Ursprünge des Christentums

Müssen wir? Ich denke, nein!

Dass Tacitus in der Amtsbezeichnung wohl einem Irrtum unterlegen sei, hat schon der Mommsenschüler Otto Hirschfeld (in einer Berliner Akademieabhandlung von 1889) angemerkt. Mit dem Fund der Pilatus-Inschrift aus Caesarea Maritima wurde die Annahme Hirschfelds bestätigt.

Wenn ich unbedingt muss, wiederhole ich es auch: Praefect oder Procurator, es handelt sich um zwei Begriffe für letztlich dasselbe Amt. P. Pilatus als Procurator zu bezeichnen stellt einen Anachronismus dar. Ähnilch als würden wir einen Reichskanzler der Weimarer Republik als Bundeskanzler titulieren. Oder analog zu anderen Ländern (dann nicht mehr als Anachronismus) als Premierminister. Aber es ist dasselbe Amt.

Dass die Römer die Christen und die Juden zu unterscheiden wussten, kann man schon daran sehen, dass sie die Juden als althergebrachte Religion eher tolerierten, als die Christen, die eine Gefahr für die staatliche Ordnung darstellten, insbesondere, seitdem die Christen eben nicht nur unter Juden, sondern auch unter Heiden missionierten.
 
Wurden die Christen zur Zeit Neros schon als eigenständige Religion wahrgenommen? Natürlich nicht, denn im Römischen Reich gab es gar keine Unterscheidung von Religionen, die wir nach dem heutigen Verständnis definieren. Religio bedeutet die Einhaltung aller Pflichten gegenüber den Göttern, und Rom war sehr tolerant der Frage gegenüber, welche Götter man anzubeten pflegte.
Wenn also unter Nero Christen verfolgt wurden, dann, wie schon in einigen der vorherigen Beiträge dargestellt, weil sie als Unruhestifter galten und damit ein prima Zielgruppe darstellten, um öffentlichen UNmut auf sie abzuwälzen, spezifisch religiöse Fragen werden da weit im Hintergrund gestanden haben. So ist also zu fragen, ob man wirklich alle Christen verfolgte oder nur die, die einem bestimmten Umfeld, einer bestimmten Gruppe angehörten, vielleicht waren es auch nur so wenige, daß sie alle einer Gruppe angehörten, die zu identifizieren waren, vielleicht packte man auch Leute mit dazu, die gar nicht dazugehörten, denen man aber dieses billige Argument unterstellte, um sie loszuwerden. Das ist das Problem, wenn unsere Quellen aus einer Zeit stammen, in der die Christen schon anders wahrgenommen wurden, nämlich als schädlicher Aberglauben. Selbst dann hätte dies kein Todesurteil bedeutet, dem Kybelekult stand man genauso abwehrend gegenüber.
Es wird immer gern das Argument genommen, daß die Christen den Kaiserkult verweigerten. Leider sind dazu viele Fragen, besonders im ersten Jh. n. Chr., weit davon entfernt, beantwortet zu sein. Ob es unter Nero schon einen institutionalisierten Kaiserkult gab wie später im zweiten Jahrhundert, ob der Schwur zu seiner Zeit schon die Gültigkeit oder Bedeutung hatte wie unter Trajan, wissen wir nicht so genau. Ob also die Ablehnung des Kaiserkults schon im ersten Jahrhundert ein solches Staatsverbrechen war, weil es die gesamte Ordnung in Frage stellte und damit angriff, wäre somit zu diskutieren.

Hegemon ist übrigens in griechischen Schriften ganz oft die Bezeichnung für den Statthalter der Provinz, es ist immer ein Problem, einen terminus technicus von einer Sprache in die andere zu übertragen.
Die Bezeichnung Procurator wäre für Pilatus schon möglich gewesen, also nicht unbedingt anachronistisch, denn Procuratoren auch in stattlichen Ämtern gab es schon unter Augustus.
 
Zuletzt bearbeitet:
Wenn ich unbedingt muss, wiederhole ich es auch: Praefect oder Procurator, es handelt sich um zwei Begriffe für letztlich dasselbe Amt. P. Pilatus als Procurator zu bezeichnen stellt einen Anachronismus dar. Ähnilch als würden wir einen Reichskanzler der Weimarer Republik als Bundeskanzler titulieren. Oder analog zu anderen Ländern (dann nicht mehr als Anachronismus) als Premierminister. Aber es ist dasselbe Amt.

Ich hab schon begriffen, was Du meinst. Dass da kein gewichtiger Unterschied vorliegt, räume ich gerne ein.

Zur Unterscheidung von Präfekt und Procurator zitiere ich A. Demandt:

Die Inschrift nennt ihn Praefectus Judaeae, Tacitus aber schreibt Procurator Judaeae. Die Diskrepanz verliert an Gewicht, wenn wir bedenken, dass die Begriffe procurator und praefectus beide Male für Beamte ritterlichen Standes verwendet wurden, wobei procurator allerdings eher dem zivilen, finanziellen Bereich, praefectus ge­wöhnlich dem militärischen Sektor angehört. Da Pilatus über Hilfstruppen (auxilia) verfügte, ähnlich wie die unter Tiberius in Moesien und Raetien regierenden Praefekten, hätte die Bezeichnung praefectus die höhere Wahrscheinlichkeit auch dann für sich, -wenn sie nicht durch die Authenti­zität der Inschrift gesichert wäre.

Quelle: A. Demandt: Hände in Unschuld, Pontius Pilatus in der Geschichte, Böhlau 1999

Dass die Römer die Christen und die Juden zu unterscheiden wussten, kann man schon daran sehen, dass sie die Juden als althergebrachte Religion eher tolerierten, als die Christen, die eine Gefahr für die staatliche Ordnung darstellten, insbesondere, seitdem die Christen eben nicht nur unter Juden, sondern auch unter Heiden missionierten.

Zum Übrigen schließe ich mich den Ausführungen von hjwien an.
 
Mir kommt da noch ein anderer Gedanke. Es ist zu überlegen, inwieweit sich die frühen Christen abgrenzten?
Sie sind ja ursprünglich Juden, also in der Umgebung von Jesus, und von den jüdischen Urchristen ging ja dann die Missionierung aus. Nun scheinen aber diese frühen Missionare keinen großen Wert darauf gelegt zu haben, daß die Konvertiten jüdische religiöse Rituale übernehmen, also koscheres Essen, Sabbatruhe, Passahfest usw, obwohl sie den gleichen Gott predigten. Entweder waren ihnen diese Vorschriften egal, oder sie legten bewußt eine Abgrenzung an, wenn sie diese Regeln nicht auch im christlichen Glaubensverständnis forderten. Daß sie in ihrer Ausrichtung auf das römische Reich sich manchmal sehr flexibel an die dortigen Lebensverhältnisse anpassten, scheint auch eine der Erfolgsformeln gewesen zu sein. Denn warum dürfen Christen Schweine essen, Juden und Moslems aber nicht, wenn sie sich doch alle aus derselben Wurzel speisen?
 
Ob Konvertiten jüdische Rituale übernehmen müssen, war anfangs heftig umstritten. Entschieden wurde diese Frage auf dem sogenannten "Apostelkonzil" in Jerusalem irgendwann in den 40ern, auf dem sich Paulus mit seiner Ansicht durchsetzte.
 
OK, nehmen wir dieses Treffen als historisch an, dann könnte man sagen, daß spätestens um 50 n. Chr., also zur Spätzeit von Claudius Herrschaft, erste Christen sich bewußt vom Judentum angrenzten und dies auch zu erkennen gaben.
 
Ob Konvertiten jüdische Rituale übernehmen müssen, war anfangs heftig umstritten. Entschieden wurde diese Frage auf dem sogenannten "Apostelkonzil" in Jerusalem irgendwann in den 40ern, auf dem sich Paulus mit seiner Ansicht durchsetzte.

zur Ergänzung: die Ansicht Paulus war, daß Heidenchristen (zum Christentum konvertierte Nichtjuden) die strengen Gebote des Alten Testaments nicht einzuhalten brauchten.

Zum Apostelkonzil siehe auch: Apostelkonzil ? Wikipedia


OK, nehmen wir dieses Treffen als historisch an, dann könnte man sagen, daß spätestens um 50 n. Chr., also zur Spätzeit von Claudius Herrschaft, erste Christen sich bewußt vom Judentum angrenzten und dies auch zu erkennen gaben.


Ja, mit Betonung auf "erste Christen". Dazu gehören die Heidenchristen, aber auch Judenchristen wie Paulus. Aber es gab ja nach wie vor viele Judenchristen, die sich im eigenen Selbstverständnis (noch) als Teil des Judentums sahen.

Judenchristen ? Wikipedia

Judenchristen gab es noch mindestens bis ins 2. Jahrhundert.
Ich versuche gerade herauszufinden, ob es für Judenchristen auch bereits von Anfang an einen formellen Akt gab, der sie zu Christen machte. Bei den Heidenchristen wäre das ja die Taufe. Die Jünger Jesu sind ja getauft worden. Wie war das bei den Juden nach dem Tod Jesu?
 
Danke nochmal für die vielen Antworten, besonders der Part über die Erwähnungen Christie hat mir sehr weitergeholfen.:winke::winke::winke:
 
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