Völuspa

Önd þau ne áttu,
óð þau ne höfðu,
lá né læti
né litu góða;
önd gaf Óðinn,
óð gaf Hœnir,
lá gaf Lóðurr
ok litu góða.

Es geht bei dieser Stelle um die Erschaffung des Menschen: Seele, Geist und Körper. Das mit den Clanfarben und dahergeschwurbelten „älteren Quellen“ ist Blödsinn, da ist es erstmal völlig Latte, ob „die Indogermanen“ „Clanfarben“ hatten oder nicht.
Im Übrigen ist es völlig uninteressant was von namenlosen „anderen Forschern“ postuliert wurde, denn solange sie namenlos sind, sind ihre Argumente nicht zu überprüfen. Das ist dasselbe, wie bei dahergeschwurbelten „älteren Quellen“. Interessant ist nicht, ob irgendein „anderer Forscher“ etwas behauptet hat, sondern, wo man das nachlesen kann bzw. eigentlich weniger das, als wie er das argumentativ vertreten hat.
 
Ich gehe nicht davon aus, daß sie sich eingehender mit nordischer Dichtkunst im allgemeinen und der Völuspa im speziellen beschäftigt haben, daß dieses Gedicht aber ein Meisterwerk darstellt, darin sind sich alle Forscher (Müllenhoff, Nordal, etc.) ziemlich einig. Der Mann, der dieses Gedicht geschrieben hat, wußte, was er tat, war im dichterischen Umgang mit Worten höchst kompetent und es ist ihm daher ohne weiteres zuzutrauen, daß er mit vielen seiner Aussagen gleichzeitig auf mehreren Ebenen operierte.

Die betreffende Strophe ist in der Tat oberflächlich eine Beschreibung der physischen Erschaffung des Menschen, das heißt allerdings nicht, daß sich der Inhalt dieser Zeilen darauf beschränkt. Ich halte es durchaus für möglich, daß der Dichter mit den verwendeten Ausdrücken gleichzeitig noch die kulutrelle und/oder gesellschaftliche Entwicklung abhandelte, der man ja ebenfalls eine gewisse Bedeutung beimessen muß. Darüber hinaus ist die konkrete Beudeutung der Worte önd, óð, lá, læti und litu góða durchaus nicht so eindeutig und wurde vielfach diskutiert. Was etwa mit lá gemeint sein soll ist offenbar bis heute niemandem wirklich klar geworden und man verständigte sich darauf, daß es wohl Blut, Lebenswärme oder so etwas heißen muß. Tatsächlich ist das aber nicht viel mehr als eine Vermutung.

Man braucht sich nicht einbilden, daß man die Völuspa versteht, nur weil man die Übersetzung von Simrock, Genzmer, Krause oder irgendeinem der zig anderen Völuspa-Übersetzer gelesen hat. Das ginge auch gar nicht, weil alleine durch die Übersetzung zuviel Inhalt verlorengeht. Die Schwierigkeiten, die viele Ausdrücke bereiten, und der fehlende Kontext vieler Aussagen verschlimmern das ganze noch einmal beträchtlich. Zu sagen, die Götter gaben den Menschen Seele, Geist und Körper ist darum eine sehr grobe Vereinfachung dessen, was in diesen Zeilen tatsächlich steckt und wäre für einen Dichter vom Kaliber des Völuspa-Autors viel zu plump. Es hat schon seinen Grund, warum etwa Elard Hugo Meyer die Völuspa auf 300 Seiten durchgenommen hat und von See et al. in ihrem Kommentar allein für die Fassung des Codex Regius über 400 Seiten aufwenden.

Viele Aussagen und Anspielungen, die in der Völuspa verborgen sind, erschließen sich ohne eine fundierte Kenntnis des kulturellen Hintergrundes, ein Studium der Skaldik oder ein Verständnis der verwendeten Symbolik überhaupt nicht, das geht von der berühmten "askr Yggdrasils", über die drei Hähne, bis hin zu dem Drachen, der in der letzten Strophe aus dem Erdboden kriecht. Daß die Forschung seit nunmehr über hundert Jahren den kompletten Zwergenkatalog als spätere Hinzufügung betrachtet, obgleich er sowohl in den beiden Handschriften, als auch bei Snorri aufzufinden ist, liegt einzig und allein daran, daß man einfach nichts damit anzufangen weiß. Das bedeutet aber noch lange nicht, daß sich hinter dieser Namensliste nicht doch ein tieferer Sinn verbirgt, den man ohne das entsprechende Wissen aber schlicht nicht verstehen kann.

Zu den „anderen Forschern“: Es ist ja sehr freundlich von ihnen, daß sie mir quasi unterstellen, ich würde willentlich Unwahrheiten verbreiten, aber ich sehe nicht ein, warum ich mir in einem Forum, noch dazu bei einem Thema das wohl zu keiner längeren Diskussion führen wird, die Mühe machen sollte, eine simple Aussage mit einer Quelle zu belegen. Ich denke auch nicht, daß das hier oder in irgendeinem anderen Forum so üblich ist. Schließlich kommt es oft genug vor, daß man irgendwo etwas liest, später aber gar nicht mehr weiß, woher man die Information eigentlich hat. Wenn es ihnen aber eine Freude macht, die Aussage, daß die Indogermanen ihre Stände durch die Farbe ihrer Kleidung abgrenzten stammte aus James Patrick Mallory: In Search of the Indo-Europeans; London: Thames & Hudson, 1989. Die Seite weiß ich leider nicht mehr. Vergleichbares habe ich noch in anderen Büchern gelesen. Sie mögen es entschuldigen, daß ich mich nicht mehr daran erinnere, wie sie hießen oder von wem sie geschrieben wurden. Ich lese leider zu viel, als daß ich mir das immer alles merken könnte.
 
ich sehe nicht ein, warum ich mir in einem Forum, noch dazu bei einem Thema das wohl zu keiner längeren Diskussion führen wird, die Mühe machen sollte, eine simple Aussage mit einer Quelle zu belegen. Ich denke auch nicht, daß das hier oder in irgendeinem anderen Forum so üblich ist.

Ich lese nur am Rande mit und habe zugegeben keine Ahnung von nordischer Mythologie. Die Diskussion geht nun schon über drei Seiten und ist damit nicht die längste hier im Forum, aber auch nicht die kürzeste. Quellenangaben sind hier im Forum generell üblich - auch deshalb, weil, wenn man sich tiefer in ein Thema einlesen will, weiß woher ein Mitdiskutant seine Informationen hat. Daher erst mal danke für die Quelle.
 
daß dieses Gedicht aber ein Meisterwerk darstellt, darin sind sich alle Forscher (Müllenhoff, Nordal, etc.) ziemlich einig.
Das war nicht die Frage und ist für die Interpretation auch irrelevant.

Der Mann, der dieses Gedicht geschrieben hat, wußte, was er tat,
Davon gehe ich mal aus. Worüber er sicher nichts wusste, das waren die Indogermanen (obwohl er selber einer war) noch seltsame Interpretationen, die seinem Text 700 oder 800 Jahre später widerfahren sollten.

wäre für einen Dichter vom Kaliber des Völuspa-Autors viel zu plump.
Mir ist völlig egal, ob diese Einschätzung korrekt oder nicht ist. Sie rettet keine waghalsigen Interpretationen von Indogermanen und Clanfarben.
Es hat schon seinen Grund, warum etwa Elard Hugo Meyer die Völuspa auf 300 Seiten durchgenommen hat und von See et al. in ihrem Kommentar allein für die Fassung des Codex Regius über 400 Seiten aufwenden.
Steht auf diesen addiert 700 Seiten etwas von Indogermanen und ihren Clanfarben? Nein? Dann ist das für unsere Diskussion irrelevant.

Zu den „anderen Forschern“: Es ist ja sehr freundlich von ihnen, daß sie mir quasi unterstellen, ich würde willentlich Unwahrheiten verbreiten,
Das habe ich gar nicht, das machst du gerade selbst: qui s'excuse s'accuse.
Tatsächlich hatte ich angedeutet, dass mir die Behauptung "anderer Forscher" nicht ausreicht, sondern mich wenn schon denn schon ihre Argumentation interessiert.

aber ich sehe nicht ein, warum ich mir in einem Forum, noch dazu bei einem Thema das wohl zu keiner längeren Diskussion führen wird, die Mühe machen sollte, eine simple Aussage mit einer Quelle zu belegen. Ich denke auch nicht, daß das hier oder in irgendeinem anderen Forum so üblich ist.
De facto heißt das doch, dass die "anderen Forscher" offenbar nicht existieren. Dass es sich um ein leeres Argument vom ad verecundiam-Typus handelt. Ominöse Autoritäten, auf die man sich stützt.

Wenn du etwas Unumstrittenes behauptet hättest, hätte niemand gefragt, wo man das nachlesen könne. Wenn du aber behauptest, dass ein Autor des ausgehenden Hochmittelalters etwas über indogermanischen Clanfarben 3000 Jahre früher gewusst habe, und das hätten auch "andere Forscher" schon bestätigt, dann musst du mit einer entsprechenden Nachfrage rechnen. Schon allein, weil es ein indogermanischen Volk nie gab. Vor dem 13. Jhdt. wissen wir praktisch so gut wie nichts über den Gebrauch von Clanfarben UND es ist bezeichnend, dass wir den Begriff Clan verwenden, der aus dem Gälischen stammt.

Wenn es ihnen aber eine Freude macht, die Aussage, daß die Indogermanen ihre Stände durch die Farbe ihrer Kleidung abgrenzten stammte aus James Patrick Mallory: In Search of the Indo-Europeans; London: Thames & Hudson, 1989. Die Seite weiß ich leider nicht mehr.
Geht doch. Die Argumentation von Mallory werde ich dennoch prüfen. Aus obigen Gründen zweifle ich an der Validität der Aussage Mallorys.
 
Wenn es ihnen aber eine Freude macht, die Aussage, daß die Indogermanen ihre Stände durch die Farbe ihrer Kleidung abgrenzten stammte aus James Patrick Mallory: In Search of the Indo-Europeans; London: Thames & Hudson, 1989.
Das Buch schaue ich mir noch genauer an. Im Register habe ich dort jedoch keinen einzigen Hinweis auf color gefunden.
Ein anderes Buch, welches Mallory gemeinsam mit Douglas Q. Adams (also nicht dem Autor des Anhalters) verantwortet hat, die Encyclopedia of Indoeuropean Culture, hat das Lemma Color, das über mehrere Spalten geht. Darin ist nirgends die Rede von "Clan-Farben".
 
Das Buch schaue ich mir noch genauer an. Im Register habe ich dort jedoch keinen einzigen Hinweis auf color gefunden.

Hier gibt es eine digitale Version:
]In Search Of The Indo Europeans : Free Download, Borrow, and Streaming : Internet Archive

Von Clan-Farben ist da selbstverständlich nicht die Rede. Die Farbe Rot wird mit Kriegern assoziiert, die Farbe Weiß mit Priestern.
Das war eigentlich schon alles.

Damit soll irgendwie die dürftige Hypothese der "idéologie tripartie" unterfüttert werden. Dummerweise lässt sich keine dritte Farbe belegen.
 
Hier gibt es eine digitale Version:
]In Search Of The Indo Europeans : Free Download, Borrow, and Streaming : Internet Archive

Von Clan-Farben ist da selbstverständlich nicht die Rede. Die Farbe Rot wird mit Kriegern assoziiert, die Farbe Weiß mit Priestern.
Das war eigentlich schon alles.

Damit soll irgendwie die dürftige Hypothese der "idéologie tripartie" unterfüttert werden. Dummerweise lässt sich keine dritte Farbe belegen.
Der Fairness halber habe ich außer nach color auch noch nach paint gesucht, aber nix. Also schon etwas, aber eben nicht in dem Sinne von Clanfarben.
 
daß dieses Gedicht aber ein Meisterwerk darstellt, darin sind sich alle Forscher (Müllenhoff, Nordal, etc.) ziemlich einig.
Das war nicht die Frage und ist für die Interpretation auch irrelevant.
Da ich mich hier unklar ausgedrückt habe:
Natürlich ist es relevant für die Interpretation eines literarisches Werkes, ob es ein Meisterwerk ist, ob es mehr als eine Bedeutungsebene hat.
Allerdings für die von Judy angebotene Interpretation, die mit dem Text überhaupt nichts mehr zu tun hat und eine veritable Unkenntnis von geschichtlichen Zusammenhängen, Räumen und Zeiträumen aufweist, ist das völlig irrelevant, dass der Text ein Meisterwerk sei (das ist ja in Teilen auch eine politische und ästhetische Beurteilung).
Interpretation ist eben nicht beliebig.
 
Das war nicht die Frage und ist für die Interpretation auch irrelevant.

Es sollte außer Frage stehen, daß bei der Interpretation eines literarischen Werkes die Fähigkeiten des Urhebers von zentraler Bedeutung sind. Von einem Stümper erwartet man nicht, daß er etwas sonderlich tiefschürfendes kreiert oder komplexe Gedanken kunstvoll in seine Schöpfung hineinwebt. Es lohnt sich folglich nicht, sich über das Geschriebene groß den Kopf zu zerbrechen. Das trifft auf die Völuspa aber ganz bestimmt nicht zu. Der Kern meiner Aussage ist daher schlicht, man sollte nicht einfach einen möglichen Deutungsansatz verwerfen, nur weil oberflächlich betrachtet was anderes dasteht.

Davon gehe ich mal aus. Worüber er sicher nichts wusste, das waren die Indogermanen (obwohl er selber einer war) noch seltsame Interpretationen, die seinem Text 700 oder 800 Jahre später widerfahren sollten.

Sicherlich wußte er nichts von Indogermanen. Woher auch? Ich gehe aber mal davon aus, daß er mit seiner eigenen Kultur halbwegs vertraut war. Daß sich Stammesgemeinschaften durch Äußerlichkeiten voneinander abgrenzten war ja nun beileibe nichts ungewöhnliches, weder bei den germanischen Stämmen, noch bei anderen. Das Unterscheidungsmerkmal kann nun die Kleidung gewesen sein, oder die Haartracht, irgendwas anderes oder eine Kombination daraus. Es ist auch für diese Diskussion völlig unerheblich. Die Frage ist doch allein, ob die Deutung des Ausdruckes "litu goda" im Sinne von "passende/rechte Farbe" potentiell Sinn ergibt und damit weiter untersucht werden sollte, oder nicht. Meine Einschätzung ist, es ist ein Gedanke, den man zumindest weiterverfolgen und nicht einfach pauschal in die Tonne treten sollte.

Mir ist völlig egal, ob diese Einschätzung korrekt oder nicht ist. Sie rettet keine waghalsigen Interpretationen von Indogermanen und Clanfarben.

Sie schließen einen solchen Deutungsansatz also kategorisch aus. Gut, kann man machen. Ich vermute mal, sie haben gute Gründe dafür. Wenn dem so sein sollte, dann wäre ich ihnen sehr verbunden, wenn sie diese offenlegen würden. Es könnte mir viel Zeit ersparen, die ich ansonsten mit der Nachverfolgung einer unsinnigen Theorie verbringe.

Steht auf diesen addiert 700 Seiten etwas von Indogermanen und ihren Clanfarben? Nein? Dann ist das für unsere Diskussion irrelevant.

Wohl kaum. Meyer hat vornehmlich versucht die Völuspa in einen christlichen Kontext zu setzen und dahingehend zu deuten. Der Gedanke die betreffende Strophe mit indogermanischen oder anderen jahrtausendealten heidnischen Vorstellungen in Verbindung zu bringen wäre ihm wohl gar nicht gekommen. von See et al. fassen überwiegend die Interpretationen und Ergebnisse anderer Forscher zusammen. Wo sie eigene Deutungen abgeben, sind ihre Ansätze eher konservativ und gehen eher selten radikal eigene Wege. All das geht aber völlig an der Intention meiner Aussage vorbei, da es mir einzig und allein darum ging zu zeigen, daß man nicht einfach irgendeine Übersetzung der Völuspa rauskramen und dann sagen kann, das steht da und nichts anderes. Die Völuspa ist komplex, die Deutungen sind vielschichtig und nur weil man eine oder auch zehn verschiedene Übersetzungen und einen Kommentar, sowie Snorri gelesen hat, heißt das noch lange nicht, daß man den Text auch wirklich in seiner Gänze erfaßt hat. Es gibt in Sachen Völuspa keine Orthodoxie der man nicht ans Bein pinkeln darf, weil die Forschung im Endeffekt selbst keine Ahnung hat, wie das Gesagte eigentlich gedeutet werden soll. Daß also jemand in diesem Forum im Brustton der Überzeugung verkündet, so kann es definitiv nicht gelesen werden, das ist schon ein klein wenig vermessen.

Das habe ich gar nicht, das machst du gerade selbst: qui s'excuse s'accuse.
Tatsächlich hatte ich angedeutet, dass mir die Behauptung "anderer Forscher" nicht ausreicht, sondern mich wenn schon denn schon ihre Argumentation interessiert.

Natürlich, aber ihr Tonfall wirkt auf mich bisweilen, wie soll ich sagen, recht unfreundlich. Anstatt zu schreiben:

"Im Übrigen ist es völlig uninteressant was von namenlosen „anderen Forschern“ postuliert wurde, denn solange sie namenlos sind, sind ihre Argumente nicht zu überprüfen. Das ist dasselbe, wie bei dahergeschwurbelten „älteren Quellen“. Interessant ist nicht, ob irgendein „anderer Forscher“ etwas behauptet hat, sondern, wo man das nachlesen kann bzw. eigentlich weniger das, als wie er das argumentativ vertreten hat."

hätten sie auch einfach fragen können, ob ich dazu eine Quelle angeben kann, damit sie das nachprüfen können. Da sie meine Äußerungen in den Kontext der "Schwurbelei" stellen, sollten sie nicht verwundert sein, daß ich das als untergriffige Unterstellung auffasse.

De facto heißt das doch, dass die "anderen Forscher" offenbar nicht existieren. Dass es sich um ein leeres Argument vom ad verecundiam-Typus handelt. Ominöse Autoritäten, auf die man sich stützt.

Falsch, de facto heißt das nichts anderes, als daß ich eine Aussage getätigt habe ohne eine Quelle zu nennen. Über die Existenz oder Nicht-Existenz dieser Quellen besagt das erstmal gar nichts. Ich habe mehrere Themen hier durchgelesen und es ist beileibe nicht so, daß hier jeder für jede möglicherweise kontroverse Aussage auch einen Beleg bringt. Es wäre bei einer Forums-Diskussion auch völlig unsinnig und viel zu aufwändig. Woher soll ich auch wissen, was bei ihnen umstritten ist? Gerade in Sachen Völuspa ist so ziemlich alles mehr oder weniger "umstritten".

Wenn du etwas Unumstrittenes behauptet hättest, hätte niemand gefragt, wo man das nachlesen könne. Wenn du aber behauptest, dass ein Autor des ausgehenden Hochmittelalters etwas über indogermanischen Clanfarben 3000 Jahre früher gewusst habe, und das hätten auch "andere Forscher" schon bestätigt, dann musst du mit einer entsprechenden Nachfrage rechnen. Schon allein, weil es ein indogermanischen Volk nie gab. Vor dem 13. Jhdt. wissen wir praktisch so gut wie nichts über den Gebrauch von Clanfarben UND es ist bezeichnend, dass wir den Begriff Clan verwenden, der aus dem Gälischen stammt.

Sie unterstellen mir Dinge, die ich so nicht gesagt habe. Ich habe nie behauptet, daß der Autor der Völuspa irgendetwas über Clanfarben geschrieben hat und schon gar nicht, daß derselbe "etwas über indogermanische Clanfarben 3000 Jahre früher gewusst habe". Das reimen sie sich selbst zusammen. Ich habe geschrieben, daß dies eine Interpretationsmöglichkeit ist, die man in der konkret benannten Stelle in Erwägung ziehen und weiter eruieren sollte, anstatt ohne nährere Betrachtung einfach zu erklären, daß das Blödsinn ist. Es soll im übrigen schon vorgekommen sein, daß sich Traditionen über Jahrhunderte und Jahrtausende erhalten haben, ohne daß die Menschen noch wußten, woher sie eigentlich kamen und welchem Zweck sie ursprünglich dienten. Der Dichter kann also durchaus indogermanische Kultur in seinem Gedicht verarbeitet haben, ohne etwas über die Existenz seiner Vorfahren auch nur nur zu ahnen. Gerade Symbole und Redewendungen können sich sehr lange halten. Nicht umsonst finden sich in stehenden Begriffen oftmals die letzen Relikte von Wörtern, die in der Umgangssprache längst ausgestorben sind oder verwenden die Menschen zu traditionellen Anlässen Symbole, über deren eigentliche Bedeutung sie keinerlei Ahnung haben. Ob es ein indogermanisches Volk gegeben hat, das diese Bezeichnung verdient, ist in diesem Zusammenhang gänzlich bedeutungslos, da es auch kein europäisches oder indisches Volk im Sinne einer kohärenten Einheit gibt, trotzdem aber keiner ernsthaft auf die Idee käme, die Existenz einer europäischen oder indischen Kultur in Abrede zu stellen.

Auch habe ich nie geschrieben, daß Mallory behauptet hätte, die Indogermanen hätten ihre Stämme durch Farben gekennzeichnet, sondern ihre Stände und ja, auch wenn ich das nicht näher ausgeführt habe, gemeint waren Priester und Krieger. So abwegig kann dieser Gedanke auch nicht sein, daß man ihn pauschal verwirft, schließlich gab es hierzulande ebenfalls eine Kleiderordnung für die unterschiedlichen Berufsgruppen und in Indien wurden die einzelnen Kasten mit Farben assoziiert. Noch dazu spielen in der Rígsþula die Farben Schwarz, Rot und Weiß in Zusammenhang mit den Ständen Thrall, Karl und Jarl eine Rolle, den Beleg für die Zulässigkeit einer solchen Überlegung liefert die Edda also selbst. Sicherlich haben sie recht, daß Interpretation nicht beliebig sein kann. Dazu braucht es eine gewisse Sachkenntnis. Allerdings kann man Interpretationsansätze auch nicht einfach nach Belieben ausschließen.

Die Herkunft des Begriffes "Clan" ist hier völlig irrelevant, da Stammesgemeinschaften und Familienclans nun wirklich kein spezifisch schottisches Phänomen sind. Sie können aber von mir aus "Clan" durch "Sippe" ersetzen, wenn ihnen diese Transferleistung zu anstrengend ist.

Geht doch. Die Argumentation von Mallory werde ich dennoch prüfen. Aus obigen Gründen zweifle ich an der Validität der Aussage Mallorys.

Selbstverständlich geht das. Man kann allerdings auch normal nach einer Information fragen, ohne jemandem durch die Blume zu unterstellen, er würde Falschbehauptungen verbreiten.

Schließlich noch an Sepiola, wenn man die "idéologie tripartite" von Georges Dumézil schon als "irgendwie dürftig" bezeichnet, sollte man aber auch so ehrlich sein zu erwähnen, daß sie in Bezug auf die Edda-Forschung der letzten 70 Jahre eine der einflußreichsten und meistrezipierten darstellt.
 
Zuletzt bearbeitet:
Das war nicht die Frage und ist für die Interpretation auch irrelevant.
Es sollte außer Frage stehen, daß bei der Interpretation eines literarischen Werkes die Fähigkeiten des Urhebers von zentraler Bedeutung sind. Von einem Stümper erwartet man nicht, daß er etwas sonderlich tiefschürfendes kreiert oder komplexe Gedanken kunstvoll in seine Schöpfung hineinwebt. Es lohnt sich folglich nicht, sich über das Geschriebene groß den Kopf zu zerbrechen. Das trifft auf die Völuspa aber ganz bestimmt nicht zu. Der Kern meiner Aussage ist daher schlicht, man sollte nicht einfach einen möglichen Deutungsansatz verwerfen, nur weil oberflächlich betrachtet was anderes dasteht.

Es war ja klar, dass du das "missverstehen" würdest. Warum ich missverstehen jetzt in Anführungszeichen gesetzt habe, das überlasse ich mal ganz der Interpretation...

Gerade deswegen hatte ich diese Passage noch mal in einem Extra-Beitrag - den du in deiner Antwort tunlichst ignoriert hast - erläutert.

Da ich mich hier unklar ausgedrückt habe:
Natürlich ist es relevant für die Interpretation eines literarisches Werkes, ob es ein Meisterwerk ist, ob es mehr als eine Bedeutungsebene hat.
Allerdings für die von Judy angebotene Interpretation, die mit dem Text überhaupt nichts mehr zu tun hat und eine veritable Unkenntnis von geschichtlichen Zusammenhängen, Räumen und Zeiträumen aufweist, ist das völlig irrelevant, dass der Text ein Meisterwerk sei (das ist ja in Teilen auch eine politische und ästhetische Beurteilung).
Interpretation ist eben nicht beliebig.

Sicherlich wußte er nichts von Indogermanen. Woher auch? Ich gehe aber mal davon aus, daß er mit seiner eigenen Kultur halbwegs vertraut war. Daß sich Stammesgemeinschaften durch Äußerlichkeiten voneinander abgrenzten war ja nun beileibe nichts ungewöhnliches, weder bei den germanischen Stämmen, noch bei anderen. Das Unterscheidungsmerkmal kann nun die Kleidung gewesen sein, oder die Haartracht, irgendwas anderes oder eine Kombination daraus.
Dann ist doch die Frage, warum du die "Interpretationen" von Judy versuchst zu retten, wenn du doch mit mir einig bist, dass der Verfasser nichts von den Indogermanen wusste. Worüber reden wird dann?
Judy hielt den Begriff Indogermanen nebenbei für äquivalent zu Germanen und hat überhaupt nicht begriffen, dass es sich dabei um ein linguistisches Konstrukt handelt. Nebenbei argumentierte sie völkisch und rassistisch. Wir haben die schärfsten Sachen natürlich gelöscht, weil dieses Forum keine Bühne für derlei bietet.

Es ist auch für diese Diskussion völlig unerheblich. Die Frage ist doch allein, ob die Deutung des Ausdruckes "litu goda" im Sinne von "passende/rechte Farbe" potentiell Sinn ergibt und damit weiter untersucht werden sollte, oder nicht. Meine Einschätzung ist, es ist ein Gedanke, den man zumindest weiterverfolgen und nicht einfach pauschal in die Tonne treten sollte.
Dafür hast du aber noch keinerlei Gründe geliefert, sondern lediglich Judy verteidigt.

Sie schließen einen solchen Deutungsansatz also kategorisch aus. Gut, kann man machen. Ich vermute mal, sie haben gute Gründe dafür.
Sogar sehr gute, ich habe mehrere genannt:
- bar jeglichen Gespürs für Zeiten und Räume
- einem völkischen/rassistischen Geist entsprungen
- durch nichts gedeckt

Wenn dem so sein sollte, dann wäre ich ihnen sehr verbunden, wenn sie diese offenlegen würden. Es könnte mir viel Zeit ersparen, die ich ansonsten mit der Nachverfolgung einer unsinnigen Theorie verbringe.

Es wäre doch mal an dir, zu erklären, warum du diese These, verteidigst. Bzw. warum du allen ernstes glaubst, Judy würde über geheime Quellen verfügen.
 
(Obwohl ich schon etliche Antworten wieder rausgenommen habe, musste ich teilen:

Wohl kaum. Meyer hat vornehmlich versucht die Völuspa in einen christlichen Kontext zu setzen und dahingehend zu deuten. Der Gedanke die betreffende Strophe mit indogermanischen oder anderen jahrtausendealten heidnischen Vorstellungen in Verbindung zu bringen wäre ihm wohl gar nicht gekommen. von See et al. fassen überwiegend die Interpretationen und Ergebnisse anderer Forscher zusammen. Wo sie eigene Deutungen abgeben, sind ihre Ansätze eher konservativ und gehen eher selten radikal eigene Wege. All das geht aber völlig an der Intention meiner Aussage vorbei, da es mir einzig und allein darum ging zu zeigen, daß man nicht einfach irgendeine Übersetzung der Völuspa rauskramen und dann sagen kann, das steht da und nichts anderes. Die Völuspa ist komplex, die Deutungen sind vielschichtig und nur weil man eine oder auch zehn verschiedene Übersetzungen und einen Kommentar, sowie Snorri gelesen hat, heißt das noch lange nicht, daß man den Text auch wirklich in seiner Gänze erfaßt hat. Es gibt in Sachen Völuspa keine Orthodoxie der man nicht ans Bein pinkeln darf, weil die Forschung im Endeffekt selbst keine Ahnung hat, wie das Gesagte eigentlich gedeutet werden soll. Daß also jemand in diesem Forum im Brustton der Überzeugung verkündet, so kann es definitiv nicht gelesen werden, das ist schon ein klein wenig vermessen.
Ich fragte, ob auf den addiert 700 Seiten etwas über Clanfarben stünde. Wenn nicht, sei das irrelevant. Ich habe nicht gefragt, was da stünde. Die Antwort auf meine Frage lautet also: die Werke von Elard Hugo Meyer und Klaus von See sind für unsere Farbendiskussion irrelevant.

Da sie meine Äußerungen in den Kontext der "Schwurbelei" stellen, sollten sie nicht verwundert sein, daß ich das als untergriffige Unterstellung auffasse.
Halten wir mal fest: Den Terminus dahergeschwurbelt war auf Judys uralte Geheimquelle bezogen.

Nun versuchst du, indem du mir Unfreundlichkeit unterstellst, darüber hinwegzutäuschen, dass du eigentlich argumentativ nix in der Hand hast, was die Farbenlehre hier rechtfertigt.

Sie unterstellen mir Dinge, die ich so nicht gesagt habe. Ich habe nie behauptet, daß der Autor der Völuspa irgendetwas über Clanfarben geschrieben hat und schon gar nicht, daß derselbe "etwas über indogermanische Clanfarben 3000 Jahre früher gewusst habe".

Also dieser Beitrag von dir ist nicht einmal eine Woche alt:

Nachdem ich mich nun intensiv mit der Völuspa auseinandergesetzt habe, komme ich zu dem Schluß, daß die Interpretationen Judys womöglich nicht ganz so abwegig sind, wie manche hier glaub(t)en. [...] Wenn Judy also annimmt, daß dieser Ausdruck auf die Clanfarbe anspielt, so ist das durchaus ein erwägenswerter Interpretationsansatz, insbesondere, da schon von anderen Forschern die Vermutung geäußert wurde, daß die Indogermanen ihren Ständen verschiedene Farben zuwiesen.
Also ist das nun ein erwägenswerter Interpretationsansatz oder nicht? Bejahst du das, musst du dir folgerichtig vorwerfen lassen, dass du einem Autor aus dem späten HochMA Kenntnisse über die Bronzezeit zutraust.

Das reimen sie sich selbst zusammen. Ich habe geschrieben, daß dies eine Interpretationsmöglichkeit ist, die man in der konkret benannten Stelle in Erwägung ziehen und weiter eruieren sollte, anstatt ohne nährere Betrachtung einfach zu erklären, daß das Blödsinn ist.
Dann drehen wir den Spieß mal um: Gibt es außer Judys Versicherung, dass sie Zugang zu geheimen Quellen hätte irgendwelche Indizien dafür, dass das, was sie schrieb und was du für erwägenswert hältst, Hand und Fuß hat?
Wenn du das - seit September 2019 - so vehement verteidigst, musst du doch auch irgendwas in der Hinterhand haben, aber bisher sind nur Beschwerden gekommen, dass das nicht ernst genommen würde, was Judy geschrieben hat.

Es soll im übrigen schon vorgekommen sein, daß sich Traditionen über Jahrhunderte und Jahrtausende erhalten haben, ohne daß die Menschen noch wußten, woher sie eigentlich kamen und welchem Zweck sie ursprünglich dienten. Der Dichter kann also durchaus indogermanische Kultur in seinem Gedicht verarbeitet haben, ohne etwas über die Existenz seiner Vorfahren auch nur nur zu ahnen. Gerade Symbole und Redewendungen können sich sehr lange halten. Nicht umsonst finden sich in stehenden Begriffen oftmals die letzen Relikte von Wörtern, die in der Umgangssprache längst ausgestorben sind oder verwenden die Menschen zu traditionellen Anlässen Symbole, über deren eigentliche Bedeutung sie keinerlei Ahnung haben. Ob es ein indogermanisches Volk gegeben hat, das diese Bezeichnung verdient, ist in diesem Zusammenhang gänzlich bedeutungslos, da es auch kein europäisches oder indisches Volk im Sinne einer kohärenten Einheit gibt, trotzdem aber keiner ernsthaft auf die Idee käme, die Existenz einer europäischen oder indischen Kultur in Abrede zu stellen.
Auch hier wieder äußerst blumig, äußerst vage. Aber nix konkretes.

Auch habe ich nie geschrieben, daß Mallory behauptet hätte, die Indogermanen hätten ihre Stämme durch Farben gekennzeichnet, sondern ihre Stände und ja, auch wenn ich das nicht näher ausgeführt habe, gemeint waren Priester und Krieger.
Das ist richtig.

Selbstverständlich geht das. Man kann allerdings auch normal nach einer Information fragen, ohne jemandem durch die Blumezu zu unterstellen, er würde Falschbehauptungen verbreiten.
Was habe ich tatsächlich geschrieben?

Im Übrigen ist es völlig uninteressant, was von namenlosen „anderen Forschern“ postuliert wurde, denn solange sie namenlos sind, sind ihre Argumente nicht zu überprüfen. Das ist dasselbe, wie bei dahergeschwurbelten „älteren Quellen“. Interessant ist nicht, ob irgendein „anderer Forscher“ etwas behauptet hat, sondern, wo man das nachlesen kann bzw. eigentlich weniger das, als wie er das argumentativ vertreten hat.

Wer sich gegen ungemachte Vorwürfe verteidigt, klagt sich selber an.
 
So, ich biete dir jetzt an, dass du meine Fragen beantwortest und wir von der Meta-Diskussion in die Sachdiskussion wechseln. Sachdiskussion heißt: Fakten, Fakten, Fakten und Hypothesen streng faktenbasiert. Sprich: was du nicht aus dem Text der Völuspá (oder einem Paralleltext) unter Zuhilfenahme der Sekundärliteratur begründen kannst, kannste in die Tonne kloppen.
 
Schließlich noch an Sepiola, wenn man die "idéologie tripartite" von Georges Dumézil schon als "irgendwie dürftig" bezeichnet, sollte man aber auch so ehrlich sein zu erwähnen, daß sie in Bezug auf die Edda-Forschung der letzten 70 Jahre eine der einflußreichsten und meistrezipierten darstellt.
Ja und?
Es gab in der Wissenschaftsgeschichte viele Thesen, die einst eifrig diskutiert wurden und inzwischen zu Recht ad acta gelegt worden sind.
Siehe auch: Dreifunktionalität und Indo-Europäer?
 
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