Unterschied zwischen Dhimmi und Harbi?

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Wie kann man den Unterschied zwischen Dhimmi und Harbi am Besten zeigen?

Am Beispiel von Konstantinopel und Indien?

Welche Vorteile hatte allgemein die Situation der Dhimmi, welche Nachteile?

Für Literatur wäre ich sehr dankbar, vor allen für Links.
 
Ein Dimmī gehört zur Dimmà, zur 'Schutzgemeinschaft', welche die Leute des Buches (ahlu-l-kitāb), also Juden und Christen und noch andere Religionsgemeinschaften umfasst. Der Dimmī ist ein Bewohner des 'Haus des Islam' - Dāru-l-Islam, der Ḥarbī ist dagegen der Bewohner des 'Hauses des Krieges' Dāru-l-Ḥarb. Der Ḥarbī kann aber zum Dimmī werden, indem er den Amān erfleht, das kann man mit 'Freiem Geleit' (unter der Voraussetzung der Anerkennung der Herrschaft des Islams natürlich) übersetzen.
 
Vorteile eines Dhimmis?
Persönlicher Schutz des Leib und Lebens vor Verfolgungen durch die Reichskirche (z.B. der Byzantiner), sollte der Dhimmi einer Kirche angehören, die sich von der dominanten Kirche gelöst hat. Siehe auch die protestantischen Flüchtlinge des 16. Jh., die unter osmanischer Oberhoheit flüchteten. Trotzdem kann es passieren, dass die griechische Orthodoxie ihren Machtbereich innerhalb des islamischen Staates auszudehnen vermag, auf Kosten von z.B. anderen Orthodoxien, wie es z.B. der bulgarischen Orthodoxie innerhalb des Osmanischen Reiches erging, aufgrund der Privilegien die die griech. Orthodoxie bekam. Jedoch sind andere Christen des Reiches nun geschützt gewesen, vor dem Zugriff des ehemals byzantinischen Konstantinopel.
Befreiung vom Kriegsdienst, Felder konnten somit immer betreut, Händler immer reisen, usw.
Zusätzlich gibt es noch evtl. niedrigere Steuerlasten als Dhimmi, als unter eines christlichen Herrschers. Dieses liegt aber nicht am Status eines Dhimmis, sondern sind Begleitumstände, die z.B. zu diesem Spruch führten:

"Lieber den Turban des Sultans als die Tiara des Papstes"

siehe auch:
http://www.geschichtsforum.de/f40/schicksal-der-griechen-kleinasiens-14710/index2.html#post238315

Dhimmis verblieben in ihrem alten Recht, sofern es um innere Angelegenheiten ging, also wenn zwei Dhimmis vor Gericht klagten, kam ihr bisheriges Recht zur Geltung. Allerdings ist dieses ja auch kein richtiger "Vorteil", weil ja alles beim alten blieb.
usw.

Vielleicht wolltest du darauf hinaus, weil du von Konstantinopel gesprochen hast?

Nachteile:
Die Dhimmis mussten eine Extrasteuer bezahlen (Kopfsteuer). Diese wurde meist kollektiv von den kirchlichen Vertretern pauschal vom Dorf/Stadtteil, usw. eingezogen (sofern jemand überhaupt unter die Steuerpflicht fiel)
Die Rechtssprechung der Dhimmis behandelte sie ungleich, denn sobald es gerichtliche Auseinandersetzungen gab, an denen Muslime beteiligt waren, also z.B. ein Christ gegen einen Muslim klagte, oder andersrum, kam das islam. Recht zur Anwendung. Sie waren also "Bürger" 2. Klasse.
Dhimmis durften in vielen Regionen und vielen Epochen keine eigene Bewaffnung haben, es sei denn, sie bekamen dafür ausdrücklich eine Erlaubnis, z.B. als Passwächter, oder als "Renner und Brenner" - leichte Reiterei, die hinter den Linien auf eigene Beute Angst und Schrecken verbreiten sollten, gegnerische Kräfte bündeln sollten und Spionage betreiben sollten (Martolos), oder in der Marine.
Dhimmis hatten oft keinen Zugang zu den militärischen Laufbahnen.
Dhimmis konnten ggf. die Konversion zum Islam erschwert werden.
Dhimmis konnten keine musl. Frau nehmen, andersrum jedoch schon, also Muslime eine nichtmusl. Frau.
usw.


Vielleicht schreibst du nochmals genauer auf, worauf du genau hinaus möchtest. Dann kann dir ggf. noch besser geholfen werden?
 
Zuletzt bearbeitet:
Also gilt: Harbi = Ausländer aus nicht mohamedanischen Land?

Dhimmis konnten ggf. die Konversion zum Islam erschwert werden.
Dhimmis konnten keine musl. Frau nehmen, andersrum jedoch schon, also Muslime eine nichtmusl. Frau.

Ich dachte immer, diese rechtliche Schlechterstellung dient dazu, den Betroffenen einen Anreiz zum Konvertieren zu geben, ähnlich wie im Christentum, das Seelenheil der Betroffenen stand ja auf dem Spiel. Ist dem nicht so gewesen?

In der Wikipedia gibt es einige entsprechende Stellen, die darauf hinzudeuten scheinen.

Ausserdem: Man muss ja nur das islamische Glaubensbekenntnis vor 2 Zeugen aufsagen, um vor Gott Moslem zu werden, wie sollte man das erschweren?
 
Also gilt: Harbi = Ausländer aus nicht mohammedanischen Land?
Zunächst einmal zum Begriff Mohammedaner: Dieser wird von Muslimen i.d.R. abgelehnt und aus Gründen des Respekts sollte man sich daran halten. Genauso wie ein Christ den Respekt eines Muslims verdient, nicht als Polytheist bezeichnet zu werden. Etc.
Wasdie Übersetzung des Begriffs Ḥarbī als 'Ausländer' angeht, so tue ich mich damit schwer. Ein Ḥarbī war ein Nichtmuslim, der die Oberherrschaft des Islam nicht anerkannt hat und der im nicht durch den Islam beherrschten Gebiet lebte.

Ich dachte immer, diese rechtliche Schlechterstellung dient dazu, den Betroffenen einen Anreiz zum Konvertieren zu geben, ähnlich wie im Christentum, das Seelenheil der Betroffenen stand ja auf dem Spiel. Ist dem nicht so gewesen?

Auf diese Frage kann man nicht mit einem definitiven "Ja" oder "Nein" antworten. Die Besteuerung diente natürlich als Anreiz zur Konversion. Aber zunächst einmal diente sie dazu, die Staatskassen zu füllen, denn von Muslimen durfte nach mittelalterlich-islamischen Recht nur die zakāt, eingefordert werden, die 'Almosensteuer' und die hatte der Staat an die Bedürftigen Muslime zu verteilen. Es ist natürlich klar, dass diese Einrichtung irgendwann nicht mehr funktionierte, was aber zu innerislamischen Konflikten führte, oder schwelende Konflikte zum Ausbruch brachte.
Außerdem ging das mit der islamischen Expansion recht schnell, d.h. über längere Zeit waren die herrschenden Muslime in der Minderheit. Sie mussten mit einer jüdischen, christlichen und zoroastrischen oder andersgläubigen Mehrheitsbevölkerung klarkommen.
So schrieb dann auch einmal ein faqih von Hārūn ar-Rašīd: "Lass das Land, welches Gott dir als Beute gewährt hat, in den Händen seiner Bewohner, und auferlege ihnen, nach Maßgabe ihrer Möglichkeit, die Kopfsteuer und verteile sie unter die Muslime. Sie sollen das Land bebauen, denn sie verstehen mehr davon und sind uns darin überlegen. Keiner, weder du noch die Muslime bei dir, darf sie als Beute betrachten und sie verteilen, weil zwischen dir und ihnen Friede geschlossen wurde und du von ihnen, nach Maßgabe ihrer Möglichkeit, Kopfsteuer erhebst. Gott hat das für uns und für euch in seinem Buch klar dargelegt: "Kämpft gegen diejenigen, die nicht an Gott und den jüngsten Tag glauben und nicht verbieten, was Gott und sein Gesandter verboten haben, und nicht der wahren Religion angehören - von denen, die die Schrift erhalten haben - kämpft gegen sie, bis sie kleinlaut aus der Hand Tribut entrichten" [Koran, Sure 9,29]. Wenn du ihnen also die Kopfsteuer auferlegst, so hast du keine Ansprüche gegen sie und keine Rechte über sie. Hast du dir überlegt, was den Muslimen nach uns bliebe, wenn wir sie als Sklaven nähmen und sie verteilten? Bei Gott, die Muslime fänden niemanden, mit dem sie reden oder aus dessen Hände Arbeit sie Nutzen ziehen könnten. Die Muslime werden von der Arbeit jener Menschen zehren, solange sie leben; doch wenn wir und sie dahingegangen sind, werden unsere Söhne für immer von ihren Söhnen zehren, solange sie leben, denn sie sind die Diener der Muslime, solange der Islam siegreich ist. Auferlege ihnen also die Kopfsteuer, aber macht sie nicht zu Sklaven und verbiete den Muslimen, sie zu unterdrücken, ihnen Schaden zuzufügen oder ihren Besitz zu verzehren, es sei denn im erlaubten Ausmaß. Halte dich auch genauestens an die Bedingungen, die du ihnen bei allem, was du ihnen gewährtest, auferlegt hast."


Ausserdem: Man muss ja nur das islamische Glaubensbekenntnis vor 2 Zeugen aufsagen, um vor Gott Moslem zu werden, wie sollte man das erschweren?

Naja, mit dem Glaubensbekenntnis war es ja nicht getan. Der Islam war sehr streng, was Renegaten anbelangte.
 
In diesem Zusammenhang eine Frage, stimmt, es dass die Kleiderordnung für religiöse Minderheiten zuerst im islamischen Gebiet eingeführt wurde?

?Umar ibn ?Abd al-?Az?z ? Wikipedia

Eigentlich überraschend, schreibt die Religion doch das genaue Gegenteil vor.

Dazu noch eine Detailfrage: Christen mussten einen blauen Gürtel tragen, Juden einen Gelben, aber was musste der gläubige Zorotostrier tragen?
Und die anderen religiösen Minderheiten?

Umgekehrt, was mussten Moslems in der christlichen Welt tragen?
 
Da Muslime "auch nur Menschen sind", findet sich bei ihnen eben das gesamte menschliche Spektrum an Motiven, Legitimation, Heuchelei, Machthunger, Logik, Ratio, Klugheit, Fanatismus, Pragmatismus, usw.

Will sagen, wenn alle Muslime der Vergangenheit alleine geistige Wesen gewesen wären, fromm bis zum geht nicht mehr, egal welche praktischen Folgen es haben würde, usw., dann hätte es sicherlich nicht Phasen gegeben, in dem den Nichtmuslimen der Übertritt zum Islam (z.B. durch "bürokratische" Hürden) erschwert wurde.

Siehe dazu z.B. auch diese Vorlesung 12:
http://www.geschichtsforum.de/f36/d...ffe-der-isl-welt-14238/index2.html#post438518
Dort hört man glaube ich was dazu. Ggf. auch die neueren Vorlesungen anhören, die unterscheiden sich teilweise erheblich, trotz ähnlichem Titels.

siehe auch hier mit einigen Ausführungen zu "Vorteilen und Nachteilen":
http://www.geschichtsforum.de/f36/expansion-des-islam-18704/#post297399

Es gab eben Phasen in der islam. Geschichte, wo der Pragmatismus überwiegte, denn eine Konversion bedeutete ja nicht selten auch den Ausschluß aus dem sozialen christlichen Verband. Konversion ist sowieso ein vielschichtiges Problem, erst recht in der Frühzeit des Islam, denn der Islam konturierte sich ja erst so richtig in dieser Frühzeit, bildete also heraus, was es eigentlich hieß ein Muslim zu sein. Dieses übrigens unter Einfluss der frisch konvertierten. So bestand anfangs das Problem, die Konvertiten in eine arab. Gesellschaft einzubinden, die tribaler Natur oder Herkunft war. Gleichzeitig fürchteten nicht wenige arab. Muslime um ihre Privilegien als Muslime. Dann hinderten nicht selten auch die christliche Umgebung die Konvertiten an der Konversion - auch aus fiskalischen Gründen, die ja somit aus der Dorfgemeinschaft als Steuerzahler wegfielen. Auch den musl. Herrschern fielen diese Konvertiten als Steuerzahler weg. Ausserdem fand unter den Konvertiten nicht selten eine Landflucht in die Städte statt, wodurch die Versorgung der Städte erschwert wurde.

So fand unter dem Kalifen Abd al-Malik eine Politik statt, die die Konvertiten auch gewaltsam wieder in ihre Dörfer im Irak wieder zurückgeführt wurden. Massiv wegbrechende Steuereinnahmen wurden dann später dadurch begegnet, indem man die Bodensteuer unabhängig von der jeweiligen Person erhob, die Kopfsteuer (Dschizya) weiterhin natürlich nur von Nichtmuslimen.

Bei all dem sollte man aber nicht alleine die ökonomischen Gründe zur Konversion sehen, oder diese überbewerten. Man konnte individuell durchaus auch der Kopfsteuer entgehen ohne zu konvertieren (z.B. in Ägypten, siehe obige Vorlesungen), insofern waren wohl nicht selten auch einfach nicht-ökonomische Gründe für eine Konversion vorhanden, z.B. das Seelenheil, der Wunsch der überlegenen Kultur auch im Religiösen angehören zu dürfen, die Einfachheit oder das einfachere Verständnis des Islams, die Zerstittenheit innerhalb des Christentums, usw.
Insgesamt ist dieses Themenfeld recht schwierig, weil es eben oft ein individueller Prozess ist, worüber die Quellen eben nicht so ausführlich sprießen, wie in anderen Bereichen.

Auch bei den Osmanen habe ich mal gelesen, dass die Konversion nicht immer sooo "leicht" gemacht wurde.

Als Beispiel mal eine Originalquelle zitiert, wo ein junger Mann dem Sultan schreibt, dass er gerne konvertieren würde:

"I–18. Petition of a young man wanting to
convert to Islam (1712)

Your Majesty, my great and graceful Sultan! I wish
you health!
I, Your slave, am a poor man from the region of
Russe. In my native place I felt the wish in myself to
become a Muslim and therefore I came to You. My
plea is to be granted the honour, in Your personal
presence, to accept the faith of Islam. Be so good as
to give me a change of clothes and something to
live by. I kindly ask for your order. The order is in the
power of Your Majesty, my brilliant Sultan.
Your slave Abdullah."
aus:
http://www.cdsee.org/pdf/workbook1_eng_ed2.pdf

Ich weiß leider nicht mehr aus dem Kopf, wo ich noch das osmanische Prozedere gelesen habe, was Konvertiten zeitweise im osmanischen Reich machen sollten (u.a. Beratungsgespräche mit islam. Geistlichen vor der Konversion, usw.).

Vielleicht war es in dieser Magisterarbeit?

THE POST-BYZANTINE LEGAL TRADITION:
IN THEORY AND IN PRACTICE


oder in dieser Magisterarbeit?
http://www.thesis.bilkent.edu.tr/0002749.pdf

Es war jedenfalls eine Arbeit aus diesem Thread:
http://www.geschichtsforum.de/f42/interessante-dokumente-ebooks-und-artikel-13930/

Siehe zum Weiterlesen auch hier:
Geschichte des Islam - Google Bücher
 
In diesem Zusammenhang eine Frage, stimmt, es dass die Kleiderordnung für religiöse Minderheiten zuerst im islamischen Gebiet eingeführt wurde?

?Umar ibn ?Abd al-?Az?z ? Wikipedia

Eigentlich überraschend, schreibt die Religion doch das genaue Gegenteil vor.

Dazu noch eine Detailfrage: Christen mussten einen blauen Gürtel tragen, Juden einen Gelben, aber was musste der gläubige Zorotostrier tragen?
Und die anderen religiösen Minderheiten?

Umgekehrt, was mussten Moslems in der christlichen Welt tragen?

Erstmal vorweg: Im Mittelalter, auch im christlichen Europa, darf man sich Kleiderordnung, Kleiderwahl, nicht so freiheitlich vorstellen, wie heute. Will sagen: Es gab damals sowohl in christlichen wie islamischen Reichen durchaus gewisse Regeln, die zu beachten waren. Z.b. bei der Farbwahl. So durften in gewissen christlichen Reichen zu bestimmten Zeiten Bauern keine anderen Farben als graue Farben tragen. Oder bestimmte Farben waren den christlichen Adeligen vorbehalten. Ebensolche Regeln gab es mitunter in islamischen Reichen für bestimmte sozialen Gruppen, auch unter Muslimen.

Die von dir oben in Schutzverträgen mit den Christen getroffenen Regeln werden strittig gedeutet. Einerseits wurden sie gedeutet, dass die Muslime, die sich ja in der großen Minderheit in ihrem Riesenreich befanden, damit abgrenzen wollten. Oder diese Kleiderregeln sollten die Konversion begünstigen.
Andererseits ist die Quellenlage unbefriedigend, ob es denn alles so stimmt, was heute in den Foren so rumgeistert. Denn die syrischen Christen sollen ja den Kalifen Umar Ibn Abd al-Aziz (nicht zu Verwechseln mit dem ersten Kalifen Umar kurz nach Muhammad) um Schutz gebeten haben, und im Gegenzuge sich selbst unter diese diversen Kleiderordnungen und andere "diskriminierende" Regeln sich selbst auferlegt haben? Es ist strittig, ob diese Dokumente des 9. Jh. nun tatsächlich genauso im Original lauteten, oder nur Mustertexte bildeten für die Ausbildung von Rechtsgelehrten. Wahrscheinlich wurden diese Texte später angefertigt, und rückwirkend diesem Kalif zugeschrieben, um größere Legitimität zu erhalten. Teilweise wurden diese sogar dem ersten Kalifen Umar zugeschrieben, um noch größere Autorität zu erhalten. Jedenfalls ist strittig, ob diese Kleidervorschriften jemals so streng befolgt wurden, oder ob nicht in diesen Schriftstücken von frommen Rechtsgelehrten z.B. des 9. Jh. zum Ausdruck gebracht werden soll, dass eben zu ihrer Zeit die Nichtmuslime die Kleidervorschriften nicht befolgten und sie nicht erkennbar waren. Auffällig an den Kleidervorschriften ist, dass besonders für zwei muslimische Berufsklassen typische Attribute verboten wurden, nämlich Soldaten und Richter.

Ausserdem zeigt die Tatsache, dass über Jahrhunderte hinweg immer mal wieder solche Schriften bei Religionsgelehrten auftauchten, dass deren Befolgung wohl eher ungenügend war.
Wenn wir auch auf christliche Quellen schauen, so sehen wir auch hier (wie bei muslimischen Quellen) widersprüchliche Angaben zu Kleiderordnung und anderen Angaben der Separierung zu den Muslimen. (z.B. mal Ledergürtel verboten, mal erlaubt, usw.)

Sicher ist allerdings, dass zu Zeiten des Umayyadenkalifen Umar Ibn Abd al-Aziz eine restriktivere Haltung gegenüber Nichtmuslimen herrschte, die vielleicht aus den Niederlagen gegenüber den Byzantinern herrührte, und/oder als späte Bestrafung christlicher Gemeinden der Frühzeit, die die Kopfsteuer nicht zahlten, oder weitere Gründe.

Also, du kannst davon ausgehen, dass diese scheinbar klaren eindeutigen Angaben (z.B. in der Kleiderfrage, oder Kirchenbaufrage) in der Wikipedia nicht die Realität abbilden, sondern man höchstens Angaben machen könnte für eine ganz bestimmte Zeit und eine ganz bestimmte Region, und auch dort Theorie und Praxis ganz weit auseinanderliegen können. Wie z.B. beim Kirchenbau, der teilweise enorm anstieg - nach islamischer Eroberung, wie z.B. die nestorianischen Kirchen unter islamischer Herrschaft bis nach Zentralasien belegen.


Was die Muslime im Christentum anbelangt, so muss man auch hier schauen, welche Region und Zeit man betrachtet, jedoch ist es meistens so gewesen, dass Muslime, die z.B. als Kriegsgefangene unter christliche Herrschaft kamen, gar keine Wahl hatten, als Muslime weiter zu leben, also auch keine besondere Kleidung tragen mussten, sondern nur die Wahl hatten, entweder Zwangstaufe, oder Hinrichtung. Falls ein musl. Territorium erobert wurde, kam als Alternative dazu noch ggf. die Flucht, wie z.B. in Spanien. Es gab allerdings auch immer mal wieder Ausnahmen, so wurden z.B. im mittelalterlichen und auch neuzeitlichem Venedig durchaus muslimische Händler auf christlichem Territorium geduldet. (Ob dort bestimmte Kleiderordnungen galten, weiß ich nicht.) Auch später unter russischer Herrschaft gab es muslimische Minderheiten, auch hier weiß ich nicht, ob dort besondere Kleidung getragen werden musste. Änderungen bezüglich der Duldung von Muslimen auf christlichen Territorien gab es dann auch erst im Zuge der späteren Neuzeit, wo z.B. dauerhafte osmanische Gesandschaften geduldet wurden, oder in Preußen sich eine musl. Gemeinde in Berlin bildete. Im Mittelalter undenkbar.

Doch in der Regel hatten die Muslime auf christlichen Territorium keine besondere Kleiderordnung, oder Bestimmungen, weil es sie eben schlichtweg nicht gab, da sie eben getauft oder hingerichtet oder vertrieben wurden.
 
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Missionierung und Steuern im (frühen) Islam?

Auf Wikipedia bin ich auf folgende Aussage gestoßen:
Die Befreiung Steuerpflichtiger von der dschizya war nur durch Übertritt zum Islam möglich. Da die Abgaben der nicht-muslimischen Bevölkerung unter islamischer Herrschaft den größten Teil der steuerlichen Einnahmen der Muslime ausmachten, bestand auf muslimischer Seite wenig Interesse an einer Islamisierung der jeweiligen Gebiete.[6] Dies ging so weit, dass zu Beginn des achten Jahrhunderts die Konversion von Nicht-Muslimen zum Islam zeitweise verboten wurde.[7]
Quelle: Dschizya ? Wikipedia
(Hervorgehoben im Original.)
Und weiter:
pätere islamische Juristen sahen in der Erhebung der Kopfsteuer einen Anreiz zur „Rechtleitung“ derjenigen, die vor die Wahl gestellt wurden, entweder in den Islam einzutreten oder in ihrem „Unglauben“ (kufr) zu verharren.

Quelle: Dschizya ? Wikipedia

Als Quellenangabe finden wir: "W. Montgomery Watt: Islamic Conceptions of the Holy War. In: Th. P. Murphy: The Holy war. Ohio State University Press, 1974. S. 149".

Seit damals ist eine Menge Zeit vergangen und es kann ja sein, dass sich die Meinung der Fachwelt geändert hat.
Andererseits las ich in einem neueren Werk, "Theologie und Gesellschaft im 2. und 3. Jahrhundert Hidschra":
"Wer konvertierte[...] bemühte sich[...]selber zum Araber zu werden. Das war ein dorniger Weg; die Neophyten wurden zu "Klienten" (mawali) dessen, der ihre Bekehrung entgegengenommen hatte, und halte in dem Stamm, dem sie damit assoziiert waren, erst einmal als Menschen zweiter Klasse."
Quelle: Theologie und Gesellschaft im 2. Und 3. Jahrhundert Hidschra - Josef Van Ess - Google Books

Das "Bekehrung entgegennehmen" wird sich wohl auf die beiden Gläubigen beziehen, die beim Übertritt eines Moslems sein Aufsagen der Schahada bezeugen.

Meine Frage daher lautet: Aus historischer Perspektive, war der frühe Islam eine missionarische Religion oder war er eher überzeugt davon, dass auch Ungläubige (Schriftbesitzer) auf ihren Weg ins Paradies kommen können?
Kam die Missionierung erst später in Mode, womöglich wegen dem (schlechten) Vorbild des Christentums oder wurde die Anzahl der Übertritte einfach so groß, das Intellektuelle die Einrichtung der Kopfsteuer anders interpretierten?

P.S.: Ich bitte um möglichst wissenschaftliche Antworten, auch wenn es um Religion geht. :-D
 
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