Wagner- und Verdijahr 2013

dir scheint nicht klar zu sein, warum ich immer wieder nach Carl Orff gefragt hatte -- vielleicht erkennst du an der Unterstreichung, dass die Nazis zwar wenig musikalische Ahnung hatten, aber dennoch zu definieren versuchten, was "modern" und damit entartet sei; allerdings sind diese Nazischubladen in jeder Hinsicht falsch. Und wie längst gesagt findet sich in der Schublade "entartete Kunst" allerlei bunt gemischt, darunter auch Jazz (der nicht aus jüdischer Feder stammte und auch weder "modernistisch" noch "expressionistisch" ist)

man kommt an Fakten nicht vorbei: musikalisch ist ein Bühnenwerk von Schreker nicht moderner oder expressionistischer als eines von Richard Strauß - trotzdem galt letzterer nicht als entartet.

es ist also sogar falsch, wenn man entartete Musik so definiert, wie du das tust: den italien. Faschisten lag viel an Modernismus und Futurismus, und auch die Kulturpropaganda der Nazis benötigte und protegierte ein eigenes Bild von diesmal "gesunder Moderne" in Musik und Skulptur - und da kam ihnen Orff mit seiner frisch-fetzigen Carmina Burana gerade recht.....


.... Und dann auch wieder quer wie in der Oper "Die Kluge" nach einem weniger bekannten Märchen der Brüder Grimm.

"Wer die Macht hat, hat das Recht,
Und wer das Recht hat, der beugt es auch.

Auch Wagnerinterpreten und Wagnerianer mussten sich in acht nehmen, und Winifred immer wieder mal schwuleTenöre aus dem KZ rauspauken.

@Rovere hat zwar vorgeschlagen, sich mehr Verdi zu widmen. Eine Aufführung von Verdis Aida in den Caracallathermen oder den Nabucco im Amphitheater von Verona, würde ich zweifellos mehr genießen, als wenn ich eine Karte für die Bayreuther Festspiele geschenkt bekäme und könnte es mir nicht leisten, die Karte heimlich zu verkaufen, ohne den Gönner zu beleidigen. 5 Stunden Tristan und Isolde, ohne zwischendurch etwas zu rauchen könnte durchaus dazu beitragen, Verständnis für Gerd Franke aufzubringen

Trotzdem interessiert mich Wagner als Persönlichkeit mehr als Verdi, und zwar nicht nur weil er Deutscher war. Wagner hat schon zu Lebzeiten sehr stark polarisiert. Nietzsche, Mann, Liszt Adorno haben sich an ihm abgearbeitet und @Gerd Franke zweifelt nicht nur an ihm, sondern verzweifelt an ihm. Er wurde verfemt und gefeiert, und ob einem seine Musik gefällt oder nicht, ob man ihn für ein Genie hält oder für einen schäbigen Charakter, es gibt Argumente, sowohl das eine wie das andere anzunehmen, so lässt einen weder die Persönlichkeit, noch sein Werk gleichgültig wie unzählige Beiträge in diesem Thread beweisen.
 
Garantiert nicht.<?xml:namespace prefix = o ns = "urn:schemas-microsoft-com:eek:ffice:eek:ffice" /><o:p></o:p>
Und weder ich noch irgendjemand in meiner Familie hatte jemals was mit Antisemitismus am Hut.<o:p></o:p>
Es kann auch nicht sein, wenn man hier Position für Wagner bezieht, dass man dann gleich in die Ecke von Antisemitisten geschoben wird . <o:p></o:p>
Das hat sich nicht darauf bezogen.

Es bezog sich nur darauf, dass man durchaus, wie auch Dieter anmerkte, an jedem Komponisten negative Kritik üben kann, was Du ja für bestimmte Personen ausschließen wolltest. Nur sollte man nicht in eine Einseitigkeit verfallen. Sonst wird die Diskussion meines Erachtens auch recht rasch langweilig.

Dabei finde ich es weitaus unterhaltsamer an Künstlern, die man selber im Grunde fantastisch findet, was herumzukritteln, als an welchen, die einem verhältnismäßig egal sind, weil man sie ohnehin nicht mag.

@ Scorpio
War damals eben ein beliebter Stoff. Man gruselte sich gern.
Schonmal von Frederick Marryat "The Phantom Ship" (1839) gelesen? Lohnt sich für Dich sicher deutlich mehr. :friends:
 
Nietzsche, Mann, Liszt Adorno haben sich an ihm abgearbeitet und @Gerd Franke zweifelt nicht nur an ihm, sondern verzweifelt an ihm. Er wurde verfemt und gefeiert, und ob einem seine Musik gefällt oder nicht, ob man ihn für ein Genie hält oder für einen schäbigen Charakter, es gibt Argumente, sowohl das eine wie das andere anzunehmen, so lässt einen weder die Persönlichkeit, noch sein Werk gleichgültig wie unzählige Beiträge in diesem Thread beweisen.
Das trifft es sehr gut!:yes:

Ich wollte nur versuchen das Thema zu wechseln da mich die Wiederholungen des bereits zigmal gesagten ohne inhaltlichen Neuerungswert (vor allem die geraunten "Argumente") bereits langweilen.

Bei der Wahl zwischen Bayreuth und Verdi in Rom müsste ich nicht lang überlegen. Grüner Hügel natürlich! War schon ewig nicht dort, aber es ist einfach genial dort!

Eine Bayreuth-Karte würde ich höchstens für Don Carlo (inklusive Fontainbeleau-Akt aber auf jeden Fall italienische Fassung) in Salzburg bzw. Aix tauschen....

Ist mir von allen Verdi-Opern die mit Abstand die liebste. Das "Dio che nell'alma infondere" ist einfach nur schön - und nix gruseligers gibts als die Großinquisitoren-Szene! Das "La pace dell'impero i di val d'un ribelle" lässt mich Schauern wie sonst nur Wagner :cool:
 
Scheitert denn nicht der Rigoletto daran, dass er das übertreibt was Du empfiehlst?
:D:weinen:
hätte das bucklicht Männlein das übertrieben, hätte die Gilda nicht draußen rumstromern und den Wüstling Duca treffen können - und dann wären wir u.a. um das geniale Quartett gebracht, Liszt hätte es nie in eine Paraphrase klanginszeniert :grübel::D
 
Eine Bayreuth-Karte würde ich höchstens für Don Carlo (inklusive Fontainbeleau-Akt aber auf jeden Fall italienische Fassung) in Salzburg bzw. Aix tauschen....

Ist mir von allen Verdi-Opern die mit Abstand die liebste. Das "Dio che nell'alma infondere" ist einfach nur schön - und nix gruseligers gibts als die Großinquisitoren-Szene! Das "La pace dell'impero i di val d'un ribelle" lässt mich Schauern wie sonst nur Wagner :cool:
Don Carlos war vor Jahren in einer ausnahmsweise mal brillant gedachten und oprisch opulent-faszinierend gestalteten Regietheaterinszenierung zu sehen: die Inquisition erschien wie die Geheimpolizei in Rumänien, ja sogar ein stählernes Käfiggefangenenlager war zu sehen -- das klingt befremdlich, wenns nur so kurz angedeutet wird: es war wirklich gelungen (bin zweimal hingefahren)

Ja, das Freiheitsduett!! Zugleich eines der Leitmotive (!) dieses Verdischen Musikdramas (sic) - weitere "Highlights" natürlich Ebolis maurische Arie und König Phillips ella giammai m´amo (diese umfangreiche Arie mit ihrem hochsensiblen Orchester hat eine die Alpen überschreitende innere musikalische Verwandtschaft (nix Plagiat oder sowas dämliches!) mit Wotans Monolog, und erschreckend auf diese erschütternde Musik folgt direkt der furchtbare Dialog des Großinquisitors mit dem König - Verdi war ein Großmeister in der musikalischen Gestaltung und Proportionierung der A/Effekte) Hört man genauer hin, wird man in Don Carlos zahlreiche harmonische Härten, Dissonanzen, beziehungsloses Gegenüberstellen von Tonarten finden, also all die Ingredenzien, die der Traditionalist Eduard Hanslick nicht begreifen wollte und gegen z.B. Liszts Sonate und Wagners Tristan ins Fed führte. Ein Kuriosum: gerade das genial Neuartige wird als Pseudoargument gegen die Qualität missbraucht - so etwas kann nur auf Unverständnis basieren (nebenbei: genauso funktionierte auch Ludwig Rellstabs schärfstens ablehnende Kritik an Chopins Etüden...) ...und nun fragt man sich natürlich, wo sie heute sind, die Rellstabs, die Hanslicks, die Chopinetüden, die Lisztsonate und sinfonischen Dichtungen, die Wagneropern und die von Verdi :):)

Amüsant weiterhin, dass Verdi in Italien wegen Don Carlos und Aida angefeindet wurde: er seie zum Wagnerisme übergelaufen :):)

Weil ich schon dabei bin: die Harmonik Verdis muss sich mindestens in Don Carlos, Aida, Otello, Requiem, quattro pezzi sacri und Falstaf nicht hinter Wagner verstecken. Das allein aber wäre nicht weiter bemerkenswert sondern nur in musikwissenschaftlichen Seminararbeiten interessant: beide verbindet auch ein einzigartiges Talent für weit gespannte Melodien, die man nicht mehr vergißt - sie waren zusätzlich zu ihrem kompositorischen Können (Form, Harmonik, Orchestrierung etc.) herausragende Melodiker.
 
Ansonsten ist es natürlich nicht nachvollziehbar, wenn man Wagner als Musiker schätzt, dass man deswegen automatisch antisemitisch sein soll.

Das behauptet auch niemand. Man soll sich nur bewusst sein, dass, wenn man Richard Wagner feiert, und zwar mit einem ganzen Wagnerjahr, mit Zeitungsartikeln, Rundfunk- und Fernsehsendungen schier ohne Ende, man nicht Dreiklänge, Streichertremoli und Hornstöße allein feiern kann, sondern auch den rassistischen Inhalt bestimmter Opern, die antisemitischen Anspielungen darin und selbstverständlich den zu seiner Zeit führenden Antisemiten Richard Wagner.

Der Satz Thielemanns, in den Noten sei für Antisemitismus kein Platz, C-Dur bleibe nun einmal C-Dur, ist in seiner Plattheit zum Glück nicht typisch für das intellektuelle Niveau des Dirigenten, wohl aber charakteristisch für den Stil der Wagner-Apologetik. Da heißt es weitgehend: Augen zu und durch! Der Geschäftserfolg bestätigt diese Strategie freilich glänzend.
 
Der Rigoletto ist ja so ein unsympathischer Trottel.....wenn man schon einen Killer bucht, dann erkundigt man sich doch vorher!
Soeben wollte ich den Rigoletto erwähnen, weil in der Zeichnung dieser Figur genau das vorhanden ist, was man bei Wagners Figuren so schmerzlich vermisst: Mehrdimensionalität, der menschliche Zugang, psychologische Plausibilität.

Piave war ein hervorragender Librettist, was sich übrigens auch in der "Traviata" zeigt. Auch hier eine Figur, die einen zu berühren vermag und die sich nicht einfach so verhält, wie es der Librettist/Komponist vom Handlungsablauf her gerade braucht. Piaves Figuren sind dramatische Figuren, Wagners Kreationen Funktionspuppen, nicht mehr. Ich werde das demnächst am "Holländer" genauer ausführen.

Man hört öfter, Wagner habe zu Sagenstoffen gegriffen, um das "Allgemeinmenschliche" sichtbar zu machen. Das mag seine Absicht gewesen sein - tatsächlich ist jedoch das Menschliche auf der Strecke geblieben.
 
Das behauptet auch niemand. Man soll sich nur bewusst sein, dass, wenn man Richard Wagner feiert, und zwar mit einem ganzen Wagnerjahr, mit Zeitungsartikeln, Rundfunk- und Fernsehsendungen schier ohne Ende, man nicht Dreiklänge, Streichertremoli und Hornstöße allein feiern kann, sondern auch den rassistischen Inhalt bestimmter Opern, die antisemitischen Anspielungen darin und selbstverständlich den zu seiner Zeit führenden Antisemiten Richard Wagner.
...Behauptungen werden durch Wiederholungen keine Fakten :winke: nach wie vor fehlt der Nachweis, dass in Wagners Opern rassistische Inhalte und antisemitische Anspielungen transportiert würden! Und nein, weder der Beckmesser noch Alberich sind in Lebretto oder Musik Judenkarikaturen (muss ich erneut das Ständchen-Notenbeispiel hervorzerren und erneut fragen, was an dieser Koloraturparodie jüdisch sein soll?)

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...aber...hm...also wenn man schon dem verwunderlichen Fetisch anhängt, in Musik, in Klänge, in Note, in Töne antisemitische Anspielungen und rassistische Inhalte hineinzurabulieren, dann empfehle ich wärmstens:
zum Thema Rassismus: Claude Debussy Le petite Negroe (Ragtime für Klavier)
und in Sachen arger Antisemitismus: Frederic Chopin Mazurka op.17 Nr.4 (oh weh... die hatte im Familienkreis der Chopins den Spitznamen "der kleine Jude", Chopin hatte sie schon mit ca. 14 Jahren in einer ersten Fassung komponiert; sein Ferientagebuch aus dieser Zeit enthält... oh weh... wenn Gerd Franke das erfährt, wird er von Wagner lassen und Chopin mit mächtigen Donnerworten in den Orkus befördern...) :D:D:D
da haben wir wenigstens einmal im Titel und einmal im privaten Spitznamen was - ob´s zur ewigen Verdammnis ausreicht, müssen wortgewaltige Interpreten entscheiden ;):)
 
Zuletzt bearbeitet:
Pardon, welchem Komponisten wird denn nächstes Jahr gedacht? (Hoffentlich keiner, der Gerd Franke auf die Palme bringt.
Dem darf man ganz entspannt entgegensehen. Kein Komponist polarisiert so sehr wie Wagner, weil kein Komponist der Musikgeschichte so überschätzt ist wie er.

Bei welchem Komponisten lässt es sich ein durchaus gebildetes Publikum bieten, dass Jahr für Jahr auf einem Festival die immer gleichen zehn Werke aufgeführt werden? Bei welchem Opernkomponisten käme etwas vor, was der biederen Hausfrau vergleichbar wäre, die Tristan-Aufführungen weltweit geradezu sammelt (bis zum Jahr 2012 hatte sie schon 96 derartige Veranstaltungen überstanden)? Welches Musikfestival zieht schon in dieser großen Zahl Menschen an, die sonst mit Musik nicht allzu viele Berührungspunkte haben (außer vielleicht Heavy Metal)?

Diese Überschätzung hat ja Gründe: politische, ideologische, soziologische, psychologische, kulturhistorische und natürlich auch Gründe, die im schieren Marketing liegen. Es ist zum Beispiel bekannt, dass Bayreuth-Besucher schon allein von der Tatsache fasziniert sind, dass das Imperium immer noch von Wagner-Abkömmlingen geführt wird. Das ist ja eigentlich ein völlig unmusikalisches Element der Bayreuthitis. Und davon gibt es mit Sicherheit eine ganze Menge.

In diesem Forum tummeln sich doch sicher viele gelernte Historiker. Es müsste die doch eigentlich brennend interessieren, wie die Wagnerbegeisterung bis 1945 und von 1945 bis heute historisch interpretiert werden kann.
 
...Behauptungen werden durch Wiederholungen keine Fakten :winke: nach wie vor fehlt der Nachweis, dass in Wagners Opern rassistische Inhalte und antisemitische Anspielungen transportiert würden! Und nein, weder der Beckmesser noch Alberich sind in Lebretto oder Musik Judenkarikaturen (muss ich erneut das Ständchen-Notenbeispiel hervorzerren und erneut fragen, was an dieser Koloraturparodie jüdisch sein soll?)
Eigentlich kann sich niemand mehr darauf berufen, die entsprechenden Wagnerzitate (Texte #282 und #288) nicht zu kennen.
Und was die Koloraturparodie angeht: Da habe ich zum Thielemann-Zitat (Text #307) das Nötige gesagt.

Ich wollte jetzt allmählich wegkommen von diesem Teilthema, weil eigentlich schon alles klar sein müsste, werde aber gerne noch einmal auf Rassismus im "Ring" und im "Parsifal" zu sprechen kommen, nachdem offenbar Bedarf besteht.
 
In diesem Forum tummeln sich doch sicher viele gelernte Historiker. Es müsste die doch eigentlich brennend interessieren, wie die Wagnerbegeisterung bis 1945 und von 1945 bis heute historisch interpretiert werden kann.
die können zwischen Rezeptionsgeschichte, Musikgeschichte, Musikwissenschaft etc. unterscheiden
 
Eigentlich kann sich niemand mehr darauf berufen, die entsprechenden Wagnerzitate (Texte #282 und #288) nicht zu kennen.
Und was die Koloraturparodie angeht: Da habe ich zum Thielemann-Zitat (Text #307) das Nötige gesagt.
da findet sich aber kein einziges Argument, kein einziger Beweis für in der Wagnerschen Musik (Töne, Klänge, Klangfolgen, Harmonien usw.) enthaltene rassistische oder antisemitische Botschaften --- selbst wenn Wagner über seinen König Marke irgendwo geschrieben hätte, dieser sei eigentlich ein menschenfressender Negertyrann, so wäre das nicht weiter ernst zu nehmen, denn es findet sich in Tristan und Isolde weder im Libretto noch in der Partitur irgendwas derartiges. Die Komponisten waren nicht immer die besten Interpreten der eigenen Werke ;) und dort, wo sie "interpretierten", waren sie nicht mehr und nicht weniger als jeder andere, der die von außen betrachtet.
 
Dem darf man ganz entspannt entgegensehen. Kein Komponist polarisiert so sehr wie Wagner, weil kein Komponist der Musikgeschichte so überschätzt ist wie er.
Lully?:grübel::cool:

Also nicht, dass er überschätzt wäre, aber ich finde schon, dass er einigermaßen polarisiert.

Bei Alter Musik erlebe ich auch regelmäßig, dass da Leute hingehen, die sich normalerweise in kein Opernhaus verirren würden. Das passiert natürlich nur, wenn die Interpretation auch fetzig ist, also nix angestaubtes sondern flott gespielt (meinetwegen Christophe Rousset).
Dann würde mir noch Last Night of the proms einfallen. Das ist ja auch eher ein zusammenschweißendes Ereignis. Leute stehen vor irgendwelchen Leinwänden, um es an verschiedenen Orten in England mit zu verfolgen.
Da spielt sicher wie in Bayreuth der Eventcharakter eine große Rolle. Na, wenn es den Leuten gefällt? Dito Salzburger Festspiele.
Ich erinnere mich auch ans Festspielhaus Baden-Baden, wo ich mal zwei ältere Herren in der Pause sich unterhalten hörte, die nichtmal wussten, wo sie überhaupt reingegangen waren. Da geht es offenbar auch um sehen und gesehen werden und ob da ein auswechselbares Orchester mit einer rumtourenden Operndiva, -tenor oder sonstwas auf der Bühne steht oder ein Spitzenensemble mit motivierten Musikern, interessiert da auch einen guten Teil des Publikums nicht die Bohne. Was soll's?
Wenn's auch was besseres am musikalischen Firmament gibt als in Bayreuth zum x-ten Mal dasselbe von Wagner aufzuführen, so kommen doch die angezogenen Besucherströme immerhin einer wunderbaren Stadt mit einem hervorragenden architektonischen Erbe zugute.
Ähnlich wie bei Heavy Metal, Rock, Ska oder Punkfestivals - findet doch oft auf der grünen Wiese oder in recht strukturell unterentwickelten Regionen statt, die das Geld, das nebenbei kleben bleibt, gut gebrauchen können.

Du erinnerst mich ein bisschen an Donna Leon. Sie hat ja auch so einen missionarischen Eifer, nur immerhin nicht gegen, sondern für einen Komponisten. Ob es ihm was nützt? Glaube ich nicht. Mich schreckt es eher ab, auch wenn ich Händel mag, weil ich vor meinem geistigen Auge sehe, wie Donna Leon zwischen jedem Akt reinspringt und irgendwas zum nächsten Akt sagt. Dabei braucht doch Händel nun wirklich keinen Botschafter - das kriegt er schon alleine hin. :yes:
 
da findet sich aber kein einziges Argument, kein einziger Beweis für in der Wagnerschen Musik (Töne, Klänge, Klangfolgen, Harmonien usw.)
Ich habe dazu auch nicht Töne, Klänge und Klangfolgen betrachtet, sondern das Gesamtkunstwerk, vornehmlich den Text. Ich meinte ja nicht, dass Thielemanns C-Dur-Zitat falsch sei, sondern einfach furchtbar banal und blind für die tatsächlichen Zusammenhänge. Wenn man Thielemann beim Wort nähme, könnte demnächst einer daherkommen und das Verbot des Horst-Wessel-Liedes kritisieren, weil da auch wirklich keine Note anstößig ist.

Da fällt mir gerade ein anderes Beispiel dafür ein, dass durchaus kundige Menschen eine hübsche Andeutung des Komponisten nicht verstanden haben: In der Ouvertüre zu Rossinis "Signor Bruschino" haben die Streicher mehrmals mit dem Bogen auf ihre Pulte zu klopfen. Das Uraufführungspublikum und auch die Musiker reagierten auf den Bogenschlag-Effekt befremdet, ja empört, da man die Spielanweisung offenbar als unmotiviert empfand.

Bis heute ist noch nicht allzu bekannt, dass dieses Detail keineswegs nur dem Bestreben nach einem neuartigen Klangeffekt entsprungen ist. Die erste Szene der Oper handelt ja davon, dass Florville, der heimliche Liebhaber von Gaudenzios Tochter Sofia, sich an Stelle des als Bräutigam vorgesehenen Bruschino ins Schloss einschleicht. Deswegen nähert er sich nicht von der Straßenseite, sondern, wie es in der Szenenanweisung heißt, vom Park her dem Gebäude; und er betätigt auch nicht die Zugglocke oder den offiziellen Türklopfer, sondern klopft an die Terrassentür - und das hört man im Orchester dank Bogenschlags, noch bevor man überhaupt etwas sieht (der Vorhang ist ja noch zu). Das ist ein sehr hübsches Detail, das Rossini hier eingeführt hat.

Deshalb, weil viele den Zusammenhang nicht bemerken, ihn für nicht existent zu halten, ist sicher nicht berechtigt. Und wenn nun gar ein persönliches Zeugnis von Rossini existierte, dass er das so gedacht hat - dann wäre es vollends unsinnig, daran noch Zweifel zu hegen. Im Falle von Wagners Opernrassismus haben wir sogar mehrere solche Zeugnisse. Warum soll es erlaubt sein, zum Ruhm Rossinis eine Anspielung zu bemerken, im Falle Wagner jedoch nicht, nur weil es dem Meister zur Unehre gereicht? Dabei spielt es wirklich keine Rolle, dass bei Rossini die Anspielung aus dem Orchestergraben, bei Wagner von der Bühne kommt.
 
hätte das bucklicht Männlein das übertrieben, hätte die Gilda nicht draußen rumstromern und den Wüstling Duca treffen können - und dann wären wir u.a. um das geniale Quartett gebracht, Liszt hätte es nie in eine Paraphrase klanginszeniert :grübel::D

=)=)
Na, so geht Story aber nicht..

Gilda ist ein ganz unerfahrenes Dummerchen, das nur zum Kirchgang nach draussen darf.
Der "Wüstling" dringt bei ihr ein.
..in den Käfig ihrer weltfernen Abgeschlossenheit, in den sie der abgöttisch liebende Vater gesperrt hat.
Das ist ein wesentlicher Aspekt der Handlung auch wenn es nicht das Grundthema ist.
Mitdem genialen Quartett meinst Du wahrscheinlich "Bella Figlia Dell'Amore".
Zu spät zeigt hier der Vater der Tochter die Niedertracht seiner eigenen Welt.
 
Mitdem genialen Quartett meinst Du wahrscheinlich "Bella Figlia Dell'Amore".
Zu spät zeigt hier der Vater der Tochter die Niedertracht seiner eigenen Welt.

Der Alte hätte seiner Tochter Gilda die lustvollen Nächte mit dem attraktiven Herzog gönnen sollen - dann wäre das Malheur nicht passiert. :D
 
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