen.

(Bayern und Preußen hatten auch mal son nettes Verhältnis untereinander...)
 
danke fuer die vielen Antworten, aber worauf ich eigentlich hinaus wollte: Haben die Tschechen und auch die Slowaken mit der Teilung nicht einen grossen Fehler gemacht?
Die angebenen Gruende sind doch irgendwie ein wenig zu lächerlich.

Natuerlich konzentriert sich die Macht auf Prag, das ist ja schliesslich die Hauptstadt. Und wenn Bratislava nicht ihren Vorzeigestadtteil Petrzalka hätte, dann wären auch Bruenn und Ostrava groeser. Im oberpfaelzischen Kaff Neufickingen beschwert sich ja auch niemand, dass sie noch nie einen Bundeskanzler stellen durften.

So ernsthaft ist das Feindschaftsproblem auch nicht. Vor allem die jungen Slowaken haben keine Probleme mit den Tschechen. Und ich kenne auch alte Slowaken, die von einer Wiedervereinigung träumen und nachwievor sagen, dass ihre Hauptstadt Prag sei.
Ich erzähle doch auch jedem Ausländer, dass die Ossis alles Idioten sind- das sind halt dumme Witze- was sich liebt, das neckt sich.

Und von zwei verschiedenen Voelkern zu reden sehe ich auch nicht ein. Baden und Schwaben sind dann auch verschiedene Voelker, genau wie Bayern und Franken und wenn ich es mir recht ueberlege sind mein Bruder und ich auch sehr unterschiedlich.

Jetzt nochmal kurz Klartext: Die tschechische und die slowakische Republik hätten sich wunderbar ergänzen koennen. Tschechien hat gute Universitäten, die Slowakei eine in Europa einzigartige Natur. Die Tschechen haben die bessere Schulbildung und die Slowaken die schoeneren Frauen und besseren Eishockeyspieler.
Die Tschechoslowakei hätte ein ziemlich mächtiges Land innerhalb der EU werden koennen, wenn sich beide Parteien ein bisschen mehr Muehe gegeben hätten.

Die Teilung war, meiner Meinung nach, unnoetig, dumm und falsch und ist nur aufgrund der Machtgeilheit einiger ohnehin schon viel zu mächtigen Personen zu Stande gekommen.
 
Hallo Bagradian,
wären in der Slowakei ein paar Universitäten gebaut worden u. hätten sich die Tschechen beim Eishokeyspielen mehr angestrengt, wäre es wahrscheinlich nicht zur Teilung gekommen.
Ich persönlich halte aber Tschechich u. Slowakisch doch für relativ unterschiedlich.
Ich kann etwas polnisch u. verstehe slowakisch damit nicht so schlecht. Tschechich kann ich gesprochen nur wenig verstehen. Die Aussprache unterscheidet sich total.
Tschechen haben einen deutschen Akzent.
Es hilft mir nichts beim Verstehen des Tschechischen, das Polen mich oft wegen meines (deutschen)Akzents mehrfach für einen Tschechen gehalten haben.
 
"wären in der Slowakei ein paar Universitäten gebaut worden u. hätten sich die Tschechen beim Eishokeyspielen mehr angestrengt, wäre es wahrscheinlich nicht zur Teilung gekommen."

meine Rede! Das Problem war, dass sich die Politiker nicht darum gekuemmert haben Unis zu bauen, sondern sich lieber mit den Pragern streiten wollten. Bis 1989 hatte die Tschechoslowakei eigentlich nichts zu sagen, sondern unterstand den Entscheidungen der SU. Dubcek versuchte 1968 mehr Macht fuer Bratislava zu bekommen, was mit dem Einmarsch des Warschauer Pakts endete.
Was ich eigentlich sagen will: Das Land wurde nach vier Jahren geteilt. Wenn es nach 10 Jahren geteilt worden waere, dann wuerde das zeigen, dass sie sich Muehe gegeben haben.


"Ich persönlich halte aber Tschechich u. Slowakisch doch für relativ unterschiedlich."

Ich persoenlich halte auch bayrisch und fränkisch sowie badisch und schwäbisch fuer sehr unterschiedlich.


"Ich kann etwas polnisch u. verstehe slowakisch damit nicht so schlecht. Tschechich kann ich gesprochen nur wenig verstehen. Die Aussprache unterscheidet sich total.
Tschechen haben einen deutschen Akzent.
Es hilft mir nichts beim Verstehen des Tschechischen, das Polen mich oft wegen meines (deutschen)Akzents mehrfach für einen Tschechen gehalten haben."

Welches slowakisch verstehst du? Im Westen gibt es Regionen deren slowakisch tschechischer ist als slowakisch. Wenn man dann langsam in den Osten vordringt verschwimmen die tschechischen Woerter. Das Lehrbuch-slowakisch redet man eigentlich nur in der Mittel- und Ostslowakei.


Aber danke fuer die interessante Antwort, ich wollte sie mit meinen Gegenstimmen nicht abwerten und will natuerlich nicht ausschliessen, dass ich in einigen Fällen unrecht haben koennte.
 
Die Teilung der Tscheschoslowakei ist nun schon 11 Jahre her. Sowohl die Entstehung zweier neuer Staaten als auch die Aufteilung des Staatsvermögens erfolgte einvernehmlich und auf vorbildlich friedliche Art und Weise. Beide Regierungen waren demokratisch legitimert - auch wenn die HDZS Meciars sicher eine nationalistische Extremerscheinung darstellte. In der Zwischenzeit ist die HDZS und Meciar selbst seit Jahren nicht mehr an der Regierung, seit 1. Mai sind beide Nachfolgestaaten der CSFR Mitgliedsstaaten der EU.

Ich halte eine Diskussion über die Sinnhaftigkeit der Teilung für müßig, sie als "dumm" zu bezeichnen für vermessen.
Der slowakische Weg zur Eigenstaatlichkeit wurde von der Mehrheit der Bevölkerung getragen, man darf die "Machtgeilheit" einzelner Politiker nicht überschätzen. In den letzten 11 Jahren war auch nie etwas von einem "Wiedervereinigungsbestreben" weder in Prag noch in Bratislava zu spüren.
Die Slowakei hat in den letzten Jahren auch ziemlich wirtschaftlich "Gas gegeben", die Westslowakei zählt zu den Boom-Regionen Europas.
 
"Zähl die Armen eines Landes, wenn du wissen willst wie reich es ist" sagte Konfuzius vor 2500 Jahren.
Wenn in einem Land Menschen Geschäfte plündern müssen, um mal etwas zwischen die Zähne bekommen (letztes jahr in der slowakei) würde ich es trotz des Kapitalflusses in die Konten einiger, nicht wirklich als Boomregion bezeichen. Denn dieser Begriff suggeriert irgendwie Wohlstand, was ja nun gemessen am Volk nun wirklich nicht der Fall ist.
 
Zugegeben, die wirtschaftliche Potenz der Region Westslowakei und des Großraums Bratislava ist nicht repräsentativ für die Gesamtslowakei - dies gilt aber genauso für die Situation der Ostslowakei im allgemeinen und die der slowakischen Sinti und Roma im speziellen. Die Slowakei ist im Aufbruch, einige Regionen werden in wenigen Jahren westeuropäisches Niveau erreicht haben, andere Landesteile werden länger dazu brauchen. Diese Situation trifft aber auf alle Beitrittsländer zu und hat nichts mit der Teilung des Landes - und dadurch mit dem Thema dieses Threads - zu tun.
 
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Der slowakische Weg zur Eigenstaatlichkeit wurde von der Mehrheit der Bevölkerung getragen,

Meines Wissens ist ueber den Kopf der Bevoelkerung entschieden worden. Kannst du darauf nochmal genauer eingehen?


In den letzten 11 Jahren war auch nie etwas von einem "Wiedervereinigungsbestreben" weder in Prag noch in Bratislava zu spüren.

Vollkommen richtig! Das wollte ich nicht so rueberbringen, ich habe lediglich von zwei verschiedenen Slowaken gehoert, dass sie davon träumen und dass der Beitritt der EU der erste Schritt in diese Richtung sein koennte.


Ich halte eine Diskussion über die Sinnhaftigkeit der Teilung für müßig,

Ich bin selbst ueberrascht, dass sich so viele hier zu Wort melden.
 
Die Partei Meciars die HZDS wurde im März 1990 gegründet und hatte schon damals eine weitgehende Autonomie des Landes als ihr wichtigstes politisches Ziel formuliert. Die Partei gewann die Wahlen im Juni desselben Jahres, Meciar wurde zum ersten Ministerpräsidenten der Slowakei gewählt (damals noch im Rahmen der CSFR). Meciar wird 1991 gestürtzt, bei den Wahlen 1992 gewinnt aber wiederum seine Partei mit ihrem Unabhängigkeitskurs. Meciar war also durch Wahlen demokratisch legitimiert den Weg in die Unabhängigkeit zu gehen.
 
da hast du natuerlich vollkommen Recht- bloeder Einwurf von mir.
Kennt irgendjemand irgendwelche Seiten mit Wahlstatistiken?
 
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