Vermutete und nachgewiesene Römerlager

Sepiola

Aktives Mitglied
Der Ausschnitt Deines vermuteten Lagers lässt sich exakt in meine Rekonstruktion des Drei-Legionen-Lagers einpassen, das ich mittlerweile an 5-6 Orten nachweisen kann.

Da mich das interessiert, eröffne ich kurzerhand ein neues Thema.

Welches sind die fünf (oder sechs) nachgewiesenen Drei-Legionen-Lager?

In einem (allerdings schon sehr alten) Beitrag habe ich einen Hinweis auf Cava de Viriato gefunden.
Das Römerlager Aliso

Aber ist da überhaupt etwas Römisches nachgewiesen?

"Wie also könnte diese riesige Festung in Viseu entsanden sein? Das ist die rätselhafte Frage, auf die Archäologen noch heute keine Antwort wissen. Die Festung ist achteckig, umfasst 38 Hektar Grund, ist durch Böschungen geschützt und von Mauern und einem Wassergraben umgeben. Letzterer war mit einem sehr ausgefeilten hydraulischen System ausgestattet, durch welches die Verbindung zwischen dem Wassergraben und dem Fluss Pavia und der Ribeira de Santiago ermöglicht wurde. Theorien aus der neueren Zeit besagen, dass eine solche Konfiguration, wie sie auf der iberischen Halbinsel nirgendwoanders anzutreffen ist, wohl eher auf die Mauren und ihre Schlaf- und Lagerstädten zurückzuführen sei."

Cava do Viriato • Centro de Portugal
 
Das deckt sich weitgehend mit der Darstellung in der port. Wikipedia. Dieser zufolge sei der Name im 16. Jhdt. aufgekommen. Die Anlage sei traditionellerweise mit Decimus Junius Brutus (137/6) in Verbindung gebracht worden (Spanischer Krieg/Zweiter Kaltiberischer Krieg/Numantinischer Krieg), aber nach Jorge de Alarcão von den Pompeianern Marcus Petreius und Quintus Cassius Longinus Segundo errichtet.
Nach dem provinzialrömischen Archäologen Vasco Gil Mantas könne es dort zwar ein Römerlager gegeben haben, aber die polygone Struktur stamme aus maurischer Zeit.

Cava de Viriato – Wikipédia, a enciclopédia livre

Ich habe da so eine Zweifel. Zumindest bis in die kalifale Zeit hinein orientierten sich die Andalusier bei militärischen Bauten an den spätrömischen Lagern.
 
Das Oktogon ist in der Fläche fast genau so groß, wie bzw. vielleicht sogar größer als die Altstadt (Achtung, ich habe das Bild gedreht, Norden ist links):

Viseu.jpg


Wenn die Errichtung einem militärischen Kontext geschuldet ist, dann ggf. eine Belagerung der Stadt (wobei das Lager dann doch ziemlich nah an der Stadt dran wäre).
 
Das deckts ich weitgehend mit der Darstellung in der port. Wikipedia (...).
Die ein wenig umfangreichere Bestandsaufnahme auf dieser Seite kommt zu einem ähnlichen Schluss,
http://www.patrimoniocultural.gov.p...-ou-em-vias-de-classificacao/geral/view/70458
mit dem Tenor, es müsse umfangreich gebuddelt werden um die tradierten wie spekulativen Interpretationen zur Cava de Viriato zu überprüfen, und listet neben den schon erwähnten Alarcão und Mantas noch weitere Autoren und Publikationen.
 
Die ein wenig umfangreichere Bestandsaufnahme auf dieser Seite kommt zu einem ähnlichen Schluss,
http://www.patrimoniocultural.gov.p...-ou-em-vias-de-classificacao/geral/view/70458
mit dem Tenor, es müsse umfangreich gebuddelt werden um die tradierten wie spekulativen Interpretationen zur Cava de Viriato zu überprüfen, und listet neben den schon erwähnten Alarcão und Mantas noch weitere Autoren und Publikationen.

Wobei die von Helena Catarino vorgeschlagenen Verbindung nach Samarra* mir doch sehr an den Haaren herbeigezogen erscheint.




*Uma tal configuração, que não encontra qualquer semelhança a nível peninsular, parece ter melhor explicação nas "cidades-acampamentos" muçulmanas, de que o melhor exemplo conservado é a de Samarrã, no actual Iraque, local já intervencionado arqueologicamente e sede do poder califal abássida entre 836 e 892 (CATARINO, 2005, p.202).
 
Wobei die von Helena Catarino vorgeschlagenen Verbindung nach Samarra* mir doch sehr an den Haaren herbeigezogen erscheint.
D'accord! Ohne Ausgrabungen dürften wohl noch so manch oktogonerklärende “mutig“ zusammenfrisierte Dauerwelle, Seiten- wie Mittelscheitel gezogen werden.
Was die römische Variante betrifft scheint es mir zur einstigen Bedeutung von Viseu auf den ersten Blick* bislang nicht viel mehr als einige Meilensteine sowie ein mögliches Namenskontinuum zu geben.
*Viseu – Wikipédia, a enciclopédia livre
 
Zuletzt bearbeitet:
Es gibt durchaus römische Spuren in Viseu, nur, die befinden sich eben in der Stadt.

Zeitstrahl Viseu.jpg


https://visitviseu.pt/source/O Fio da História PT.pdf
In der Publikation finden sich weitere bildliche Darstellungen.

Über die Cava de Viriatro sagt die Publikation:

Contudo, a teoria mais recente sugere que o monumento foi construído durante a ocupação cristã do século ix - x, podendo corresponder a um projeto falhado de uma cidade áulica.​

Demnach entspricht die Interpretation dem eines gescheiterten Bauprojekts einer Residenzstadt, welche unter christlicher Ägide (Hermenegildo Gutiérrez/Hermenexildo Guterrez/Hermenegildo Guterres) hätte errichtet werden sollen. Dann fiel Viseu wieder an al-Andalus.
 
Nur aus der Struktur dieser Anlage heraus kann man lediglich über unbewiesene Hilfskonstruktionen auf einen römischen Ursprung schließen. Dies wären dann in erster Linie die konstruktive Nähe des das Achteck umfassenden Quadrats mit dem quadratischen Lager der Republik (2000 pes x 2000 pes). Die Hilfskonstruktion wäre dann ein vermutetes Abschneiden der Ecken aus fiktiven Gründen wie in dem von Sepiola eingangs verlinkten Beitrag von mir.

Das Problem hierbei ist, daß auch achteckige Konstruktionen nicht immer römisch sein müssen. In unterschiedlichen Kulturen (Mauren, Staufer, Byzantiner) und Zeiten wurde achteckig gebaut.
Zudem ist unter den bisher archäologisch nachgewiesenen republikanischen Lagern keines, daß dem herangezogenen Polybios-Lager entspricht oder eine achteckige Form besitzt.

Dies ist bei den von mir beschriebenen Lagern anders. Die augusteischen Heerlager haben einige Merkmale, die zusammengenommen eine einzigartige Konstruktion darstellen.
Findet man, wo auch immer, diese Konstruktionsmerkmale in hinreichender Zahl, lässt dies auch ohne archäologische Grabung auf ein Lager dieser Art schliessen.

Gruß
jchatt
 
@EQ
Die Theorie dieses Oktogon in die frühere Reconquista einzuordnen, erscheint mir plausibler als eine römisch(-republikanische) Option.
Leider ist der download der von Dir verlinkten PDF bei mir bereits mehrfach fehlgeschlagen - lohnt der sich?
 
Leider ist der download der von Dir verlinkten PDF bei mir bereits mehrfach fehlgeschlagen - lohnt der sich?
Es handelt sich um ein von der Stadtverwaltung von Viseu für Touristen herausgegebenes Heftchen zu 16 Seiten einschl. Umschlag. Also weit entfernt davon eine wissenschaftl. Publikation zu sein. Aber das Heftchen bildet halt einen Ausschnit von Viseu über die Zeiten hinweg ab (Castro-Kultur, römisch-westgot. Antike, christl. MA) und zeigt auch mittels Pfeilen an, wo Terra Sigillata und Münzen gefunden wurden.

Die Theorie dieses Oktogon in die frühere Reconquista einzuordnen, erscheint mir plausibler als eine römisch(-republikanische) Option.
Ich weiß es nicht. Für mich stehen die verschiedenen Optionen erst einmal nebeneinander. Die gräfliche Residenzstadt hätte natürlich etwas charmantes an sich.
 
Nochmal zur “Cava de Viriato“, eine (portugiesische) Publikation die sich mit einer (der wohl ältesten überlieferten) schriftlichen wie bildlichen Darstellung des Oktogons aus dem 17. Jh. befasst.

ABSTRACT:
The author analyses a drawing of the “Cava de Viriato” intercalated in a manuscript about Viseu probably written in 1638. It’s the oldest known drawing of “Cava de Viriato” and it shows the state it was in over three and a half centuries ago.
He starts out by remembering a previous work that refers to Viseu in the roman ages and seems to be the basis for all the works published since, mainly the one by João de Pavia in 1638, object of this paper. A meticulous analysis of the drawing is made, wall-by-wall and also the comparison between what the “Cava de Viriato” was at the time and the state it is in today, concluding that the degradation state was already quite accentuated but without the urban occupation it presents today.

Leider gelingt es mir nicht die PDF zu verlinken, doch hiermit sollte sie zu finden sein:
Vaz, João L. Inés: A CAVA DE VIRIATO NUM DOCUMENTO DO SÉCULO XVII
“Conimbriga” XLV (2006) p. 199-209
 
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