Übernahme von Sprachen, Widerstand, Macht

Meine Kenntnisse der ungarischen Geschichte tendieren gegen Null. Aber bei Wikipedia lese ich, dass 50 % der ungarischen Bevölkerung durch den Mongolensturm ums Leben kam (wobei leider keine Angaben gemacht werden, wie diese hohe Anzahl ermittelt wurde - gab es für Ungarn so etwas, wie das Doomsday Book? Sind die siedlungsarchäologischen Erkenntnisse so gut? Oder handelt es sich bei den 50% um eine "Schätzung"?).

Unter der Voraussetzung, dass die magyarische Bevölkerung zur Zeit des Mongolensturms noch nomadisch war - ich erinnere daran, dass meine Kenntnisse der ungarischen Geschichte gegen Null tendieren - und tatsächlich 50 % der ungarischen Bevölkerung starb: Kann es sein, dass die Magyaren, als Nomaden ausweichen konnten, während die eher sesshafte autochthone Bevölkerung diesen hohen Blutzoll leisten musste? Dies hätte ja klar demographisch eine Stärkung des magyarischen Elements zur Folge gehabt.
 
Meine Kenntnisse der ungarischen Geschichte tendieren gegen Null. Aber bei Wikipedia lese ich, dass 50 % der ungarischen Bevölkerung durch den Mongolensturm ums Leben kam

Dito zu meinen Kenntnissen. Das müsste man sich zeigen lassen.

Unter der Voraussetzung, dass die magyarische Bevölkerung zur Zeit des Mongolensturms noch nomadisch war
Das kann man ausschließen. Jan Dhondt (Fischer Weltgeschichte, X, 187) zufolge fand der "schnelle Übergang der nomadischen Ungarn zur Seßhaftigkeit" schon relativ früh statt (spätestens 11. Jh.) und erklärt das mit "einem Einfluß der [ortsansässigen] Slawen [...], die dieses Stadium schon erreicht hatten."
 
Aha, damit wäre eine einseitige Stärkung des magyarischen Elements der ungarischen Bevölkerung durch Ausrottung größerer autochthoner Bevölkerungsteile während des Mongolensturms also auszuschließen.
 
Ein vergleichsweise hohes Quorum!

Ein Dutzend würde mich auch schon beeindrucken.


Es gab im 16. Jhdt. in Spanien eine Politik der sprachlichen Reinigung.
[...] wobei allerdings bei den lateinischen und griechischen Entlehnungen der renacentistische Zeitgeist wohl eher ausschlaggebend ist, als die Reinigung vom Arabischen. Bei Alltagsworten ist eher der frz. Anteil ausschlaggebend.

Wenn ich das richtig sehe, geht es hier um Entwicklungen innerhalb des Spanischen. Interessieren würde in diesem Zusammenhang, ob es ein gewaltsames Vorgehen gegen die arabische Sprache gegeben hat.
 
Wenn ich das richtig sehe, geht es hier um Entwicklungen innerhalb des Spanischen. Interessieren würde in diesem Zusammenhang, ob es ein gewaltsames Vorgehen gegen die arabische Sprache gegeben hat.

Bücherverbrennung auf der Plaza Bib Rambla in Granada durch Kardinal Jiménez de Cisneros, Beichtvater ihrer katholischen Majestät Isabel von Kastilien und Erzbischof von Toledo, 1499 (gegen die Widerstand des Bischofs von Granada).
Ausweisung von Moriscos 1499, 1570-72 und endgültige Ausweisung 1608/09
 
Es war von "nomadischer Verhaltensweise" die Rede u.s.w.

Als hypothetische und letztlich als falsch herausgestellte Erklärung dafür, dass sich die magyarische Sprache auf Dauer in Ungarn durchsetzen konnte.

Es war auch keine Antwort, sondern eine Anmerkung. Oder darf man hier nur Antworten geben?

Wenn es zur Beantwortung der Fragestellung beiträgt, darf man fast alles.
 
Zum Stichwort "gewaltsames Vorgehen gegen eine Sprache" möchte ich einige Beispiele aus dem 20. Jahrhundert beisteuern:

Nicht wenige Indianersprachen (sind es Dutzende oder Hunderte?) sind in den USA aufgrund äußerst restriktiver Maßnahmen ausgestorben oder an den Rand des Aussterbens gedrängt worden:

Die wohl verheerendste Maßnahme nebst der Parzellierung war die Errichtung von Boarding Schools. Indianerkinder wurden schon sehr früh ihrem Elternhaus und damit dem Reservationsleben entrissen und außerhalb der Reservationen in Internate gesteckt. Dort war es ihnen verboten, ihre traditionelle Sprache zu sprechen oder traditionelle Zeremonien abzuhalten. Die Verantwortlichen der Internate, oft Missionare, beschimpften sämtliche Werte, die den Kindern in ihrer traditionellen Erziehung beigebracht worden waren. Die Indianerkinder gerieten so in eine kulturelle Depression, die ihr ganzes zukünftiges Leben bestimmen sollte. Das Verbot der traditionellen Sprache und der Ausübung ihrer tribalen Religion und Zeremonien galt nicht nur für die Schüler und Schülerinnen der Boarding Schools, sondern für sämtliche in den USA lebenden Indianer.
Dawes Act ? Wikipedia

Ähnliche Maßnahmen waren in der Schweiz gegen die jenische Sprache und Kultur gerichtet:

Die Geschichte der Jenischen ist vor allem in der Schweiz ein viel diskutiertes Thema, da dort von den 1920er bis in die 1970er Jahre hinein jenische Kinder durch das „Hilfswerk Kinder der Landstrasse“ zwangsweise von ihren Eltern getrennt wurden, um das Jenische zu bekämpfen und die Leute im Staatssinne zu disziplinieren.
Besonders rigorose Anstrengungen unternahm die japanische Besatzungsmacht, um die koreanische Sprache auszurotten:

Die Japanisierung wurde unterdessen mit aller Macht vorangetrieben: im kulturellen Bereich wird zu Beginn der Besatzung die traditionelle konfuzianische Schulausbildung verboten, hunderte privater Schulen werden geschlossen, koreanische Schulbücher verboten und das japanische Schulsystem eingeführt. Die japanische Sprache wird schon 1910 Nationalsprache, also alleinige Unterrichts- und Amtssprache auch in Zeitungen, 1938 wird selbst der häusliche und private Gebrauch der koreanischen Sprache verboten und durch ein Spitzelwesen bis in den familiären Bereich gesichert, die koreanische Tracht, der Hanbok, wird verboten.
Ab Februar 1940 werden koreanische Namen in japanische umgewandelt; das auf nur sechs Monate angesetzte Vorhaben bringt bis Ende April 1940 nur den sparsamen Erfolg von 7,6% mit japanischen Namen registrierten Koreanern. Als Lebensmittelkarten, Postzustellungen, Vergabe von Arbeit und Annahme von behördlichen Anträgen nur noch an Personen mit japanischen Namen erfolgen, geben viele dem Druck nach; im August 1940 sind 79,3% der Bevölkerung mit japanischen Namen registriert.
Korea unter japanischer Herrschaft ? Wikipedia

Ein sehr bekannes Beispiel dürfte die Unterdrückung der kurdischen Sprache in der Türkei sein:

Muttersprachlicher Kurdischunterricht an staatlichen Schulen ist laut Verfassung verboten. In Art. 42, Abs. 9 heißt es: "Den türkischen Staatsbürgern darf in den Erziehungs- und Lehranstalten als Muttersprache keine andere Sprache beigebracht und gelehrt werden als Türkisch." [3] Kurdischsprachige Medien waren bis 1991 verboten. Im Gesetz Nr. 2932 § 2 hieß es dazu:
"Die Darlegung, Verbreitung und Veröffentlichung von Gedankengut in einer anderen Sprache als der ersten Amtssprache der von der Türkei anerkannten Staaten ist verboten." Türkisch wurde gesetzlich als Muttersprache aller türkischen Staatsbürger festgelegt.[4] Der Strafrahmen bei Verstößen gegen dieses Gesetz betrug laut § 4 sechs Monate bis zwei Jahre Haft. Aus den Schulbüchern, Lexika und Landkarten wurden die Definitionen und Erläuterungen über Kurden und ihre Siedlungsgebiete verbannt.
Diese Regelung wurde durch Artikel 23 des Antiterrorgesetzes 3713 vom 12. April 1991 juristisch gesehen aufgehoben. [5] Die Umsetzung sieht aber teilweise anders aus.
Kurden in der Türkei ? Wikipedia
 
Ausweisung von Moriscos 1499, 1570-72 und endgültige Ausweisung 1608/09

Definierte man Moriscos nach "arabische Muttersprache sprechend" oder "aus muslimischer Familie stammend" - oder war das deckungsgleich?

Wobei ich es durchaus für möglich halte, daß in Spanien eine gezielte Sprachpolitik betrieben wurde. Seinerzeit war dort ja auch ein außergewöhnlicher Vorläufer rassistischen Gedankenguts im Schwange, das sonst erst im 19. Jahrhundert aufzukommen beginnt.
 
Definierte man Moriscos nach "arabische Muttersprache sprechend" oder "aus muslimischer Familie stammend" - oder war das deckungsgleich?

Das ist nicht so einfach und abschließend zu beantworten. Ich nehme an, dass die Morisken der Alpujarra(s) (Südhänge der Sierra Nevada) eher ein arabisches Idiom mit Hispanismen sprachen, während die Morisken aus Valencia ein eher katalonisches, aragonesisches oder spanisches Idiom mit Arabismen sprachen - jedenfalls kann man für das ausgehende 16. Jahrhundert nachweisen, dass es zu Verlusten arabischer Sprachkenntnisse bei Muslimen der spanischen Levante kam (Aljamiado-Literatur).
 
Aus einer anderen Diskussion:

Hierbei wäre zu untersuchen, wieso es zu einer Romanisierung kam, inwieweit es ein "gewollter" Prozeß war (was du wenigstens unterschwellig unterstellst), wie lange der Prozeß dauerte und wie sich dieser gestaltete. Dann kann man dem gegenüberstellen, inwieweit eine Türkisierung stattfand, warum diese ggf. nicht so flächendeckend war und was hierbei gewollt oder ungewollt geschah. Dein Hurrageschrei scheint mir bei aller Ironie fehl am Platz, aber es wäre wohl verwunderlich, wenn du mal in einem Thema nicht die Kurve zum O.R. bekommen solltest. :fs:


Die sprachliche Romanisierung der westeuropäischen Bevölkerung unter den Römern war sicher kein gewollter Prozeß - hier war wohl die Überlegenheit der römischen Zivilisation in den Augen der einheimischen Bevölkerung der entscheidende Faktor. Natürlich gab es auch weitere Faktoren: Dezimierung der einheimischen Bevölkerung durch die Eroberer; Ansiedlung römischer Veteranen und anderen Bevölkerungsteilen in den eroberten Gebieten.

Wie stark das kulturelle Prestige einer Sprache ihre Durchsetzungsfähigkeit bedingt, sieht man überdeutlich an den östlichen Provinzen des römischen Reiches: Die Hellenisierung ging auch unter den Römern ungebremst weiter, das Lateinische hatte überhaupt keine Chance, sich durchzusetzen. Griechische Kultur und griechische Sprache hatten ein hohes Prestige (auch bei den Römern selber!); die hellenistische Bevölkerung hatte keinen Anlaß, eine andere Zivilisation als "überlegen" anzusehen.

Über die Türkisierung Anatoliens wurde hier schon ausgiebig diskutiert: http://www.geschichtsforum.de/f42/ethnogenese-der-t-rken-15756/

Ich habe dort die Meinung vertreten, daß von einer erheblichen türkischen Einwanderung auszugehen ist. Das Vorhandensein einer dünnen türkischen Oberschicht allein hätte nicht für eine Türkisierung ausgereicht. Auf dem Balkan hat es ja, wie man sieht, auch nicht gereicht.
 
Die sprachliche Romanisierung der westeuropäischen Bevölkerung unter den Römern war sicher kein gewollter Prozeß - hier war wohl die Überlegenheit der römischen Zivilisation in den Augen der einheimischen Bevölkerung der entscheidende Faktor. Natürlich gab es auch weitere Faktoren: Dezimierung der einheimischen Bevölkerung durch die Eroberer; Ansiedlung römischer Veteranen und anderen Bevölkerungsteilen in den eroberten Gebieten.

Stimme ich zu...

Über die Türkisierung Anatoliens wurde hier schon ausgiebig diskutiert: http://www.geschichtsforum.de/f42/ethnogenese-der-t-rken-15756/

Ich habe dort die Meinung vertreten, daß von einer erheblichen türkischen Einwanderung auszugehen ist. Das Vorhandensein einer dünnen türkischen Oberschicht allein hätte nicht für eine Türkisierung ausgereicht. Auf dem Balkan hat es ja, wie man sieht, auch nicht gereicht.

Hat aber auch mit dem Wirken der Kirchen zu tun, die in Form der Messen immernoch die slawischen Sprachen als liturgische Sprachen verwendetet.
Außerdem waren die Türken nicht interessiert, durch Aufzwang der Sprache, die Völkerschaften zu schlechter laune zu bringen. In Anatolien ging man da mEn etwas härter zu.

Wie ist das eigentlich mit den Rumänen? Die haben ja eine Romanische Sprache. Ist das so ähnlich zu verstehen, wie Frankreich und Romanisierten Gallieren, in diesem Fall die Daker? Und außerdem wie kommt es, dass Rumänien und Moldavien Sprachinseln in Mitten der "slawischen Meere" geblieben sind?
 
Hat aber auch mit dem Wirken der Kirchen zu tun, die in Form der Messen immernoch die slawischen Sprachen als liturgische Sprachen verwendetet.

Was allerdings für Rumänen und Albaner nicht zutrifft. (Auch nicht für die Kroaten und Ungarn, die freilich nicht ganz so lange unter osmanischer Herrschaft standen.)


Außerdem waren die Türken nicht interessiert, durch Aufzwang der Sprache, die Völkerschaften zu schlechter laune zu bringen. In Anatolien ging man da mEn etwas härter zu.

Vor allem im 20. Jahrhundert. Aber gab es unter den Osmanen eine gezielte Sprachunterdrückungspolitik?


Wie ist das eigentlich mit den Rumänen? Die haben ja eine Romanische Sprache. Ist das so ähnlich zu verstehen, wie Frankreich und Romanisierten Gallieren, in diesem Fall die Daker?
In Dakien dürfte wohl noch stärker als in Gallien die Dezimierung der einheimischen Bevölkerung und die Neuansiedlung romanischer Kolonisten eine Rolle gespielt haben:
Daker & Geten - Seite 2 - Geschichtsforum

Und außerdem wie kommt es, dass Rumänien und Moldavien Sprachinseln in Mitten der "slawischen Meere" geblieben sind?

Was die konkreten Gründe betrifft, bin ich überfragt. Ich nehme an, die Masse der Slawen ist in die Gebiete südlich der Donau eingerückt, die Gebiete nördlich der Donau scheinen für eine Besiedlung weniger attraktiv gewesen zu sein. Albanien und Ungarn wurden ja auch nicht slawisiert, insofern haben wir es eigentlich mit einer großen "südslawischen Sprachinsel" zu tun




Die slawische Einwanderung hat ja nicht in kurzer Zeit das Romanische "weggespült", das war ein Prozeß, der sich über Jahrhunderte hingezogen hat. Das Dalmatinische (die romanische Sprache Dalmatiens) ist erst Ende des 19. Jahrhunderts vollends ausgestorben. Und dann gibt es ja die kleinen aromunischen Sprachinseln südlich der Donau: Aromunische Sprache ? Wikipedia
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Hat aber auch mit dem Wirken der Kirchen zu tun, die in Form der Messen immernoch die slawischen Sprachen als liturgische Sprachen verwendetet.
Außerdem waren die Türken nicht interessiert, durch Aufzwang der Sprache, die Völkerschaften zu schlechter laune zu bringen. In Anatolien ging man da mEn etwas härter zu.

Ich glaube eher, dass das damit was zu tun hat, dass die Völker des Balkans in relativ gebirgigen Gegenden leben.
Der Großteil der Konvertierten, bzw der osmanischen Einwanderer lebte ja in den Städten.
Belgrad hatte einen Anteil von 80% an Moslems, in der Mitte des 19. Jhdts, soviel ich weiß, es gab da über 26 Moscheen, die alle später niedergebrannt wurden.
In fast allen Städten dominierte die osmanische Kultur, während sich der Rest der Bevölkerung in den Bergen breitmachte.
In den Grundbüchern Bosniens schien ja mal auf, dass 60% des Territoriums in serbischen Privatbesitz ist, was als die typische Dominanz der Serben in Jugoslawien gedeutet wurde.
Tatsache ist nun mal, dass die Serben und Kroaten die großteils unwirtlichen Gegenden von Bosnien bewohnten, während 70-80% (bitte korrigieren wenn falsch, müsste nachlesen) der Bosniaken in den Städten siedelten.
So wurde ja auch der Krieg in den Neunzigern oft als Krieg der urbanen Kultur gegen die suburbane Bauernschaft beschrieben.
Es muss ja für serbische Nationalisten ein Genuss gewesen sein, Sarajewo zu belagern, ein gewisser serbischer Herr, der ja jetzt in den Medien ganz aktuell ist, hat ja da Gedichte geschrieben, mehr sag ich dazu auch nicht.
Und Anatolien ist ja etwas flacher als der Balkan, auch wenn es sich relativ einfach anhorcht, ist es doch in Betracht zu ziehen.
 
Was allerdings für Rumänen und Albaner nicht zutrifft. (Auch nicht für die Kroaten und Ungarn, die freilich nicht ganz so lange unter osmanischer Herrschaft standen.)

Stim.

Vor allem im 20. Jahrhundert. Aber gab es unter den Osmanen eine gezielte Sprachunterdrückungspolitik?

Ganz im Gegenteil. Die Osmanen haben sich NICHT in die Kultur der Balkanvölker eingemischt, um sie nicht gegen sie zu bringen. Außerdem wäre jeder Versuch gescheitert. Und das schon von Anfang an.



In Dakien dürfte wohl noch stärker als in Gallien die Dezimierung der einheimischen Bevölkerung und die Neuansiedlung romanischer Kolonisten eine Rolle gespielt haben:
Daker & Geten - Seite 2 - Geschichtsforum
http://www.geschichtsforum.de/f34/daker-geten-4397-post341598/?highlight=kolonisten#post341598

Also deshalb die große ähnlichkeit zum latein.


Was die konkreten Gründe betrifft, bin ich überfragt. Ich nehme an, die Masse der Slawen ist in die Gebiete südlich der Donau eingerückt, die Gebiete nördlich der Donau scheinen für eine Besiedlung weniger attraktiv gewesen zu sein. Albanien und Ungarn wurden ja auch nicht slawisiert, insofern haben wir es eigentlich mit einer großen "südslawischen Sprachinsel" zu tun

Wenn man aber die Bevölkerungszahlen nimmt, so sind doch die slawischen Völkerschaften mehr.

Im Falle von Rumänien kann ich mich erinnern, mal gehört zu haben, das Asparuh die Romäer im Norden der Donau angesiedelt hat, während die Slawen und Bulgaren im S angesiedelt wurden.

Die slawische Einwanderung hat ja nicht in kurzer Zeit das Romanische "weggespült", das war ein Prozeß, der sich über Jahrhunderte hingezogen hat. Das Dalmatinische (die romanische Sprache Dalmatiens) ist erst Ende des 19. Jahrhunderts vollends ausgestorben. Und dann gibt es ja die kleinen aromunischen Sprachinseln südlich der Donau: Aromunische Sprache ? Wikipedia

Stimme ich zu.
 
Man spricht immer die Sprache derjenigen die die modernere und expandierende Wirtschaft und Wissenschaft sowie fortschrittlichere Lebensauffassung eint.
Dessen Sprache bringt die nötigen Worte für die weiterentwickelte Wirtschaft/Wissenschaft und Erfindungen mit. Zudem ist diese Sprachgruppe selbstsicherer und offener.
Das Zitat ist von März 08 am Anfang des Threads, damals konnte ich nicht so viel damit anfangen; inzwischen sehe ich das differenzierter.
Wenn man noch Geographie, Medien, Gruppenpsychologie, Prestige, Aufstiegswillen und weitere weiche Faktoren berücksichtigt, kann ich mir einige Sprachübernehmen erklären aber auch Sprachinseln oder Festhalten an Sprachen.
Der Balkan ist ein aktuelles Beispiel: Warum wurde denn sofort nach der Wende russisch als Fremdsprache vom Lehrplan gestrichen und auf englisch umgestellt? Heute kann über das Schulsystem /Medien der Staat relativ viel Einfluss nehmen, zu Zeiten des Osmanischen Reichs gab es doch noch keine Schulpflicht und ich könnte mir vorstellen, dass der Widerstand der vielen um Landansprüche und Vorherrschaft konkurierenden Ethnien aber auch die Geographie die Sprachübernahme verhindert hat. Vielleicht vergleichbar mit den germanischen Gruppen und Latein.
Schön wären nicht europäische Beispiele: Wie ist es in China, auch eine überlegene Kultur, die das nötige Selbstbewußtsein ausgestrahlt haben dürfte?
 
Schön wären nicht europäische Beispiele: Wie ist es in China, auch eine überlegene Kultur, die das nötige Selbstbewußtsein ausgestrahlt haben dürfte?

Das südliche China (Yangzi-Fluß und südlich davon) war ursprünglich gar nicht chinesisch, es wurde erst in historischer Zeit sinisiert. Das war ein langer Prozeß. Auch heute noch finden sich im Süden einige nicht-chinesische Minderheiten, vor allem in den Bergregionen.

Der Norden Chinas wurde oft von nicht-chinesischen Völkern beherrscht, das war der Fall
- vom frühen 4. bis ins 6. nachchristliche Jahrhundert. (Gegen Ende des 6. Jahrhunderts hatte sich die ursprünglich nicht-chinesische Toba-Aristokratie soweit assimiliert, daß es keinen Sinn mehr macht, von einer "Fremdaristokratie" zu sprechen.)
- vom frühen 10. Jahrhundert (nur teilweise unter den Kitan) bzw. ab dem frühen 12. Jahrhundert (ganz Nordchina unter den Jurchen) sowie ab dem 13. (erst Nordchina, dann ganz China unter den Mongolen) bis 1368
- Von 1644 bis 1911 (ganz China) unter den Mandschu.

Die chinesische Sprache hat sich trotz jahrhundertelanger Fremdherrschaft als durchsetzungsfähig erwiesen. Auch die Mandschu gaben ihre Sprache zugunsten des Chinesischen auf, obwohl sie größte Anstrengungen unternahmen, um ihre eigene Sprache zu konservieren. Große Teile der chinesischen Literatur wurden ins Mandschurische übersetzt, und bis zum Ende der Mandschu-Dynastie mußten offizielle Dokumente zweisprachig ausgefertigt werden. Es half letzlich trotzdem nichts...
 
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