Vorderösterreich im 18.Jh.

Die Position der Habsburger im Heiligen Römischen Reich stützte sich vor allem auf die riesige zusammenhängende Ländermasse Österreich, Steiermark, Kärnten, Krain, Tirol, Schlesien und Böhmen, woran sich 1526 im Osten Ungarn anschloss, das freilich außerhalb der Reichsgrenzen lag. Das war die bedeutende Hausmacht der Habsburger, die ihnen den entscheidenden territorialen Rückhalt in ihrer Funktion als römisch-deutsche Kaiser bot.

Vorderösterreich hingegen war sichtbarer Ausdruck des gescheiterten Versuchs, eine zentrale habsburgische Machtbasis im deutschen Südwesten aufzubauen und blieb somit ein unfertiges Konglomerat. Nach der mir vorliegenden großen Spezialkarte des Bayerischen Schulbuchverlags, die alle süddeutschen Territorien im Jahr 1789 zeigt, bestand Vorderösterreich aus ungefähr 30 kleinen und über den ganzen Südwesten verstreuten Gebietsteilen, unter denen die Landgrafschaft Breisgau das mit Abstand größte Territorium repräsentierte.
Das ist ein bisschen schwierig, das so stehen zu lassen. Lange Zeit gehörte ja Vorarlberg direkt zu Vorderösterreich und wurde zusammen damit verwaltet. Zeitweilig wurde auch Tirol einbezogen. Vorarlberg selbst war ja ein Teil des zusammenhängenden Gebietes Österreichs.

Die abgesonderte Lage Vorderösterreichs kam erst im späten 18.Jh. so zustande, als Tirol und Vorarlberg abgetrennt wurden. Zwar kam die Ortenau wieder mit dem Aussterben der katholischen Linie des Hauses Baden dazu, hingegen wurden am Ende eines jahrhundertealten Rechtsstreites auch Gebiete an Baden-Durlach abgetreten (es ging um das Zähringer Erbe).
Die wohl entlegenste Gegend Vorderösterreichs war die Grafschaft Falkenstein in der Nähe von Mainz. Immerhin nannte sich aber Joseph II. angelegentlich als Inkognito Graf von Falkenstein.

Seit dem Dreißigjährigen Krieg mit dem Verlust der elsässischen Gebiete, welche ehedem zusammen mit dem Breisgau eine eher bedeutende Landmasse (und eine nicht eben arme :) ) dargestellt hatten, ging es aber wohl mit den habsburgischen Besitzungen territorial betrachtet stetig bergab.:weinen:;)
 
Seit dem Dreißigjährigen Krieg mit dem Verlust der elsässischen Gebiete, welche ehedem zusammen mit dem Breisgau eine eher bedeutende Landmasse (und eine nicht eben arme :) ) dargestellt hatten, ging es aber wohl mit den habsburgischen Besitzungen territorial betrachtet stetig bergab.

Auf jeden Fall zählte das Vorderösterreich nördlich des Bodensees - also die im Raum des heutigen Baden-Württember verstreut liegenden Gebietsstücke - nicht zu den Territorien, auf denen die zentrale Hausmacht der Habsburger ruhte. Völlig vergessen wird zumeist, dass sich König Rudolf von Habsburg und seine Nachkommen bis hin zu Kaiser Maximilian I. darum bemühten, das 1268 erloschene Herzogtum Schwaben als Grundlage einer habsburgischen Königsmacht zu restituieren, was die territorialen Erwerbungen im Südwesten Deutschlands erst verständlich macht. Dass daraus nichts wurde und sich das Zentrum der habsburgischen Macht im Reich nach Osten verschob, zeugt von diesem gescheiterten Plan.

Der Name "Vordere Lande" war seit dem 15. Jh. die Bezeichnung für "die Lande vor dem Arlberg", von Wien bzw. Innsbruck aus gesehen. Administrativ zuständig war in jener Zeit die Regierung in Innsbruck, die 1752/59 an die neuerrichtete vorderösterreichische Regierung in Freiburg überging. Vorarlberg wurde 1782 wieder Innsbruck unterstellt.
 
Ich wollte auch nicht zu weit ausholen im Zurückgehen in der Geschichte. (Sonst wäre ich noch auf die Zeit der Gründung der Universität in Freiburg (15.Jh. gekommen.):red:
 
Auf jeden Fall zählte das Vorderösterreich nördlich des Bodensees - also die im Raum des heutigen Baden-Württember verstreut liegenden Gebietsstücke - nicht zu den Territorien, auf denen die zentrale Hausmacht der Habsburger ruhte. Völlig vergessen wird zumeist, dass sich König Rudolf von Habsburg und seine Nachkommen bis hin zu Kaiser Maximilian I. darum bemühten, das 1268 erloschene Herzogtum Schwaben als Grundlage einer habsburgischen Königsmacht zu restituieren, was die territorialen Erwerbungen im Südwesten Deutschlands erst verständlich macht. Dass daraus nichts wurde und sich das Zentrum der habsburgischen Macht im Reich nach Osten verschob, zeugt von diesem gescheiterten Plan.

Es sind nicht alle Pläne in Erfüllung gegangen, aber wann sind sie das schon jemals?

Ich kann mich einfach des Eindrucks nicht erwehren, dass Du die Vielschichtigkeit des alten Reiches bei Deiner Einschätzung außer acht lässt.
Was mir so aus der Hand einfällt.
Württemberg war 1520-1534 österreichisch, dann bis Ende des 16. Jahrhunderts Ö-Lehen, das Habsburgische Erbrecht bei
Aussterben der männl. Württ.-Linie galt bis zum Ende des alten Reiches. Die Burg Hohenzollern hatte jahrhundertelang Ö-Besatzung.
Die ganzen Ritterschaftlichen Gebiete, oftmals war ja die "reichsunmittelbarkeit" zumindest sehr umstritten, die ganzen Klöster unter Ö-Schutz, ich kenne Dörfer, die dreierlei Herren hatten.

Umgekehrt, die ganzen Schlösser in Böhmen, in Tirol in der Steiermark hatten doch auch ihre Herren, Waldstein, Schwarzenberg, Lichtenstein, auch diese Vielschichtigkeit gehört berücksichtigt, wird das im Atlas schöön gelbe Böhmen Kärnten usw. ganz plötzlich farbig schillernder, weniger eindeutig.
 
Ehrlich gesagt ist mir eh ein Rätsel wie bei der Vielschichtigkeit der Eigentumstitel und Rechte im HRR speziell im Südwesten überhaupt Gebietskarten entstehen.
Mein Problem mit Karten wie der von ursi vorgestellten, ist eher, dass dort i.d.R. nicht ein Zeitzustand allein dargestellt wird. Das macht es eben sehr konfus.

Bestimmte Aspekte wie der Wunsch der Malteserherren von Heitersheim ein reichsunmittelbares Territorium zu haben, lässt sich wohl auf einer Karte z.B. nicht darstellen.
Bemerkenswert übrigens: bei einer Führung am Tag des Offenen Denkmals im Malteserschloss Heitersheim vertrat die Führerin die Meinung rund um Heitersheim hätte ein größeres Gebiet reichsunmittelbar zum Orden gehört. Bei sowas hake ich nicht nach, weil ich Zoff mit Museumsführern (v.a. die Führung war gratis) nicht mag und erwartet hätte. Jedenfalls ist das mit der Reichsunmittelbarheit des Gebietes des Ordens schon damals (im 18.Jh.) relativ rasch zu Gunsten Österreichs entschieden worden. Komisch wie sich manche Leute was zusammenreimen.:grübel:
 
Mein Problem mit Karten wie der von ursi vorgestellten, ist eher, dass dort i.d.R. nicht ein Zeitzustand allein dargestellt wird. Das macht es eben sehr konfus.

:grübel:

Nicht nur konfus, zB Im Fall Grafschaft Sigmaringen und Grafschaft Veringen schlicht falsch. Seit Jahrhunderten Habsburgisches Lehen an Hohenzollern.
Und dass sich die Damen und Herren bei "AEIOU" das nette Detail entgehen lassen, dass Hohenzollern bis zum Ende des HRR Lehensnehmer von Habsburg war, kann ich gleich gar nicht verstehen. Da hat doch irgend einer seinen Job verfehlt:motz:

Bestimmte Aspekte wie der Wunsch der Malteserherren von Heitersheim ein reichsunmittelbares Territorium zu haben, lässt sich wohl auf einer Karte z.B. nicht darstellen.
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Ganz meine Meinung

Bemerkenswert übrigens: bei einer Führung am Tag des Offenen Denkmals im Malteserschloss Heitersheim vertrat die Führerin die Meinung rund um Heitersheim hätte ein größeres Gebiet reichsunmittelbar zum Orden gehört. Bei sowas hake ich nicht nach, weil ich Zoff mit Museumsführern (v.a. die Führung war gratis) nicht mag und erwartet hätte. Jedenfalls ist das mit der Reichsunmittelbarheit des Gebietes des Ordens schon damals (im 18.Jh.) relativ rasch zu Gunsten Österreichs entschieden worden. Komisch wie sich manche Leute was zusammenreimen

Da haut es mich auch immer mal wieder auf den Allerwertesten, was da für ein Unsinn erzählt wird.
Je nach Tageslaune lächle ich still:still:, oder blase ihm laut den Marsch:rofl:
 
Umgekehrt, die ganzen Schlösser in Böhmen, in Tirol in der Steiermark hatten doch auch ihre Herren, Waldstein, Schwarzenberg, Lichtenstein, auch diese Vielschichtigkeit gehört berücksichtigt, wird das im Atlas schöön gelbe Böhmen Kärnten usw. ganz plötzlich farbig schillernder, weniger eindeutig.
Da ist viel dran.

Ich habe die oben verlinkte Karte und die diversen Erläuterungen mit Interesse zur Kenntnis genommen. Aber es bleibt eine gewisse Skepsis - denn gewiß waren die habsburgischen Besitzungen in Vorderösterreich zersplittert, aber das ist doch im alten Reich nichts wirklich Besonderes.

Auch andere Fürstentümer (und durchaus mächtige und reiche) waren ein Flickenteppich aus allen möglichen Gebieten mit durchaus unterschiedlichen Rechtsstellungen. Vorderösterreich ist wahrscheinlich wirklich noch etwas extremer in der Unterschiedlichkeit der einzelnen Teile - aber was diese Herrschaft den Habsburgern insgesamt an finanziellen oder politischen Möglichkeiten bot, das muß man wohl genauer untersuchen.
 
Ich habe die oben verlinkte Karte und die diversen Erläuterungen mit Interesse zur Kenntnis genommen. Aber es bleibt eine gewisse Skepsis - denn gewiß waren die habsburgischen Besitzungen in Vorderösterreich zersplittert, aber das ist doch im alten Reich nichts wirklich Besonderes.

Auch andere Fürstentümer (und durchaus mächtige und reiche) waren ein Flickenteppich aus allen möglichen Gebieten mit durchaus unterschiedlichen Rechtsstellungen.

Die wirklich bedeutenden Reichsfürstentümer hatten im 17. und 18. Jh. relativ geschlossene Territorien begründet. Das war schließlich das Ziel der Fürsten, seit ab Ende des 12. Jh. der Übergang vom Personenverbandsstaat zum Flächenstaat vollzogen wurde und im Zuge dieser langen Entwicklung konkurrierende Grafschaften, Abteien und andere Adelsherrschaften inkorporiert und landsässig gemacht wurden mit dem Ziel, ein geschlossenes Territorium aufzubauen. Diese Entwicklung wird fogerichtig als Territorialisierung bezeichnet.

Das gelang nicht überall und meist nur unvollkommen und der bekannte "Flickenteppich" des Heiligen Römischen Reichs zeigt das deutlich. Dennoch hatten die wirklich bedeutenden Fürstentümer im 18. Jh. einen hohen Grad von Geschlossenheit erreicht, auch wenn sich in ihren Territorien immer noch diese oder jene Reichsgrafschaft oder eine Reichsritterschaft befanden und manche Gebietsteile Exklaven blieben.

Zu nennen wären hier das Kurfürstentum Sachsen, das Herzogtum Bayern, das Kurfürstentum Hannover, das Kurfürstentum Brandenburg-Preußen, das Herzogtum Württemberg oder die gewaltige geschlossene Ländermasse Habsburgs mit Österreich, Krain, Steiermark, Kärnten, Tirol und Böhmen. Auch wenn diese - und andere - Fürstentümer längst nicht eine mit heutigen Maßstäben vergleichbare Geschlossenheit erreicht hatten, so waren sie doch auf dem Weg dorthim.

Den eigentlichen "Flickenteppich" machen ja auch nicht die Kurfürstentümer und großen Landesherrschaften aus, sondern die Unzahl kleiner Grafschaften, Reichsritterschaften (es gab mehrere Hundert), Herrschaften, Reichsabteien und Reichsklöster.
 
Zuletzt bearbeitet:
Den eigentlichen "Flickenteppich" machen ja auch nicht die Kurfürstentümer und großen Landesherrschaften aus, sondern die Unzahl kleiner Grafschaften, Reichsritterschaften (es gab mehrere Hundert), Herrschaften, Reichsabteien und Reichsklöster.
Die drei geistlichen Kurfürstentümer waren schon eine Art Flickenteppich. Dann natürlich auch die Pfalz, bzw. dann ab 1778 auch Bayern, da ja das Ländertauschprojekt nicht gelang.
Bei den kleineren Reichsständen sind frileich auch gegenteilige Entwicklungen zu beobachten: Zukauf von weit vom Stammland gelegenen und teilweise im Lehensverhältnis noch einem Landesherren untergebenen Gebieten usw.. Gerade im 17. und 18.Jh. blühte das Skundogenitur(un)wesen in vielen Gegenden weiter (Kursachsen (bis zum Aussterben der Weißenfelser, Zeitzer und Merseburger Linie, ernestinische Herzogtümer, Reußen, Hohenloher Grafen...).
Zumindest Österreich und Preußen waren aber mit ihren Gebietsabrundungen mehr oder weniger erfolgreich. Gerade Österreich gelang dies allerdings wie auch Bayern wegen des Widerstandes von Preußen und anderen Reichsfürsten allerdings nicht. (Steht auch im direkten Bezug zu Vorderösterreich.)
 
Schaut man sich eine Geschichtskarte des Heiligen Römischen Reichs von 1789 an, so lässt sich gut erkennen, dass sich geößere territoriale Komplexe herausgebildet haben, besonders wenn man eine Karte z.B. des 15. Jh. damit vergleicht. Dass die Territorialisierung ein jahhundertelanger Prozess war, der auch am Ende des Alten Reichs nicht abgeschlossen war, ist jedem Historiker bekannt.

Diese Territorialisierung unterscheidet das HRR mit seinen Landesherrschaften grundlegend von den anderen Staaten Europas - vielleicht abgesehen von Italien. Und in diesem Zusammenhang haben einige Landesfürstentümer größeres Gewicht als andere, weil sie vor allem auch eine nachhaltige Binnenstruktur entwickelt hatten und wirtschaftlich und militärisch richtige Konzepte verfolgten. Die Aufteilung eines Fürstentums unter diverse Linien bedeutete natürlich eine Schwächung der Macht. Und in diesem Zusammenhang kann man gerade Vorderösterreich, das im Raum des heutigen Baden-Württemberg in etwa 30 kleine Gebietspartikel zerfiel, nun wirklich nicht als schlagkräftiges Gebilde betrachten, was im Hinblick auf die übrige habsburgische Machtkonzentration allerdings unerheblich war.
 
Die wirklich bedeutenden Reichsfürstentümer hatten im 17. und 18. Jh. relativ geschlossene Territorien begründet. Das war schließlich das Ziel der Fürsten, seit ab Ende des 12. Jh. der Übergang vom Personenverbandsstaat zum Flächenstaat vollzogen wurde und im Zuge dieser langen Entwicklung konkurrierende Grafschaften, Abteien und andere Adelsherrschaften inkorporiert und landsässig gemacht wurden mit dem Ziel, ein geschlossenes Territorium aufzubauen. Diese Entwicklung wird fogerichtig als Territorialisierung bezeichnet.


en sie doch auf dem Weg dorthim.

Den eigentlichen "Flickenteppich" machen ja auch nicht die Kurfürstentümer und großen Landesherrschaften aus, sondern die Unzahl kleiner Grafschaften, Reichsritterschaften (es gab mehrere Hundert), Herrschaften, Reichsabteien und Reichsklöster.


Ich kann das nach wie vor nicht so richtig akzeptieren.

Die ganzen Klöster, reichsunmittelbar oder nicht, die Reichsstädte, die Ritterschaft hat sich doch alles unter den Schutz Habsburgs geflüchtet. Abgesehen von Württemberg, (Baden bin ich nicht so informiert) haben die den Südwesten doch direkt oder indirekt beherrscht, auch nicht viel anders wie Tirol oder Niederösterreich. Wo es doch auch Klöster, Städte, Adel und das ganze Gesockse gab, die garantiert auch nicht bei jedem Satz der aus der Hofburg kam "ja und Amen" sagten.
Gerade, dass Österreich im Südwesten seit dem 17. Jahrhundert nicht mehr als der "Länderfresser" aufgetrten ist (ohne natürlich auch nur eines der Rechte aufzugeben) hat die Kleinen doch gerade an die Seite Habsburgs gebracht. (dem Württemberger haben sie zurecht nicht getraut)

Echt, und nicht böse gemeint, ich halte Deine Einschätzung nach wie vor dem Denken des 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts geschuldet.

Die Verwaltung usw. hat doch gar nicht so schlecht funktioniert. Zoll und Mautstellen gab es in Frankreich oder England ähnlich viele. (Wäre mal interessant zu überprüfen, ob es zwischen St. Pölten und Wien, oder zwischen Freiburg und Basel mehr Maut und Zollstellen gab)Bei Rechtsstreitigkeiten konnte das Hofgericht in Rottweil angerufen werden usw. usf.
 
1.
Die ganzen Klöster, reichsunmittelbar oder nicht, die Reichsstädte, die Ritterschaft hat sich doch alles unter den Schutz Habsburgs geflüchtet. Abgesehen von Württemberg, (Baden bin ich nicht so informiert) haben die den Südwesten doch direkt oder indirekt beherrscht, auch nicht viel anders wie Tirol oder Niederösterreich. Wo es doch auch Klöster, Städte, Adel und das ganze Gesockse gab, die garantiert auch nicht bei jedem Satz der aus der Hofburg kam "ja und Amen" sagten.
Gerade, dass Österreich im Südwesten seit dem 17. Jahrhundert nicht mehr als der "Länderfresser" aufgetrten ist (ohne natürlich auch nur eines der Rechte aufzugeben) hat die Kleinen doch gerade an die Seite Habsburgs gebracht. (dem Württemberger haben sie zurecht nicht getraut)

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Die Verwaltung usw. hat doch gar nicht so schlecht funktioniert. Zoll und Mautstellen gab es in Frankreich oder England ähnlich viele. (Wäre mal interessant zu überprüfen, ob es zwischen St. Pölten und Wien, oder zwischen Freiburg und Basel mehr Maut und Zollstellen gab)Bei Rechtsstreitigkeiten konnte das Hofgericht in Rottweil angerufen werden usw. usf.
1.
Bei den Klöstern musst Du zwischen reichsunmittelbaren Reichsständen und gewöhnlichen Klöstern unterscheiden, welche freilich der Verwaltung vor Ort unterworfen war.
Die bedeutenden Klöster in Vorderösterreich waren in den Landständen vertreten. (vgl. auch den Beitrag von mir zur Universität) Ihr politischer Einfluss nahm mit der neuen Verwaltung ab der Jahrhundertmitte schlagartig ab. Andererseits breiteten sie ihr Territorium aus (Da gibt es ein paar schöne Karten dazu in dem von mir angeführten Buch zu Vorderösterreich von Metz (Hrsg.)). Allerdings muss man hinzu sagen, dass sie ebenso rasch wieder auftraten, als dann die Regierung nach Konstanz geflohen war.
Gewissen politischen Einfluss übten die Prälaten sicherlich immer aus, wobei ich den auf Reichsebene - sprich auf dem Reichstag - für bedeutender halte.

2.
Zwischen Basel und Freiburg gab es keine Zollbarrieren in dem Sinne.
Man hatte sich diesbezüglich, wenn ich mich recht erinnere, auch mit Baden-Durlach geeinigt. (V.a. wohl wegen dem Streubesitz am Tuniberg/Kaiserstuhl und Schallstadt, was alles von Müllheim aus regiert wurde.) http://www.geschichtsforum.de/282757-post6.html
 
1.
Bei den Klöstern musst Du zwischen reichsunmittelbaren Reichsständen und gewöhnlichen Klöstern unterscheiden, welche freilich der Verwaltung vor Ort unterworfen war.

Das ist dem alten "Regionaliker" Repo schon bekannt.


2.
Zwischen Basel und Freiburg gab es keine Zollbarrieren in dem Sinne.
Man hatte sich diesbezüglich, wenn ich mich recht erinnere, auch mit Baden-Durlach geeinigt. (V.a. wohl wegen dem Streubesitz am Tuniberg/Kaiserstuhl und Schallstadt, was alles von Müllheim aus regiert wurde.) http://www.geschichtsforum.de/282757-post6.html

Meine Worte
 
I
Die ganzen Klöster, reichsunmittelbar oder nicht, die Reichsstädte, die Ritterschaft hat sich doch alles unter den Schutz Habsburgs geflüchtet. Abgesehen von Württemberg, (Baden bin ich nicht so informiert) haben die den Südwesten doch direkt oder indirekt beherrscht, auch nicht viel anders wie Tirol oder Niederösterreich. Wo es doch auch Klöster, Städte, Adel und das ganze Gesockse gab, die garantiert auch nicht bei jedem Satz der aus der Hofburg kam "ja und Amen" sagten.

Repo, gerade Südwestdeutschland gilt jedem Historiker als Musterbeispiel für deutsche Kleinstaaterei und den berühmten "Flickenteppich" des Heiligen Römischen Reiches. Diese Vielzahl kleiner und kleinster reichunmittelbarer Territorien pochte eifersüchtig auf ihre Selbstständigkeit und brachte jede Verletzung ihrer Souveränität vor das Reichskammergericht, das ab 1527 in Speyer und später in Wetzlar tagte. - Allerdings konnte ein Urteilsspruch unter Umständen Jahre dauern.

Hier eine kleine Auswahl souveräner reichsunmittelbarer Territorien in Südwestdeutschland - sowohl weltliche wie geistliche - , um dir einmal zu zeigen, was da alles an kleinen Zaunkönigen regierte:

Fürstentum Fürstenberg, Fürstentum Oettingen, Grafschaft Königsegg-Aulendorf, Grafschaft Königsegg-Rothenfels, Grafschaft Waldburg, Grafschaft von der Leyen-Hohengerolfseck, Grafschaft Fugger, Grafschaft Hohenlohe, Markgrafschaft Baden, Fürstentum Hohenzollern-Hechingen, Fürstentum Hohenzollern-Sigmatingen, Herzogtum Württemberg, Grafschaft Schönborn-Wiesentheit, Herrschaft Thannhausen, Grafschaft Rechberg, Herrschaft Gammertingen, Herrschaft Lautlingen, Herrschaft Berneck (sowie weitere über 700 selbstständige Territorien der Reichsritterschadt im Schwäbischen Ritterkreis), Reichsabtei Salmannsweiler, Reichsabtei Weingarten, Reichsabtei Ochsenhausen, Reichsabtei Elchingen, Reichsabtei Itsee, Reichsabtei Schussenried, Reichsabtei Rottenmünster usw. usw. usw. Dazu kommen noch zahlreiche Reichsstädte wie Ulm, Reutlingen, Rottweil, Offenburg, Memmingen, Überlingen, Esslingen, Biberach, Weil der Stadt, Ravensburg usw.

Inmitten dieser unübersichtlichen territorialen Gemengelage befanden sich auch die etwa 30 Gebietspartikel Vorderösterrichs, unter denen die Landgrafschaft Breisgau die mit Abstand größte war.
 
Inmitten dieser unübersichtlichen territorialen Gemengelage befanden sich auch die etwa 30 Gebietspartikel Vorderösterrichs, unter denen die Landgrafschaft Breisgau die mit Abstand größte war.
Wobei die Bezeichnung "Landgrafschaft Breisgau", glaube ich, umstritten ist. Es gab m.W. nie einen Landgrafen des Breisgau. Ich würde darum lieber vom "Oberamt Breisgau" sprechen.:winke:
 
Wobei die Bezeichnung "Landgrafschaft Breisgau", glaube ich, umstritten ist. Es gab m.W. nie einen Landgrafen des Breisgau. Ich würde darum lieber vom "Oberamt Breisgau" sprechen.:winke:

Die Bezeichnung "Landgrafschaft Breisgau" hat schon ihre historische Richtigkeit, wie es auch die gleichfalls die zu Vorderösterreich zählende "Landgrafschaft Nellenburg" gibt. Das waren aus dem Mittelalter übernommene Gebietsnamen, die fortgeführt wurden.

Ende des 13. Jh. als Landgrafschaft bezeichnet, kam der nördliche Breisgau, die "niedere Landgrafschaft", 1318 pfandweise an die Grafen von Urach-Freiburg, und ... nach 1368 de facto und 1478 de jure an die Habsburger.

(Lexikon der deutschen Geschichte, Stuttgart 1983, S. 157)

In allen Geschichtsatlanten, die die süddeutschen Territorien im 18. Jh. zeigen, ist das Gebiet als "Landgrafschaft Breisgau" aufgeführt und in habsburgischer Territorienfarbe eingefärbt - ebenso wie die vorderösterreichische "Landgrafschaft Nellenburg".
 
Das war schließlich das Ziel der Fürsten, seit ab Ende des 12. Jh. der Übergang vom Personenverbandsstaat zum Flächenstaat vollzogen wurde und im Zuge dieser langen Entwicklung konkurrierende Grafschaften, Abteien und andere Adelsherrschaften inkorporiert und landsässig gemacht wurden mit dem Ziel, ein geschlossenes Territorium aufzubauen. Diese Entwicklung wird fogerichtig als Territorialisierung bezeichnet.
Sicher.
Aber mal abgesehen von vielen Ausnahmen (siehe Brissotin) ist das erst einmal ein Effekt für die Oberfläche. Einem Grafen oder Abt die Reichsunmittelbarkeit zu nehmen freut den Fürsten und die Kartenmaler, die schönere einheitliche Flächen einfärben können. Aber das alleine muß noch keinen besonderen Machtzuwachs - insbesondere bei den Finanzen - bedeuten.
Siehe der Aufhänger meines Beitrags, nämlich Erwähnung der vielen Adelsfamilien im "einheitlich gelben" Böhmen etc. - diese reichen Familien waren zwar landsässig, aber davon konnte sich der Habsburger direkt nichts kaufen.

Das ist doch letztlich der Knackpunkt, um den Wert eines Herrschaftsgebiets zu bemessen: Welchen Durchgriff hat man wirklich vor Ort? Welche Einnahmen lassen sich erzielen? Welche Militärstärke läßt sich rekrutieren?
Und bei diesen Fragen ist Geschlossenheit des Gebiets zwar ein struktureller Vorteil, aber eigentlich ein Nebenaspekt.
 
Das ist doch letztlich der Knackpunkt, um den Wert eines Herrschaftsgebiets zu bemessen: Welchen Durchgriff hat man wirklich vor Ort? Welche Einnahmen lassen sich erzielen? Welche Militärstärke läßt sich rekrutieren?
Und bei diesen Fragen ist Geschlossenheit des Gebiets zwar ein struktureller Vorteil, aber eigentlich ein Nebenaspekt.

Der landsässig gemachte Adel war im frühneuzeitlichen Territorialstaat nur noch Untertan - wenn auch mit einigen Privilegien - und musste künftig Steurn bzw. Abgaben an den Landesherrn entrichten. Mitbestimmen konnte er künftig nur auf dem Ständetag bzw. der Ständeversammlung, wo landsässige Adlige bzw. Ritter, Prälaten und Städte versammelt waren. Nicht umsonst trachteten alle Landesfürsten danach, Konkurrenten aufzusaugen und in ihr Territorium zu inkorporieren. Das waren handfeste wirtschaftliche und Machtinteressen.
 
Repo, gerade



Inmitten dieser unübersichtlichen territorialen Gemengelage befanden sich auch die etwa 30 Gebietspartikel Vorderösterrichs, unter denen die Landgrafschaft Breisgau die mit Abstand größte war.


Dieter, ich sitze da mitten drin, die Gemengelage ist mir sehr gut bekannt.
(Wobei mir auf den 1. Blick auffällt, dass Du ausgerechnet die Reichsabtei Zwiefalten nicht erwähnt hast, in deren Keller unser Hyo als Aufpasser sitzt:grübel:)

Südwestdeutschland gilt jedem Historiker als Musterbeispiel für deutsche Kleinstaaterei und den berühmten "Flickenteppich" des Heiligen Römischen Reiches. Diese Vielzahl kleiner und kleinster reichunmittelbarer Territorien pochte eifersüchtig auf ihre Selbstständigkeit und brachte jede Verletzung ihrer Souveränität vor das

Yeah
auch das ist dem alten Steinzeithäuptling Repo bekannt.

Reichskammergericht, das ab 1527 in Speyer und später in Wetzlar tagte. - Allerdings konnte ein Urteilsspruch unter Umständen Jahre dauern.

Nein, Jahre dauerte der mindestens, oft Jahrzehnte.
ABER: Es gab ein unabhängiges Gericht!

Diese Vielzahl kleiner und kleinster reichunmittelbarer Territorien pochte eifersüchtig auf ihre Selbstständigkeit und brachte jede Verletzung ihrer Souveränität vor das

Garant ihrer Selbständigkeit war das Reich, der Kaiser, mithin seit undenklichen Zeiten regelmäßig Habsburg (der Wittelsbacher ist die Ausnahme die die Regel bestätigt)


Südwestdeutschland gilt jedem Historiker als Musterbeispiel für deutsche Kleinstaaterei

da geht es doch los, Kleinstaaterei, das ist doch glatter Unsinn, wo waren da Staaten? Verwaltungseinheiten waren das. Weiter nichts.
Ich sag es doch Leibhusarenhistoriker des 19. Jahrhunderts.

Welcher konkrete Nachteil wies dieses Konstrukt auf?
Und man merke, Nachteil den es in Flächenterritorien in ähnlicher Form zu der Zeit nicht auch gab?
Junge Männer in Uniformen stecken, OK aber das lasse ich nicht als Nachteil gelten!
 
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