Vandalen und Goten - Glaubhafte Wanderungen

Aber ging der Ausflug denn nun von Afrika aus, oder war das ein Abstecher auf dem Weg nach Afrika. (letzteres wäre ja sinnvoller, denn Reisen war ja wie gesagt damals kein Pappenstiel und Wanderungen liefen ja teilweise peux a peux über einen längeren Zeitraum ab)
(die Zahlen sprechen gegen letzteres) ;)
429 die berühmte Überquerung der Straße von Gibraltar
439 Eroberung von Karthago (vorher Hippo Regius)
455 die Plündervisite in Rom
 
Die Abstammung der Franken aus Troja war ein Kunstgriff von Gelehrten, während die Abstammung der Goten aus Skandinavien wohl auf eine Stammessage zurückgegangen sein wird.

Das ist allerdings pure Spekulation. Ebenso gut kann man annehmen, dass Cassiodor dem Theoderich ein altes Adelsgeschlecht andichten wollte.
Für eine skandinavische Abstammung gibt es auch archäologisch nicht den geringsten Hinweis.
 
Danke euch beiden, Ravenik und dekumatland. Ich habe definitiv die falschen Bücher, bei mir steht das nicht drin.
 
Wir haben Informationen über gentes im Gebiet der Wielbark-Kultur. Nicht alle dort waren Goten, aber die Goten saßen dort auch.

Das setzt schon voraus, dass die Gleichsetzung Gutones = Goten stimmt.
Warum eigentlich? Weil wir das gerne möchten?
Nochmal: Dann möchte ich als Hesse aus Hattussa abstammen. Das hat genauso viel Substanz.
 
Das ist allerdings pure Spekulation. Ebenso gut kann man annehmen, dass Cassiodor dem Theoderich ein altes Adelsgeschlecht andichten wollte.
Das tat er durch die Verknüpfung mit den Geten, die über eine von griechischen Autoren belegte lange Geschichte mit zahlreichen Kontakten mit der griechisch-römischen Welt verfügten. Dass Cassiodor/Iordanes sowohl die Herkunft aus Skandinavien als auch die Verbindung mit den Geten in ihre Gotengeschichte einbauten, verkomplizierte die Sache nur, indem sie verschiedene Herkunftsstränge irgendwie unter einen Hut bringen mussten und letztlich doch kein überzeugendes Konstrukt herausbekamen. Das spricht mE eher dafür, dass sie tatsächlich versuchten, die goteneigene Herkunftssage mit der von ihnen gewünschten fingierten Verbindung mit den Geten irgendwie zu harmonisieren und in eine Geschichte zu pressen.
 
Ich habe definitiv die falschen Bücher, bei mir steht das nicht drin.
vielleicht laufen dir mal diese über den Weg:
-- Walter Pohl: "die Völkerwanderung. Eroberung und Integration" (hat ein Kapitel über die Vandalen)
-- Herwig Wolfram: "das Reich und die Germanen" (hat ebenfalls ein Kapitel über die Vandalen, dazu einen berühmten Abschnitt über die demographischen größen der völkerwanderungszeitlichen Heere)
-- Ludwig Schmidt: "Geschichte der Wandalen", zwar schon älter, aber sehr ausführlich, besonders betreffs der Ereignisgeschichte (ansonsten teilweise überholt)
 
Das tat er durch die Verknüpfung mit den Geten, die über eine von griechischen Autoren belegte lange Geschichte mit zahlreichen Kontakten mit der griechisch-römischen Welt verfügten. Dass Cassiodor/Iordanes sowohl die Herkunft aus Skandinavien als auch die Verbindung mit den Geten in ihre Gotengeschichte einbauten, verkomplizierte die Sache nur, indem sie verschiedene Herkunftsstränge irgendwie unter einen Hut bringen mussten und letztlich doch kein überzeugendes Konstrukt herausbekamen. Das spricht mE eher dafür, dass sie tatsächlich versuchten, die goteneigene Herkunftssage mit der von ihnen gewünschten fingierten Verbindung mit den Geten irgendwie zu harmonisieren und in eine Geschichte zu pressen.

Hmmm. Gerade etwas weiter oben lesen wir - zu Recht - dass die Chernjakow-Kultur auch ein gehöriges Teil von dakischen Elementen enthielt. Die Geten waren ein dakischer Stamm, der an der Moldau und der Westukraine lebte. Dies ist auch die Heimat zumindest der Terwingen.

Was macht also eigentlich die Gleichsetzung Geten=Goten so falsch, und die Gleichsetzung Gutonen=Goten so richtig? Beides beruht auf Cassiodor/Jordanes, und beides findet in der archäologischen Kultur seinen Niederschlag, hier sogar eher das getische Element.

Aber das eine wird vehement abgelehnt, während das andere - zumindest in der deutschsprachigen Forschung - doch stark favorisiert wird.
Die Angelsachsen sehen das zum Teil anders.

Worauf stützen wir uns also? Vielleicht doch zu sehr auf altes, überkommenes Wissen von "nordischen" Germanen?
 
Die Geten waren, wie Du selbst schreibst, Daker. Die Goten hingegen sprachen eine ostgermanische Sprache. Wieso sollten also die Geten ihre dakische Sprache aufgegeben und stattdessen eine germanische Sprache übernommen haben? Da nicht einzusehen ist, wieso das Germanische ein höheres Prestige als das Dakische gehabt haben sollte, wäre das nur mit einer massiven Überschichtung durch germanische Zuwanderer erklärbar. Natürlich können die Goten dakische Einsprengsel enthalten haben, wie sie ja auch sonst allerhand fremde Elemente aufnahmen, aber der dominierende und identitätsstiftende Traditionskern muss germanisch gewesen sein.
 
Worauf stützen wir uns also? Vielleicht doch zu sehr auf altes, überkommenes Wissen von "nordischen" Germanen?
na ja, egal woher sie kamen: die Goten sprachen und schrieben eine ostgermanische Sprache - das dürfte auf die antiken Geten nicht so zutreffen ;) ein getischer antiker König Dromichaetes (altgriech. Δρομιχαίτης) macht sprachlich keinen germanischen Eindruck, und so stellt sich bei der hohes Alter fingierenden Gleichsetzung Goten=Geten die Frage, warum die ihre Sprache hätten wechseln sollen.
 
Die Geten waren, wie Du selbst schreibst, Daker. Die Goten hingegen sprachen eine ostgermanische Sprache. Wieso sollten also die Geten ihre dakische Sprache aufgegeben und stattdessen eine germanische Sprache übernommen haben? Da nicht einzusehen ist, wieso das Germanische ein höheres Prestige als das Dakische gehabt haben sollte, wäre das nur mit einer massiven Überschichtung durch germanische Zuwanderer erklärbar. Natürlich können die Goten dakische Einsprengsel enthalten haben, wie sie ja auch sonst allerhand fremde Elemente aufnahmen, aber der dominierende und identitätsstiftende Traditionskern muss germanisch gewesen sein.

Anders gefragt: Wieso sollten Cassiodor oder Jordanes so dämlich sein, Geten mit Goten zu verwechseln? Wenn es schon von Cassiodor stammt, der wohl im direkten Auftrag Theoderichs schrieb, wäre das a) mehr als peinlich, b) sofort korrigiert worden.

Etwas mehr muss also schon an der Geschichte sein. Zumal wir nicht viel über die dakisch/germanischen Mischregionen in Osteuropa wissen, also heutiges Südpolen/Galizien/Westukraine.
Die Gegend, wo die Ostgermanen, also Vandalen, Burgunder usw. herstammen. Ach ja, nur diese komischen Goten sollen aus Skaninavien stammen, was gar nicht dazu passt.
 
Das setzt schon voraus, dass die Gleichsetzung Gutones = Goten stimmt.
Warum eigentlich? Weil wir das gerne möchten?
Nochmal: Dann möchte ich als Hesse aus Hattussa abstammen. Das hat genauso viel Substanz.
Wenn ein Chinese sich als Han bezeichnet und ein Niedersachse als Hannoveraner, dann steckt in beiden han. Doch HANnoveraner und HAN sind nicht verwandt. Hatti ist die bezeichnung für ein kleinasiatisches Volk, nicht mal der Name der ido-eur. Hethiter, die benutzen zB für ihre Sprache en Begriff nesili. Der Name der Chatten mag als Stamm *hath haben, also Kampf.
Deshalb ist denn vergleich etwas unpassend. Ich bin kein Linguist, aber Gutones/Gotones/Gothi scheint da weniger weit hergeholt.
 
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Anders gefragt: Wieso sollten Cassiodor oder Jordanes so dämlich sein, Geten mit Goten zu verwechseln?
auf der Suche nach einem ähnlich klingenden alten Namen aus ähnlicher Region kann sowas schon passieren, vor allem mit dem ethnografischen und "sprachwissenschaftlichen" Kenntnisstand des frühen 6. Jh. - es ging ja darum, den Amalern einen geradezu biblischen Stammbaum anzudichten (viele viele Generationen) und diesen "irgendwie" pseudohistorisch zu stützen. Da schien den Gelehrten wohl die Abfolge:
(1) skand. Herkunft in grauer Vorzeit
(2) -> lange südosteurop. getische Geschichte (wobei die namentlich bekannten realen getischen Könige elegant weggelassen wurden) als Lückenfüller (dazu die nette Episode mit den haljarunnae)
(3) -> Vormachtstellung in der Region (Ermanarichs Riesenreich)
(4) -> einige Windungen wegen der peinlichen hunnischen Dominanz
(5) -> die großen Amaler, die das Westreich retten

Etwas mehr muss also schon an der Geschichte sein. Zumal wir nicht viel über die dakisch/germanischen Mischregionen in Osteuropa wissen, also heutiges Südpolen/Galizien/Westukraine.
unklar ist ja in der Tat, wie der Völkerkatalog des Iordanes über den Herrschaftsbereich des Ermanarich zu deuten ist - Gottfried Schramm hat da ein paar interessante Thesen, die eine lockere gotische Vormachstellung bis an den Ural andenken (saperlot...)
aber wie sehr sich allerlei in dieser Mischregion zusammenfand: entschloß man sich, mit den Goten zu gehen (weil das vielversprechend war), dann integrierte man sich in deren Sprache - wie sonst hätte sich trotz Hunnensturm und späterem umherirren auf Reichsboden diese Sprache so lange halten sollen?

Die Gegend, wo die Ostgermanen, also Vandalen, Burgunder usw. herstammen. Ach ja, nur diese komischen Goten sollen aus Skaninavien stammen, was gar nicht dazu passt.
...die langsamen Gepiden offenbar auch :)
die einen wollen von Wodan abstammen, die anderen aus Troja - die Insel Scandza ist doch auch eine schön exotische und dankenswert unüberprüfbare Herkunftslegende :)
 
Der Name der Chatten mag als Stamm *hath haben, also Kampf.

Da triffst du doch den Nagel auf den Kopf. Genau darum geht es. Diese Namen bedeuten etwas. Und wenn sich irgendwo eine Gruppierung "die Guten" oder so ähnlich nennt, hat nicht zu bedeuten, dass sie mit einer anderen, ähnlich benannten, 2000 km entfernt, auch nur verwandt ist.
 
Anders gefragt: Wieso sollten Cassiodor oder Jordanes so dämlich sein, Geten mit Goten zu verwechseln? Wenn es schon von Cassiodor stammt, der wohl im direkten Auftrag Theoderichs schrieb, wäre das a) mehr als peinlich, b) sofort korrigiert worden.
Erstens passierte die Verwechslung auch anderen antiken Autoren. Zweitens war es im Fall von Cassiodor/Iordanes wahrscheinlich gar keine Verwechslung, sondern ein ganz bewusster Versuch, die gotische Geschichte aufzumotzen. Durch die Verknüpfung mit den Geten (die obendrein so manchen historisch belegten Sieg über respektable Völker errungen hatten) konnte die gotische Geschichte bis weit in die Antike zurückgeführt werden, während die Goten ansonsten ein Volk gewesen wären, das erst vor ein paar Jahrhunderten auftauchte. Da eben Goten und Geten häufig verwechselt wurden, konnten Cassiodor/Iordanes darauf hoffen, dass sie mit ihrer Geschichtsmanipulation durchkommen würden - nicht bei Theoderich, sondern bei ihren römischen Lesern, für die die "Getica" in erster Linie gedacht war. Die Aufwertung der gotischen Geschichte wird in Theoderichs Interesse gewesen sein, somit gab es keinen Grund für eine Korrektur.

Die Gegend, wo die Ostgermanen, also Vandalen, Burgunder usw. herstammen. Ach ja, nur diese komischen Goten sollen aus Skaninavien stammen, was gar nicht dazu passt.
Nicht nur die Goten, auch die Langobarden laut ihrer Stammessage (Origo gentis Langobardorum).
 
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Anders gefragt: Wieso sollten Cassiodor oder Jordanes so dämlich sein, Geten mit Goten zu verwechseln? Wenn es schon von Cassiodor stammt, der wohl im direkten Auftrag Theoderichs schrieb, wäre das a) mehr als peinlich, b) sofort korrigiert worden.

Etwas mehr muss also schon an der Geschichte sein. Zumal wir nicht viel über die dakisch/germanischen Mischregionen in Osteuropa wissen, also heutiges Südpolen/Galizien/Westukraine.
Die Gegend, wo die Ostgermanen, also Vandalen, Burgunder usw. herstammen. Ach ja, nur diese komischen Goten sollen aus Skaninavien stammen, was gar nicht dazu passt.
Wir haben dort in der Przeworsk-Kultur eine Reihe von gentes, die namentlich zu gentes in Skandinavien und Jütland passen. Die Langobarden haben auch eine skandinavische Ursprungssage. Warum sollten nicht von dort Gruppen nach Süden gesiedelt haben? Soll ja später auch mal so vorgekommen sein, oder? ich denke niemand behauptet heute, daß die Goten südlich der Ostsee alle aus Skandinavien kamen. Dennoch gibt es eine Reihe von Übereinstimmungen mit Skandinavien. Die ostsee war wie es scheint niemals trennend, sondern verbindend.
 
die einen wollen von Wodan abstammen, die anderen aus Troja - die Insel Scandza ist doch auch eine schön exotische und dankenswert unüberprüfbare Herkunftslegende :)

Genau das wollte ich zum Ausdruck bringen. "Goten" mag so etwas wie die Guten heißen - was heißt das auf thrakisch oder dakisch?
Was ist an der ganzen schönen Geschichte des Cassiodor/Jordanes denn wirklich ernst zu nehmen? Wenn man versucht es objektiv anzuschauen, sind es Werbeschriften für Theoderich und Amalswintha, die den Auftraggebern möglichst hohes Prestige verschaffen sollen. Und darin unterscheidet es sich nicht wesentlich von den fränkischen Herkunftssagen der Merowinger.
Gerade bei Jordanes suchen sich viele ja sehr schön aus, was ihnen passt. Geten? nein! Skandinavien? Ja!

Wie sieht es mit der Heirat Philipps von Makedonien mit Medopa aus?
Sollen wir die denn glauben? In der Geschichte kommen sowohl Geten, als auch Goten vor.
 
Zweitens war es im Fall von Cassiodor/Iordanes wahrscheinlich gar keine Verwechslung, sondern ein ganz bewusster Versuch, die gotische Geschichte aufzumotzen.

Sie beginnen ihre Erzählung der Jahrhunderte alten Geschichte des gotischen Volkes - welche dieses selbst noch gut kennt, da es seine Herkunft aus Skandinavien in Sagen überliefert - mit der wissentlich falschen Gleichsetzung von Geten und Goten?
Und diese traditionsbewussten Goten haben sie nicht am nächsten Baum aufgeknüpft??
Oder wussten die Goten plötzlich doch nicht mehr, wo sie herkamen?
 
Gerade bei Jordanes suchen sich viele ja sehr schön aus, was ihnen passt. Geten? nein! Skandinavien? Ja!
hatte nicht der Archäologe Volker Bierbrauer umfangreich untersucht, was alles als gotisch angesehen werden könnte? ich hatte mal vor Jahren was von ihm gelesen, wenn ich mich richtig entsinne, dann hält er für möglich, dass ein kleiner gotischer Traditionskern über die Ostsee an die Weichsel gekommen sein könnte - mit Sicherheit aber nicht "alle Goten" oder Gutones. ...an mehr erinnere ich mich aber nicht.
 
hatte nicht der Archäologe Volker Bierbrauer umfangreich untersucht, was alles als gotisch angesehen werden könnte? ich hatte mal vor Jahren was von ihm gelesen, wenn ich mich richtig entsinne, dann hält er für möglich, dass ein kleiner gotischer Traditionskern über die Ostsee an die Weichsel gekommen sein könnte - mit Sicherheit aber nicht "alle Goten" oder Gutones. ...an mehr erinnere ich mich aber nicht.

Natürlich ist das möglich. Umgekehrt allerdings genauso. Es können auch Leute von der Weichselmündung nach Gotland gefahren sein.
Nur lässt sich daraus keine Herkunft von Alarich oder Theoderich ableiten, noch nicht mal entfernt.
 
Was ist an der ganzen schönen Geschichte des Cassiodor/Jordanes denn wirklich ernst zu nehmen? Wenn man versucht es objektiv anzuschauen, sind es Werbeschriften für Theoderich und Amalswintha, die den Auftraggebern möglichst hohes Prestige verschaffen sollen. Und darin unterscheidet es sich nicht wesentlich von den fränkischen Herkunftssagen der Merowinger.
Gerade bei Jordanes suchen sich viele ja sehr schön aus, was ihnen passt. Geten? nein! Skandinavien? Ja!
Da machst Du es Dir zu einfach. Viele Ereignisse der früheren Gotengeschichte sind auch durch andere, ältere Autoren wie Ammianus Marcellinus oder auch den "Historia Augusta"-Autor belegt. Autoren also, die nicht in gotischen Diensten standen und die zu einer Zeit schrieben, als die Goten noch ausländische Barbaren waren, es also keinen Grund gab, ihre Geschichte aufzuhübschen. Aber auch spätere Autoren wie Zosimos oder Prokopios hatten, da sie nicht im gotischen Machtbereich lebten und nicht für gotische Auftraggeber arbeiteten, keinen Grund, die gotische Geschichte aufzuwerten.

Wie sieht es mit der Heirat Philipps von Makedonien mit Medopa aus?
Sollen wir die denn glauben? In der Geschichte kommen sowohl Geten, als auch Goten vor.
Grundsätzlich ja, da die Ehe Philipps mit einer Thrakerprinzessin beim griechischen Autor Athenaios belegt ist, wenngleich sie bei ihm Meda heißt und ihr Vater Kothelas.
 
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