Urteile gegen die Anführer der Ständerevolte in Prag

Lili

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Bezüglich der Urteile gegen die Anführer der Ständerevolte in Prag habe ich etliche Fragen, die mir hier hoffentlich jemand beantworten kann.

Insgesamt wurden 29 der Anführer verhaftet. Weiß jemand wieviele noch rechtzeitig fliehen konnten? Ich weiß nur dass Graf Thurn fliehen konnte. War er der einzige?

Gegen 27 der Stände-Anführer wurden Todesurteile gefällt. Welche Strafe bekamen die anderen beiden? Und hier insbesondere: Warum wurden gegen diese beiden keine Todesurteile gefällt?

Dann noch zu den Urteilen an sich: 24 wurden verurteilt, mit dem Schwert enthauptet zu werden. Ihre Köpfe sollten danach zusätzlich aufgepfählt und öffentlich zur Schau gestellt werden. 3 der Anführer sollten gehängt werden.

Eine meiner Fragen konnte ich dank Forensuche schon mal beantworten: die 24 zum Tod durch Enthauptung Verurteilten wurden mit dem Schwert enthauptet, weil sie adelig waren. Wobei sich dadurch gleich die nächsten Fragen aufgedrängt haben: ist mit dem Schwert enthaupten nicht grausamer, als mit dem Beil? Weshalb diese Unterscheidung adelig-nicht adelig überhaupt?

Wieso wurden drei der Veruteilten gehängt? Lag das auch an Standesunterschieden? Oder gibt es einen Unterschied der jeweiligen Todesstrafe gemessen an der Schwere der Tat? Und wenn ja: Welche Todesstrafe ist die "schlimmere" Strafe: Hängen, weil der Verurteilte länger leidet? Vorausgesetzt natürlich, die Verurteilten wurden nicht so gehängt, dass sie sich das Genick gebrochen haben. Weiß jemand ob dem so war? Oder war Köpfen verbunden mit Kopf aufpfählen schlimmer, weil der Körper dabei nicht "unversehrt" und "zusammen" geblieben ist? Oder lag der Grund, das Köpfen möglicherweise "schlimmer" war, eher darin, dass die Verurteilten körperlich nicht so sehr litten, wie die Gehängten, so dass sie "ihre Strafe" noch im Jenseits erwartete, wohingegen die Gehängten schon einen Teil "abgelitten" hatten? Wurden die Köpfe von Enthaupteten eigentlich immer aufgepfählt und öffentlich zur Schau gestellt, oder war das nochmal eine Spur "schlimmer" als "nur" Enthaupten?

Fragen über Fragen also... Jetzt hoffe ich mal, dass mir jemand etwas Licht ins Dunkel bringen kann.
 
Hallo! Ich bin neu hier, arbeite zur Zeit an einer Hausarbeit zum Thema Scharfrichter. Vielleicht kann ich dir in einigen Fragen weiterhelfen.

Auch wenn es makaber klingt, so war das Enthaupten durch das Schwert doch als "ehrenhafte" Hinrichtungsart angesehen. Die Enthauptung mit dem Schwert war in den meisten Gegenden des Heiligen Römischen Reiches Standard. Diese Art benötigt zwar mehr Können seitens des Scharfrichters als die mit dem Handbeil, geht dafür aber im Idealfall relativ schnell von statten...
Eine Ausnahme bildet hier England, wo bis in die Neuzeit mit dem Beil gerichtet wurde.
Eine Verschärfung des Enthauptens bildete dann das Aufspießen des Kopfes, je nach Gegend wurde diese Art z. B. auch bei Kindsmörderinnen durchgeführt.
Im Gegensatz zum Enthaupten galt das Erhängen als schimpflich, einfache Diebe wurden häufig schon gehängt. Die Methode, bei der das Genick bricht kam erst in der Neuzeit (England) auf, bis dahin fiel der Verurteilte nur ein kurzes Stück oder wurde hoch gezogen, was das Sterben natürlich erheblich verlängerte.
 
@ Lili
Hast Du "Gegen Land und Leute" von Peter Milger schon befragt? Da sind eigentlich alle Angaben auf dem Theatrum dazu drin, wenn ich mich recht entsinne. Wenn es Dir nicht vorliegt, kann ich vielleicht am Wochenende dort mal nachschlagen; ich hoffe das reicht Dir dann noch.

@ Chucki85
Ich glaube Lili geht es hier vorzüglich um den speziellen Fall in Prag. Bei uns in Freiburg wurden auch Räuber mit dem Schwert lange Zeit noch enthauptet, ein Richtschwert wird bei uns im Stadtmuseum auch ausgestellt.
 
Ich fand bei meiner Suche, ja ich war nun doch eifriger, nur 27 Todesurteile bei Milger.

Insgesamt wurden 45 Personen der Prozess gemacht.

Von den 27 wurden 24 enthauptet und die Hand abgeschlagen.

Einer der 24, ein Obrist, sollte eigentlich gevierteilt werden, was aber wegen seines hohen Alters von 80 Jahren unterblieb.

3 der 27 wurden zu den Rathausfenstern hinaus aufgehängt.

Die Übrigen bekamen Züchtigungen und Kerkerhaft zur Strafe. Dabei konnte auch die Züchtigung tödlich enden, wie an dem Beispiel des Bürgermeisterdieners Nikolaus Diebis erkennbar war. Eigentlich sollte er per Urteil nachdem man ihn für eine Stunde mit der Zunge an den Galgen geschlagen hatte, nach Raab ins Gefängnis transportieren. Doch verschied er nach der Tortur am Galgen kurz darauf.

Ich denke wie Chuckie85, dass es hierbei wohl eher um den schimpflicheren Tod durch Erhängen ging. Wie wir schon verdeutlichten war grundsätzlich das "Privileg" enthauptet zu werden nicht an den Ritter- oder Herrenstand im Heiligen Römischen Reich verknüpft. Man müsste aber genauer schauen wie denn das übliche Vorgehen in Böhmen war.
 
Zuletzt bearbeitet:
Davon, dass die Enthauptung ein "Privileg" der höheren Stände war, habe ich auch nichts geschrieben. Tatsache war aber, dass diese Strafe als ehrenvoll angesehen war, so wurden Enthauptete schließlich auch oft noch begraben und nicht unterm Galgen verscharrt.
Zu Beginn der Neuzeit kam es zu einer "Inflation" von Enthauptungen, so dass fast alles damit geahndet wurde.
 
Diese Art benötigt zwar mehr Können seitens des Scharfrichters als die mit dem Handbeil, geht dafür aber im Idealfall relativ schnell von statten...
Hinrichtungen sind echt nicht mein Spezialgebiet, daher eine evtl komische Frage an der Stelle: schneller und schmerzfreier als mit einem Beil?

Brissotin schrieb:
Ich fand bei meiner Suche, ja ich war nun doch eifriger, nur 27 Todesurteile bei Milger.
Super, dankeschön :bussi:

Brissotin schrieb:
Von den 27 wurden 24 enthauptet und die Hand abgeschlagen.
Wieso denn jetzt noch die Hand?

Brissotin schrieb:
3 der 27 wurden zu den Rathausfenstern hinaus aufgehängt.
Sind das dann die Gehängten? War das Hängen also eher symbolisch für die drei die beim Prager Fenstersturz aus dem Fenster geworfen wurden?

Brissotin schrieb:
Die Übrigen bekamen Züchtigungen und Kerkerhaft zur Strafe. Dabei konnte auch die Züchtigung tödlich enden, wie an dem Beispiel des Bürgermeisterdieners Nikolaus Diebis erkennbar war. Eigentlich sollte er per Urteil nachdem man ihn für eine Stunde mit der Zunge an den Galgen geschlagen hatte, nach Raab ins Gefängnis transportieren. Doch verschied er nach der Tortur am Galgen kurz darauf.
Welche Absicht verfolgt man denn mit solchen Züchtigungen?

Brissotin schrieb:
Ich denke wie Chuckie85, dass es hierbei wohl eher um den schimpflicheren Tod durch Erhängen ging. Wie wir schon verdeutlichten war grundsätzlich das "Privileg" enthauptet zu werden nicht an den Ritter- oder Herrenstand im Heiligen Römischen Reich verknüpft. Man müsste aber genauer schauen wie denn das übliche Vorgehen in Böhmen war.
Hat da jemand verteifende Kenntnisse bzw. weiß jemand, wo ich da genauer nachlesen kann?
 
Ich antworte mal soweit ich kann, leider liegen mir nicht genügend Angaben vor.
Wieso denn jetzt noch die Hand?


Sind das dann die Gehängten? War das Hängen also eher symbolisch für die drei die beim Prager Fenstersturz aus dem Fenster geworfen wurden?


Welche Absicht verfolgt man denn mit solchen Züchtigungen?
Ich denke bei Hand wie Zunge haben wir eine Bestrafung des Körperteils, welches Verbrechen beging. Das Abschlagen der Hand bei Räubern aber auch Mödern ist, glaube ich, seit dem Mittelalter vermehrt vorgekommen, aber wir haben hier im Forum auch Juristen, welche diese Entwicklung sicherlich besser kennen als ich.
 
@Lili
Vielleicht helfen dir diese Bücher weiter:

Quanter, Rudolf: Die Leibes- und Todesstrafen. Ursprung, Geschichte, Methoden, Paderborn o. J.

Keller, Albrecht: Henker, Blutvogt, Carnifex. Der Scharfrichter in der deutschen Kulturgeschichte, Leipzig 2007.
 
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