Veränderung und Kontinuität bei Volksmusik

Dr. Iotchev

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Dass mit der Veränderlichkeit der Folklore ist zumindest teilweise anzustreiten. Sicher ist sie nichts statisches und doch überraschen manche Hinweise auf das mögliche Alter mancher Traditionen. So z.B. sind Parallelen zwischen bis heute gespielten tatarischen und tschuwaschichen Liedern und chinesischer Hofmusik selbst für Musik-Laien deutlich hörbar, dabei haben die Vorfahren der Tataren und Tschuwaschen die Nachbargebiete Chinas schon vor Jahrhunderten verlassen. Auch sind wiederum hörbare Parallele zwischen der Volksmusik Irlands und der Balkanhalbinsel gegeben. Auch ist der Karo-Stoff der schottischen Volkstrachten bereits zur Zeit der Kelten in Gebrauch gewesen. Zahlreiche Beispiele für die Zähigkeit mancher Kultur-Elemente, die sich scheinbar für eine sehr große Anzahl von Generationen als attraktiv/ästhetisch erwiesen haben.

Speziell in Bezug auf die Makedonen: Es gibt keinen Grund anzunehmen dass sie Abkömmlinge der antiken Mazedonier sind. Selbst wenn die Mazedonen etwas in der heutigen Balkan Kultur hinterlassen haben sollten, so wird dieses Erbe sicherlich nicht nur auf die Makedonen übergegangen sein und kann somit nicht als abgrenzendes, definierendes Element gesehen werden, dass die Berechtigung geben würde von einer eigenen Ethnie zu sprechen. Wenn man fair sein will muss man es allerdings von allen südslawischen "Ethnien" sagen: Mögen Protobulgaren, Thraker, Illyrer, Mazedonen, Magyaren, Kumanen, Tataren auch durchaus Spuren hinterlassen haben, so reichen die dadurch entstandenen Unterschiede zwischen den südslawischen Völkern gerademal aus, um für kleine Variationen in einer sonst recht einheitlichen südslawisch-byzantinischen Kultur zu sorgen. Diese Unterschiede zwischen Serben, Makedonen und Bulgaren sind sehr wahrscheinlich nicht größer als die zwischen Friesen, Sachsen und Bajuwaren, nur das erstere über eigene Staatsgebilde verfügen.
 
Zuletzt bearbeitet:
gerade musik-laien sollten sich bei vergleichen noch mehr zurückhalten, als hobby-linguisten, ist doch die materie sogar noch komplexer.
 
Dass mit der Veränderlichkeit der Folklore ist zumindest teilweise anzustreiten. Sicher ist sie nichts statisches und doch überraschen manche Hinweise auf das mögliche Alter mancher Traditionen. So z.B. sind Parallelen zwischen bis heute gespielten tatarischen und tschuwaschichen Liedern und chinesischer Hofmusik selbst für Musik-Laien deutlich hörbar, dabei haben die Vorfahren der Tataren und Tschuwaschen die Nachbargebiete Chinas schon vor Jahrhunderten verlassen. Auch sind wiederum hörbare Parallele zwischen der Volksmusik Irlands und der Balkanhalbinsel gegeben. Auch ist der Karo-Stoff der schottischen Volkstrachten bereits zur Zeit der Kelten in Gebrauch gewesen. Zahlreiche Beispiele für die Zähigkeit mancher Kultur-Elemente, die sich scheinbar für eine sehr große Anzahl von Generationen als attraktiv/ästhetisch erwiesen haben.

Speziell in Bezug auf die Makedonen: Es gibt keinen Grund anzunehmen dass sie Abkömmlinge der antiken Mazedonier sind. Selbst wenn die Mazedonen etwas in der heutigen Balkan Kultur hinterlassen haben sollten, so wird dieses Erbe sicherlich nicht nur auf die Makedonen übergegangen sein und kann somit nicht als abgrenzendes, definierendes Element gesehen werden, dass die Berechtigung geben würde von einer eigenen Ethnie zu sprechen. Wenn man fair sein will muss man es allerdings von allen südslawischen "Ethnien" sagen: Mögen Protobulgaren, Thraker, Illyrer, Mazedonen, Magyaren, Kumanen, Tataren auch durchaus Spuren hinterlassen haben, so reichen die dadurch entstandenen Unterschiede zwischen den südslawischen Völkern gerademal aus, um für kleine Variationen in einer sonst recht einheitlichen südslawisch-byzantinischen Kultur zu sorgen. Diese Unterschiede zwischen Serben, Makedonen und Bulgaren sind sehr wahrscheinlich nicht größer als die zwischen Friesen, Sachsen und Bajuwaren, nur das erstere über eigene Staatsgebilde verfügen.

Wobei die ähnlichkeiten von bulgarischen und tschuwaschischen Trachten frapierend ist, und auch der Frauengesang der Pashtunen und soger der Mongolen sich sehr dem der Bulgaren ähnelt.
 
gerade musik-laien sollten sich bei vergleichen noch mehr zurückhalten, als hobby-linguisten, ist doch die materie sogar noch komplexer.

a) Ich bin kein Musik-Laie

b) Parallelen zwischen Osteuropäischer (gemeint ist die der Türken und Ungarn) und Ostasiatischer Musik sind dokumentiert.

c) Musik ist einfacher als Sprache. Klassische Musik ausgenommen.

d) Ich kann hier ein paar Lieder posten, die jeder der mal chinesische Musik gehört hat, oder überhaupt fernöstliche (meist aus Eastern bekannt als Hintergrund Mucke) als dieser ähnlich erkennen wird.
 
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a) Ich bin kein Musik-Laie

b) Parallelen zwischen Osteuropäischer (gemeint ist die der Türken und Ungarn) und Ostasiatischer Musik sind dokumentiert.

Ich möchte Dich bitten, diese Parallelen in musikalischen Fachbegriffen präzise zu beschreiben. Belege aus musikwissenschaftlicher Fachliteratur ist ebenfalls willkommen.
 
Leider ist mir die Literatur grad nicht zur Hand, aber wohl die Fachbegriffe:

Es gibt Tatarische und Tschuwaschiche Lieder die pentatonisch aufgebaut sind, d.h. auf reduzierte Tonlieter aus nur Fünf Tönen. Diese Tonleiter haben nur ganze und einundhalb große Tonabstände. Pentatonische Tonleiter werden in der ostasiatischen Hof- und Volksmusik verwendet, sowie der Blues Musik und in einigen wenigen irischen Volkslieder. Allerdings verwendet die irische Volksmusik Dur-Pentatoniken, während im Blues und in der asiatischen Musik eher Moll-Pentatoniken gebraucht werden. Zudem haben die Lieder im Blues und in der Irischen Musik eine bestimmte Rhytmik, während bei den langsamen Lieder in der ostasiatischen und tatarischen Musik nicht selten eine Rhytmusstruktur (zumindest für die Melodie-Fraktion) gänzlich fehlt (sogenannte free-metered songs im Englischen). Laut einer Ausgabe des Brockhaus (kann leider nicht nachsehen welcher) zeigen die rhytmuslosen Hirten- und Derwischen-Melodien der türkischen Musik Parallelen zu ostasiatischen Liedern.
 
Leider ist mir die Literatur grad nicht zur Hand, aber wohl die Fachbegriffe:

Es gibt Tatarische und Tschuwaschiche Lieder die pentatonisch aufgebaut sind, d.h. auf reduzierte Tonlieter aus nur Fünf Tönen.

"Reduziert" ist diese Tonleiter nur aus Sicht der europäischen Musiktheorie, für die Siebentonleitern Standard sind. Pentatonische Tonleitern sind weltweit verbreitet und waren global gesehen vor der weltweiten Verbreitung europäischer Musik sicher wesentlich häufiger anzutreffen als die Dur- und Molltonleitern.

Mit fünf Tönen um die Welt


Beschreibung:
Mit Liedern, Spielen und Tänzen aus fünf Kontinenten begeben wir uns auf eine musikalisch-tänzerische Reise.
Auf Stabspielen, werden wir zu den Liedern einfaste Begleitmöglichkeiten erarbeiten. Alle vorgesehenen Lieder bewegen sich im Fünftonraum. Die Pentatonik eröffnet besondere Klangwelten, die für jede Alters- und Könnerstufe Spielmöglichkeiten bietet.
Kurs [Mit fünf Tönen um die Welt] / MIZ

Eine banalere und nichtssagendere "Parallele" als ausgerechnet die Pentatonik läßt sich kaum denken.


Allerdings verwendet die irische Volksmusik Dur-Pentatoniken, während im Blues und in der asiatischen Musik eher Moll-Pentatoniken gebraucht werden.
Mit den Begriffen "Dur-Pentatonik" und "Moll-Pentatonik" lassen sich ostasiatische Tonsysteme nur unzulänglich beschreiben, hier wären präzisere Angaben zur Intervallstruktur erforderlich. (Traditionelle chinesische Musik hört sich in europäischen Ohren überwiegend wie "Dur" an, traditionell japanische Musik überwiegend wie "Moll".)


Zudem haben die Lieder im Blues und in der Irischen Musik eine bestimmte Rhytmik, während bei den langsamen Lieder in der ostasiatischen und tatarischen Musik nicht selten eine Rhytmusstruktur (zumindest für die Melodie-Fraktion) gänzlich fehlt (sogenannte free-metered songs im Englischen).
Über die gesamte ostasiatische Musik habe ich nur wenig Überblick, über die koreanische Musik allerdings einen sehr guten. Hier gilt, daß alle Musikstile eine rhythmische Struktur aufweisen. Mir sind auch aus Japan und China keine Musikstile ohne rhythmische Struktur bekannt.
Hingegen ist mir aus Europa ein Musikstil bekannt, der kein festes Metrum kennt:
Gregorianischer Choral ? Wikipedia

Laut einer Ausgabe des Brockhaus (kann leider nicht nachsehen welcher) zeigen die rhytmuslosen Hirten- und Derwischen-Melodien der türkischen Musik Parallelen zu ostasiatischen Liedern.
Und da wäre es nun interessant, diese Parallelen präzise aufzuzeigen. Was für "ostasiatische Lieder" sind das - in welchem Land, in welchem Musikstil? Und worin bestehen diese "Parallelen" nun konkret?
 
Man vergleiche dies mit langsamen Liedern aus Samurai-Filmen.

Ich kenne keinen Samurai-Film, der mit authentischer traditioneller japanischer Musik unterlegt ist. Das, was ich in solchen Filmen gehört habe, war immer ein Stilmischmasch.


Machen wirs einfach, hier ein tschuwaschiches Lied:
Es handelt sich hier um ein modernes Arrangement, z. T. mit europäischen Akkorden unterlegt, also ein ähnlicher Stilmischmasch wie bei den Samuraifilmen.
Das Lied weist übrigens ein klares Metrum und rhythmische Strukturen auf.

Damit kannst Du Laien beeindrucken, die keine Ahnung von asiatischer Musik haben. Mir war schon klar, warum ich nach konkreten Parallelen und präzisen Formulierungen gefragt habe.
 
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Man darf gerade bei den Arrangements aus ehemaligen Sowjetgebieten nicht vergessen, daß in der Sowjetzeit für die Mitglieder des Vielvölkerstaates Folkloren "erfunden" wurden. Man hat damals traditionelle Musik, Tanz und Kleidung verwendet, das alles aber publikumsfähig gemacht. Traditionelle Musikinstrumente Zentralasiens z.B. wurden modifiziert und anders gestimmt, damit sie als Orchester gespielt werden konnten. Tanztraditionen wurden abgewandelt usw.
Für die Leute, die heute in den Gebieten leben, ist das _ihre_ traditionelle Musik, obwohl es sich um eine sowjetische Neuerfindung oder Überformung handelt.
 
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Man darf gerade bei den Arrangements aus ehemaligen Sowjetgebieten nicht vergessen, daß in der Sowjetzeit für die Mitglieder des Vielvölkerstaates Folkloren "erfunden" wurden. Man hat damals traditionelle Musik, Tanz und Kleidung verwendet, das alles aber publikumsfähig gemacht. Traditionelle Musikinstrumente Zentralasiens z.B. wurden modifiziert und anders gestimmt, damit sie als Orchester gespielt werden konnten. Tanztraditionen wurden abgewandelt usw.
Für die Leute, die heute in den Gebieten leben, ist das _ihre_ traditionelle Musik, obwohl es sich um eine sowjetische Neuerfindung oder Überformung handelt.

Womit wir einen besonders eindrücklichen Beleg für meinen grundsätzlichen Einwand hätten, daß es verfehlt ist, von heutiger Folklore auf jahrtausendealte Bezüge zu schließen:
[...] nach 2400 Jahren ist da nichts mehr so, wie es einmal war. Alles ist durch zwischenzeitliche Einflüsse überlagert, bis zur Unkenntlichkeit verändert oder gänzlich verdrängt.
 
Wir haben eine ziemlich klare Vorstellung, wie europäische Musik um 1850 geklungen hat. Über die barocke Aufführungspraxis gibt es inzwischen weniger Streit, es könnte aber sein, dass man viele Stücke nur halb so schnell gespielt hat, wie wir es heute tun.

Nach 100 Jahren intensiver Beschäftigung mit insbesondere arabischer Musik, trauen wir uns, "spätmittelalterliche" Musik aufzuführen ohne rot zu werden.

Alles, was über 800 Jahre zurückliegt, ist vollständig unbekannt und Spekulationen unterworfen, die auf wenigen Instrumentenfunden, Abbildungen, literarischen Seitenbemerkungen (".... seine Musik ergriff die Zuhörer...") und viel vorgefassten Meinungen beruht.

Wir finden Rassel, Trommeln, bespannte Bögen, Flöten, Hörner.
Frühe Abbildungen (Mesopotamien, Ägypten) zeigen oft eine "Combo" und eine oder mehrere Tänzerinnen, die vielleicht auch gesungen haben. Der Rhythmus wurde durch die Tänzer gesteuert, die Kastagnetten, Sistren, o.ö. benutzten, wie die Theorie, nach welcher der Ursprung der Musik im Tanz liegt, nicht ganz abwegig ist. Demnach wäre Mehrstimmigkeit eine recht frühe Errungenschaft. Durch die Verwendung von Naturhörnern, Trompeten, usw. ergibt sich die Naturtonreihe mit naheliegender Pentatonik; danach wurden dann möglicherweise auch die Saiteninstrumente gestimmt.

Mehr weiß man eigentlich nicht wirklich.

In Asien sind AFAIK mehr gestimmte Schlaginstrumente wie Xylo- und Metallophone verbreitet, die dann allerdings eine beliebige Stimmung zulassen würde (s. Gamelan)
 
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Das Lied hat zwar ein Metrum, aber ich habe auch nicht behauptet dass DIESES Lied kein Metrum hat, übrigens hat der Stilmischmasch wie du ihn nennst sicherlich auch Elemente der traditionell asiatischen Musik, denn europäisch hört sich da garnichts an. Vielleicht sollte ich hier mal ein klassisches Stück posten :pfeif:
 
Wir haben eine ziemlich klare Vorstellung, wie europäische Musik um 1850 geklungen hat. Über die barocke Aufführungspraxis gibt es inzwischen weniger Streit, es könnte aber sein, dass man viele Stücke nur halb so schnell gespielt hat, wie wir es heute tun.
Von den Theorien, die behaupten, ein Großteil des Repertoires sei halb so schnell zu nehmen, ist nicht viel zu halten. Im Prinzip betrifft das nur die Musik von Tasten- und Zupfinstrumenten, die läßt sich beliebig langsam spielen. Bei Sängern und Bläsern ist aufgrund der Kapazität der menschlichen Lunge bei einem bestimmten Tempo das Ende der Fahnenstange erreicht, für Streicher gilt (aufgrund von Länge und Mindestgeschwindigkeit des Bogens) Ähnliches.

Alles, was über 800 Jahre zurückliegt, ist vollständig unbekannt und Spekulationen unterworfen, die auf wenigen Instrumentenfunden, Abbildungen, literarischen Seitenbemerkungen (".... seine Musik ergriff die Zuhörer...") und viel vorgefassten Meinungen beruht.
Ganz so ist es nicht, die Melodien des Gregorianischen Chorals wurden seit dem 10. Jahrhundert mittels einer Notenschrift aufgezeichnet, ab dem 11. Jahrhundert gibt es Notenlinien und sehr präzise Angaben über die Intervalle.
In Einzelfällen sind noch weit ältere Melodien in Notenschrift überliefert, das hatten wir hier in dieser Diskussion auch schon: http://www.geschichtsforum.de/333797-post220.html


Demnach wäre Mehrstimmigkeit eine recht frühe Errungenschaft. Durch die Verwendung von Naturhörnern, Trompeten, usw. ergibt sich die Naturtonreihe mit naheliegender Pentatonik; danach wurden dann möglicherweise auch die Saiteninstrumente gestimmt.

Mehr weiß man eigentlich nicht wirklich.

In Asien sind AFAIK mehr gestimmte Schlaginstrumente wie Xylo- und Metallophone verbreitet, die dann allerdings eine beliebige Stimmung zulassen würde (s. Gamelan)
Die Naturtonreihe ergibt keineswegs eine "naheliegene Pentatonik"; die Nutzung von Naturhörnern und Trompeten zur Melodiebildung spielt auch global gesehen keine sehr große Rolle. In der traditionellen koreanischen Musik werden z. B. die Trompeten und Hörner überhaupt nicht als Melodieinstrumente verwendet; sie spielen ausschließlich langgezogene Töne als monotonen "Klangteppich", zu dem Schlagwerk und Melodieinstrument treten. Etwas bekannter dürften die großen tibetischen Hörner sein, die ebenfalls keine Melodien spielen.

Nicht nur Xylo- und Metallophone (man müßte noch die Petrophone dazurechnen) lassen eine beliebige Stimmung zu, auch für Flöten und Saiteninstrumente gibt es (theoretisch) unendlich viele Stimmungsmöglichkeiten.
 
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Egal wie die Sowjetunion Folklore verfälscht hat, durch das neustimmen von Instrumenten kann man nicht die grundliegende Struktur von Liedern verändern und ein Großteil des Charakters dürfte erhalten geblieben sein.
 
Wir haben eine ziemlich klare Vorstellung, wie europäische Musik um 1850 geklungen hat. Über die barocke Aufführungspraxis gibt es inzwischen weniger Streit, es könnte aber sein, dass man viele Stücke nur halb so schnell gespielt hat, wie wir es heute tun.

Nach 100 Jahren intensiver Beschäftigung mit insbesondere arabischer Musik, trauen wir uns, "spätmittelalterliche" Musik aufzuführen ohne rot zu werden.

Alles, was über 800 Jahre zurückliegt, ist vollständig unbekannt und Spekulationen unterworfen, die auf wenigen Instrumentenfunden, Abbildungen, literarischen Seitenbemerkungen (".... seine Musik ergriff die Zuhörer...") und viel vorgefassten Meinungen beruht.

Sorry, aber hier kann ich dir als Laie widersprechen. Es gibt aufzeichnungen über die Musikstücke. Sogar Walther von der Vogelweide hat ein solche Auzeichnung gemacht.

Sogar bei den Alten Griechen sind Lieder schriftlich erhalten geblieben. Also eine gewisse Vorstellung ist sehr wohl vorhanden.

Ich finde außerdem, das man aus den Tschuwaschen heute nicht so viel Schlüsse auf zB die Protobulgaren ziehen kann. Genau wie die Protobulgaren an der Donau slawisiert wurden, wurden die Protobulgaren an der Wolga durch die umgebenden Völkern zusätzlich Turzisiert und Tatarisiert. Was man aber vergleichen kann ist, und das ist erstaunlich:

Die bulgarischen Trachten, ähneln sich denen der Tschuwaschen auf verblüffende Weise. Einige Traditionen, die heute nur noch bei den heidnischen Tschuwaschen erhalten sind, werden in abgewandelter Form noch in Bulgarien praktiziert. Interessant wäre aber eines:

Gibt es eigentlich noch wirklich Spuren von den Protobulgaren und der Musik der heutigen Bulgaren? Ich kann mich erinnern, ich habe mal einen mongolischen Frauengesang gehört, auf einmal stürzte meine Mutter ins Zimmer, und fragte, woher ich den diese bulgarische Musik habe...Leider habe ich aber keine Beweise dafür..
 
Das Lied hat zwar ein Metrum, aber ich habe auch nicht behauptet dass DIESES Lied kein Metrum hat

Ich hatte Dich allerdings um konkrete Beispiele gebeten, welche die von Dir behaupteten Parallelen bei nicht-metrischer Musik präzise aufzeigen.

übrigens hat der Stilmischmasch wie du ihn nennst sicherlich auch Elemente der traditionell asiatischen Musik, denn europäisch hört sich da garnichts an.
Aber gewiß doch, ich hatte es ja bereits angedeutet: Die zur Untermalung eingesetzten Dreiklangs-Akkorde sind ein typisch europäische Merkmal. Um die zu hören, muß man noch nicht einmal ein Musikprofi sein.
 
Egal wie die Sowjetunion Folklore verfälscht hat, durch das neustimmen von Instrumenten kann man nicht die grundliegende Struktur von Liedern verändern und ein Großteil des Charakters dürfte erhalten geblieben sein.

Die Stimmung kann ein ganz wesentliches Merkmal sein. Die eigentlichen modalen Charakteristika bei bestimmten Gesangsstilen der koreanischen Musik sind mit europäischen Noten gar nicht angemessen wiederzugeben (Vibrati und Glissandi, die vom Vierteltonbereich bis zu einer Quarte gehen können). Wenn man diese Musik auf dem Klavier oder sonst einem standardmäßig gestimmten Instrument wiedergtibt, verliert sie mindestens 90% von ihrer Charakteristik.

Wie Dein Beispiel gezeigt hat, ist es durch den Einsatz bestimmter Stilmittel ohne weiteres möglich, ein zentralasiatisches Musikstück so weit zu verändern, daß es (nicht nur für Laien) kaum noch von zeitgenössischer Samurai-Filmmusik zu unterscheiden ist.

Daß das Ergebnis nahezu dasselbe ist, liegt daran, daß dieselben Ziele verfochten und dieselben Stilmittel eingesetzt werden:
Die Musik soll sich ein klein wenig exotisch anhören (Pentatonik und Flöten- und Zupfinstrumente), aber ja nicht so exotisch, daß sie für europäische Ohren irritierend wirkt. Die Stimmung der Intervalle und die Harmonik entsprechen daher zu 100% europäischem Standard. Dazu kommt dann noch ein bißchen künstlicher Nachhall und ggf. weitere elektronische Geschmacksverstärker, fertig ist der Einheitsbrei.
 
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