Varus-Kontingente: Stärke und Zusammensetzung

@ ELQ,

ich hoffe du nimmst mir meinen letzten Kommentar nicht krumm. Ich bin einfach nur überrascht. Dachte du kennst beide Münz-Serien. Dafür bin ich sprachlich gesehen manchmal mit meinem "Latein" am Ende.

Grüße
 
Ich bin kein ausgewiesener Althistoriker. Mein eigentliches Gebiet ist die spanische Geschichte des Mittelalters. Aber das lässt sich hier im Forum kaum diskutieren. Und wenn ich da Münzen diskutieren müsste, käme ich sicher sehr viel stärker ins Schwimmen als bei römischen.
 
@ jchatt,

in den Standlagern in Haltern gibt es vom Typ Scheers 217 class. II 850 Ex., in Nimwegen 633 Ex. und Neuss 493 Ex. Das Verhältnis zu den römischen Fundmünzen ist ca. 1:4. Diese wurden höchstwahrscheinlich im Lager auf dem Kops Plateau geprägt (Fund einer Gußform). Bei Vegetius steht, dass die Socii kein Geld erhielten. Größere Funde dieser Kleinerze findest du erst wieder in den belgischen Kernsiedlungen entlang der Maas in Liberchies 122 Ex. und Tongeren 215 Ex. Auf dem Kultplatz Empel-De Werf, unweit von Nimwegen wurden 501 Ex. ausgegraben. Das Lager in Anreppen mit seinen mageren 18 Ex. steht dagegen. Auch die Siedlung Waldgirmes hat nur 16 Ex. aufzuweisen. Es zeigt sich somit, dass in den Standlagern ein nicht unerheblicher Teil Auxiliartruppen stationiert waren. Hier mal ein Exemplar aus meiner Sammlung.
 

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@ jchatt,

man kann das mit den Sowjets, welche es sich über 40 Jahre bei uns häuslich bequem gemacht hatten, vergleichen. Im Standortmagazin und zu Hause selbst konnten diese mit Rubel bezahlen, jedoch außerhalb hat ihnen der Rubel nichts genützt. So versteht es sich von selbst, dass die Münzen vom Typ Scheers 217 class. II in den germanischen Siedlungen rechts des Rheins bisher nicht gefunden wurden. Sie waren de facto ohne Wert. Anders sah es bei Silber oder Gold aus.

Grüße
 
@Topic:

Es gibt durchaus eine Systematik, in die römische Lager eingeteilt werden. Da gibt es natürlich je nach Autor Schwankungen. Ich zitiere mal wieder nach Fischer, Die Armee der Caesaren, Regensburg 2012, S. 271 ff..

Doppellegionslager:
Trier-Petrisberg 30/29 v.Chr., Nimwegen/Batavodurum 12 v.Chr., Oberaden 11 v.Chr., Marktbreit 6 n.Chr.?, Xanten/Vetera I 13/12 v.Chr.

Legionslager (1 Legion, z.T. mit Hilfstruppen)
Windisch/Vindonissa 16/17 n.Chr., Neuss/Novaesium ?, Carnuntum ?, Nimwegen/Noviomagus Vespasian, Mirebeau Vespasian, Inchtuthil 83, Caerleon/Isca 74, Budapest/Aquincum 89, Wien/Vindobona Domitian, Turda/Potaissa 170, Lambaesis 129, Regensburg/Reginum 179, Lorch-Enns/Lauriacum spätestens 2.Jh.

Vexillationslager (weniger als 1 Legion, dazu Hilfstruppen)
Dangstetten 15v. Chr.?, Haltern Hauptlager, Longthorpe 61 n.Chr.?, Eining-Unterfeld Markomannenkriegen

Vexillationskastelle (sehr klein, Legionstruppen und Auxilia)
Gheriat el-Gharbia/Myd(...), Bu Njem/Gholaia, Ksar Rhilane/Tisavar, Hod Hill

Nachschubbasen
Anreppen 4 n.Chr., Rödgen, South Shields

Auxiliarkastelle
-Alenkastelle (quingenarisch und milliarisch)
-cohors equitata-Kastelle (")
-cohors-peditata-Kastelle (")

Kastelle für gemischte Besatzungen
Elginhaugh, Hofheim/Steinkastell, Pomet/Porolissum, Niederbieber

Garnisonen in einer Stadt
Dura Europos, Jerusalem

Numeruskastelle
Kleinere Kastelle, aber Legion oder Auxilia
Klein kastelle
Wachtürme

Lager in Rom selbst werden gesondert betrachtet.

Wo für den Thread bekannt, habe ich die aufgeführten Beispiele wiedergegeben.

S. 274 sagt er ausdrücklich, dass aus der augusteischen Zeit nur Doppellegionslager und Vexillationslager bekannt sind.

Vexillation wird hier im Sinne von Teil einer Legion+Hilfstruppen gebraucht, also für die Einteilung neu definiert.
 
@Topic:
Es gibt durchaus eine Systematik, in die römische Lager eingeteilt werden. Da gibt es natürlich je nach Autor Schwankungen. Ich zitiere mal wieder nach Fischer, Die Armee der Caesaren, Regensburg 2012, S. 271 ff..

Ohne das Buch zu kennen, würde ich sagen, dass diese Systematik aus einem Mix der bisherigen archäologischen Einschätzungen angereichert mit statistischen Berechnungen der Truppenzahl anhand der bekannten Lagergrössen besteht.
Eine zwingende Systematik sehe ich da aber nicht. Es wird zwar meist auf die antiken Lagerbeschreibungen verwiesen, eine Auseinandersetzung mit einem römischen Regelwerk und deren Anwendung im konkreten Fall findet nicht statt.

Doppellegionslager:
Trier-Petrisberg 30/29 v.Chr., Nimwegen/Batavodurum 12 v.Chr., Oberaden 11 v.Chr., Marktbreit 6 n.Chr.?, Xanten/Vetera I 13/12 v.Chr.

Vexillationslager (weniger als 1 Legion, dazu Hilfstruppen)
Dangstetten 15v. Chr.?, Haltern Hauptlager, Longthorpe 61 n.Chr.?, Eining-Unterfeld Markomannenkriegen
Wie inkonsequent diese Einteilung ist zeigt die Ansprache von Oberaden und Marktbreit als Doppellegionslager und dagegen Haltern nur als Vexillationslager .

Wie ich oben schon schrieb, besitzen Haltern und Marktbreit untereinander mehr baulich gleiche Merkmale als jeweils im Vergleich zu Oberaden. (Form,Wachstum, keine orthogonale Struktur, Zentralgebäude)

Das Oberaden baulich aus den augusteischen Lagern heraussticht hat schon Kühlborn geschrieben.
"Wegen der derzeitigen Einmaligkeit des Oberadener Baubefundes bleibt vorerst offen, ob sich hier lediglich ein singuläres Phänomen oder gar eine entwicklungsgeschichtlich bedeutsame Variante im augusteischen Lagerbau zu erkennen gibt"
Da ich die Konstruktionsregeln von Oberaden bei mittlerweile sechs augusteischen Lagern nachweisen kann, tendiert das Ganze also jetzt eher in Richtung entwicklungsgeschichtlich bedeutsamer Variante. Topographische Anpassungen sind dabei nirgends zu sehen. Warum auch ? Wenn die Römer die Absicht hatten ein strukturiertes Lager, eine Strasse oder eine Stadt in unwegigem Gelände zu errichten, dann haben sie das einfach getan - Schnurgerade und rechtwinklig, egal wo...
Damit wird aber auch aus Gründen der Kausalität eine Erklärung für die zeitgleichen Lager notwendig, die keinerlei Anzeichen für dieses Regelwerk aufweisen. Insbesondere dann, wenn gar keine expliziten Hinweise auf ein Legionslager existieren und der archäologische Befund ohnehin zwielichtig ist.
Die bei Tacitus länger dienenden Veteranen (bis zu 30 Jahre!), die wahrscheinlich aufgrund der Bedrohungslage und/oder zum Hinauszögern der Auszahlung von Entlassungsgeldern sub vexillio gehalten wurden, sind dabei unbedingt zu berücksichtigen, da sie, wie schon erwähnt, getrennt von den Legionen stationiert wurden.

Um zu einer möglichst präzisen Abschätzung der Truppenstärke des Varus zu gelangen, ist es nun einmal erforderlich genau zu spezifizieren welche Art Truppen wo und wann gelagert haben, und welche Art von Lagern sie bezogen.

Alles andere ist doch wieder nur ein grosser Schluck aus der Varus-Pulle :autsch:

Gruß
jchatt
 
Wenn die Römer die Absicht hatten ein strukturiertes Lager, eine Strasse oder eine Stadt in unwegigem Gelände zu errichten, dann haben sie das einfach getan - Schnurgerade und rechtwinklig, egal wo...
Damit wird aber auch aus Gründen der Kausalität eine Erklärung für die zeitgleichen Lager notwendig, die keinerlei Anzeichen für dieses Regelwerk aufweisen.

Vielleicht wäre erst einmal ein sinnvoller und logisch nachvollziehbarer Grund zu suchen, warum Veteranen, die 16 oder 20 Jahre lang die klar strukturierten Lager erbaut haben, dies als Veteranen nicht mehr hätten machen sollen? Diensterleichterung? Nach dem Motto: Ihr müsst leider noch einige Jahre dranhängen, dürft aber eure Lager etwas freier von der Struktur her gestalten? Das hätte Veteranen sicherlich ihren verlängerten Dienst deutlich erleichtert.... :yes:

Oder aber, damit Feinde bei möglichen Überfällen gleich erkennen, das ist ein Veteranenlager, die greifen wir lieber nicht an, die sind erfahrene Soldaten. Nehmen wir uns lieber ein klar strukturiertes Lager unerfahrenerer Soldaten vor? =)

Also: Irgendeine Erklärung dafür, warum die Römer für ihre Veteranen die bewährte Anlage klar strukturierter Anlagen hätten aufgeben sollen?
 
Vielleicht wäre erst einmal ein sinnvoller und logisch nachvollziehbarer Grund zu suchen, warum Veteranen, die 16 oder 20 Jahre lang die klar strukturierten Lager erbaut haben, dies als Veteranen nicht mehr hätten machen sollen? Diensterleichterung? Nach dem Motto: Ihr müsst leider noch einige Jahre dranhängen, dürft aber eure Lager etwas freier von der Struktur her gestalten? Das hätte Veteranen sicherlich ihren verlängerten Dienst deutlich erleichtert.... :yes:

Oder aber, damit Feinde bei möglichen Überfällen gleich erkennen, das ist ein Veteranenlager, die greifen wir lieber nicht an, die sind erfahrene Soldaten. Nehmen wir uns lieber ein klar strukturiertes Lager unerfahrenerer Soldaten vor? =)

Also: Irgendeine Erklärung dafür, warum die Römer für ihre Veteranen die bewährte Anlage klar strukturierter Anlagen hätten aufgeben sollen?

Gerne. Tacitus berichtet in der Tat, dass die Veteranen vom harten Lagerdienst befreit waren, und nur noch der Verteidigung der Provinz verpflichtet waren. In Vindonissa gibt es Notizen von Veteranen in denen Sie sich über die Diensterleichterung freuen.
Von Vegetius wissen wir, dass es Soldaten gab die von der Schanzpflicht befreit waren.
Die Konstruktion eines Römerlagers wie Oberaden war eine Arbeit von Spezialisten, den gromatici oder agremensores.
Wenn wir davon ausgehen, dass die sub vexillio dienenden Veteranen als eigenständige Cohorte unterwegs war, dann war da also wahrscheinlich kein Feldmesser dabei. Die gab es wahrscheinlich nur in der ersten Kohorte einer Legion.

Gruss
jchatt
 
jchatt, ließ doch nochmal selbst, was Du da gerade geschrieben hast. Oder war das ironisch gemeint?

Lies Dir doch erstmal ein paar Grundlagen über die römische Armee an, über Organisation, über Logistik und darüber, wie sich Landschaften verändern. In Anreppen sieht man heute mit bloßem Auge nicht mehr, dass das Lager erhöht errichtet wurde.

Und auch in Haltern lag das Lager erhöht. Für das gMarschlager war es noch akzeptabel, für ein Standlager offensichtlich nicht mehr.

Noch ein Hinweis, entschuldige, falls das Ironisch war: Veteranen, die vom üblichen Dienst befreit waren allein in einem Lager?
Barbar: Wir wollen Euch überfallen!
Balkengeneral Lucius Veteranus: Geht nicht, wir machen keinen Wachdienst mehr. Hatten nur gedacht, ihr wärt die Jungspunde, die den Latrinendienst für uns machen. Wir kämpfen nur in einem ordentlichen Feldzug. Wenn ihr Lager stürmen wollt, geht bitte nach Xanten. Die Jungspunde da sind für so etwas zuständig.
 
Gerne. Tacitus berichtet in der Tat, dass die Veteranen vom harten Lagerdienst befreit waren, und nur noch der Verteidigung der Provinz verpflichtet waren.

Das bedeutet aber nicht, dass sie plötzlich Lager so bauen durften, wie sie es wollten und nicht mehr so, wie sie es als reguläre Legionäre mussten.

In Vindonissa gibt es Notizen von Veteranen in denen Sie sich über die Diensterleichterung freuen.

Und die Diensterleichterung bestand in der Erlaubnis keine streng strukturierten Lager mehr erbauen zu müssen?


Von Vegetius wissen wir, dass es Soldaten gab die von der Schanzpflicht befreit waren.

Soldaten oder Veteranen?

Und das bedeutet jetzt im Sinne des gewünschten Ergebnisses dann gleichzeitig, dass sie befreit waren davon streng strukturierte Lager zu errichten?

Die Konstruktion eines Römerlagers wie Oberaden war eine Arbeit von Spezialisten, den gromatici oder agremensores.
Wenn wir davon ausgehen, dass die sub vexillio dienenden Veteranen als eigenständige Cohorte unterwegs war, dann war da also wahrscheinlich kein Feldmesser dabei. Die gab es wahrscheinlich nur in der ersten Kohorte einer Legion.

Ist das mehr als nur Spekulation, um deine These zu untermauern?

Ich glaube nicht, dass mich solch ergebnisorientierte Interpretationen überzeugen werden!
 
Gerne. Tacitus berichtet in der Tat, dass die Veteranen vom harten Lagerdienst befreit waren, und nur noch der Verteidigung der Provinz verpflichtet waren. In Vindonissa gibt es Notizen von Veteranen in denen Sie sich über die Diensterleichterung freuen.
Von Vegetius wissen wir, dass es Soldaten gab die von der Schanzpflicht befreit waren.
Wenn wir daraus den Schluss ziehen, dass die Veteranen von der Schanzpflicht befreit waren, dann müssen wir die Veteranenlager da suchen, wo keine Schanzarbeiten nachweisbar sind.

Da wo irregulär geschanzt wurde, handelt es sich ganz sicher um Rekrutenlager.
 
Daß Veteranen und auch Einige andere (Immunes, Principales, ...) von der Schanzpflicht befreit waren, heisst nur, daß all die Anderen Legionäre für sie schanzten.

Natürlich geht das nur, wenn Veteranen üblicherweise nicht in separaten Lagern lebten. Oder auch in den Cannabae wohnen durften. Wovon ich immer noch unbedingt ausgehe!

Wenn Veteranen ausnahmsweise nicht nur als Vexillum, sondern als Vexillatio mit einem Spezialauftrag detachiert wurden, dann müssen sie selbstverständlich auch geschanzt haben. Alles Andere ist für römische Soldaten nicht vorstellbar.
 
Zuletzt bearbeitet:
[/I]Wenn wir davon ausgehen, dass die sub vexillio dienenden Veteranen als eigenständige Cohorte unterwegs war, dann war da also wahrscheinlich kein Feldmesser dabei. Die gab es wahrscheinlich nur in der ersten Kohorte einer Legion.

Nein, das ist nicht communis opinio. Wie David Breeze, der wahrscheinlich größte Kenner der niederen Dienstgrade, klar aufzeigte, gibt es keinerlei Korrelation zwischen den diversen Immunes und Principales und der ersten Kohorte oder irgendeiner Anderen. Es gab keine Konzentration von Spezialisten in der ersten Kohorte.

Die Vermesser sind ebenfalls ein Vexillum unter dem Kommando des Praefectus Castrorum. Wahrscheinlich wie üblich bei der römischen Fachorganisation von einem Optio geführt.
 
Zwischendurch doch mal was Ernstgemeintes:

da sie, wie schon erwähnt, getrennt von den Legionen stationiert wurden.

Um das noch einmal zu zitieren:

Die beiden Stellen, die Jchatt zitiert, sind Tac.ann.1,39,1 und Tac.ann.1,44,4.

Es handelt sich um ein und dieselbe Gruppe von Veteranen. Bei der ersten Stelle sind sie noch zusammen mit den Legionen in Ara Ubiorum stationiert, bei der zweiten Stelle werden sie von den Legionen separiert und in Rätien stationiert.

Dass diese Gruppe von Anfang an, schon im Lager von Ara Ubiorum, "von der Legion separiert" gewesen sein soll, davon steht bei Tacitus nichts. Und das ist auch dem Kontext nicht zu entnehmen.

Die Trennung der Veteranengruppe von den Legionen und ihre Stationierung in Rätien war eine direkte Reaktion auf die Meuterei. Daraus kann man sicher nicht schließen, dass Veteranen generell separat stationiert waren.

Der Stelle ist auch in keiner Weise zu entnehmen, dass die Veteranen in Rätien eigene Veteranenlager bezogen. Sie werden eher dort bereits stationierten Einheiten zugeteilt worden sein. Einer der rätischen Stützpunkte ist jedenfalls in Augsburg zu suchen, wo in der Zeit ein neues Lager gebaut wurde.

"Nach dem Ende der augusteischen Militäransiedlung verlagerte sich die römische Siedlungstätigkeit in Augsburg auf die Spitze der nach Norden reichenden schmalen Hochterrasse im Zusammenfluß von Lech und Wertach, gut zehn Meter über dem Talgrund erhoben. Der Siedlungsbeginn liegt hier um 10/15 n. Chr., also unmittelbar in der Endphase des Oberhausener Militärplatzes. War die Forschung früher von einer direkten Stadtgründung von Augusta Vindelicum ausgegangen, so zeichnet sich nach den Ausgrabungsergebnissen der letzten Jahre ein neues Bild ab: An der Ostseite der Hochterrasse bestand etwa von der Höhe St. Gallus bis auf die Höhe des Doms ein Militärkastell mit rund 320 m in Nord-Süd-Ausdehnung und mindestens 8-10 ha Fläche. Hier waren, wie eine Mannschaftskaserne und Ausrüstungsfunde zeigen, Teile einer Legion und eine Reitereinheit stationiert. An den beiden nach Südwesten und Nordwesten ziehenden Ausfallstraßen siedelten sich im 'Lagerdorf' Familienangehörige der Truppe, Händler und Handwerker an."

Augsburger Stadtlexikon - Die Stadtgeschichte von Augsburg: Siedlungsgeschichte und Archäologie in Augusta Vindelicum/Augsburg
 
Guten Morgen,

wobei die bisher aufgefundenen Gegenstempel aus Augsburg-Oberhausen eher weniger für die Veteranen vom Niederrhein sprechen. Diese gibt es jedoch in größerer Anzahl in Vindonissa. Die bisherige Datierung für die Anlegung des Lagers in Vindonissa ist durch neuere Ausgrabungen und Funde auf 14 n. Chr. herab gesetzt worden. Meiner Meinung nach muss dieses Lager noch früher angelegt worden sein. Tacitus (Ann. I-37) spricht über ausgezahlte Veteranen-Gelder des Germanicus an die Legionen (II.,XIII.,XIV. und XVI.), welche in Obergermanien stationiert waren. Ein einscheidender Beleg dafür ist der aufgefundene Revers-Münzstempel von Vindonissa, welcher meiner Meinung nach bisher falsch zugeordnet worden ist. Er zeigt nur die Umrisse von PONTIF MAXIM an und man glaubt den Stempel Tiberius zuordnen zu müssen. Jedoch gab es diese Rückseite schon unter Agustus bereits im Jahre 13 n. Chr. (RIC 220). Auch auf meiner Germanicuszeitlichen Münzspur von Mainz aus kommend, habe ich solch einen Denar des Augustus RIC 220.
 

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Die Trennung der Veteranengruppe von den Legionen und ihre Stationierung in Rätien war eine direkte Reaktion auf die Meuterei. Daraus kann man sicher nicht schließen, dass Veteranen generell separat stationiert waren.

Der Stelle ist auch in keiner Weise zu entnehmen, dass die Veteranen in Rätien eigene Veteranenlager bezogen. Sie werden eher dort bereits stationierten Einheiten zugeteilt worden sein. Einer der rätischen Stützpunkte ist jedenfalls in Augsburg zu suchen, wo in der Zeit ein neues Lager gebaut wurde.

Und mit welcher Hilfshypothese willst Du diese Veteranen dann bitte welcher Legion in Rätien zuschustern ?:S
Und dass die Veteranen generell auch örtlich separiert wurden, habe ich ja auch nicht behauptet. Im Gegenteil haben die Veteranen in meinem augusteischen Ideallager ihren festen Platz unterhalb ihrer jeweiligen Legion. Da aber bei Tacitus steht, dass sie separat stationiert wurden, und das wurden sie auf jeden Fall, kommen sie für Haltern als eine mögliche Einheit für die dort stationierten Truppen in Frage. Das ist so. Und wenn ich ihnen ein Feldzeichen geben, dann waren sie ab diesem Zeitpunkt eine reguläre augusteische Kampfeinheit. Wahrscheinlich noch irgendwie mit der Legion verbunden aber im Grunde eine eigenständige taktische Einheit wie eine Kohorte der Legion, der Hilfstruppen oder der Praetorianer. Und wenn die antiken Überlieferungen im Gegensatz zu einer Dienstzeit sub aquila für die Veteranen gesondert von einer Dienstzeit sub vexillo berichten, dann sind sie definitiv auch organisatorisch getrennt worden. Und warum sollte man Hilfstruppen eigene Lager zutrauen, länger dienenden Veteranen aber nicht?
Keine Ahnung was da so schwer zu verstehen ist.

zum Schanzen
Es gibt irgendwo eine Anekdote, in der ein Legionär zur Strafe mit einer Messlatte und einem ausgestochenen Rasenstück Wache stehen musste.
Leider weiss ich nicht mehr wo. Dies zeigt aber, dass das Schanzen eine unbeliebte Aufgabe war, die wahrscheinlich nicht von altgedienten und erfahrenen Soldaten ausgeführt wurden, wenn denn nicht als Strafe.
Bis heute machen überall die Frischlinge die unangenehmen Arbeiten.
Das heisst aber nicht, das die Veteranen nicht schanzen konnten. Es ist aber sicherlich so, dass diese Arbeiten zu den Dienstbefreiungen gehörten, die die Veteranen als Ausgleich für ihre verzögerte Entlassung bekamen.

zu den Feldmessern
beide antike Lagerbeschreibungen beruhen auf Maße, die direkt auf den Platzbedarf der lagernden Truppen zurückgehen. Alle anderen Maße sind hiervon abgeleitet. Ein sicherlich nachvollziehbares Vorgehen, denn schliesslich nehmen die Truppen den Großteil des Platzes in einem Römerlager ein.
Wie kommt es aber dann, das z.B. in Haltern die Zentralgebäude auf ihrer insulae offensichtlich innerhalb eines zuvor exakt ausgemessenen Rasters gebaut wurden, die Truppenunterkünfte aber sich nicht mehr an diesem Raster orientieren? (Ähnlich sieht der Befund in Marktbreit aus)
Zwischen den Truppen und dem Praetorium verläuft völlig schief die im LWL-Lagerplan via quintana genannte Strasse. Die Gebaeude der zentralen orthogonal vermessenen insulae wurden teilweise hinten schräg abgeschnitten damit sie nicht mit der schiefen Lagerstrasse kollidieren. Die Strasse war also schon vor der rechtwinkligen Bebauung schief und wurde nicht mit den Zentralgebäuden zusammen ausgemessen. Die Lagertore in der Mauer, die orthogonale und schiefe Strukturen umfasst, liegen aber nicht an dieser älteren Strasse sondern an der rechtwinklig zur insulae verlaufenden via principalis. Wenn man so will könnte man hier also mehrere Bauphasen sehen.
Meine Vermutung ist deshalb, dass die Zentralgebäude aus einer früheren Bauphase stammen. Aufgrund der Bedrohungslage in Germanien wurden diese administrativen Zentren kriegsmässig befestigt und mit Schutztruppen versehen. Da dies auf nicht absehbare Zeit geschah, hat man dafür nicht die Legionen auseinandergerissen und das Feldheer auf Dauer geschwächt, sondern die Veteranen länger bei der Fahne gehalten und dafür verwendet.
In diesem Fall wäre aber nicht von einer Principia, sondern von einem Forum auszugehen.

Gruss
jchatt
 
zum Schanzen
Es gibt irgendwo eine Anekdote, in der ein Legionär zur Strafe mit einer Messlatte und einem ausgestochenen Rasenstück Wache stehen musste.
Leider weiss ich nicht mehr wo. Dies zeigt aber, dass das Schanzen eine unbeliebte Aufgabe war, die wahrscheinlich nicht von altgedienten und erfahrenen Soldaten ausgeführt wurden, wenn denn nicht als Strafe.
Bis heute machen überall die Frischlinge die unangenehmen Arbeiten.
Das heisst aber nicht, das die Veteranen nicht schanzen konnten. Es ist aber sicherlich so, dass diese Arbeiten zu den Dienstbefreiungen gehörten, die die Veteranen als Ausgleich für ihre verzögerte Entlassung bekamen.

Und das wäre zu belegen, ansonsten ist und bleibt es nur eine ergebnisorientierte Vermutung, um deine Theorie zu beweisen.
 
Oder um mal Manfred Eggert zu zitieren:
Als heuristisches Mittel vermag die Spekulation außerordentlich fruchtbar zu sein, als in 'Gewisseheit' mutierets Fundament empirischer archäologischer Forschung hingegen wird sie zu einem diese Forschung unterminierenden Faktor.
(Prähist. Archäologie. Konzepte und Methoden, S. 28)
 
Die Messlatte ersetzt den Speer und das Rasenstück den Schild. Corbulo soll laut Frontinus, 4, 7, 2 gesagt haben, den Feind bekämpfe man am besten mit der Spitzhacke. Andere Generäle werden es ebenso gesehen haben. So eine sprechende Strafe soll doch wohl eher das Vergehen spiegeln, statt das Schanzen verunglimpfen.

Ein Soldat, der mit Messlatte und Rasen auf Wache stand, dürfte begriffen haben, dass die Befestigungen so wichtig wie Speer und Schild waren. Eigentlich kann das bis heute niemand falsch verstehen, der selbst schon mal Wachdienst hatte.

So unregelmäßig ist Haltern auch gar nicht. Die Straßen sind nicht willkürlich, sondern parallel zur Befestigung.
 
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