vor der Entente Cordial - Bündnis zwischen Deutschland, Frankreich und Russland?

Bei dir hat der Fehlerteufel zugeschlagen.:)
Es handelt sich um die Dokumente 6220 und 6226 und nicht um die Dokumente 2220 und 2226.;)

Und der Willy brüstet sich mit wortreicher Selbstgefälligkeit seinen „lieben Freund“ hereingelegt zu haben.

Auf welche Passage in Dokument 6220 nimmst du hier Bezug?
 
Ich nehme an Du hast 6220 komplett gelesen.
Erst schwatzt er den Nicky eine ganze Nacht voll (bis zum hellen Morgen) und am folgenden Nachmittag zieht er den Vertrag aus der Tasche: "Ich besitze eine Abschrift, die ich so ganz zufällig in der Tasche bei mir habe."
Diesen unterschreibt der Zar ohne weiteres Nachdenken.
Tolle diplomatische Leistung aus dem Kindergarten, wie auch der ganze Bericht des Wilhelm ein Dokument der Unreife und Hinterhältigkeit darstellt.
(Und nicht zu vergessen: der gleiche Willy ermunterte den Zaren Anfang 1904 zum sinnlosen Abenteuer in Korea, das schließlich zum katastrophalen russisch-japanischen Krieg führt. Und es ist der Willy, der 1899 die vom Zaren initiierte Friedenskonferenz nach Kräften sabotiert und der sich in deren Vorfeld sehr abwertend über den Zaren auslässt)
Und kaum an heimischer Küste angekommen, schreibt er am 27. Juli einen mindestens merkwürdigen Brief an den "Dearest Nicky".
Das negative Urteil Albertinis über die geistige Verfassung des Kaisers ist nicht von der Hand zu weisen.
 
Ich finde das du da doch etwas übertreibst. Unreife ja, Hinterhältigkeit im vorliegendem Falle nein.

Der Zar hatte das Dokument dreimal, nach der Auskunft von Wilhelm II., gelesen. Er befand sich zu jener Zeit ja nun auch nicht gerade in einer angenehmen Situation. Im Inneren gärte es, der Krieg lief nicht so dolle, sein Verbündeter Frankreich rührte keine Finger und über England war Nikolaus schlicht, Stichwort Doggerbank, empört. Es ist nicht unbedingt überraschend, das er da für Wilhelm II. sein Angebot empfänglich war.

Intrigenspiele waren zu jener Zeit bestimmt nicht besonderes. Vertrauliche diplomatische Mitteilungen, wurden an ohne Rot zu werden, an andere Ohren, für die es ganz gewiss nicht bestimmt war, weitergereicht. Da gibt es jede Menge unschöne Geschichten.

Und wenn Albertini der Auffassung ist, das Wilhelm II. geistig nicht gesund war, dann stellt sich mir die Frage, auf welche psychologischen Gutachten er sich denn stützt.
 
Er schreibt, dass an Wilhelms geistiger Gesundheit wiederholt gezweifelt wurde und das lässt sich ja belegen.
Es ist also keine psychologische Ferndiagnose.
 
Ja, Zweifel hatte auch John Röhl, er zog die Möglichkeit eines Hirnschadens in seiner überragenden Biographie über Wilhelm II. in Betracht. Nur, ein wirklich zwingender Beweis ist bis heute nicht vorgelegt worden.
 
Zuletzt bearbeitet:
Der Zar hatte das Dokument dreimal, nach der Auskunft von Wilhelm II., gelesen.
Der Willy schreibt dazu in seinem Bericht über den 24. Juli (Dokument 6220):
„Jetzt fühlte ich dem Moment gekommen! …
Wie wäre es denn wenn wir auch so ein „little agreement“ machten? Wir hätten ja schon mal eins berathen, das sei aber nicht gegangen wegen Declassé und Spannungen mit Frankreich.
Jetzt sei das ja alles vorbei, wir würden gute Freunde der Gallier werden, also nun falle jedes Hinderniß fort?!“

Darauf der Zar: „Oh yes to be sure, I remember well, but I forgot the content of it, what a pity..“
Und dann schiebt der Willy dem „Dearest Nicky“ einen Vertrag von größter Konsequenz unter, in einer Weise, die man nicht einmal von einem gegenwärtigen Staubsaugervertreter erwarten würde.
Und er brüstet sich damit vor Bülow in allerhöchst selbstgefälliger Weise von Gottes Gnaden.
„Ich besitze eine Abschrift, die ich so ganz zufällig in der Tasche bei mir habe. Der Zar faßte mich am Arme und zog mich aus dem Saale in seines Vaters Cajüte ..“
Dort wird der Zar unterschreiben.

Mein Herz schlägt so laut, daß ich es höre; ich raffe mich zusammen und sagte so ganz nebenhin: „Should You like to sign it? It would be a nice souvernier of our entreuve“?“.
(Hervorhebung durch mich)
Und dann schaut der Nikolaus II nochmal kurz drüber und unterschreibt und schließt ihn, den Willy, „gerührt in seine Arme“.

Ich kann den Bericht des Willy vom 25. Juli wirklich nicht anders lesen, als dass er den verzweifelten Nicky in unwürdiger Weise über den Tisch gezogen habe und darüber in triumphierender Freude in ausführlichster Weise berichtet.

Das geht im Jahre 1905 von Wisby über das Kabel mit einem ungewöhnlich hohen Aufwand für die Übermittlung einer derartig langen Nachricht.(Codieren, in die Tasten Klappern, Decodieren, alles händisch) Der Kaiser kann es nicht erwarten seinen Triumpf seinem Kanzler Bülow mitzuteilen.
Dieser teilt die Euphorie seines Herren nicht, sondern ersucht stattdessen um seine Entlassung.
 
Die haben in Englisch einander geschrieben und das war auch ihre gemeinsame mündliche Sprache.
Sie waren ja Enkel der Königin Viktoria.
Der Vertrag war in Französisch.
 
Der Willy schreibt dazu in seinem Bericht über den 24. Juli (Dokument 6220):
„Jetzt fühlte ich dem Moment gekommen! …
Wie wäre es denn wenn wir auch so ein „little agreement“ machten? Wir hätten ja schon mal eins berathen, das sei aber nicht gegangen wegen Declassé und Spannungen mit Frankreich.
Jetzt sei das ja alles vorbei, wir würden gute Freunde der Gallier werden, also nun falle jedes Hinderniß fort?!“

Darauf der Zar: „Oh yes to be sure, I remember well, but I forgot the content of it, what a pity..“
Und dann schiebt der Willy dem „Dearest Nicky“ einen Vertrag von größter Konsequenz unter, in einer Weise, die man nicht einmal von einem gegenwärtigen Staubsaugervertreter erwarten würde.
Und er brüstet sich damit vor Bülow in allerhöchst selbstgefälliger Weise von Gottes Gnaden.
„Ich besitze eine Abschrift, die ich so ganz zufällig in der Tasche bei mir habe. Der Zar faßte mich am Arme und zog mich aus dem Saale in seines Vaters Cajüte ..“
Dort wird der Zar unterschreiben.

Mein Herz schlägt so laut, daß ich es höre; ich raffe mich zusammen und sagte so ganz nebenhin: „Should You like to sign it? It would be a nice souvernier of our entreuve“?“.
(Hervorhebung durch mich)
Und dann schaut der Nikolaus II nochmal kurz drüber und unterschreibt und schließt ihn, den Willy, „gerührt in seine Arme“.

Ich kann den Bericht des Willy vom 25. Juli wirklich nicht anders lesen, als dass er den verzweifelten Nicky in unwürdiger Weise über den Tisch gezogen habe und darüber in triumphierender Freude in ausführlichster Weise berichtet.

Das geht im Jahre 1905 von Wisby über das Kabel mit einem ungewöhnlich hohen Aufwand für die Übermittlung einer derartig langen Nachricht.(Codieren, in die Tasten Klappern, Decodieren, alles händisch) Der Kaiser kann es nicht erwarten seinen Triumpf seinem Kanzler Bülow mitzuteilen.
Dieser teilt die Euphorie seines Herren nicht, sondern ersucht stattdessen um seine Entlassung.

Das sehe ich nicht so. Der Zar hatte das entsprechende Dokument in Ruhe mehrfach gelesen. Niemand hat oder hätte ihm daran gehindert, das Dokument von einer dritten Person prüfen zu lassen. Nikolaus kannte die Einstellung seiner leitenden Diplomaten und trotzdem unterschrieben. Die letzten Bemühungen des deutschen Kaiser lagen ja noch nicht lang zurück und gerade deshalb kann hier von Hinterhältigkeit nicht gesprochen werden. Wilhelm II.hatte seine Absichten klar auf dem Tisch gelegt und Nikolaus hatte diese, ohne das Dokument seinen Minister Lamsdorff prüfen zu lassen, unterzeichnet. Das ist eine gewollte Nachlässigkeit ersten Ranges oder gar absolutistisches Agieren.

Und das Wilhelm II. in seiner speziellen Art das ganze theatralisch darstellt und ausschmückt; geschenkt. Aber Hinterhältigkeit vermag ich nicht zu erkennen.
 
Ich bemühe mal einen Zeitzeugen; Bernhard von Bülow.

Er schreibt in seinen Denkwürdigkeiten, Band 2, S.137:, " Am 22.Juli erhielt ich ein Telegramm des Kaisers, in dem er erfreut mitteilte, daß der Zar ihm aufgefordert habe, in Björkö, einer kleinen Insel in den finnischen Schären, mit ihm zusammenzutreffen.
Am folgenden Tag ( es war nicht der 23.7 wie Bülow schreibt, sondern der 24.7; Anmerkung von mir) erreichte mich in Norderney, wo ich mich aufhielt, ein noch freudigeres Telegramm Seiner Maajestät, um mir zu sagen, der Zar sei tief bewegt und hoch beglückt durch das Wiedersehen. Er sei auf alle Wünsche des Deutschen Kaisers eingegangen, der deutsch-russische Vertrag sei perfekt. Ich habe man exzentrisches Telegramm vom Kaiser erhalten, aber nie so eine enthusiastische Kundgebung wie aus Björkö.

Bülow erkannte natürlich die Schwierigkeit des Zusatzes en Europe. Er meinte, das Russland uns gegen England keine Dienste leisten könnte. Nur wenn es Indien bedrohte, wurden die Engländer an einem für sie empfindlichen Punkt getroffen. Ebenfalls hatte Bülow auch Bedenken gegen das Hinzuziehen Dänemarks um eintretendenfalls den Sund für die englische Flotte zu sperren.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ein anderer Zeitzeuge, der ehemalige Generalstabschef und russische Kriegsminister Suchomlinow schreibt in seinen Erinerungen, " Frankreichs Verhalten während des Japanischen Krieges hätte unseren Diplomaten die Augen darüber (gemeint war der militärische Wert des Bündnisses; Anmerkung von mir) öffnen müssen.
 
Der Willy schreibt dazu in seinem Bericht über den 24. Juli (Dokument 6220):
„Jetzt fühlte ich dem Moment gekommen! …
Wie wäre es denn wenn wir auch so ein „little agreement“ machten? Wir hätten ja schon mal eins berathen, das sei aber nicht gegangen wegen Declassé und Spannungen mit Frankreich.
Jetzt sei das ja alles vorbei, wir würden gute Freunde der Gallier werden, also nun falle jedes Hinderniß fort?!“

Darauf der Zar: „Oh yes to be sure, I remember well, but I forgot the content of it, what a pity..“
Und dann schiebt der Willy dem „Dearest Nicky“ einen Vertrag von größter Konsequenz unter, in einer Weise, die man nicht einmal von einem gegenwärtigen Staubsaugervertreter erwarten würde.
Und er brüstet sich damit vor Bülow in allerhöchst selbstgefälliger Weise von Gottes Gnaden.
„Ich besitze eine Abschrift, die ich so ganz zufällig in der Tasche bei mir habe. Der Zar faßte mich am Arme und zog mich aus dem Saale in seines Vaters Cajüte ..“
Dort wird der Zar unterschreiben.

Mein Herz schlägt so laut, daß ich es höre; ich raffe mich zusammen und sagte so ganz nebenhin: „Should You like to sign it? It would be a nice souvernier of our entreuve“?“.
(Hervorhebung durch mich)
Und dann schaut der Nikolaus II nochmal kurz drüber und unterschreibt und schließt ihn, den Willy, „gerührt in seine Arme“.

Ich kann den Bericht des Willy vom 25. Juli wirklich nicht anders lesen, als dass er den verzweifelten Nicky in unwürdiger Weise über den Tisch gezogen habe und darüber in triumphierender Freude in ausführlichster Weise berichtet.

Das geht im Jahre 1905 von Wisby über das Kabel mit einem ungewöhnlich hohen Aufwand für die Übermittlung einer derartig langen Nachricht.(Codieren, in die Tasten Klappern, Decodieren, alles händisch) Der Kaiser kann es nicht erwarten seinen Triumpf seinem Kanzler Bülow mitzuteilen.
Dieser teilt die Euphorie seines Herren nicht, sondern ersucht stattdessen um seine Entlassung.

Im Jahre 1917 wurden in der russischen Zeitschrift "Bylogje" aus der Korrespondenz zwischen Wilhelm II. und Nikolaus 60 Dokumente veröffentlicht.
In Vorwort dieser Veröffentlichung schreibt Professor Tarle über Kaiser Wilhelm II. :
"Wir haben in ihm ein Mann vor uns, der aufmerksam und klug die Interessen seines Vaterlandes wahrnimmt, der sich eine genaue diplomatische Aufgabe gestellt hat und unbeirrt ihre Lösung sucht. Er muss um jeden Preis ein Bündnis der drei großen Kontinentalmächte gegen England schaffen; die Erreichung dieses Zieles war zur Zeit, da die in meinen Händen befindliche Korrespondenz beginnt, durch den noch nicht beendeten Japanischen Krieg und Rußlands scharfen diplomatischen Gegensatz zu England erleichtert. Das heißt, es handelt sich nur darum, Frankreich zum Bruch seines Abkommens mit England vom 08.April 1904 und zum Anschluss an die russisch-deutsche Koalition zu veranlassen."
 
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