Wanderung am Limes von Miltenberg nach Osterburken

Mummius Picius

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Was schon seit längerem als besonderes Brüder-Vater-Ereignis geplant war, fand letztes Wochenende nun endlich statt: eine Wanderung entlang des Limes von Miltenberg nach Osterburken. Die Strecke wurde wegen der relativen Nähe zum Heimatort Lorsch gewählt; und dann - schließlich ist es ein frischgebackenes Weltkulturerbe. Als Lorscher (Herkunft) bewegt man sich dort auf gleichem Niveau.

Als Familienereignis war die Wanderung großartig und wunderschön, aber wie stellte sich das Weltkulturerbe dar? Da gab es schon gewisse Unterschiede. Ich bin mir ziemlich sicher, dass die UNESCO-Kommission nicht die ganze Piste zu Fuß ablatschte, den Wanderweg entlang.

Der Weg ist, mit Verlaub, "heterogen". Neben wunderbaren lehrpfadähnlichen Wanderwegen vor Walldürn und Osterburken gab es gruslige Matschpisten, Wirtschaftswege, auf denen man erst Stunden zuvor Baumstämme durch den Schmodder gezogen hatte. Dann wieder Pfade durchs Unterholz, entlanghangelnder Weise an den immer gut und deutlich angebrachten Wegmarkierungen entlang. Überhaupt, das Wanderweg-Zeichen: signifikant, klug und deutlich. Und in reichlicher Stückzahl angebracht (nur einmal rannten wir in die Irre, als es über einen Acker führte; seine Abwesenheit war Anzeichen genug, vom rechten Weg abgekommen zu sein).

Die historische Dokumentation schwankte ebenfalls, nun kann man allerdings auch nicht erwarten, die ganze Piste über hochgemauerte Fundamente und rekonstruierte Palisaden zu sehen (wäre auch langweilig geworden). Aber schon die Karte spielte uns ein paar Streiche, dieweil es das Kleinkastell "Hönehaus" einige hundert Meter weiter auf einen Hügel verlegte und ein anderes bei Rinschheim einzeichnete, das gar nicht zu sehen war (ein ortsansässiger Greis murmelte was von "Neubaugebiet ausgewiesen", ob die Rinschheimer die Tradition erhalten haben, Limesanlagen als Baumaterial abzutragen? Auch eine Form der Brauchtumspflege, aber welche!). Und das war immerhin die "Limes-Wander- und Radwegkarte Baden-Württemberg", mithin die einzige dedizierte Karte dieser Art. Für andere Bundesländer gibt es sowas noch nicht.

Zugute halten muss man ihr: sie vermeidet es wirklich, den Wanderer über (Auto-)Straßen gehen zu lassen. Die Wege führen relativ eng am Limes vorbei, fast alle Sehenswürdigkeiten sind vom Weg abgehend ausgeschildert (z. B. das Bad bei Walldürn). Der Detaillierungsgrad ist hoch, wenn auch die Patzer beim Hönehaus und Rinschheim etwas rausreißen, so fehlen sie doch zumindest nicht auf der Karte.

Bemerkenswert auch ein großer "Limes-Enthusiasmus" entlang der Route: zwar waren wir die einzigen Wanderer (und es waren sogar nur wenige Spaziergänger unterwegs), aber an einer Limesstrecke vor Osterburken waren z. B. von unauthorisierter Hand eingeschweisste Papiere an Bäumen angebracht, welche auf den Streckenverlauf aufmerksam machten, und ein ähnliches Schild verkündete am Anfang "Freuen Sie sich, Sie betreten das Imperium Romanum!".

Das taten wir auch, mit einem bisschen "Asterix bei den Goten" im Hinterkopf. Bei drei Männern in den vierzigern und einem 77jährigen Vater gehört Asterix aber auch zur Lebensgeschichte. Summierend kann man jedoch sagen: am Limes lässt sich wandern, sogar gut, die Strecke ist abwechslungsreich, interessant, lehrsam und landschaftlich sehr, sehr schön. Zumindest die zw. Miltenberg und Osterburken - nächstes Jahr geht es dann von Osterburken nach Öhringen.
 
Mummius schrieb:
Als Familienereignis war die Wanderung großartig und wunderschön, aber wie stellte sich das Weltkulturerbe dar? Da gab es schon gewisse Unterschiede. Ich bin mir ziemlich sicher, dass die UNESCO-Kommission nicht die ganze Piste zu Fuß ablatschte, den Wanderweg entlang.

Nicht die Kommission; den Verlautbarungen zufolge aber wurden die Überbleibsel auf Basis der Forschungen und Karten der Reichslimeskommission ziemlich detailliert überprüft. Wie zu Zeiten der RLK wurden dafür provisorisch Streckenkommissare eingeteilt, wobei die Zahl allerdings wesentlich geringer war. Am Wetterau-Taunus-Limes gab es infolgedessen auch zwei kleinere Grabungsprojekte.
Etwas schade finde ich es, dass die Weltkulturerbe-Ausweisung nicht einherging mit der Eröffnung neuer Attraktionen. Allerdings bedeutete diese ja nicht, dass die Limes-Archäologen nun mit mehr Geld für so etwas beschert wurden. Grundgedanke war ja die Sicherung des Status quo und der Schutz der im Boden befindlichen Limes- bzw. Kastellüberreste.
 
Grundgedanke war ja die Sicherung des Status quo und der Schutz der im Boden befindlichen Limes- bzw. Kastellüberreste.

Das glaube ich auch. Jetzt wird man es sich zweimal überlegen, bevor man auf dem Gelände eines bekannten Kastells ein Wettpflügen (!) veranstaltet wie 1977 geschehen.

Mit den Attraktionen ist das so ein Ding, mehrere Teilstücke, an denen wir vorbeikamen, waren mustergültig aufgearbeitet, andere waren nur mit Mühe sichtbar, eine Turmruine (Schutthügel) wurde als wildes Bauschutt-Depot genutzt. Die Hoheit über diese Teilstrecken liegt immer noch bei den Gemeinden und Ländern, und die Bestimmungen gehen sicher so weit auseinander wie Rheinbrohl und Regensburg.

Bemerkenswert allerdings wirklich in diesem Zusammenhang die "wilden" Ausschilderungen von Limes-Begeisterten, die nicht warten wollten, bis ihre Stadt sich bewegt ... da freute sich jemand wirklich, im Imperium Romanum zu sein.
 
Ich bin vor 15 Jahren mal ein paar Teilstücke zwischen Kehlheim und Eichstätt per Rad abgefahren, Ähnliche Erfahrungen, obwohl damals viel Geld in die Gegend geflossen ist (Main-Donau-Kanal), vieles Mustergültig, manches unter aller Sau,
 
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