Türken stehen vor Wien.

heinz

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Vor 475 Jahren standen die Türken vor Wien. Nach seinem Sieg bei Mohacs 1526 und der Eroberung Ungarns zog der tütkische Sultan Süleyman II. drei jahre später mit seinem
150 000 Mann zählendem Heer in Richtung Wien. Hier erschien er am 24.9.1529, um sich die Stadt als >Goldenen Apfel< zu pflücken.
Der verteidiger, Graf Niklas Salm, versuchte, mit 8000 Knechten und 1700 gepanzerten Reitern trotz der maroden Mauern den Ansturm der Osmanen abzuwehren. Zu seinem Glück besaßen die Türken keine schwere Artellerie, sondern legten nur Minen, um Brechen in die Mauern zu schlagen. Dreimal konnten die Verteidiger den Angriff der belagerer zurückschlagen. Anfang Oktober wurde die Lage für die Verteidiger kritisch, aber auch die versorgungslage der Türken und die Disziplin ihrer Truppen ließen jetzt zu wünschen übrig. Ein letzter Angriff war für den 14.10. geplant, denn der Sultan fürchtete zum einen die Ankunft eines Ensatzheeeres unter Herzog Ferdinand, zum anderen zwangen die fortgeschrittene Jahreszeit und der Ausbruch einer Seuche zur raschen Entscheidung. Durch die verzweifelte Gegenwehr der verteidiger konnten die notdürftig geschlossenen Breschen der Stadtbestigung gehalten werden, und der Ansturm der Osmanen brach zusammen.
Damit war der erste Angriff der Osmanen auf Mitteleuropa erfolgreich abgewehrt worden; Ungarn blieb jedoch zu großen Teilen türkisch. :thx:
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich habe mal gehört das der Angriff auf Wien nur halbherzig geführt wurde. Denn zur selben Zeit eroberten die Osmanen mal eben nebenbei Tunesien, Algerien und Teile Marokkos.
 
askan schrieb:
Ich habe mal gehört das der Angriff auf Wien nur halbherzig geführt wurde. Denn zur selben Zeit eroberten die Osmanen mal eben nebenbei Tunesien, Algerien und Teile Marokkos.
thx...interessant ! Was jemand mehr darüber ?
 
askan schrieb:
Ich habe mal gehört das der Angriff auf Wien nur halbherzig geführt wurde. Denn zur selben Zeit eroberten die Osmanen mal eben nebenbei Tunesien, Algerien und Teile Marokkos.
Kann ich mir nicht vorstellen, schließlich hat Sutan Süleyman das Heer höchtspersönlich nach Wien geführt und die Belagerung kommandiert - bzw. wars ursprünglich sicher nicht so geplant.
Das Problem der Türken 1529 war einfach dass der Marsch nach Wien viel länger gedauert hat als vorgsehen war und sie erst in den Septembertagen vor der Stadt ankamen. Die Verteidigung war darüberhinaus stärker als erwartet - und für eine lange Belagerung, noch dazu im Herbst oder Winter - war das türkische Heer nicht ausgestattet bzw. der Nachschub logistisch nicht zu bewältigen. Wäre der Sultan nur ein paar Wochen früher nach Wien gekommen, die Stadt wäre wahrscheinlich genommen worden.

Es gibt dazu eine witzige Geschichte über die "Rettung" Wiens. Die Stadt war damals umgeben von unzähligen Obst-, vor allem Apfelplantagen. Da der Nachschub aus dem Hinterland nicht rechtzeitig kam plünderten die osmanischen Soldaten diese Plantagen. Leider war das Obst noch nicht reif und ein kollektiver Durchfall schwächte daraufhin das Heer der Angreifer. Ein früher Wintereinbruch zwang den Sultan dann zum Rückzug. Durch- und Schneefall haben Wien gerettet.

Aber zu Askans Einwurf könnte ich mir schon vorstellen dass der Sultan nachdem er die Unwahrscheinlichkeit einer Einnahme Wiens erkennen mußte sich auf eine Machtdemonstration durch eine Scheinbelagerung beschränkte um seine Ressourcen zu schonen.
 
Die Barbareskenstaaten in Tunesien und Algerien stellten sich schon 1519 mehr oder weniger freiwillig unter Osmanische Oberhoheit. In der Folge gab es dort einige Auseinandersetzungen mit den Spaniern aber zu erobern gab es für die Osmanen dort 1529 nicht mehr viel.

Das Problem der Eroberung Wiens war tatsächlich der lange Anmarschweg für das Osmanische Heer. Jeder größere Feldzug der Osmanen auf dem Balkan startete von Adrianopel aus (heute Edirne), je weiter entfernt das Zielgebiet davon lag um so später traf das Heer dort ein. Für eine Eroberung Wiens hätten die Osmanen vermutlich ihre Aufmarschtaktik grundsätzlich ändern müssen. Das geschah aber nie, dadurch war mit der Eroberung Ungarns schon die maximal mögliche Ausdehnung des Osmanischen Reiches erreicht.

Im übrigen war den Osmanen an der Eroberung des Ungarischen Königreiches gar nicht so sehr gelegen (trotz der Niederlage bei Mohacz wurde Ungarn erst 1541 endgültig besetzt). Viel lieber wäre es den Osmanen gewesen, die Ungarn zum Bündnispartner gegen die Habsburger zu gewinnen aber Ludwig II. lehnte ab. Mit ihnen als Partner wäre die Eroberung Wiens vermutlich gelungen, immerhin hatte der ungarische König Matthias Corvinus Wien nur wenige Jahrzehnte vorher erobert.
 
Andronikos schrieb:
Viel lieber wäre es den Osmanen gewesen, die Ungarn zum Bündnispartner gegen die Habsburger zu gewinnen aber Ludwig II. lehnte ab. Mit ihnen als Partner wäre die Eroberung Wiens vermutlich gelungen, immerhin hatte der ungarische König Matthias Corvinus Wien nur wenige Jahrzehnte vorher erobert.
Also eine Verhandlung zwischen der Pforte und Lajos ist mir neu, der Jagellone war ja auch mit den Habsburgern doppelt verschwägert.
Was aber stimmt ist dass die Sultane ungarische Gegenkönige kreierten wie z.B. Stephan Bocskay, dem Fürst von Siebenbürgen. Seine Krone ist heute in der Wiener Schatzkammer.
 
Ich glaube auch nicht, dass der Sultan eine Hauptstadt belagern läßt, um dies nur halbherzig zu betreiben. Außerdem ist es ein Unterschied, ein islamisches land, wie Tunesien oder marokko zu besetzen oder ein christliches Land erobern zu wollen. :rolleyes:
 
heinz schrieb:
Ich glaube auch nicht, dass der Sultan eine Hauptstadt belagern läßt, um dies nur halbherzig zu betreiben. Außerdem ist es ein Unterschied, ein islamisches land, wie Tunesien oder marokko zu besetzen oder ein christliches Land erobern zu wollen. :rolleyes:

Die Zeit für die Belagerung war zu knapp. Das Heer mußte Ende des Jahres wieder in Adrianopel abrüsten, da die Versorgung über die kältere Jahreszeit nicht aufrechtzuerhalten war und noch vieles andere. Schließlich waren noch die Nachschubwege bedroht.
Außerdem gibt es so was Machtdemonstration. Ich erinnere hier an Julius Cäsar. Der fuhr nach Britannien, um wieder abzuziehen und überquerte den Rhein, um gleich wieder aufs andere Ufer zu wechseln. Dies hieß nur soviel wie, ich kann, wenn ich will.

Immerhin fehlte den Osamen die Belagerungsartillerie. Das ist doch schon ein Argument für Halbherzigkeit.
 
Lieber Fischhof,
eine Kanalüberquerung oder die Rheinüberquerungen sind sicherlich Machtdemonstrationen. Wenn man die Belagerung einer stadt beginnt und dazu noch einer hauptstadt, dass war Wien zur damaligen Zeit auch schon, dann will man sie auch erobern.
Wenn sie keine Fesrungsartellerie dabei hatten, dann war das einfach nur ein Fehler. Außerdem hatten sie ja Ungarn besetzt, was jederzeit Ausgungspunkt weiterer Abgriffe sein konnte. :rolleyes:
 
Hier ist ein informativer Link zu den Türkenkriegen.

http://www.tuerkenbeute.de/kun/kun_lou/TuerkenkriegeEuropa_de.php

So wie es dort geschildert wird, marschierten die Habsburger unter Ferdinand I. 1529 in Ungarn ein und vertrieben den König von osmanischen Gnaden Johann Zapolya. Erst daraufhin rückten die Osmanen wieder bis Wien vor und begannen die Belagerung.
Das scheint mir also weniger ein langfristig geplanter Eroberungsfeldzug gewesen zu sein, sondern ein offensichtlich überhasteter Gegenschlag, gegen die habsburgischen Ansprüche auf Ungarn. Bis 1540 blieb Ungarn aber ein Vasallenstaat des OR, erst 1541 wurde es besetzt und osmanische Provinz. Als Ausgangspunkt eines Feldzuges blieb Ungarn deshalb ungeeignet, den Osmanen blieb nur der lange Weg von ihrem wichtigsten Stützpunkt auf dem Balkan von Adrianopel.
 
Lieber Andronikos, Deine Erklärungen sind sehr einleuchtend. Wenn Ungarn tatsächlich noch Vasallenstaat und keine osmanische Provinz war, so war der Gegenschlag einleuchtend und der Abbruch der Belagerung auch, da die verbindungslinien nicht gesichert waren. :thx:
 
So schreibt der Zeremonienmeister von Sultan Mehmed IV.

"Am Sonntag, dem 12.September, kam am frühen Morgen die Meldung, dass die Truppen der unseligen Giauren [türk. = >Ungläubige<] in Stärke von 200.000 Mann über den Berg am Donauufer anrückten...
Die Giauren unternahmen einen Angriff und drängten die Unseren aus ihren Stellungen. Darauf gingen die Unseren zum Gegenangriff über und trieben die Giauren die Anhöhen wieder hinauf.
Schließlich stürmten aber die Giauren, das Fußvolk vorne und dahinter die Reiterei, wie wild gewordene Schweine auf die Unseren los und drängten sie bergab bis in das zerstörte Nußdorf hinunter. Dort ging der Kampf noch eine Zeitlang hin und her.
Dann konnten die Schurken links und rechts durchbrechen und griffen nun die Streiter des Islams von allen Seiten an...
Als nun die Truppen um den Großwesir sahen, wie der Feind auf beiden Seiten stürmend vordrang und das Heer des Islam sich zur Flucht zu wenden begann, da schwand jedem von ihnen die Kraft und die Lust zum Kampf und Streit...
Jedermann im Heer packte nur sein leichteres Gepäck zusammen und ließ seine sonstige Habe im Stich. So zogen sie ab..."

So soll der Zeremonienmeister von Sultan Mehmed IV. über die Ankunft des und den Kampf mit dem christlichen Entsatzheer geschrieben haben.

Quelle:
Chronik der Weltgeschichte; Chronik Verlag; Hrsg. Brigitte Beier, Uwe Birnstein, Beatrix Gehlhoff, Ernst Christian Schütt; Gütersloh/München 2000; Seite 400
 
Hallo Rafael,
Dein Punkt bezieht sich aber auf die zweite Türkenbelagerung 1683, während vorher von der ersten (1529) geschrieben wird.

Zur zweiten Türkenbelagerung kann ich einen netten historischen Roman empfehlen:
Bastion Europas von Mirko Jelusich
Darin wird die zweite Türkenbelagerung aus der Sicht des lieben Augustins erzählt.
 
Die Niederlage der Türken war nur ein großer, glücklicher Zufall. Und zwar spielt hier das Wetter eine schicksalhafte Rolle. Nach dem Biographen von Süleymann, Roger Bigelow Merriman, waren die Regenfälle "in diesem Jahr so anhaltend und sintflutartig, dass sie den Ausgang des Feldzugs ernsthaft beeinflussten". Man müsste eher sagen "entschieden" statt "ernsthaft beeinflussen". Die Soldaten kamen ganz einfach langsamer voran, so dass die Feldzugssaison schon fast vorbei war als man Wien erreichte. Und was noch entscheidender war: man musste die schwere Artillerie unterwegs zurücklassen. Unterdessen konnten die Wiener noch 8000 Mann, welche die Stadt erst drei Tage vor der Ankunft erreichten, als Verstärkung erhalten.
 
ein grund dafür,warum schwere kanonen nicht zur belagerung in betracht kamen,weil sie bei solchen verhältnissen einfach steckengeblieben wären.es bleibt unklar,ob kanuni ernsthaft mit der einnahme der stadt gerechnet hat oder ob es wirkich nur eine reine machtdemonstration war,was auch unwahrscheinlich ist.vielmehr ist es dadurch zu erklären,dass zu dem gleichen zeitpunkt die franzosen,die verbündete der türken waren,ebenfalls mit den habsburgern einen konflikt hatten und durch diese entlastung karl noch mehr unter druck geriet.
 
Die schwere Artillerie fehlte den Türken bei der Belagerung Wiens 1529 nur, weil man diese nicht durch den Schlamm bekam! Ein Fakt der von universal historischer Bedeutung ist. Halbherzigkeit kann man den Osmanen und Sultan Suleiman nicht vorwerfen.
 
Seldschuk schrieb:
Halbherzigkeit kann man den Osmanen und Sultan Suleiman nicht vorwerfen.
das hat auch keiner getan.
die frage ist ja,ob kanuni trotz dieses handicaps damit gerechnet und somit alles darauf ausgerichtet hat,wien im sturm zu erobern?
 
Ich bin der Meinung er wollte Wien nehmen, hat aber seine Kraft ohne die schwere Artillerie unterschätzt! Und die Janitscharen begehrten das erste Mal auf und wurden so langsam der Staat im Staate!
 
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