"Verweichlichten" die Awaren?

Sandra PP.

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was wurde aus den awaren?
sie wurden 567 zum ersten mal, und 822 zum letzten mal urkundlich erwähnt. in diesen rund 250 jahren scheinen sie sich von einem kriegerischen reitervolk, ähnlich den hunnen und den späteren ungarn, zu einem sesshaften bauernvolk, ähnlich den damaligen slawen entwickelt zu haben.
beruhte dieser langfristige veränderungsprozess auf der einverleibung (unterwerfung) von (vor allem slawischen) fremdvölkern? und wenn ja, waren die späten awaren in ihrer ethnischen zusammensetzung überhaupt noch mit den ursprünglichen vergleichbar?
waren sie aufgrund dieser entwicklung am ende deshalb so eine leichte beute der franken?
waren sie zu harmlos geworden?
 
Was soll denn "verwichlichten" sein?
beruhte dieser langfristige veränderungsprozess auf der einverleibung (unterwerfung) von (vor allem slawischen) fremdvölkern? und wenn ja, waren die späten awaren in ihrer ethnischen zusammensetzung überhaupt noch mit den ursprünglichen vergleichbar?
Soweit ich weiß ist bis dato noch nicht mal geklärt, in welchen ethnischen Kontext die Awaren einzusortieren sind. Ein Vorher-Nachher-Vergleich oder auch nur die Abgrenzung anderer Völker als "Fremdvolk" ist daher mit dem aktuellen Stand der Forschung hinfällig.

waren sie aufgrund dieser entwicklung am ende deshalb so eine leichte beute der franken?
waren sie zu harmlos geworden?
Es gibt mWn keine Korrelation zwischen Sesshaftigkeit und Wehrhaftigkeit.
 
Kaufe ein "e" und das Rätsel ist gelöst! :winke:

leider war es nicht möglich, die überschrift zu korrigieren.


lili:
es geht mir nicht um sesshaftigkeit vs nomadentum, sondern um eine ursprünglich reine kriegerkultur, die andere für sich arbeiten lässt (einverleibte fremdvölker), im vergleich zu einer kultur die im großen und ganzen begonnen hat das selbst zu besorgen.
ich kann mir vorstellen, dass so eine entwicklung auswirkungen auf die wehrhaftigkeit hat.
das ist natürlich eine reine vermutung von mir, die aber auf ähnliche entwicklungen bei vielen germanenstämmen beruht.
 
Zuletzt bearbeitet:
Die Reitervölker der eurasischen Graslandzone, des "steppe highway" (Nicola di Cosmo) waren zunächst einmal keine Kriegervölker, sondern Viehhirten und Nomaden. Als solche treten sie mit den Bewohnern der Ränder dieser Graslandzone in Kontakt und handeln mit diesen, was allerdings ein asymmetrischer Handel ist, da sie den Bauern und städtischen Kulturen i.d.R. weniger anbieten können, als sie selber von den Bauern und städtischen Kulturen bedürfen. D.h. der Handel kommt nur schleppend in Gang. Letztlich bleiben zwei Möglichkeiten: Selber sesshaft werden, was in nomadischen Kulturen vielfach als sozialer Abstieg gilt, also eher ein Weg ist, den man nur dann einschlagen wird, wenn er alternativlos ist, oder man holt sich die Dinge, die man benötigt mit Gewalt. Dazu reichen einige Exempel, um schließlich Tribute zu erlangen. Für solche Aktionen muss man aber größere Gruppen bilden, die sich hinter einer Führungspersönlichkeit zusammenscharen. In der Geschichte der Reitervölker haben wir über deren ethnische Grenzen hinweg einige bekannte Führungspersönlichkeiten, die Dank der Überlieferung meist der Kulturen, die unter ihnen zu leiden hatten, ins Licht der Geschichte treten, etwa Attila oder Djingis Khan.
Jedenfalls entsteht, wenn es einer Führungspersönlichkeit gelingt, Nomaden zu militärischen Einheiten zusammenzufassen und so die notwendigen Güter zu rauben oder zu erpressen eine Prestigeökonomie. Fällt die Führungspersönlichkeit weg, zerfällt meist auch die Gruppenstruktur. Gerade dann, wenn es gelingt Territorien zu erobern und zu kontrollieren, die außerhalb der Graslandzone liegen, dann kommt es häufig doch zu Sesshaftwerdungen und die Gruppe spaltet sich gewissermaßen in einen sesshaften und einen nomadischen Teil und das Spiel beginnt von Neuem.
Von einer "Verweichlichung" kann also nicht die Rede sein.
 
(...)
Jedenfalls entsteht, wenn es einer Führungspersönlichkeit gelingt, Nomaden zu militärischen Einheiten zusammenzufassen und so die notwendigen Güter zu rauben oder zu erpressen eine Prestigeökonomie. Fällt die Führungspersönlichkeit weg, zerfällt meist auch die Gruppenstruktur. Gerade dann, wenn es gelingt Territorien zu erobern und zu kontrollieren, die außerhalb der Graslandzone liegen, dann kommt es häufig doch zu Sesshaftwerdungen und die Gruppe spaltet sich gewissermaßen in einen sesshaften und einen nomadischen Teil und das Spiel beginnt von Neuem.
Von einer "Verweichlichung" kann also nicht die Rede sein.
hinzu kommt noch, dass solche militärischen Koalitionen, von Reiternomaden angeführt, sehr erfolgsabhängig waren, d.h. die Attraktivität war nur im Falle von Expansion gegeben - stagnierte so ein relativ fragiles Reich wie das der Hunnen oder der Awaren, dann war es meist nicht mehr weit bis zur Implosion: man denke nur, wie kurzlebig die Hunnen nach Attilas Tod waren, deren Verbündete allesamt nicht nur abfielen, sondern sich auch direkt gegen die hunnische Suprematie wendeten.
Dem awarischen Großreich bzw. seinem Prestige dürfte u.a. der große Verlust vor Byzanz großen Ärger gemacht haben, auch die stockende Westexpansion hat am Nimbus des unbesiegbaren Awaren-Khans gekratzt.

Verweichlicht waren die Awaren sicherlich ebensowenig wie die Vandalen in Afrika - das ist wohl nur ein literarischer Topos.
 
hinzu kommt noch, dass solche militärischen Koalitionen, von Reiternomaden angeführt, sehr erfolgsabhängig waren, d.h. die Attraktivität war nur im Falle von Expansion gegeben

Richtig, das hängt auch mit der Prestigeökonomie zusammen, die ja darin besteht, dass ein Heerführer seinen Gefolgsleuten Beute bieten kann und zwar in ausreichendem Maße, dass diese wiederum ihren Leuten Beute geben können etc. pp.
 
Richtig, das hängt auch mit der Prestigeökonomie zusammen, die ja darin besteht, dass ein Heerführer seinen Gefolgsleuten Beute bieten kann und zwar in ausreichendem Maße, dass diese wiederum ihren Leuten Beute geben können etc. pp.
berühmt-berüchtigt und oft zitiert in vergleichbarem Kontext ist ja die Rede, welche Procopius den Totila halten lässt: "(...) die Sieger nehmen immer zu (...)" (Gotenkrieg)
 
was wurde aus den awaren?
sie wurden 567 zum ersten mal, und 822 zum letzten mal urkundlich erwähnt. in diesen rund 250 jahren scheinen sie sich von einem kriegerischen reitervolk, ähnlich den hunnen und den späteren ungarn, zu einem sesshaften bauernvolk, ähnlich den damaligen slawen entwickelt zu haben.
beruhte dieser langfristige veränderungsprozess auf der einverleibung (unterwerfung) von (vor allem slawischen) fremdvölkern? und wenn ja, waren die späten awaren in ihrer ethnischen zusammensetzung überhaupt noch mit den ursprünglichen vergleichbar?
waren sie aufgrund dieser entwicklung am ende deshalb so eine leichte beute der franken?
waren sie zu harmlos geworden?

Zunächst ist festzuhalten, dass zahlreiche Fragen in Verbindung mit den Awaren noch offen sind. So weiß man z.B. nicht, ob ähnliche Namen in antiken Quellen (z.B. Abaris bei Herodot, Aparnoi bei Strabon, Abarinon bei Plinius d.Ä. usw.) mit dem Awarentum zusammenhängen. Ferner weiß man nicht, ob der Name "Avar" ureigener Namensbestandteil der europäischen Awaren war, oder ob er ihnen erst während ihrer Westwanderung zugeschoben wurde. Hießen sie vielleicht ursprünglich War-Chunni? Ferner wird überlegt, ob die Vorfahren der pannonischen Awaren in den chinesischen Quellen mit den Jou-Jan der Mongolei oder mit dem Hua-Volk des Reichs der Hephtaliten verbunden werden können.

All diese Fragen zeigen, dass die Herkunft der Awaren im Dunkeln liegt und bis heute Gegenstand zahlreicher Hypothesen ist.

Nach Ansicht der meisten Sprachwissenschaftler war die Sprache der Donau-Awaren altaisch. Die meisten zählen sie dem türkischen, andere jedoch dem mongolischen Sprachzweig zu. Die Nomadenstämme, die sich im Karpatenbecken später den Awaren anschlossen (Kutriguren, Tarniach, Onoguren usw.) sprachen ein bulgarisch-türkisches Idiom.

Die Westwanderung der Awaren erfolgte wohl im Zusammenhang mit der Gründung des ersten türkischen Großreichs 552, nachdem die Türken die Oberherrschaft der Jou-Jan abgeschüttelt hatten. Ein Teil der Awaren blieb unter türkischer Herrschaft im Osten zurück, ein anderer wanderte nach Westen. Die Quellen sprechen davon, dass 20 000 Krieger samt ihren Sippen nach Westen flohen. Zunächst fanden sie bei den Alanen Zuflucht und schickten von dort im Jahr 558 ihre erste Gesandtschaft nach Konstantinopel. Justinian machte den Awaren Geschenke, um sie im Kampf gegen andere Steppenvölker auf seiner Seite zu haben. Es handelte sich dabei vor allem um Onoguren, Utriguren und Kutriguren, die jedoch den durchziehenden Awaren huldigten.

Im Jahr 562 gelangte Khan Bajan an die untere Donau, überfiel mehrfach fränkische Grenzgebiete und verband sich mit dem langobardischen König Alboin zur Vernichtung des Gepidenreichs. 567 nahm er das Land der Gepiden in Besitz (Siebenbürgen, Theißgegend) und nach Abzug der Langobarden 568 auch Pannonien, das etwa dem heutigen Ungarn entsprach.

Nach der Landnahme unternahmen die Awaren mehrere Plünderungszüge, die sie auf den Balkan, nach Italien und sogar bis Thüringen führten. 626 belagerten sie erfolglos Konstantinopel. Wichtig für einen größeren Zusammenhang ist die Tatsache, dass die Slawen in der Gefolgschaft der Awaren nicht nur den Nordbalkan überfluteten, sondern auch den westlichen Peloponnes. Daraus entwickelte sich eine dauerhafte slawische Landnahme, während die Awaren nach Zusammenbruch ihres Reichs aus der Geschichte verschwanden.

Als Bajans jüngerer Sohn um 610 Khan wurde, erstreckte sich das Reich der Awaren von der bayerisch-fränkischen Grenze bis zum durch die Türken geräumten Kubangebiet und vom Balkan bis nach Thüringen. Allerdings fielen die Balkanslawen nach der missglückten Eroberung Konstantinopels von den Awaren ab und die neu einwandernden Kroaten und Serben schlossen sich den Byzantinern unter Kaiser Herakleios an. Im Jahr 635 sagte sich auch der großbulgarische Herrscher Kuvrat vom Awarenkhan los.

Nach Absetzung des Bayernherzogs Tassilo III. übernahm Karl d. Gr. den Grenzschutz im Osten und ging ab 791 gegen die Awaren vor. Nach gründlicher Vorbereitung kam es in den Jahren 795/96 zum entscheidenden fränkischen Angriff, den Markgraf Erich von Friaul und König Pippin von Italien leiteten. Das zentrale Lager der Awaren - der so genannten Awarenring - wurde erobert zusammen mit dem legendären "Awarenschatz". Einigen Quellen zufolge erforderte sein Abtransport 15 vierspännige Ochsenwagen.

Seither verschwinden die Awaren aus der Geschichte. Einige Awarenreste wurden christianisiert und lebten als Bauern in der Ostmark, wo sie bis etwa 870 erwähnt werden. Andere Awaren, die östlich der Doanu wohnten, unterwarf der Bulgarenkhan Krum. Als letztes werden awarische Reste um 950 in Dalmatien erwähnt.
 
Die Westwanderung der Awaren erfolgte wohl im Zusammenhang mit der Gründung des ersten türkischen Großreichs 552, nachdem die Türken die Oberherrschaft der Jou-Jan abgeschüttelt hatten. Ein Teil der Awaren blieb unter türkischer Herrschaft im Osten zurück, ein anderer wanderte nach Westen.

ich habe irgendwo gelesen, die überlieferten awarischen fürstentitel hörten sich eher nach alttürkischer herkunft an, und weniger originär awarisch.
das mag vielleicht ein hinweis darauf sein, dass das (misch)volk der awaren, zumindest was die führungsschicht betrifft, ein starkes türkisches element in sich trug. punkto künstlicher schädeldeformierung, scheint es, verglichen mit den (mongolischen) hunnen, keine parallelen zu geben - so zumindest die grabfunde in europa.
 
ich habe irgendwo gelesen, die überlieferten awarischen fürstentitel hörten sich eher nach alttürkischer herkunft an, und weniger originär awarisch.

Was sollte dieses "originär awarisch" auch sein?
Wie du schon schreibst, die Awaren waren wohl ein Mischvolk aus verschiedensten Ethnien, wie die meisten Steppenvölker.
 
Ich weiß nicht, woher hier manche Leute die Gewissheit über angeblich mongolische Hunnen und alttürkische Awaren nehmen. Die Wahrheit ist doch, dass man nix Genaues zur Herkunft weiß. Die Steppe war immer ein "melting pot" und es kann gut sein, dass manche einst verbreitete Sprachen gar nicht mehr existieren oder ein rudimentäres Nischendasein in Sibirien führen.
 
Ich weiß nicht, woher hier manche Leute die Gewissheit über angeblich mongolische Hunnen und alttürkische Awaren nehmen. Die Wahrheit ist doch, dass man nix Genaues zur Herkunft weiß. Die Steppe war immer ein "melting pot" und es kann gut sein, dass manche einst verbreitete Sprachen gar nicht mehr existieren oder ein rudimentäres Nischendasein in Sibirien führen.

Es scheint so, als ob die neuere Forschung das Hunnische inzwischen ziemlich eindeutig als Turksprache klassifiziert. Der Sprachwissenschaftler Harald Haarmann sagt dazu:

Obwohl sprachliche Zeugen des Hunnischen äußerst spärlich sind und sich fast ausschließlich auf Namenmaterial beschränken, lässt sich dennoch mit Sicherheit feststellen, dass das Hunnische eine sehr frühe individuelle Sprachvariante des türkischen Sprachzweigs der altaischen Sprachfamilie war - die älteste bekannte türkische Einzelsprache.

(Harald Haarmann, Lexikon der untergegangenen Sprachen, München 2002, S. 94)

Dieser Ansicht ist auch István Bóna, Professor der Ur- u. Frühgeschichte an der Universität Budapest. Er schreibt:

Von der hunnischen Sprache wurde leider nichts, besser gesagt nichts sicher hunnisches, überliefert, erhalten blieben uns nur zahlreiche Eigennamen ... Ein ansehnlicher Teil der Namen weist auf eine (Verbindungen mit dem Altbulgarischen und dem Mongolischenzeigende) Turksprache hin, auch wenn dies nicht immer sofort augenfällig ist. Der Name des hunnischen Großkönigs wird beispielsweise in fünf- bis sechserlei Formen geschrieben ... Turknamen sind mit ziemlicher Sicherheit folgende aus der führenden hunnischen Schicht bzw. aus dem Fürstenhaus: Kharaton/Karaton (alttürkisch: Qaráton = Schwarzbekleideter), Uldin/Uldis (alttürkisch: Öldin = Glücklicher), B/Vasik (alttürkisch: Bársig = Pantherähnlicher oder Basig = Gouverneur), Kursik (alttürkisch: Kürsig = Braver, Edler oder Qursig = Gürteltragender), Eskam (alttürkisch: Großer Pfarrer), Atakam (alttürkisch: Vater-Pfarrer) ...

In Kenntnis all dieser Fakten bedarf der populär gewordene und große Irrtum einzelner moderner Forscher einer Richtigstellung: Sie verwechseln wegen einiger mongoloide Züge aufweisender Schädel die mongoloide Großrasse mit der mongolischen Sprache und machen aus Hunnen "richtige" Mongolen.

Ohne Schwierigkeiten kann festgestellt werden, dass die Machthaber des Hunnenreichs von dessen Entstehung bis zu seiner Vernichtung 469 Turknamen trugen und demnach auch hunnischer Herkunft waren.

(István Bóna, Das Hunnenreich, Stuttgart 1991, S. 32 f., 35; Konrad Theiss Verlag)

Das Awarische hat kaum Spuren hinterlassen und wegen des spärlich überlieferten Sprachmaterials lässt sich lediglich vermuten, dass es eine türkische Sprache war. Niemand weiß allerdings, in welchem Verhältnis es zu anderen zeitgenössischen Turksprachen stand und man muss zudem davon ausgehen, dass das Awarische schon zur Zeit der Landnahme in Ungarn beträchtlich von Kontaktsprachen beeinflusst war.

Einige wenige awarische Lehnwörter haben Sprachwissenschaftler im Ungarischen ausgemacht. Ferner haben sie im spätawarischen Gräberfeld von Szarvas einen Nadelbehälter aus Knochen gefunden, der mit einer aus 58 Kerbzeichen bestehenden Inschrift bedeckt war. Diese Kerbschrift ähnelte der berühmten alttürkischen Orchonschrift, wies aber auch Ähnlichkeiten mit der altungarischen Schrift auf.
 
Es scheint so, als ob die neuere Forschung das Hunnische inzwischen ziemlich eindeutig als Turksprache klassifiziert. Der Sprachwissenschaftler Harald Haarmann sagt dazu:

Obwohl sprachliche Zeugen des Hunnischen äußerst spärlich sind und sich fast ausschließlich auf Namenmaterial beschränken, lässt sich dennoch mit Sicherheit feststellen, dass das Hunnische eine sehr frühe individuelle Sprachvariante des türkischen Sprachzweigs der altaischen Sprachfamilie war - die älteste bekannte türkische Einzelsprache.

(Harald Haarmann, Lexikon der untergegangenen Sprachen, München 2002, S. 94)

Er mag ja vielleicht Recht haben, dennoch wundern mich Haarmanns Aussagen (" mit Sicherheit"), wenn seine Quellen fast nur aus Namen bestehen, von denen man häufig nicht einmal genau weiß, wann und von wem sie benutzt wurden.
Wo er wohl unsere Sprache einordnet, angesichts der vielen "Kevins", "Tims" oder auch "Chantals" ?
 
Maechnen-Helfen hat die (schwarzen) Hunnen auch für primär turksprachig gehalten. Die sogenannten weißen Hunnen (Hephthaliten), die gleichzeitig Mittelasien bis hinein nach Indien verwüsteten, waren wohl eher iranisch.
 
Maechnen-Helfen hat die (schwarzen) Hunnen auch für primär turksprachig gehalten. Die sogenannten weißen Hunnen (Hephthaliten), die gleichzeitig Mittelasien bis hinein nach Indien verwüsteten, waren wohl eher iranisch.

Ja, ist der gegenwärtige Stand, den man in den entsprechenden Publikationen finden kann. Bei den europäischen Hunnen neigt man überwiegend einer turkstämmigen Herkunft zu, bei den Awaren ist die Zuordung ob turkstämmig oder mongolisch sehr hypothetisch.

Wenn die Herrschernamen der Hunnen türkisch waren (vgl. das Zitat von Istvàn Bòna oben), dann ist eine turkstämmige Abstammung zumindest wahrscheinlicher als eine mongolische.
 
Es gibt keine akzeptable These zu den Hunnen. Türkisch, ugrisch, mongolisch oder paläoasiatisch?
Es ist ja bemerkenswert, dass auch heute noch in der Mongolei jeder, aber auch wirklich jeder, eher Reiten als Laufen lernt. Es gibt, man soll es nicht glauben, dort auch heute noch blonde und blauäugige Menschen ohne russische Ahnentafel.
PS: Ich kenne und liebe das Land, auch wenn ich es nicht wie ein guter Freund so weit gebracht habe, gleich eine Mongolin zu heiraten und nach Ulan-Bator zu ziehen.
 
Es gibt keine akzeptable These zu den Hunnen. Türkisch, ugrisch, mongolisch oder paläoasiatisch?

Die Identität der Hunnen ist umstritten. Dennoch neigt die Forschung mehrheitlich der Hypothese zu, dass es sich bei den europäischen (!) Hunnen um ein Turkvolk handelt, was sie aus in römischen Quellen verstreuten Personennamen und einigen Einzelwörtern ableitet (vgl. die Zitate oben von Harald Haarmann oder István Bóna in: Das Hunnenreich, Stuttgart 1991, S. 32 f., 35). Auch das Lexikon des Mittelalters merkt an, dass die meisten namentlich bekannten hunnischen Führer alltürkische Namen trugen wie Öldin, Karaton, Öktar, Mundzuk, Ajbars, Atakam, Emnitzur, Ellak, Dengitzik, Ultzindur usw.

Insofern ist die Hypothese einer turkstämmigen Herkunft der Hunnen zumindest wahrscheinlicher als die einer mongolischen. Aber vielleicht finden wir ja noch die vom Missionar Qardust im Jahr 544 ins Hunnische übersetzte Bibel; das einzige bekannte und leider verschollene Monumentalwerk in hunnischer Sprache! :heul:
 
@Dieter: Aber vielleicht finden wir ja noch die vom Missionar Qardust im Jahr 544 ins Hunnische übersetzte Bibel; das einzige bekannte und leider verschollene Monumentalwerk in hunnischer Sprache! :heul:
Und selbst wenn. Ob Attilas Hunnen, die sonst was aus der eurasischen Steppe gewesen sein können, ethnisch und sprachlich identisch mit den späteren Gegnern Persiens und Ostroms waren, bezweifle ich.
 
Zuletzt bearbeitet:
....dass die meisten namentlich bekannten hunnischen Führer alltürkische Namen trugen wie Öldin, Karaton, Öktar, Mundzuk, Ajbars, Atakam, Emnitzur, Ellak, Dengitzik, Ultzindur usw.

Wobei gerade bei den Namen das Problem besteht, dass wir bei den meisten nicht einmal wissen, ob es sich um Eigennamen oder Titel handelt. Viele Titel waren gleich- oder ähnlichlautend bei diversen Völkern im Gebrauch, prominentestes Beispiel der Khan/Kha'an/Khagan.
Für viele der mit den Namen bezeichneten gibt es auch noch Alternativnamen (etwa Ellac/Ilek).
Wir wissen nicht, wie sich die Träger selbst bezeichneten, und ob die spärlichen Quellen Namen widergeben, die vielleicht nur bei den türkischen Untertanen gebräuchlich waren, ähnlich wie wohl das germanische Attila von den gotischen/germanischen Untertanen verwendet wurde. Die türkischen, ugrischen, mongolischen oder iranischen Gefolgsleute mögen diesen ganz anders genannt haben.
 
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