Von Auxiliarsoldaten zu römischen Bürgern

Ice013

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Hallo zusammen,

ich bin einfach nochmal so dreist:

Nehmen wir zum Beispiel die Cugerner - auf wiki steht, dass diese Kriegsdienste für Rom zu leisten hatten. Wie lange war das und stimmt das wirklich?

Kann ich mir das ungefähr, wie bei dem Film Kind Arthur (ich weiß, der ist ziemlich ungenau, ich meine auch nur das mit dem "Wehrdienst zur Freiheit") vorstellen?

Also, dass die Söhne mit 14 mitgenommen wurden, Kriegsdienst leisten mussten und dann frei waren?

Vielen Dank für eure Hilfe!
Viele Grüße
Sebastian
 
Klar, aber kann ich mir das wirklich so vorstellen, dass die zu einem unterworfenen Stamm gekommen sind und die hälfte aller Jungen zwangsweise für den Kriegsdienst verpflichtet haben? Oder war diese Vorgehensweise eher unüblich?
 
Klar, aber kann ich mir das wirklich so vorstellen, dass die zu einem unterworfenen Stamm gekommen sind und die hälfte aller Jungen zwangsweise für den Kriegsdienst verpflichtet haben? Oder war diese Vorgehensweise eher unüblich?

Vereinbarungen über Hilfstruppen oder Mannschaftsstellungen finden sich in Verträgen zu Bündnissen und Unterwerfungen. Die Ansicht, die Römer hätten in den Foederaten- und Klientel"staaten" wie im inneren römischen Reich agiert (und z.B. schwuppdiwupp Zwangsaushebungen durchgeführt), scheint mittlerweile eher aufgegeben zu sein. Genaueres dazu weiß ich aber momentan nicht. Üblicherweise ging vom römischen Militärdienst in den Auxiliareinheiten eine so große Anziehung aus, daß man auf Zwang wohl verzichten konnte.
 
Klar, aber kann ich mir das wirklich so vorstellen, dass die zu einem unterworfenen Stamm gekommen sind und die hälfte aller Jungen zwangsweise für den Kriegsdienst verpflichtet haben? Oder war diese Vorgehensweise eher unüblich?

Man kann es sich so ähnlich vorstellen, wenn Rom die unterworfene Bevölkerung als unruhig einschätzte. Auf diese Weise schwächte man deren militärisches Potential und setzte die so gewonnenen, theoretisch eher unzuverlässigen Truppen weit entfernt der Heimat ein, wo sie bei der dortigen Bevölkerung als Römer gelten mussten und daher wenig Neigung zur Desertation verspürten. Die ausgehobenen Soldaten konnten sogar indirekt ähnlich wirken wie Geiselstellungen. Noch Ammian erzählt von der Zeit nach der Schlacht von Adrianopel 378 als eine "heilsame Mahßnahme", als die Römer gotische Hilfstruppen, die ihren Dienst in Kleinasien anstandslos leisteten, von römischen Truppen heimtückisch abgeschlachtet wurden. Diese Aktion war gut koordiniert und fand nahezu zeitgleich statt um die Männer nicht zu warnen. Daraus kann man ableiten, dass es weder spontane "Rache" war, noch unmittelbar nach dem gotischen Sieg südlich der Donau stattfand. Das System bewährte sich ausgezeichnet!

Vielleicht hilft dieser Vergleich: Noch zu Zeiten des alten Fritz etwa waren russische Truppen im inneren Europas als äußerst zuverlässig, mit geringer Neigung zur Desertation bekannt, da den Männern die dortige Kultur eher fremd war und die militärische Versorgung im Dienst eine bessere Alternative war. Dagegen waren einige russische Einheiten, die Heimatnah eingesetzt waren oft durch Desertationen geplagt. Die zwangsrekrutierten preußischen Soldaten aus Mitteleuropa litten ungleich mehr unter Desertationen als russische Truppen in der gleichen Gegend. Der Vergleich hinkt etwas, aber ich will damit ein wenig erklären, warum die zwangsausgehobenen römischen Hilfstruppen sich ifern der Heimat in der Regel sehr gut bewährten.

Das sind freilich Zwangsmaßnahmen nach einer Okkupation der Römer gewesen! Der Rekrutierungsdruck milderte sich infolge der Gewöhnung. Teilweise gibt uns die Titulatur römischer Auxiliareinheiten einen Hinweis auf solche Vorgänge. So gibt es zahlreiche Hilfstruppen aus Rätien, obwohl diese Region später nicht als besonders intensives Rekrutierungsgebiet bekannt ist (wie etwa Thrakien oder Illyrien). Ein Zusammenhang mit Zwangsaushebungen erscheint somit naheliegend.
 
Zuletzt bearbeitet:
Dass russische Soldaten nur selten desertierten, hatte auch damit zu tun, dass sie hauptsächlich gegen Osmanen, Tataren etc. kämpften und diese im Ruf standen, mit Gefangenen und Überläufern nicht gerade sanft umzugehen. Die russischen Soldaten wussten nicht, dass sich die europäischen Staaten da anders verhielten und Gefangene und Überläufer oft anstandslos in die eigenen Truppen steckten.

Ich schweife jetzt zwar etwas ab, aber: Trotz allem waren Desertion und Überlaufen auch bei den Römern ein massives Problem. Dass wenig darüber bekannt ist, liegt vor allem daran, dass die römischen Autoren nicht gerne darüber schrieben, dass ihre eigenen Soldaten desertierten. Dass es Fahnenflüchtige und Überläufer dennoch gab und sie ein nicht zu unterschätzendes Problem waren, erkennt man schon daran, dass Friedensverträge stets Regelungen über die Auslieferung von Überläufern enthielten.
Ein besonders krasses Beispiel ist das Schicksal von Rhegium: 282 legten die Römer eine Garnison aus Hilfstruppen aus Kampanien in die Stadt, die kurz darauf meuterte, die meisten männlichen Bürger erschlug und fortan nach dem Vorbild der Mamertiner in Messana die Stadt beherrschte. Erst 270 erstürmten die Römer die Stadt und ließen die Meuterer hinrichten.
Iugurtha lieferte einmal 3000 römische Überläufer aus, die dann alle hingerichtet wurden.
Auch Tacfarinas war ein Deserteur, der ursprünglich in einer Auxiliareinheit gedient hatte.
 
Hast du jemals etwas von Arminius, dem Cherusker Fürsten, gehört?
Sein Vater und Onkel waren auf der Seite der Römer und deshalb diente er und sein Bruder schon früh als Kind im Heer der germanischen Verbände. Arminius war später dann auch Führer deren. Als Arminius das echte Gesicht der Römer(Ruhm und Reichtum) gesehen hatte, war er zuerst sehr positiv gegenüber deren eingestellt. Doch als er Bekanntschaft mit Publius Quinctilius Varus,einem Stadthalter gemacht hatte, änderte sich seine Meinung schlagartig, denn Varus behandelte die Germanen ,,wie Vieh". Deshalb kam es zur Varusschlacht, die ja nach Varus benannt wurde, weil er enorme Verluste erlitt und sich schlussendlich in einer aussichtslosen Lage sein Leben ,,auf dem Schlachtfeld" nahm.

Das sollte nur als Beispiel zu deiner Frage dienen.
 
Dass russische Soldaten nur selten desertierten, hatte auch damit zu tun, dass sie hauptsächlich gegen Osmanen, Tataren etc. kämpften und diese im Ruf standen, mit Gefangenen und Überläufern nicht gerade sanft umzugehen. Die russischen Soldaten wussten nicht, dass sich die europäischen Staaten da anders verhielten und Gefangene und Überläufer oft anstandslos in die eigenen Truppen steckten.

Ich schweife jetzt zwar etwas ab, aber: Trotz allem waren Desertion und Überlaufen auch bei den Römern ein massives Problem. Dass wenig darüber bekannt ist, liegt vor allem daran, dass die römischen Autoren nicht gerne darüber schrieben, dass ihre eigenen Soldaten desertierten. Dass es Fahnenflüchtige und Überläufer dennoch gab und sie ein nicht zu unterschätzendes Problem waren, erkennt man schon daran, dass Friedensverträge stets Regelungen über die Auslieferung von Überläufern enthielten.
Ein besonders krasses Beispiel ist das Schicksal von Rhegium: 282 legten die Römer eine Garnison aus Hilfstruppen aus Kampanien in die Stadt, die kurz darauf meuterte, die meisten männlichen Bürger erschlug und fortan nach dem Vorbild der Mamertiner in Messana die Stadt beherrschte. Erst 270 erstürmten die Römer die Stadt und ließen die Meuterer hinrichten.
Iugurtha lieferte einmal 3000 römische Überläufer aus, die dann alle hingerichtet wurden.
Auch Tacfarinas war ein Deserteur, der ursprünglich in einer Auxiliareinheit gedient hatte.

Nicht zu vergessen, dass die russischen Soldaten hunderte bis tausende Kilometer weit entfernt von ihrer Heimat waren ohne auch nur die geringste Chance, sich irgendwie zurecht zu finden, allein der Sprach und Kulturunterschied ist enorm.

Desertation im Gefecht kommt außerdem im Vergleich recht selten vor, da der Gegner oftmals schwer davon zu überzeugen ist, nicht zu schießen.

Das Problem sind die Lager und die Märsche, dort reißen die Soldaten hauptsächlich aus.


Aber zurück zum Thema, auf Zwangsaushebungen ist ein Soldheer, wie es die römischen Legionen und ihre angehängten Auxilliaren sind selten angewiesen, es sei denn es ist im Verhältnis zur Bevölkerung recht groß und es genügen die Freiwilligen, die dem Gelde wegen bei der Fahne bleiben nicht.

Beispielsweise wird von den unterworfenen Stämmen immer eine recht große Zahl vorhanden gewesen sein, die gegen Sold bei dem Eroberer eintritt.

Genau das ist allerdings auch die Achillesferse, steht der Sold aus, kommt es sehr schnell zur Meuterei.
 
Hast du jemals etwas von Arminius, dem Cherusker Fürsten, gehört?
Sein Vater und Onkel waren auf der Seite der Römer und deshalb diente er und sein Bruder schon früh als Kind im Heer der germanischen Verbände. Arminius war später dann auch Führer deren. Als Arminius das echte Gesicht der Römer(Ruhm und Reichtum) gesehen hatte, war er zuerst sehr positiv gegenüber deren eingestellt. Doch als er Bekanntschaft mit Publius Quinctilius Varus,einem Stadthalter gemacht hatte, änderte sich seine Meinung schlagartig, denn Varus behandelte die Germanen ,,wie Vieh". Deshalb kam es zur Varusschlacht, die ja nach Varus benannt wurde, weil er enorme Verluste erlitt und sich schlussendlich in einer aussichtslosen Lage sein Leben ,,auf dem Schlachtfeld" nahm.

Alles irgendwie nur halbrichtig. Fakt ist: Wir wissen nur, dass Arminius "an unserem letzten Feldzug" - was auch immer das konkret heißt - teilgenommen hat. Alles andere - auch Varus Verhalten - ist Spekulation.
 
Alles irgendwie nur halbrichtig. Fakt ist: Wir wissen nur, dass Arminius "an unserem letzten Feldzug" - was auch immer das konkret heißt - teilgenommen hat. Alles andere - auch Varus Verhalten - ist Spekulation.


Ja, man nimmt es so an und man ist sich unsicher darüber aber es sollte ja nur als Beispiel zum Thema dienen, dass Arminius als Kind schon in das römische Militär eingewiesen wurde.
 
Das hat allerdings wenig Bewandnis, germanische Männer wurden ohnehin vom Kinde auf zum Krieg erzogen, bei ihrem Adel noch in gesteigerten Maße.

Zum Thema Varus vielleicht noch ein Seitenstück: Varus hätte sich verhalten können wie er wollte, die Germanen hätten immer gegen die Frendherrschaft rebeliert. Das sind doch nichts anderes als Entschuldigungen der römischen Schriftsteller für die Niederlage.

Wieviel Freiheitsgedanke und kriegerischer Sinn in diesen Stämmen vorhanden war sieht man später an den Feldzügen des Germanikus, trotz aller enormen Mittel, die die Römer benutzten hat es nicht genügt um die Germanen dauerhaft niederzuwerfen. Sicher, irgendwann hätten sie sich wahrscheinlich gefügt, aber die Mittel wären extrem groß gewesen, die dazu nötig gewesen wären.

Diese Spannkraft war zu Varus Zeiten noch nichteinmal ansatzweise erreicht.
 
Wie tejason schon schrieb, schwächte man die Militärkraft des unterworfenen Stammes, indem Rom diesen verpflichtete, Truppen zu stellen. Als Beispiel mögen die Usipeter dienen, die nach der Niederlage im Chattenkrieg gegen Kaiser Domitian eine Kohorte stellen mussten. Die Einheiten wurden in der Regel nach ihrer Herkunft benannt, in diesem Fall = cohors Usiporum. Misstraute man den einheimischen germanischen Führern, wurde die Truppe einem römischen Tribunen unterstellt und ggf. mind. ein römischer Centurio mit seinen Soldaten beigegeben. In diesem Fall wurde die Kohorte umgehend nach Britannien abkommandiert.

Unter Marc Aurel diente ein Reiterverband aus unterworfenen Markomannen, Quaden und Naristen. Ebenso ließ Aurelian Truppen aus den geschlagenen Stämmen zwangsrekrutieren. Letztere landeten später dauerhaft in Ägypten.

Der romanisierende Einfluss konnte nicht ausbleiben. Viele fühlten sich zwei Kulturen verbunden. Zum Ausdruck kommt dieses in einer Grabinschrift aus Aquincum (Budapest): Francus ego cives, miles Romanus in armis = Franke bin ich der Herkunft nach, Römer als Soldat in Waffen.
 
Zur Vervollständigung noch Namen der Einheiten, die unter Aurelian (270 – 275 n. Chr.) in das römische Heer eingegliedert wurden:
ala VIII Vandilorum
ala I Quadorum
ala I Francorum
cohors IX Alamanorum
cohors XI Chamavorum
cohors VII Francorum

Es handelte sich nicht grundsätzlich um Kriegsgefangene; es war oft ein Teil der von Rom diktierten Friedensbedingungen, dass eine bestimmte Anzahl von Kriegern den Dienst anzutreten hatte.
 
Ich weiß leider nur sehr wenig über die Hilfstruppen, deswegen würde ich mal gerne folgende Fragen bzgl. der Auxiliar-Infanterie stellen:
Wurden diese fremdstämmigen Soldaten auch in römischer Kampfweise unterrichtet (Kampf in engen/geschlossenen Formationen)?
Wenn ich richtig informiert bin, war der Auxiliar mit Hasta und Schwert (Gladius?) bewaffnet? Ist es korrekt, dass die Hasta die Primärwaffe war?
 
Sliza schrieb:
Wenn ich richtig informiert bin, war der Auxiliar mit Hasta und Schwert (Gladius?) bewaffnet? Ist es korrekt, dass die Hasta die Primärwaffe war?
Die Frage muss man hinsichtlich der jeweiligen Zeit differenzieren. Die Hasta war eine Infanteriewaffe, die in der Römischen Republik verwendet wurde. In der Zeit der späten Republik (Sulla, Cäsar) gab es diese bereits nicht mehr.

Hasta ? Wikipedia

Wie es sich während der Republik verhielt, kann ich Dir nicht sagen. Die Auxiliartruppen der Kaiserzeit waren häufig wegen ihrer Spezialisierung geschätzt.

Bogenschützen aus Syrien, Steinschleuderer von den Balearen, Speerschleuderer aus Mauretanien waren solche Spezialisten.

Schleuder (Waffe) ? Wikipedia

Daneben gab es in der Kaiserzeit auch Auxiliartruppen, welche man aus Kostengründen als Auxiliare aufgestellt hat. So begegnen uns " voluntariorum civium Romanorum". Während die Masse der Auxiliartruppen aus Soldaten bestand, welche keine römische Bürger waren, traten in diesen cohors voluntariorum civium römische Bürger ein. Jedoch wurden sie in den Auxiliareinheiten schlechter bezahlt als bei einer Legion. Als Caracalla alle Bewohner des Reiches das römische Bürgerrecht gewährte, fiel diese Unterscheidung weg - bis neue Fremde zum Militär drängten.
 
Wurden diese fremdstämmigen Soldaten auch in römischer Kampfweise unterrichtet (Kampf in engen/geschlossenen Formationen)?

Mit ziemlich großer Sicherheit wurden diese Truppen ähnlich ausgebildet wie die Legionen.
Allerdings waren sie durch den leichteren Schild beweglicher und mit dem Stoßspeer nicht so sehr auf den ganz engen Nahkampf ausgerichtet wie die Legionäre, in gewisser Weise waren sie also flexibler. Nicht von ungefähr wurde im 3. Jhd. die Ausrüstung der Legionen angepasst.

Ist es korrekt, dass die Hasta die Primärwaffe war?
Ja, von den Bogenschützen abgesehen waren die meisten Auxiliarcohorten mit Ovalschild und Hasta ausgestattet, daneben gab es aber auch welche mit Scutum (als Cohors Scutata), aber auch Wurfspeere wie der Gaesum wurden benutzt (als Cohors Gaesatorum).
Von Schleuderern ist mir nicht bekannt dass diese, im kaiserzeitlichen Heer, in eigenen Cohorten zusammengefasst waren.
 
Ja, von den Bogenschützen abgesehen waren die meisten Auxiliarcohorten mit Ovalschild und Hasta ausgestattet, daneben gab es aber auch welche mit Scutum (als Cohors Scutata), aber auch Wurfspeere wie der Gaesum wurden benutzt (als Cohors Gaesatorum).
Von Schleuderern ist mir nicht bekannt dass diese, im kaiserzeitlichen Heer, in eigenen Cohorten zusammengefasst waren.

Kann man sich denn den Umgang dieser Stosslanze bei den Auxiliar-Kohorten ähnlich vorstellen, wie bei den alten Griechen? Denn auch bei denen war ja die Stosslanze die Hauptwaffe.
Waren denn die Hilstruppen auch mit dem Gladius als sekundäre Bewaffnung ausgestattet?
 
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