Ursachen größerer Bevölkerungsunterschiede

Ich will ja in Antike und Mittelalter auch keine Überlegenheit Europas konstatieren; nur die Kontinuität darin aufzeigen, dass Europa stets zu den höher- bzw. höchstentwickelten Gebieten der Welt gehörte. Die u. a. aus Kolonialismus und technologischer und politischer Fortschrittlichkeit entstandene quasi absolute "Konkurrenzlosigkeit" Europas von der Barockzeit bis ins 20. Jahrhundert ist eine andere Geschichte.

Allerdings hat natürlich auch diese Entwicklung ihre Wurzeln; so setzt die Mechanisierung Europas z. B. teilweise schon im Hochmittelalter ein, und ab dem 13./14. Jahrhundert verfügten die Europäer über Technologien (allgemeine und vielseitige Nutzung von Wind- und Wasserkraft, Räderuhren, etwas später Buchdruck und effektive Pulvergeschütze) die in vielem schon einen wirtschaftlichen Vorteil anderen Kulturen gegenüber mit sich brachten.
 
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So etwa bis ins 12./13. Jahrhundert (?).
Und dann? Den Kreuzzügen war bekanntlich kein nachhaltiger Erfolg beschieden, dafür überrannten im 13. Jhdt. die Mongolen Osteuropa und ab dem 14. Jhdt. die Osmanen Südosteuropa.

Allerdings hat natürlich auch diese Entwicklung ihre Wurzeln; so setzt die Mechanisierung Europas z. B. teilweise schon im Hochmittelalter ein, und ab dem 13./14. Jahrhundert verfügten die Europäer über Technologien (allgemeine und vielseitige Nutzung von Wind- und Wasserkraft, Räderuhren, etwas später Buchdruck und effektive Pulvergeschütze) die in vielem schon einen wirtschaftlichen Vorteil anderen Kulturen mit sich brachten.
Windräder gab es im Orient schon in der Antike, und auch im Mittelalter wurden sie in der arabischen Welt schon lange verwendet, ehe sie in Europa aufkamen oder übernommen wurden. Buchdruck gab es in China schon Jahrhunderte vor Europa. Pulvergeschütze wurden auch im Orient verwendet.

Ich will ja in Antike und Mittelalter auch keine Überlegenheit Europas konstatieren; nur die Kontinuität darin aufzeigen, dass Europa stets zu den höher- bzw. höchstentwickelten Gebieten der Welt gehörte.
Hast Du dafür bessere Beispiele?
Auch wenn das Mittelalter in Europa nicht so dunkel und primitiv war wie gerne dargestellt, mit Byzanz und der arabischen Welt konnte der Rest Europas nun wirklich nicht mithalten, von China mal ganz zu schweigen.
 
Und dann? Den Kreuzzügen war bekanntlich kein nachhaltiger Erfolg beschieden, dafür überrannten im 13. Jhdt. die Mongolen Osteuropa und ab dem 14. Jhdt. die Osmanen Südosteuropa.

Dann muss man aber auch fairerweise sagen, dass z. B. die Rückeroberung Spaniens von den Muslimen einen beachtlichen Erfolg darstellte. Und auch wenn die Kreuzzüge von Anfang an auf lange Sicht aussichtslos waren, so zeigen sie doch, dass Westeuropa dem Orient militärisch nicht unbedingt unterlegen war. Es ist nicht ganz so häufig in der Weltgeschichte, dass eine Kultur einen Landstrich im Herzen des Feindeslandes über fast zwei Jahrhunderte hält; und dem Kaiser von Byzanz war schon 1099 vor den Kreuzfahrern etwas mulmig, bis dann 1204 Konstantinopel erobert wurde. Da hatte das oströmische Reich schon in vielen Belangen seinen Vorsprung gegenüber der lateinischen Christenheit eingebüßt.

Windräder gab es im Orient schon in der Antike, und auch im Mittelalter wurden sie in der arabischen Welt schon lange verwendet, ehe sie in Europa aufkamen oder übernommen wurden.

Das ist mir klar. Aber im arabischen Raum setzte man Windräder ausschießlich als Kornmühlen ein; die Europäer kamen erstmals darauf, sie auch in Schmieden, Walkwerken oder Sägemühlen als effektiven Ersatz für menschliche oder tierische Muskelkraft einzusetzen, was die Wirtschaft des Westens effektiver machte.

Pulvergeschütze wurden auch im Orient verwendet:

Chinesen und vielleicht auch Araber hatten zwar früher Schwarzpulver in ihren Arsenalen; aber offensichtlich konnten die Europäer mit der Zeit deutlich bessere Kanonen schmieden. Im 16. Jahrhundert lösen die Waffen der Weißen in Ostasien "Überraschung und Schrecken" aus, und ein Reisender, der 1630 die Geschützproduktion der chinesischen Städte begutachtet, meint, man besäße "weder Erfahrung noch Fertigkeit in Bau oder Bedienung".
 
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Windräder gab es im Orient schon in der Antike, und auch im Mittelalter wurden sie in der arabischen Welt schon lange verwendet, ehe sie in Europa aufkamen oder übernommen wurden. Buchdruck gab es in China schon Jahrhunderte vor Europa. Pulvergeschütze wurden auch im Orient verwendet.

Es ist unbestreitbar, dass Europa seit etwa dem 14./15. Jh. die technologische Führung übernahm, die ihm dazu verhalf, große Kolonialreiche in Amerika, Asien und Afriika zu errichten.
 
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Dann muss man aber auch fairerweise sagen, dass z. B. die Rückeroberung Spaniens von den Muslimen einen beachtlichen Erfolg darstellte.
Durchaus, allerdings profitierten die christlichen Reiche dabei von der völligen Zersplitterung des arabischen Spaniens (mitsamt vielen innerarabischen Konflikten) in einem Großteil des Hochmittelalters. In den Zeiten, in denen das arabische Spanien unter den Almoraviden und den Almohaden geeint war, hatten die christlichen Reiche nicht viel zu lachen. (Zur Zeit der Schlacht bei Las Navas de Tolosa gab es unter den Almohaden schon Auflösungserscheinungen.) Aber schon davor mussten sie unter Al Mansur schwere Rückschläge hinnehmen.

Und auch wenn die Kreuzzüge von Anfang an auf lange Sicht aussichtslos waren, so zeigen sie doch, dass Westeuropa dem Orient militärisch nicht unbedingt unterlegen war. Es ist nicht ganz so häufig in der Weltgeschichte, dass eine Kultur einen Landstrich im Herzen des Feindeslandes über fast zwei Jahrhunderte hält
Auch hier muss man allerdings anmerken, dass der Nahe Osten im späten 11. und weiten Teilen des 12. Jhdts. politisch zersplittert war. Die Fatimiden sahen im 1. Kreuzzug anfangs sogar eine willkommene Hilfe gegen die Seldschuken. Den Kreuzfahrern gelang es in den folgenden Jahrzehnten durchaus, einzelne islamische Staaten ruhig zu halten oder sogar gegeneinander auszuspielen. Gegen Saladin und die Mameluken sah es später weniger gut aus.

und dem Kaiser von Byzanz war schon 1099 vor den Kreuzfahrern etwas mulmig, bis dann 1204 Konstantinopel erobert wurde. Da hatte das oströmische Reich schon in einigen Belangen seinen Vorsprung gegenüber der lateinischen Christenheit eingebüßt.
Das hatte allerdings mehr mit dem Niedergang der Oströmer als mit dem Aufstieg der Lateiner zu tun.

Chinesen und vielleicht auch Araber hatten zwar früher Schwarzpulver in ihren Arsenalen; aber offensichtlich konnten die Europäer mit der Zeit deutlich bessere Kanonen schmieden. Im 16. Jahrhundert lösen die Waffen der Weißen in Ostasien "Überraschung und Schrecken" aus, und ein Reisender, der 1630 die Geschützproduktion der chinesischen Städte begutachtet, meint, man besäße "weder Erfahrung noch Fertigkeit in Bau oder Bedienung".
Ich schrieb bewusst vom Orient. Dass man in China das Schwarzpulver nicht voll zu nutzen verstand, ist mir bekannt. Aber sogar in Vietnam gab es anscheinend schon Kanonen, zumindest wurde Anfang des 16. Jhdts. ein Herrscher hingerichtet, indem man ihn vor eine Kanone band und sie abfeuerte.
 
Ich stimme Ravenik zu und sehe vor der Neuzeit keine besonders herausragende oder konkurrenzlose Position Europas.
Von den meisten Weltgegenden wußte Europa davor gar nichts, deshalb ist es selbst in der Rückschau schwer, die Verhältnisse zu vergleichen.
Aber gut, im 16./17. Jhd. machte sich Europa auf den Weg in die Welt und da mir die Vorgeschichte nicht prädestinierend erscheint, was waren dann die Gründe?

Vom Threadersteller wurden irgendwann die langen Küstenlinien ins Spiel gebracht, ist da was dran?
 
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Einen Zusammenhang sehe ich da durchaus, wobei ich eher an die Bedeutung des Mittelmeers für den wirtschaftlichen, kulturellen und wissenschaftlichen Austausch sowie für Feldzüge denke. Die Mittelmeeranrainer Europas konnten über das Meer in regem Kontakt mit Byzanz und der islamischen Welt stehen. Die langen Küstenlinien vor allem Italiens boten viel Platz für zahlreiche in der Seefahrt aktive Handelsstaaten. Aber auch über die Ostsee spielten sich vielfältige Kontakte zwischen Norddeutschland, Skandinavien, dem Baltikum und Russland ab. (Ähnliches lässt sich in der Halbinsel- und Inselwelt Südostasiens beobachten, wo die Reiche in Südostasien und der indonesischen Inselwelt mannigfaltige zivilisatorische, religiöse und kulturelle Anregungen aus Indien und China erhielten und vor allem Malaya und die Inseln zur wirtschaftlichen Drehscheibe wurden. Japan andererseits verhielt sich meistens eher isoliert gegenüber dem gegenüberliegenden Korea und China.)
 
Aber gut, im 16./17. Jhd. machte sich Europa auf den Weg in die Welt und da mir die Vorgeschichte nicht prädestinierend erscheint, was waren dann die Gründe?

Dürfte hier nicht die aufkommende Aufklärung der Hauptgrund gewesen sein? Während in Europa fähige spanische/portugiesische Kapitäne oder venezianische Kaufleute durchaus ohne Adelstitel Karriere machen konnten, erstarrten z.B. die Osmanen in ihrem Feudalsystem, welches für Jahrhunderte Reformen fast unmöglich machte. Auch die einst so fortschrittlichen Araber brachten keine Innovationen mehr hervor. China konnte zwar seinen technologischen Fortschritt lange halten, erstarrte aber unter der Mandschu-Dynastie gesellschaftlich total.
 
Ich glaube, man sollte die Auswirkungen der Aufklärung in der Praxis nicht überbewerten. Theorie schön und gut, aber bis sich ihre Anliegen in der Praxis durchgesetzt hatten, dauerte es noch lange. Noch im 19. Jhdt. konnten in vielen europäischen Staaten - ausgenommen bei der Artillerie - praktisch nur Adlige in die höheren Offiziersränge aufsteigen, und auch die Spitzenpolitik blieb vielerorts bis ins 19. oder sogar ins 20. Jhdt. hinein weitgehend eine Domäne des Adels. Auch wichtige gesellschaftliche Neuerungen wie der allgemeine Schulbesuch oder die Abschaffung des Feudalwesens erfolgten meist erst im 19. Jhdt.

Eine wichtige Rolle scheint aber der aufkommende Kapitalismus gespielt zu haben. Man darf nicht vergessen, dass am Beginn der europäischen Expansion in Übersee oft private Geldgeber und private (wenngleich meist vom Staat privilegierte und geförderte) Handelskompanien standen. Nicht einmal Spanien ist da so wirklich eine Ausnahme: Die Eroberungen in der Neuen Welt wurden großteils von Abenteurern durchgeführt, die sich selbst finanzierten oder von mehr oder weniger stillen Teilhabern finanziert wurden und oft auf eigene Faust, also ohne staatlichen Auftrag, agierten.
 
Eine wichtige Rolle scheint aber der aufkommende Kapitalismus gespielt zu haben.

Aber diese Kapitalisten waren eben keine Adligen, weder in der Hanse, noch in den italienischen Handelsstaaten. Gerade hier konnten die fähigsten Karriere machen, nicht die am höchsten geborenen.
Auch wenn das Militär noch anders organisiert war, die Vorherrschaft wurde wirtschaftlich/technisch errungen, wo der Adel kaum noch eine Rolle spielte.
Bezeichnend auch die Erfolge der Niederländer und Engländer, die beide auch nicht mehr über solch festgefügte Hierarchien verfügten.
 
Ich stimme Ravenik zu und sehe vor der Neuzeit keine besonders herausragende oder konkurrenzlose Position Europas.

Keine herausragende oder konkurrenzlose, wohl aber eine unter den höchstentwickelten Kulturräumen, neben China, dem islamischen Raum oder Indien. Ich habe in dieser ganzen Diskussion keine Überlegenheit Europas diesen Gebieten gegenüber suggeriert; nur, dass es sich in einer Kontinuität von der Römerzeit über das Mittelalter bis zum Imperialismus der Neuzeit stets unter den fortschrittlichsten Gebieten weltweit gehalten hat.

Man muss aber wiederum feststellen, dass der Westen in einem ca. 500-jährigen Prozess vom 12. bis zum 17. Jahrhundert in steigendem Maße alle anderen Gebiete der Welt technologisch überflügelt, was u. a. seinen darauf folgenden Aufstieg zur dominanten Region der Weltpolitik bedingt. Beispielsweise sind die Europäer schon seit dem 16. Jahrhundert im Schiffsbau führend, und wie ich bereits betont habe, stellt auch die effiziente Nutzung natürlicher Energiequellen einen beachtlichen Vorteil dar.
 
Aber diese Kapitalisten waren eben keine Adligen, weder in der Hanse, noch in den italienischen Handelsstaaten. Gerade hier konnten die fähigsten Karriere machen, nicht die am höchsten geborenen.
Auch wenn das Militär noch anders organisiert war, die Vorherrschaft wurde wirtschaftlich/technisch errungen, wo der Adel kaum noch eine Rolle spielte.
Bezeichnend auch die Erfolge der Niederländer und Engländer, die beide auch nicht mehr über solch festgefügte Hierarchien verfügten.
Aufstiegschancen für Nichtadlige gab es bei den Osmanen auch, eher mehr als in Europa. Viele Großwesire stammten aus einfachsten Verhältnissen, oft obendrein aus anderen Ethnien. Vor allem auch über das Janitscharenkorps konnte man gut aufsteigen.
Auch in China konnte jedermann eine Karriere als Beamter machen, sofern er es durch das komplizierte Prüfungssystem schaffte, was zwar einen gewissen Wohlstand der Eltern, aber nicht hohe Herkunft voraussetzte.

Der Aufstieg der italienischen Handelsstaaten und der Hanse begann bereits tief im Mittelalter, noch lange vor Beginn der Aufklärung. Als die Aufklärung begann, hatten beide ihre großen Zeiten längst hinter sich.
Handel treiben und damit (bei entsprechendem Risiko) reich werden konnte man seit jeher, dafür brauchte man keine Aufklärung, und in den Stadtrepubliken übernahmen reiche Kaufleute sukzessive die Macht.

Bei den Spaniern waren die meisten Konquistadoren Hidalgos, also Angehörige des niederen Adels, die von ihren winzigen Ländereien in der Heimat nicht mehr leben konnten oder als jüngere Söhne zu wenig erbten und daher ihr Glück in Übersee versuchten.
 
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Manchmal denke ich, dass Europa nach dem Mittelalter einen ähnlichen Prozess durchlaufen hat, wie Griechenland im späten 2. und 1. Jt. BC.
Die griechischen Stadtstaaten bildeten sich küstenorientiert. Das landwirtschaftlich nutzbare Hinterland ernährte die wachsende Bevölkerung nur bis zu einem gewissen Punkt, so dass Seefahrt, Handel, Handelskolonien und manchmal Piraterie nahelagen.
Die europäischen Mittelmeerländer aber auch der Norden sind geografisch alle ein wenig mit dem alten Griechenland vergleichbar und das sind die Gebiete, von denen die genannten Handelskompanien aus operierten.
 
Manchmal denke ich, dass Europa nach dem Mittelalter einen ähnlichen Prozess durchlaufen hat, wie Griechenland im späten 2. und 1. Jt. BC.
Die griechischen Stadtstaaten bildeten sich küstenorientiert. Das landwirtschaftlich nutzbare Hinterland ernährte die wachsende Bevölkerung nur bis zu einem gewissen Punkt, so dass Seefahrt, Handel, Handelskolonien und manchmal Piraterie nahelagen.
Die europäischen Mittelmeerländer aber auch der Norden sind geografisch alle ein wenig mit dem alten Griechenland vergleichbar und das sind die Gebiete, von denen die genannten Handelskompanien aus operierten.

Schiffahrt und Häfen allein begründeten nicht die europäische Dominanz seit dem 15./16. Jh. Darüber verfügten auch die indischen Küstenstaaten, einige islamische Länder oder China. Vielmehr waren es eine Reihe von Faktoren, die schließlich Europas Vorherrschaft sicherten.

1. Nach einer langen Phase des Stillstands und der gesellschaftlichen Lethargie kam es mit der Renaissance zu einem Aufbruch, der Philosophen, Wissenschaftler, Forscher und Künstler erfasste. Die technische und wissenschaftliche Unterlegenheit gegenüber außereuropäischen Kulturen wurde verringert und schließlich überwunden. Das erstreckte sich auch auf eine allmähliche wqaffentechnische Überlegenheit, die sich mit einem Expeditions- und Entdeckerdrang verband. Das war z.B. bei China nicht der Fall, wo nach ersten Impulsen ausgedehnte Entdeckerfahrten eingestellt wurden und lediglich angrenzende Gebiete und Länder kolonisiert wurden.

2. Betrachtet man die arabische Welt, so war der einstige Expansionsdrang versandet, die muslimischen Staaten waren politisch zerrissen und es gab keine unbestrittenen Großmächte außer dem Osmanischen Reich. Das aber richtete seine Kräfte auf die Beherrschung des Mittelmeers, seiner Randgebiete und konzentrierte sich auf die Expansion Richtung Balkan und Mitteleuropa. Die Kolonialisierung überseeischer Gebiete lag nicht im Fokus der osmanischen Staatsführung. Zudem litt die gesamte muslimische Welt noch unter den Nachwirkungen des Mongolensturms, der ihr Fundament erschüttert und administartive und hierarchische Strukturen beschädigt hatte. Der Regenerationsprozess dauerte oft Jahrhunderte und die Ilchane und Timuriden als Nachfolger der Mongolen trieben keine Politik, die weit über ihre Staatswesen hinausreichte - zumindest nicht bis Europa! Die Sarazenen in Spanien kämpften um ihre Existenz und erlagen schließlich bis auf das machtlose Königreich Granada im 13. Jh. den christlichen Königreichen.

3. In das auf diese Weise entstandene Machtvakuum stießen eine Reihe expansionsfreudiger und waffentechnisch überlegener europäischer Staaten. Dabei darf man nicht außer acht lassen, dass die Europäer zentrale Erfindungen und Entdeckungen kopiert hatten und für ihre Zwecke nützlich verfeinerten.
 
Schiffahrt und Häfen allein begründeten nicht die europäische Dominanz seit dem 15./16. Jh.

Nicht allein aber Seehandel und Expansion über die Meere hatte Tradition.
Und deine Punkte, die du in 2 und 3 genannt hast, gaben die Richtung nach Westen und Süden vor, da der Osten versperrt war.
Tja und da bescherte das Glück Europa einen / mehrere Volltreffer.:winke:
 
lange Phase des Stillstands und der gesellschaftlichen Lethargie

Na ja. Jeder, der sich ernsthaft mit dem Mittelalter beschäftigt hat, wird diese Behauptung relativieren wollen. Das Europa, dass uns 1350 begegnet, ist ein gänzlich anderes, als es noch um die Jahrtausendwende war. Nur um einige Punkte zu nennen: Städte sind gewachsen und zu wichtigen Faktoren in der Politik geworden, das Rittertum hat sowohl seinen Aufstieg als auch seinen Fall erlebt, das Heilige Römische Reich hat sich zu einem Splitterstaat gewandelt, während die ehemals chaotischen Königreiche England und vor allem Frankreich ein starkes Königtum und eine Verwaltung entwickeln, die Philosophen des Westens diskutieren, ob Jesus eine Geldbörse besaß (aber durchaus auch bedeutendere Fragen), man errichtet überall Gewölbe und Türme von fantastischer Höhe und der Adel verbringt seine Zeit immer noch gern mit Kriegsspielen, aber auch mit Lyrik und Musik. Durch neuartige Anbaumethoden füllt das Getreide des Westens bis zu achtzig Millionen Mäuler, wo vorher nicht einmal die Hälfte waren. Die Bedrückung des Bauernstandes sinkt zunächst, um mit dem Einbruch der Klimaveränderungen des 14. Jahrhunderts um so mehr Knechtschaft erdulden zu müssen. Europa gewinnt und verliert in fanatischen Glaubenskriegen seine Exklaven im Orient; der Papst triumphiert über den Kaiser, um dann selber unter französische Kontrolle zu geraten.

Das soll eine Phase des Stillstands sein, ohne bedeutende Veränderungen in Gesellschaft und Kultur? Sicher, diese ganze Zeit eint, dass ein Großteil der Bevölkerung in Minder- und Unfreiheit lebt. Aber daran änderte die Renaissance auch nichts, das humanistische Ideal drang in der Regel nicht zum gemeinen Volk durch; und nach dem durch die Reformation hervorgerufenen Bauernaufstand 1525 wurde die Leibeigenschaft härter als je zuvor.
Tiefe Veränderungen für den Status der Volksmasse brachte erst die Aufklärung vereint mit dem aufkommenden Kapitalismus und dem aus beidem resultierenden Revolutionszeitalter. Man kann das spätere Mittelalter keinesfalls als Zeit des Stillstandes abqualifizieren.
 
Na ja. Jeder, der sich ernsthaft mit dem Mittelalter beschäftigt hat, wird diese Behauptung relativieren wollen. Das Europa, dass uns 1350 begegnet, ist ein gänzlich anderes, als es noch um die Jahrtausendwende war ... Das soll eine Phase des Stillstands sein, ohne bedeutende Veränderungen in Gesellschaft und Kultur?

Europa zeigte sich im 15. und 16. Jh. anderen außereuropäischen Kulturen überlegen und war in der Lage, sie zu unterwerfen. Dafür suchten wir nach einer Erklärung, denn noch bis ins 12. Jh. war die arabische Welt dem Abendland in zivilisatorischer Hinsicht und vielfach auch kulturell überlegen.

Den Wendepunkt markiert in dieser Hinsicht zweifellos die Epoche der Renaissance, die zu einem Aufbruch der Forscher, Entdecker, Philosophen und Künstler führte. Wichtige Erfindungen und Entdeckungen wurden gemacht: Wiederentdeckung des Schwarzpulvers für Europa, Buchdruck, heliozentrisches Weltbild des Kopernikus, Globus und anderes mehr.

Als Basis außereuropäischer Entdeckungen taucht nun die hochseetaugliche Karavelle auf, bestückt mit Kanonen, einem mathematisch ausgebildeten Navigator, der mit Jakobstab und Kompass (und "Log") unter zuhilfenahme gedruckter Ephemeriden und einer Seekarte sich auf den Weltmeeren zurechtfindet. Damit hatte man die Basis sowohl für überseeische Entdeckungen als auch Eroberungen geschaffen, wozu es dann in rascher Folge kam.

Somit ist die Epoche der Renaissance der entscheidende Angelpunkt für das Ausgreifen der Europäer nach überseeischen Besitzungen, wobei auch andere Faktoren von Bedeutung sind. So die Stagnation und Zerrissenheit der arabischen Welt mit den Folgen des Mongolensturms, der unter anderem das abbasidische Kalifat in Bagdad vernichtete. Ferner die Beschränkung Chinas auf sich selbst und angrenzende Gebiete, der Verzicht des Osmanischen Reichs auf übereeische Eroberungen und schließlich der Rückzug der spanischen Muslime vor der Reconquista der christlichen Königreiche.

So bleibt als Tatbestand, dass die Europäer erst ab der Epoche der Renaissance in der Lage waren, überseeische Territorien zu erreichen und sie wegen ihrer waffentechnischen Überlegenheit auch zu erobern. Dass einige der zentralen Erfindungen ihren Ursprung im Morgenland hatten, sollte dabei nicht vergessen werden.
 
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