Von welchem Gott lernten die Römer das Straßenbauen?

Wie schon häufiger erwähnt: Merkur ist derjenige, der die Wege schützt, die Ausbaustufen der Wege sind keine Diskussionssache hier. Auf den Viergöttersteinen an Wegkreuzungen waren er abgebildet, meistens zusammen mit Herkules, Minerva und Juno, die dennoch alle Bezug auf das Schicksal des Menschen, der auf der Reise unterwegs war, nahmen, und keine Funktion der Obhut des Straßenbaubetriebs.

Als Göttin der Baukunst und des handwerklichen Gescicks wäre sicher Minerva diejenige, die ein Straßenbaumeister in seinem Heiligtum besonders verehren würde; ich möchte aber auch ein wenig auf die vielen verschiedenen "genii loci", Ortsgottheiten, hinweisen, und auf Weihungen wie das Minitempelchen im Kastell Hönehaus, das den "bonis casibus" - den glücklichen Zufällen - gewidmet war. Ein schönes Beispiel für die Zuwendung an eine nicht genau definierte Gottheit durch den Anwendungsfall.
 
Ist ja offensichtlich eine recht interessante Diskussion, die hier abgehalten wird:yes:.
Mir persönlich sind Personifikationen auf den römischen Staatsreliefs bekannt, die im Rahmen von kaiserlichen Auszügen angezeigt wurden.
Ich denke aber auch nicht, dass die Römer hierfür (wie baue ich eine Straße?) einen Gott gebraucht haben, sondern würde das ganz anders bewerten. Die Straße ist etwas, das sich durch das Land, die Natur schneidet. Sie ist eine der ersten Aktionen, die stattfinden bevor eine Gegend kultiviert wird. Wir Heutigen sind aus dem 18. und 19. Jahrhundert mit der Romantik und ihrer Vorstellung von der Erhabenheit der Natur in unserem Verständnis vollständig umgepolt worden. Für uns bedeutet Natur etwas sehr Schönes, um so unberührter und wilder, um so schöner. Für die antiken Menschen, die den Naturkräften noch viel stärker ausgeliefert waren als wir heute, war das ein vollkommen umgekehrtes Verhältnis. Die Natur bedeutete in ihrer Ungezügeltheit eine Bedrohung. Der Mensch war sicher in einem geordnetem System, nicht aber im Chaos. Die freie Natur war ein Sinnbild für das Chaos. Der Mensch, der Straßen baut bezwingt und erobert die Natur und das Chaos, schafft Sicherheit und Ordnung.
Das war ein ideales Feld, um sich als Schützer des Imperiums zu profilieren, was sowohl in der Republik, als auch in der Kaiserzeit eifrigst genutzt wurde. Straßen ermöglichten Ansiedlung und Kultivierung von Land, Straßen sorgten für Sicherheit, da im Gefahrenfall Truppen schnell verlegt werden konnten, Straßen sorgten für Sättigung, weil Handelsgüter (v.a. Getreide) als allen Regionen des Reiches zur Versorgung schnell herangeschafft werden konnten. Straßen bedeuteten nicht irgendeine unbedeutende Infrastruktur, sondern sie waren die lebenswichtigen Adern, die das Imperium versorgten und am Leben erhielten.
Ich denke nicht, dass es einen Gott des Straßenbaus, im Sinne eines Lehrmeisters gab. Das wäre wohl auch etwas verfehlt, da die Römer - so glaube ich mich zu erinnern - ihren Straßenbau auch nicht direkt erfunden haben. Es gab ja vorher schon Straßen, die zwar nicht in der Perfektion der römischen existierten, aber immer hin schon angelegt waren. Was ich mir allerdings vorstellen könnte, wäre eine Anrufung der Götter um ein gutes Gelingen der Unternehmung, wie das bei allen größeren Aktionen der Fall war.
 
@ El Quijote
P. Papinius Statius lässt in einem Gedicht (dem dritten) seines Gedichtbandes silvae jedenfalls den Flussgott Volturnus quasi vor seinm Mäzen Domitian kapitulieren, als dieser im Zuge eines Staßenbaus (der Via Domitiana) eine Brücke über ein sumpfiges Flußdelta (eben des Volturnus) schlagen und den Fluss kanalisieren ließ.
Toller Beitrag:schlau:, in dem Gedicht bedankt sich meines Wissens nach aber der Flußgott noch dafür, dass er jetzt endlich mal so ein richtig tolles Flußbett bekommen hat, das ihm einen geregelten Verlauf gibt.
 
@ El Quijote

Toller Beitrag:schlau:, in dem Gedicht bedankt sich meines Wissens nach aber der Flußgott noch dafür, dass er jetzt endlich mal so ein richtig tolles Flußbett bekommen hat, das ihm einen geregelten Verlauf gibt.

Die Unterwerfung der Natur ist ja ein gängiger Topos, der gerade bei Brücken immer wieder auftaucht. Ein, wie ich finde, hübsches Beispiel stellt die auf der via Salaria etwa 7 km nordöstlich von Rom gelegene Ponte Salario dar, deren Kern noch aus spätrepublikanischer Zeit stammt. Von der Zerstörung durch den Ostgotenkönig Totila nach 542 n. Chr. und dem im Jahre 565 n. Chr. erfolgten Wiederaufbau durch Narses, der als kaiserlicher Oberbefehlshaber 552 n. Chr. Totila besiegt und zwei Jahre später ganz Italien wieder in das byzantinischen Machtgefüge eingegliedert hatte, kündet ein Prosainschrift. CIL 1199 a: [...] Narses vir gloriosissimus […] pontem via Salariae usque ad aquam a nefandissimo Totila tyranno distructum purgato fluminis alveo in meliorem statum quam quondam fuerat renovavit.

Daneben existiert folgende in elegischen Distichen abgefasste zweite Inschrift (CIL 1199b = CLE 899):
quam bene curbati directa est semita pontis
atque interruptum continuatur iter.
calcamus rapidas subiecti gurgitis undas
et libet iratae cernere murmur aquae.
ite igitur faciles per gaudia vestra Quirites
et Narsim resonans plausus ubique canat.
qui potuit rigidas Gothorum subdere mentes,
hic docuit durum flumina ferre iugum.


Dilletantisch von mir übersetzt wie folgt ;)
Wie exakt in gerader Richtung ist die Bahn der gebogenen Brücke errichtet worden | und der unterbrochene Weg wird fortgesetzt. | Wir betreten die reißenden Wogen der unterworfenen Tiefe | und es beliebt (uns), das Getöse des zornigen Wassers zu vernehmen. | Geht also leichtmütig zu eurem Vergnügen, Quiriten, | und überall soll das widerhallende Rauschen den Narses preisen. | Wer es vermochte, die unbeugsamen Herzen der Goten zu unterwerfen, | der lehrte an diesem Orte (nun auch) die fließenden Wasser ein hartes Joch zu tragen.

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/b/b1/Ponte_salario_antico.JPG

Ansonsten existierten oftmals an Wege- und Straßenkreuzungen, den compita, kleinere sog. compitalia, Kompitalkulte, deren Praxis allerdings freilich nicht auf die hier erfragte "Wissensvermittlung" Bezug nahm.
 
Nachtrag, ein interessanter Vergleich: es gibt in Europa diverseste Teufelsbrücken (unter andere die berühmte über die Schöllenenschlucht, Kanton Uri, Schweiz). Wenn die Leute im Mittelalter den Teufel zu Hilfe genommen haben, um schwierige Brücken zu bauen, warum sollten sie in der Antike nicht die Götter um Hilfe gebeten haben, um schwierige Bauten (wie Brücken etc.) zu bauen?

Hier noch zwei interessante Links wg. Römer und Strassenbau: http://klischat.net/onlnepub/referate/rom/rom.htm
http://www.donauroemer.de/strassen.html (teilweise gleich wie obiger)
in beiden Artikeln wird ein Dank (in einem Brief) an (den von den Römern ebenfalls verwendeten Gott) Serapis erwähnt.
 
Zuletzt bearbeitet:
Die Römer waren einfach intelligenter (wie war das mit: sie sprachen schließlich fließend Latein?) und wußten noch, wer diese Brücken gebaut hat (und wie). Die armen Menschen im finsteren Mittelalter mußten ja an Teufelswerk glauben (wenn's nicht gerade ein Gott war, aber mit Teufel wird die Geschichte viel spannender).
 
Die Römer waren einfach intelligenter (wie war das mit: sie sprachen schließlich fließend Latein?) und wußten noch, wer diese Brücken gebaut hat (und wie). Die armen Menschen im finsteren Mittelalter mußten ja an Teufelswerk glauben (wenn's nicht gerade ein Gott war, aber mit Teufel wird die Geschichte viel spannender).

intelligenter? Ich behaupte nicht, dass die Römer dumm waren, im Gegenteil, sie haben vieles gut gemacht und Grosses geschaffen (auch wenn sie halb Europa geknechtet haben.....). Aber (aus unserer modernen, aufgeklärten Sicht) waren sie sehr abergläubisch, für uns wäre so etwas sehr abstrus.
So gab es eigens eine Gottheit für die Neugeborenen der ersten Stunde (die erste Stunde war eine sehr kritische im Leben eines Neugeborenen Kindes). Wenn nun eine Frau in den Wehen war, brachte man dieser Gottheit ein Opfer dar, in der Hoffnung, dass das Opfer von der Gottheit angenommen wird und das Kind die erste Stunde nach der Geburt überlebt.

Fazit: der von uns als abstrus betrachtete Aberglaube hat sich von der vorrömischen Zeit, über die römische Zeit quer durch das Mittelalter hinweggezogen. Erst die Aufklärung und die damit verbundene Wissenschaft brachten eine Aenderung.
 
So gab es eigens eine Gottheit für die Neugeborenen der ersten Stunde (die erste Stunde war eine sehr kritische im Leben eines Neugeborenen Kindes). Wenn nun eine Frau in den Wehen war, brachte man dieser Gottheit ein Opfer dar, in der Hoffnung, dass das Opfer von der Gottheit angenommen wird und das Kind die erste Stunde nach der Geburt überlebt.

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Ja, aber der Gott hat nicht das Kind gemacht. Darum ging es ja ursprünglich hier.
Den Göttern wurde anschliessend gedankt.
Ich baue eine Strasse und danke dann dem Gott, der es mir ermöglichte, so gut zu bauen. Als reine Vorsichtsmassnahme. Oder man bittet vorher um gutes Gelingen. Bauen muss man selber.
 
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Ich würde zu Minerva tendieren.

Wäre schon eigenartig, wenn es keinen Gott für das Bauwesen gegeben hätte (natürlich nur als Nebenbeschäftigung).
 
Ich würde zu Minerva tendieren.

Wäre schon eigenartig, wenn es keinen Gott für das Bauwesen gegeben hätte.

Aber ja doch, brisso.
Hier geht es doch um die scheinheilige Frage, von wem der Mensch das gelernt haben könnte.
Ich bin da wahrscheinlich zu rationel eingestellt.

Da kam doch nicht Minerva und hat dem Baumeister gesagt, so und so musst du das machen.
Das ist ja genauso, wie wenn ich abends bete und um einen guten neuen Tag bitte. wird der dann wirklich gut, bedanke ich mich artig.
 
Fazit: der von uns als abstrus betrachtete Aberglaube hat sich von der vorrömischen Zeit, über die römische Zeit quer durch das Mittelalter hinweggezogen. Erst die Aufklärung und die damit verbundene Wissenschaft brachten eine Aenderung.

Es mag mal Zeiten gegeben haben, worin die Römer so abergläubisch waren, aber als Juvenal schien "Dass eine einzige Barke ausreichen soll, so viele Tausende Tote über den Unterweltfluss Styx hinüberzusetzen, das glauben selbst Kinder nicht mehr", war das sicherlich nicht der Fall.

Und die tatsache das in der Römische Kaiserzeit viele Römer andere Religionen wie das Christentum oder der Mithraskult annahmen, sagt auch viel aus.

Aber für alle Fälle war es doch nicht so Verkehrt sich bei den Göttern ab zu sichern, und auch heute gibt es Menschen die sich nie für Religion interressieren, aber beten wenn es brenzelig wird. Solche Leute mag es bei den Römern auch gegeben haben.

Aber wie auch heute gab es natürlich streng religiöse Menschen, aber sie bildeten nicht immer die Mehrheit. Denn wenn man weiß wie z.B. Naturgesetze funktionieren, brauch man kein Aberglaube mehr.
 
Gut, also wir sind uns, denke ich, weitgehend einig, daß die Römer
a) sicher Götter hatten, die allgemein für das Verkehrswesen und die Wissensvermittlung zuständig waren, und
b) Straßen bauen konnten.

Aber bisher kannte noch niemand eine Sage, in der berichtet wird, daß ein bestimmter Gott den Römern / Menschen das Geheimnis des Straßenbaus verraten hat, oder?

Analog zu Prometheus mit dem Feuer bzw. Athene und den Olivenbäumen.
 
Aber ja doch, brisso.
Hier geht es doch um die scheinheilige Frage, von wem der Mensch das gelernt haben könnte.
Ich bin da wahrscheinlich zu rational eingestellt.

Man muss die Frage ein wenig übersetzen. So wie der Thread "Ist die Erde eine Scheibe" nicht danach fragt, wie die Erde denn nun tatsächlich aussieht, sondern, ob die mittelalterliche Vorstellung wirklich dem so häufig kolportierten Klischee entspricht, so geht es in diesem Thread nicht darum, ob die Römer den Straßenbau eigenständig erfunden haben, sondern darum, ob sie einen Mythos hatten (so wie der griechische Mythos von Prometheus, der den Menschen das Feuer brachte). Irgendwer hatte da einen recht schlauen Gedanken: Der Straßenbau ist zu jung (spätes 4. Jahrhundert), der Sachverhalt an sich zu gut erinnert, als dass man dafür einen Mythos haben könnte.

Das reicht aber natürlich für den Ausschluss eines solchen Mythems nicht. Aber die Römer waren ein auf Inschriften versessenes Volk, hier gibt es dann doch einen Ansatzpunkt, der Sache vielleicht näher zu kommen!

In der Datenbank des CIL gibt es 2245 Einträge zu " via" [das Freizeichen hilft, -via als Namensbestandteil auszugrenzen, leider lässt sich das am Ende nicht machen, denn dann werden eben auch alle Flektionsendungen von via ignoriert. Wenn man aber die viatoren ausgrenzt, dann sind es nur noch 1606 Einträge]. Von diesen habe ich zwar nur einen Bruchteil gelesen, aber alle Inschriften, die ich gelesen habe, nennen den Erbauer oder Restitutor von viae und zugehörigen Installationen, niemals eine Gottheit, der gedankt wird.
 
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Ich sags noch mal. "Von welchem Gott lernten die Römer das Strassenbauen"
Von gar keinem Gott. Sie bedankten sich vieleicht.
Die Fragestellung selber sagt doch schon alles. Ich verstehe nicht, dass da so ein Trara draus gemacht wird.
 
Genau, und ein Schutzgott für die Straßen brauchten sie auch nicht, denn was kann denn schon an eine Straße so großes Kaputt gehen? Die Römer kannten weder LKW's noch Schneeketten noch Spikes :D

Und beim Bau von Straßen gibt es normalerweise auch nicht so viele Toten, da es die meisten Menschen überleben wenn sie von die Baustelle herunterfallen. ;) Auch benutzte man dafür keine große Steine unter denen man erdruckte werden konnte. Und die Arbeitende Sklaven brauchten meist auch keine Angst zu haben das ihr Besitzer sie totarbeiten ließ, den Sklaven waren teuer und hatten es oft nicht viel schlechter, wenn nicht sogar besser, wie die freie Arbeiter die die Pyramiden oder die Inkastädte und -straßen bauten.

Über Cloacina: wenn man ein bisschen mehr über sie nachliest bemerkt man schon schnell das sie nicht nur die Göttin der Abwasserleitungen oder Klo, sondern eine (Stink:D)normale Flussgöttin die schon in der Königszeit verehrt wurde. Das sie die Römer lehrte wie sie Abwasserleitungen anlegen sollten habe ich nirgendswo gelesen.

Cloaca Maxima ? Wikipedia
Venus Cloacina
Shrine of Venus Cloacina - Wikipedia, the free encyclopedia
 
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