ein sehr interessantes Thema. Am besten finde ich Kenneth Pommeranz' "The Great Divergence". Zwar greift er viele traditionelle Ansichten zum Thema auf und vertritt auch viele ältere Standpunkte, seine methodische Herangehensweise ist jedoch sehr interessant und meiner Ansicht nach ist sein Schluss überzeugend.
Pomeranz macht fünf große Ebenen auf:
1. Kolonien: Der Profit aus dem kolonialen Handel und die Exporte an Holz, Baumwolle etc. machte Ressourcen frei, die in den Ausbau neuer Technologien investiert werden konnten. Gleichzeitig stellten die Kolonien leicht zugängliche Absatzmärkte dar.
2. Geographie: England verfügte über große Kohlevorkommen, die günstig lagen sodass der Kohletransport relativ einfach war.
3. "Advantage of Backwardness" Sowohl in China wie in Gro0britannien gab es ein Bevölkerungswachstum im 18. Jahrhundert. China konnte jedoch damit umgehen, England hatte bei steigendem Energiebedarf einen Weg zu finden, die mangelnden Ressourcen auszugleichen.
Diese Argumente erklären nicht, warum die Technisierung statt fand und daher kommt die Unterscheidung zwischen Industrialisierung und industrieller Revolution ins Spiel. Kohle als Energieträger und verschiedene mechanische Apparate die die Kraft der Kohle nutzten gab es in China auch und wurde dort immer wieder "erfunden". Diese Industrialisierung sei zu unterscheiden von einer industriellen Revolution, also der Investition in und der Verbreitung und vermehrten Benutzung jener neuen Technologien.
Jedoch gab es auch chinesischer Sicht schlicht keinen Zwang auf Kohle als Energieträger umzusteigen, da man seinen Bedarf auf andere Art und Weise decken konnte. Die Ressourcenverteilung funktionierte so gut, dass Investitionen in neue Techniken/Nutzung neuer Ressourcen nicht als ertragreich angesehen wurde.
Das Argument wonach in China staatliche Repression unternehmerisches Handeln unterdrückt hätte, widerlegt Pomeranz und stellt dar, dass der chinesische Markt wesentlich freier gewesen sei, als der britische.
Zu guter Letzt gab es in China das Problem, dass die Kohlevorkommen geographische extrem ungünstig lagen und daher die Transportkosten auch den mutigsten und innovativsten Unternehmers Investor abgeschreckt hätten.
Die These Pomeranz' ist also, China hatte keine industrielle Revolution nötig. Pomeranz dreht den Spieß um, er fragt nicht danach was in China zur industriellen Revolution fehlte, sondern viel mehr danach, welche Unterschiede es in England zum weiter entwickelten China gab.
Das war vielleicht nicht ganz akkurat, aber ich kann die Lektüre des Buches nur empfehlen.
Pomeranz, Kenneth: China, Europe and the Making of the Modern World Economy, Princeton 2000: Princeton University Press.