Auch aus den Memoiren anderer Generalstabsoffiziere geht hervor, dass die deutsche Militärelite die Wahrscheinlichkeit eines Krieges für gering hielt...(Turgot)
Das ist dadurch gegeben, dass man im Generalstab die Befürchtung hegte, Wilhelm II. könne, wie schon früher, den Entschluss zum (präventiv-) Krieg revidieren.
Nichts kann besser verdeutlichen, wie man den "Blankoscheck" nächst intern einschätzte: Risikomanagement, Eskalation, und politisches Spiel mit der Krise wie gehabt, um die Kontrahenten zu entzweien, Pflöcke setzen und Kapital zu schlagen...(Silesia)
Der Unterschied zu den Krisen der Vergangenheit ist der, dass mit dem Ausstellen des Blankoscheck vom 5. Juli weder der Kaiser noch die Politik die Krise steuern konnten - man war zwangsläufig im Fahrwasser der Habsburger. Da ja Deutschland objektiv passiv sein sollte für die Augen Europas, wurde auf jegliche weitere Einflussnahme verzichtet. Späte, gescheiterte Versuche das Heft des Handelns wieder in die Hand zu bekommen offenbarten lediglich welchen großen Fehler man am 5. Juli begangen hatte!
Falkenhayn kehrte am 24.Juli aus seinem Urlaub zurück. Moltke kam am 26.Juli aus Karlsbad zurück nach Berlin. Erst ab diesen Zeitpunkte begannen die Militärs zielstrebig sich in die Politik einzumischen und auf den Krieg zuzusteuern...(Turgot)
Weder die beiden Monarchen, Wilhelm II. und Franz-Josef, noch die Politiker beider Länder arbeiteten in jenen Tagen so eng zusammen wie die jeweiligen Generalstäbler v.Moltke und v.Hötzendorf. Mag es diesen Herren auch erst spät richtig klar geworden sein was am 5.Juli passiert war, die Ansicht, dass die Militärs erst ab Ende Juli "zum Krieg geblasen" hätten erscheint mir nicht richtig. Mit deutscher Zusage im Rücken konnte der Österreicher v.Hötzendorf seine Regierung in Richtung Krieg nötigen und diese Zusage würde genau dazu führen, wie dem Deutschen v.Moltke klar war. Beide Herren waren sich dahingehend einig, es müsse zum großen Schlagabtausch kommen und es sei besser heute als morgen!
Angetretene Urlaubsreisen wie auch vereinbarte "Nicht-Besuche" waren samt und sonders abgesprochen und dienten allein der Camouflage.
Übrigens läßt sich daraus auch ableiten, dass man der brit.-russ. Marinekonvention schon aufgrund der unüberbrückbaren und bekannten scharfen Gegensätze nicht allzuviel Bedeutung zumaß. Es spielte gerade in der Endphase keine beachtliche Rolle in den Akten...(Silesia)
Militärisch ist dies wahrscheinlich irrelevant bzw. es wurde deutscherseits nicht objektiv gewichtet. Schwerwiegender war die politische Auswirkung, dass man England nun auch nicht mehr "trauen könne" da Minister Grey offensichtlich nicht wahrheitsgemäß antwortete als man ihn über die Marinekonvention befragte. Hatte man 1913 noch in Zusammenarbeit mit England eine Ausweitung des Balkankriegs, auch auf die Großmächte Ö-U und Russland, verhindern können, so war dies 1914 durch das aufgekommene Misstrauen nicht mehr denkbar. Die "nebulöse" Britisch-Russische Marinekonvention verstärkte die Meinung einzelner in Deutschland dass die Entente auf den Krieg hinarbeitet und das der (Präventiv-) Krieg jetzt nötig sei da die Chancen auf einen Sieg mit jedem Monat schwinden.