Völkermord an deutschen Siedlern im Zuge des Herero-Aufstandes?

Ja, dann ist zumindest nach deutschem Rechtsverständnis der juristische Begriff Völkermord nicht mehr an der Vorstellung eines Volks oder einer Ethnie orientiert.
 
Insoweit - wenn man auf die Phrase "Völker" abstellt - verhält es sich damit wie mit dem Begriff "Völkerrecht" an sich.

Das beeinträchtigt aber nicht das Rechtsverständnis des formulierten Tatbestandes. Die rechtlichen Begriffe werden in der Reihenfolge Wortlaut, Bedeutungszusammenhang, Entstehungsgeschichte, teleologische Wertung ausgelegt und in Anwendung gebracht. Das sind erstmal die Fakten und der mE fachlich einwandfreie, teleologische Umgang der Fachwissenschaft mit der Frage.

______
Ich will nicht ausschließen, dass wie beim Fall "Rasse im Grundgesetz" im Umgang mit dem Thema politisch-publizistisch eine Neuformulierung gefordert wird. Das eignete sich hervorragend für populistische Standpauken, oder journalistische Halbheiten, die wie bei weiteren rechtlichen oder ökonomischen Feldern von solidem Viertelwissen getragen werden. Störende Fachmeinungen sollten konsequent ignoriert werden, weil die bekanntlich immer nur zu Irritationen führen. Dazu werden dann final "Volks"befragungen gestartet. Schließlich sollte :D die Sozialistische Internationale oder ihre Rechtsnachfolge zur Neufassung des Liedtextes Völker-hört-die-Signale aufgefordert werden.
 
Noch mal ne Nachfrage: Ist denn das moderne Rechtsverständnis bezüglich Völkermord international einheitlich, oder ist das deutsche Rechtsverständnis progressiver als andere?
______
Und ob die Welt so viel besser wäre, wenn all die mit Viertelwissen ausgestatteten Leute nicht mehr ständig mitplappern würden?
 
Da gibt es keine wesentlichen Unterschiede:

§ 6 VStGB deckt sich auch weitgehend mit Art. II der Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes und dem gleichlautenden Art. 6 IStGHSt (die Vorschrift ist unter Aufhebung des gestrichenen § 220 a StGB aF im Zuge der deutschen Umsetzung des am 1.7.2002 in Kraft getretenen Statuts für den Internationalen Strafgerichtshof entstanden).

Es geht noch weiter:
Der deutsche Gesetzgeber hat sich auf das Engste an Art. II der Völkermordkonvention angelehnt.

Der Einfachheit halber die Passage im Münchner Kommentar zum StGB, Rdn 29 zu VStGB § 6 Völkermord:

Von besonderer Bedeutung ist das in Art. 31 Abs. 2 lit. b WÜV ausgesprochene Gebot, die spätere Übung der Vertragsstaaten bei der Anwendung der Konvention für die Auslegung zu berücksichtigen.
Die „Übung“ ergibt sich hier zunächst aus ... angesprochenen Dokumenten, vor allem dem IStGH-Statut und den für dieses Statut ausgearbeiteten Verbrechenselementen, die freilich nur empfehlenden Charakter haben. Teil der späteren Übung sind zudem Gesetze und Urteile anderer Vertragsstaaten, soweit diese Staaten bei der Umsetzung der Völkermordkonvention nicht bewusst von dessen Art. II abgewichen sind. Mithin können auch rechtsvergleichende Erkenntnisse im Hinblick auf die Konkretisierung von § 220a StGB/§ 6 Bedeutung erlangen. Ein bedeutsamer Teil der „Übung“ ist schließlich die einschlägige internationale Rechtsprechung. [Damit] ...kommt der Judikatur der internationalen Gerichtshöfe besondere Bedeutung zu.

Die Verwurzelung von § 220a StGB/§ 6 im Völkerstrafrecht hat auch Einfluss auf die Anwendung des Gesetzlichkeitsgrundsatzes (Art. 103 Abs. 2 GG).

Hierzu hat das BVerfG ausgeführt: „Ist der Einzelne Normbefehlen des nationalen Rechts wie des Völkerrechts unterworfen, verlangt das Rechtsstaatsprinzip iVm Art. 103 Abs. 2 GG …, dass die Gerichte bei der Anwendung des nationalen Rechts, das – wie § 220a StGB – der Umsetzung von Völkerstrafrecht dient, das Analogieverbot auch im Licht des völkerrechtlichen Normbefehls sehen.“ Die mögliche Wortlautgrenze von § 220a StGB/§ 6 ist hiernach auch im Licht der internationalen Bezugsdokumente sowie ihrer Auslegung durch die internationale Judikatur zu bestimmen.


Mehr Verzahnung geht nicht.
 
Das UN office of genocide zitiert auf seiner Website ( United Nations Office on Genocide Prevention and the Responsibility to Protect ) zur Definition des Begriffs den Artikel II der Convention on the Prevention and Punishment of the Crime of Genocide, und führt dann unter anderem aus:
"Importantly, the victims of genocide are deliberately targeted - not randomly – because of their real or perceived membership of one of the four groups protected under the Convention (which excludes political groups, for example)."
Die vier Gruppen sind, wie oben schon erwähnt, "a national, ethnical, racial or religious group".
Also nicht, wie iSd § 6 I VStGB, grundsätzlich jede Personenmehrheit, die durch gemeinsame Merkmale verbunden ist und sich somit von der übrigen Bevölkerung abhebt.
Aber vielleicht ist das ja rechtlich nicht relevant, was das UN office da schreibt.
 
Zurück
Oben