Verzehr von "Bushmeat" in Europa - Fuchs, Dachs...

rrttdd

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Hallo,
ich frage mich gerade:

Wenn in Afrika viele Leute alles mögliche Getier aus dem Wald verspeisen - wie war das früher in Europa?

Wurden Dachse, Eichhörnchen, Füchse, Luchse früher gejagt und verzehrt?

Zum Dachsfleisch habe ich folgendes ergoogelt:

Kulinarische Wiederentdeckung > Kleine Zeitung

Jahr für Jahr werden zahlreiche Dachse von Jägern erlegt, das Fleisch jedoch nicht verkocht, sondern ungenützt entsorgt. Das war nicht immer so. Dachse gehörten in den vergangenen Jahrhunderten zu den Küchenspezialitäten in adeligen Häusern. In historischen Kochbüchern finden sich unzählige Rezepte für die Zubereitung von Dachsfleisch.
Das wirft natürlich die Frage auf, warum der Verzehr von Dachsfleisch aus der Mode kam.
 
Wurden Dachse, Eichhörnchen, Füchse, Luchse früher gejagt und verzehrt?
Ja. Aus Steinzeitgrabungen haben wir teilweise Knochen von Tieren, die uns gar nicht einfallen würden, dass man sie essen kann und auch im Mittelalter galt der Verzehr mancher Tiere als exotisch und deshalb luxuriös. Mal war es ein Luxusgut, mal die blanke Not, derentwegen ein Tier verspeist wurde.

Das wirft natürlich die Frage auf, warum der Verzehr von Dachsfleisch aus der Mode kam.
Dachse sind selten und scheu und vermutlich sind sie auch nicht ganz so lecker... Wir essen ja heute alles mögliche an Fleisch, bezeichnenderweise aber (zumindest in unserem Kulturkreis) keine Carnivoren sondern Herbivoren (man könnte nun entgegnen, dass das Schwein kein reiner Herbivor sei). In Asien dagegen findet man ja auch in manchen Ländern Hunde auf der Speisekarte und hierzulande aß man in Notzeiten den 'Dachhasen'.
 
Wildfleisch galt in Deutschland lange Zeit als purer Luxus, was zu solchen extremen Mahlzeiten wie Schnepfendreck führte.

Bestimmte Tiere wurden von der Speisekarte gestrichen.
Warum die Entwicklung so kam, wie sie gekommen ist, ist eine spannende Frage. Am steigenden Wohlstand allein kann es nicht liegen, denn in Frankreich oder Italien landet noch manches im Kochtopf, was hierzulande schon verbannt wurde, z. B. Singvögel.
Ich halte das für eine sehr spezifisch deutsche Entwicklung. Hier gibt seit im europäischen Vergleich viele Nahrungstabus und der Kreis wird immer enger, auch wenn einzelne ausscheren.

Eine besondere Logik dahinter erkenne ich nicht. Ein Dachs ernährt sich im Prinzip genauso herbivor oder carnivor wie ein Wildschwein. Die Trichinengefahr ist daher bei beiden vorhanden. Trotzdem werde Dachse heute in der Regel nicht mehr zu Nahrung verarbeitet.
Noch absurder wird es bei Eichhörnchen.
 
Ich denke auch, dass mit dem steigenden Wohlstand die Liste der "essbaren" Tiere immer kürzer wird. In Ländern in denen wirklich Hunger herrscht gibt es kaum Tiere, weil wirklich alles gegessen wird (das ist richtig gruselig, wenn mitten in den Tropen kein Vogel auf dem Baum sitzt, und auch sonst weit und breit nichts zu sehen ist).
Das wirkt dann wohl eine Weile nach, auch wenn irgendwann der Wohlstand ausbricht.
 
Ich denke auch, dass mit dem steigenden Wohlstand die Liste der "essbaren" Tiere immer kürzer wird.
Ich denke eher, dass mit steigender Bevölkerungsanzahl, zunehmender Arbeitsteilung und fortschreitenden Zuchterfolgen die Liste der essbaren Tiere auf die am ökonomisch am besten und leichtesten reproduzierbaren verkürzt wurde. Während früher noch alles vom Tier in irgendeiner Art und Weise verwertet wurde, ist es damit spätestens mit dem Wirtschaftswunder in Deutschland so ziemlich vorbei. Erschwerend kommt ein parallel zu diesem Trend deutlich angestiegener Fleischkonsum hinzu.
 
Eine besondere Logik dahinter erkenne ich nicht. Ein Dachs ernährt sich im Prinzip genauso herbivor oder carnivor wie ein Wildschwein. Die Trichinengefahr ist daher bei beiden vorhanden. Trotzdem werde Dachse heute in der Regel nicht mehr zu Nahrung verarbeitet.
Noch absurder wird es bei Eichhörnchen.
Dachse gehören zur Familie der Marder und diese zeichnen sich durch mehr oder weniger starken Moschusduft aus. Möglicherweise stinkt auch das Fleisch und wurde daher von europäischen Speisekarten verbannt. Der Fuchs verströmt ebenfalls ein ziemlich strenges Bouquet. Wildschweine riechen dagegen nach Maggi-Würze und das bringen wir mit essen in Verbindung.
Die großen, aus den USA eingeschleppten, grauen Eichhörnchen werden in England, ebenso wie in Amerika verzehrt.
 
Dachse gehören zur Familie der Marder und diese zeichnen sich durch mehr oder weniger starken Moschusduft aus. Möglicherweise stinkt auch das Fleisch und wurde daher von europäischen Speisekarten verbannt. Der Fuchs verströmt ebenfalls ein ziemlich strenges Bouquet..

Fuchspfeffer heißt das Essen. Schweizer Rezept. Wollt ich schon immer mal probieren ;)
 
Nicht mit steigenden Wohlstand oder höherer Bevölkerungsdichte wird in der deutschsprachigen Wikipedia erklärt, warum Singvögel vor ca. 100 Jahren aus der deutschen Küche verschwunden sind.

Wikipedia schrieb:
Anhand von historischen Kochbüchern konnte man nachweisen, dass Singvögel jahrhundertelang auch im nördlichen Europa gegessen wurden, und zwar prinzipiell von allen Bevölkerungsschichten. Erst mit dem Erstarken der bürgerlichen Tierschutzbewegung im 19. Jahrhundert wandelte sich die Einstellung zum damals verbreiteten Vogelfang, wie der Kulturwissenschaftler Friedemann Schmoll gezeigt hat, der der Frage nachgegangen ist, wie aus „selbstverständlichen Lebensmitteln“ allmählich „unantastbare Geschöpfe“ wurden

Die Deutschen waren schon im 19. Jahrhundert Tierfreunde - anders als Franzosen und Italiener, von den man sich abgrenzen wollte.

Auch sehr interessant: Kulturhistorische Anmerkungen zum Verzehr von Schildkröten in der westlichen Welt Von Lutz Prauser
Der Verzehr europäischer Sumpfschildkröten war Jahrhundertelange in Deutschland und anderen Teilen Westeuropas üblich. Hier werden gleich mehrere Gründe genannt, warum die Sumpfschildkröte nicht mehr in den Kochtopf musste. Als Fastenspreise war sie nicht mehr gefragt. Fleisch wurde billiger und gleichzeitig wurde die Sumpfschildkröte auch noch seltener. Stattdessen wurde die Schildkrötensuppe mit Meeresschildkrötenfleisch zur Delikatesse und verwand erst in den 1980er Jahren aus Naturschutzgründen aus dem Angebot.

Für Eichhörnchen gab es im 19. Jahrhundert in Deutschland noch Kochrezepte. Für Bärenfleisch war auch die Verwertung vorgesehen. Hundefleisch hatte zu Beginn des 20. Jahrhundert in Sachsen noch eine gewisse Bedeutung.

Brockhaus von 1837 schrieb:
Dachs ... das Fleisch wird trotz seines süßlichen Geschmacks in manchen Gegenden genossen, das Fett aber zu Wundsalben gebraucht.

Dem Bär wird nicht blos als Raubthier nachgestellt, sondern auch wegen seines höchst nutzbaren Pelzes, Fettes und Fleisches, welches letztere an vielen Orten sowol frisch wie geräuchert genossen wird. Namentlich [180] gelten die Tatzen oder Pfoten für Leckerbissen.

In katholischen Ländern wird das Biberfleisch vorzüglich als Fastenspeise geschätzt, allgemein aber gilt der Schwanz des Bibers für einen Leckerbissen.

Der eßbare Frosch lebt meist im Wasser, hat eine grüne Farbe mit schwarzbraunen Flecken und drei gelbe Längenstreifen über den Rücken, der Bauch ist weiß oder gelblich. Er wird besonders in Frankreich und Italien gegessen. In Italien wird er ganz verspeist und dazu förmlich gemästet. Gewöhnlich genießt man aber nur die Keulen. Man fängt diese Frösche mit Angeln oder Hamen, auch des Nachts mit der Hand, indem man am Ufer Fackeln oder Strohwische anzündet, deren Licht sie scharenweise hervorlockt.

Lerche
Da sie sehr gesellschaftlich sich auf Wiesen und Äckern aufhält, so kann sie in großer Menge gefangen werden, zu welchem Zwecke man sich großer Netze bedient, die man aufstellt und worein man die Lerchen zu Tausenden auf einmal treibt, welches das Lerchenstreichen heißt. Dies geschieht im Herbst und zwar am meisten um Leipzig, wo sie am fettesten und schmackhaftesten sind, und von wo aus sie nach den entferntesten Gegenden als Leckerbissen versendet werden.

Immer wieder wird der Gegensatz zwischen Katholiken und Protestanten betont. Die katholischen Fastenzeiten war der Hauptantrieb zum Verzehr diverser merkwürdiger Fleischsorten.
Zusätzlich zur Säkularisierung bremste die Tier- und Naturschutzbewegung den Verzehr von allem und jedem.
 
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Fuchs (oder besser gesagt die Füchsin, mit erreichen der Geschlechtsreife sind männliche Füchse wohl nicht mehr genießbar, aber das ist ja auch bei anderen Tierarten so, dass die Männchen, so nicht kastriert, ab einem gewissen Alter irgendwo zwischen nicht mehr schmecken und ungenießbar einzusortieren sind) hängt man idealerweise einige Tage in ein Fließgewässer, dann fuchselt sie nimmer so. Womit wir allerdings wieder beim Thema Aufwand-Nutzen wären.
 
Bärenschinken und Bärentatzen galten jahrhundertelang als Delikatesse. Der Bär ist aber auch kein herkömmliches Raubtier sondern, ebenso wie ein Wildschwein ein Allesfresser, der mehr pflanzliche als tierische Kost zu sich nimmt. Nagetiere, wie Kaninchen essen wir heute noch und auch Fleisch vom Nutria (Sumpfbiber) ist noch erhältlich. Auch Bisamratte, die eigentlich keine Ratte ist, ist essbar und wird auch von manchen Deichschützern verzehrt.
Eisbärenfleisch dagegen ist meist trichinenverseucht und sollte niemals roh gegessen werden. Die Polexpedition der Herren Strindberg, Fraenkel und Andree kam durch den Genuss von rohem oder nicht richtig durchgegarten Eisbär ums Leben. Auch im 2. Weltkrieg erkrankten deutsche Soldaten an Trichinose, nach dem Essen von Eisbärenfleisch auf Alexandraland.
 
Im Chaos nach dem zweiten Weltkrieg wurden auch Bären in Zoos geschlachtet und zu Schinken verarbeitet, was ebenfalls zu Trichinosen führte.
 
Fuchs, Frosch usw. würde ich runterkriegen..... aber einen armen Bären niemals :cry:

Auch die Dachsrezepte klingen ganz gut, im Frühling ist mir sogar so ein Kerl beim Spazierengehen begegnet, hätte ich da schon gewusst das man den essen kann....
 
In Bern werden die überzählichen Bären aus dem "Bärengraben" nach wie vor gekocht
Ist das nicht seit den 1980ern auch in Bern verpönt und verboten?

Die 1980er sind sowieso das Schlüsseljahrzehnt auch bzgl. der Verbote von Schildkröten,- Walfang aber auch Elfenbeinhandel.
 
Zuletzt bearbeitet:
Bärenschinken und Bärentatzen galten jahrhundertelang als Delikatesse. Der Bär ist aber auch kein herkömmliches Raubtier sondern, ebenso wie ein Wildschwein ein Allesfresser, der mehr pflanzliche als tierische Kost zu sich nimmt. Nagetiere, wie Kaninchen essen wir heute noch und auch Fleisch vom Nutria (Sumpfbiber) ist noch erhältlich. Auch Bisamratte, die eigentlich keine Ratte ist, ist essbar und wird auch von manchen Deichschützern verzehrt.
Eisbärenfleisch dagegen ist meist trichinenverseucht und sollte niemals roh gegessen werden. Die Polexpedition der Herren Strindberg, Fraenkel und Andree kam durch den Genuss von rohem oder nicht richtig durchgegarten Eisbär ums Leben. Auch im 2. Weltkrieg erkrankten deutsche Soldaten an Trichinose, nach dem Essen von Eisbärenfleisch auf Alexandraland.

Eisbären sind reine Fleischfresser, der Verzehr von Eisbärenleber kann zu einer Vitamin A Vergiftung führen. Die Expedition muss das gewusst haben. kurze Zeit vorher hatte Friedjof Nansen die gleiche Gegend bereist, und seine Expedition hatte ebenfalls Eisbär gegessen ohne negative Folgen. Ich habe mal einen Bericht über die Strindberg/Fraenkel/Andree Expedition gesehen. Die Expeditionsteilnehmer hatten Eisbärnieren verzehrt, und ich glaube die letzten Tagebucheinträge erwähnten den Verzehr von (rohem)Eisbärfleisch.

Biberfleisch galt im Mittelalter vielerorts als Delikatesse und hatte den Vorteil, dass es auch in der Fastenzeit verzehrt werden durfte. Ein Bekannter aus den USA brachte von einem Jagdausflug aus Kanada mehrere Biberschwänze mit, die dann im Barbecuesmoker zubereitet wurden. Die anderen fanden es lecker, behaupteten, es schmecke wie Jack Rabbit, diese großen Kawentsmänner von Hasen, die es fast überall in Nordamerika gibt, wie die zoologisch heißen, keine Ahnung-ich glaube Eselshasen. Ich habe höflich mein Teil verzehrt, hab aber eigentlich gar nichts geschmeckt oder besser gesagt nur die Barbecue Sauce. Die Konsistenz war sehr zart, man brauchte kein Messer. Das Fleisch hätte aber alles mögliche sein können, es hätte nicht die Chilisauce überdeckt.

Schwarzbärfleisch wenn es von jüngeren Tieren stammt und einige Tage in Buttermilch eingelegt wird, schmeckt fast wie Wildschwein und kann leicht damit verwechselt werden. Ein bekannter Jäger behauptet, Dachskeulen würden wie Spanferkel schmecken, was ich mir aber nicht so recht vorstellen kann. Auch Waschbären werden von manchen nordamerikanischen Jägern verzehrt. Aber keine Ahnung wie das schmecken soll. In Nordhessen hat man die in den 30er Jahren an der Edertalsperre ausgesetzt, und sie sind zu einer Plage geworden. Ein großer Rüde hat mir vor zwei Jahren alle Zwetschen weggefressen und noch einen dicken Haufen in den Garten geschissen. Für Bodenbrüter wie Feldlerchen und Bekassinen sind Waschbären die reine Katastrophe, und ich bin mir ziemlich sicher, dass neben Habitatverlusten durch die Intensivierung der Landwirtschaft die explodierenden Waschbärbestände ihr Teil dazu beigetragen haben, dass die früher sehr zahlreichen Lerchen in großen Teilen Hessens verschwunden sind.
 
Werfe mal Pferde und Esel in die Runde. In einigen Ländern sind sie zwar mit einem mehr oder minder starken Tabu belegt, dafür in anderen Ländern begehrte Fleischquellen. Und Eselssalami, einfach lecker.
Wenn ich die Gerichte in der römischen Antike sehe, da wurde vieles gegessen, was mich heute zum Teil schaudern lässt. Und da war die Versorgungslage zum Teil besser als einige Jahrhunderte später.

Apvar
 
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