Wandmalereien in Siget in der Wart (Burgenland)

Die Altersbestimmung könnte man - wenn überhaupt - nur über die Radiocarbonmethode durchführen, dafür bedarf es aber einer Probenentnahme. Bin mir nicht sicher, ob das möglich sein wird. Die Malereien waren übertüncht und nicht zu sehen.
Um die Radiocarbonmethode anzuwenden, bräuchtest du allerdings organisches Material. Dass diese übertüncht wurden sehe ich dabei weniger als Problem, eher, dass in einer Kirche viel Kerzenruß unterwegs ist. Ruß ist gewissermaßen Kohlstoff in Reinform und setzt sich an den Wänden ab, würde also das Ergebnis erheblich verfälschen.

Bei dem hohen Stellenwert den die Religion - sei es katholisch oder evangelisch in der Gesellschaft immer (zumindest in der Vergangenheit) eingenommen hat, kann ich mir nicht vorstellen, dass ein ganzes Gotteshaus mit lustigen oder nichtssagenden Motiven ausgemalt wurden. Da steckt schon ein Sinn, besser gesagt ein theologisches Konzept, dahinter. Die Frage ist nur, können wir es heute mit unserem technokratischen Wissen und unserem rationalen Weltbild entschlüsseln.
Eine Biblia Pauperum ist es jedenfalls nicht.
 
Um die Radiocarbonmethode anzuwenden, bräuchtest du allerdings organisches Material. Dass diese übertüncht wurden sehe ich dabei weniger als Problem, eher, dass in einer Kirche viel Kerzenruß unterwegs ist. Ruß ist gewissermaßen Kohlstoff in Reinform und setzt sich an den Wänden ab, würde also das Ergebnis erheblich verfälschen.

Korrekt!

Aber ungefähr weiß ich nun, wohin ich mich orientieren muss. Für mein Thema sind die Malereien eigentlich sekundär. Ich wollte nur ihre Zeitstellung abklären und eine Parallele finden. Aber die Sigeter Malereien sind anscheinend einzigartig.
Danke jedenfalls für die zahlreichen Wortmeldungen und die kritischen Kommentare.
 
Wenn es Visitationsprotokolle für diese Kirche gibt dann müßten dieBilder ja auch irgendwo erwähnt sein.
»Von dieser Malerei berichtet bereits der katholische Visitator des Jahres 1697, wenn auch nur in einem allgemeinen Satz.«, in: »Ein eigenartiger Kirchenschmuck«, Volksbildungswerk, April 2007.

[…] nützlich wäre es zu wissen, wie tief die Farben im Putz vorhanden sind, da eine Freskomalerei sehr viel mehr Erfahrung braucht.
Gibt es dazu irgendwelche Erkenntnisse?
 
Bei dem hohen Stellenwert den die Religion - sei es katholisch oder evangelisch in der Gesellschaft immer (zumindest in der Vergangenheit) eingenommen hat, kann ich mir nicht vorstellen, dass ein ganzes Gotteshaus mit lustigen oder nichtssagenden Motiven ausgemalt wurden.

Ich kann mir das sehr gut vorstellen, namentlich in den reformierten Kirchen (Stichwort: Bilderverbot).
Wenn man auf Farben und Schmuck nicht ganz verzichten wollte, griff man auf Ornamente zurück:

12.jpg

http://temple-tour.eu/de/takos/34
 
Sepiola, danke! Der erste wirklich konstruktive Ansatz. Und an den Kassetten der Decke würden sogar die Farben einigermaßen übereinstimmen. Bei diesem Beispiel stimme ich dir zu, dass die Muster ausschließlich dekorativen Zwecken dienten. Nicht auszuschließen ist aber, dass jedem Ornament, jeder Blüte eine bestimmte Bedeutung zukam.
 
Gibt es dazu [ob Freskomalerei] irgendwelche Erkenntnisse?
Habe die Antwort übersehen: »Secco-Technik« steht ja auf der bereits verlinkten Website Romanische Schätze. Spricht für einen Gelegenheitsmaler…

Wenn man auf Farben und Schmuck nicht ganz verzichten wollte, griff man auf Ornamente zurück:
Mag ja sein, dass sich das reformatorische Bilderverbot auch die Gestaltung dieser Wandmalereien beeinflusste, doch figurative Elemente gibt es dennoch. Könnte evtl. ein Hinweis sein, dass kein Heiliger abgebildet ist.
 
... vielleicht ein Geistlicher oder der Grundherr? Die adorierenden Arme würden dann wohl eher für einen protestantischen Geistlichen sprechen.
 
Also, diese Malereien haben nichts, aber auch gar nichts mit einem religiösen Inhalt gemein. Sie könnten genauso gut die Ausmalung einer Wirtshausstube sein. Es handelt sich um wenige verschiedene Farbtöne, über die gesamte Ausmalung hinweg.
Kann es nicht sein dass das Gebäude phasenweise gar nicht-kirchlich genutzt war?
Eine homogene, großflächige dilettantische Malerei in einem mehrfach baulich veränderten, barock überprägtem Gebäude spricht doch für eine nicht weit zurückliegende Ausmalung.
 
Balkanese, was ist denn das für eine Meldung. Natürlich habe ich mich mit der Geschichte der Landschaft um Oberwart beschäftigt. Nur, für mein Thema, "Frühmittelalterliche Kirchen im Burgenland" ist die Geschichte des 16./17. Jahrhunderts eher sekundär. Ich wollte nur die chronologische Stellung der Malereien (ergänzend) abklären.

Pardela_cenicienta: Ich glaube mittlerweile ist einigermaßen klar, dass die Malereien nicht ganz so jung sind. Über eine profane Nutzung des Gebäudes gibt es nicht den geringsten Hinweis. Aber unmöglich ist im Burgenland nichts.
 
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Sepiola, hier das gewünschte Zitat aus der Conversio entnommen aus Fritz Lošek, Die Conversio Bagoariorum et Carantanorum und der Brief des Erzbischofs Theotmar von Salzburg. MGH 15, 1997, 132-133.

[13] Zeile 6 ... Item eodem anno ad Weride in honore sancte Pauli apostoli Idibus Ianuariis dedicavit ecclesiam. Item in eodem anno XVIIII Kalendas Februarias ad Spizzun in honore sancte Margarete virginis ecclesiam dedicavit. .... Zeile 17: ... [ Item in Weride Ecclesia dedicata floret in honore sancti Petri principis apostolorum.]
Vielen Dank, die Angabe "II. Idus Novembr." wäre dann zu korrigieren in "Idibus Ianuariis", das wäre vom zeitlichen Ablauf her natürlich logischer: Weihnachten - 13. Januar - 14. Januar.
(Unerklärlich bleibt in diesem Fall allerdings, warum bei zwei aufeinanderfolgenden Tagen der Autor zu der umständlichen Zeitangabe "Item in eodem anno XIX. Kalendas februar" greift, anstatt einfach "sequenti die" zu schreiben.)

Da es aber noch mehr Unstimmigkeiten gibt (die Zeitangabe dccc.LXXV wäre 875, nicht 865, die Zuordnung von "sequentique die in proprietate Wittimaris dedicauit ecclesiam in honore sancti Michahelis Archangeli in proprietate Hezilonis" ist unklar - was ist nun Wittimars Besitz, was Hezilos Besitz? Oder fehlt hier was im Text?)
Falls Du gelegentlich Zeit hättest, den gesamten Abschnitt abzuschreiben, wäre ich Dir dankbar.

Ob die beiden "Weride" wirklich identisch sind? Der Ortsname "Wörth" ist ja nicht so selten.
In dem Text werden Kirchweihen aufgelistet:
- St. Michael im Besitz Hezilos?
- St. Paul in Wer(i)d(e)
- St. Margareta in Spizzun
- St. Laurentius in Terinperch
- (Ungenannter Patron) in Fiskere
Auf einer späteren Tour:
- St. Peter in Cellaprium?
- St. Stephan Stradach
- St. Peter in Wer(i)d(e)
Danach noch drei Kirchen:
- St. Johannes Ev. in Quartinaha
- (Ungenannter Patron) in Muzzilicheskirchen
- (Ungenannter Patron) in Ablanza

Hast du Thomas von Bogyay: Die Kirchenorte der Conversio Bagoariorum et Carantorum. Methoden und Möglichkeiten ihrer Lokalisierung. In Südost-Forschungen 19, 1960 wahrgenommen?
Leider komme ich auch an diese Schrift derzeit nicht heran. Welche der oben genannten Orte sind denn zweifelsfrei lokalisierbar?
 
Es gibt zudem auch noch die große Schenkungsurkunde an das Erzbistum Salzburg vom Nov. 860. Auch da wird noch eine Reihe zusätzlicher Orte genannt. Einige Orte können identifiziert werden, aber mehr als eine Handvoll an Zuordnungen gibt es nicht. Im Burgenland gibt es bis dato sicher nur Weride/Siget. Das Problem ist: du musst die Zuordnungen auch beweisen. Das muss schlüssig nachvollziehbar sein. Behaupten kann man schnell etwas. Es gibt hierzu einiges an Literatur - das ist ein weites Feld. Viel Vergnügen. Es ist hochinteressant.

Da es aber noch mehr Unstimmigkeiten gibt (die Zeitangabe dccc.LXXV wäre 875, nicht 865
Sepiola, da bringst du etwas durcheinander. Am Beginn des Kapitels 13 steht Anno igitum DCCCLXV ... mit Anm. 168, warum die Jahreszahl in diesem konkreten Fall nun 864 und nicht 865 bedeutet.
Im letzten Kapitel, in Kapitel 14 also steht dann die Zahl LXXV, aber nicht als Jahreszahl, sondern als Zeitangabe, dass 75 Jahre kein fremder Missionar Pannonien betreten hat.

Respekt, wo du dich "digital" überall "herumtreibst"!
 
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Da es aber noch mehr Unstimmigkeiten gibt (die Zeitangabe dccc.LXXV wäre 875, nicht 865
Sepiola, da bringst du etwas durcheinander. Am Beginn des Kapitels 13 steht Anno igitum DCCCLXV

Nein, da bringe ich nichts durcheinander. Zwei Vorlagen schreiben tatsächlich DCCCLXXV (875), diese haben auch die Datumsangabe "II Idus Novembris", das ist die Textversion des zitierten Drucks von 1784. (Dass das Weihnachtsfest des Vorjahrs bereits zum Neuen Jahr gerechnet wurde, war mir auch ohne Anmerkung 168 klar gewesen.)

Es gibt hierzu einiges an Literatur - das ist ein weites Feld. Viel Vergnügen. Es ist hochinteressant.
Ja, da habe ich z. B. das hier gefunden:
http://archiv.daswaldviertel.at/hefte_digital_66_70/das_waldviertel_1966_04_05_06_ocr.pdf

Außer Chezilos Residenz Mosapurc (Zalavár), die ja auch archäologisch erforscht ist, scheint so gut wie nichts gesichert zu sein.
Vielleicht wurden die genannten Kirchen tatsächlich schon nach wenigen Jahrzehnten von den Ungarn zerstört, wie Erzbischof Theotmar von Salzburg in seinem Schreiben an Papst Johannes IX. behauptet:
"ecclesias Dei incenderunt, et omnia aedificia deleverunt, ita ut in tota Pannonia nostra maxima provincia tantum una non appareat ecclesia" (sie zündeten die Kirchen Gottes an, und zerstörten alle Gebäude, so dass in ganz Pannonien, unserer größten Provinz, keine eine einzige Kirche mehr zu sehen ist.)
Patrologiae cursus completus: sive biblioteca universalis,integra uniformis, commoda, oeconomica ... : Athanase saint : Free Download, Borrow, and Streaming : Internet Archive
 
Bist du ein "Lateiner"?
Es gibt eine Fülle an alter Literatur, das meiste davon kannst du aber vergessen. Trotzdem ist es wegen der Forschungsgeschichte notwendig auch diese Texte zu studieren.
Es gibt aber auch fundierte neue Literatur. Sende ich dir morgen, das genaue Zitat habe ich jetzt nicht im Kopf. Im Anhang sende ich dir ein Bild einer zum Großmährischen Reich gehörenden fma. Kirche, die bis heute alle Stürme der Zeit überdauert hat und erst vor wenigen Jahren chronologisch richtig gestellt wurde.
Bischof Theotmar - er ist übrigens in der Schlacht bei Pressburg 907 gefallen - hat da übertrieben. Einige Salzburger Missionskirchen haben auch im Burgenland überlebt, andere sind durch archäologische Grabungen nachgewiesen. Aber alle halt falsch datiert. Das versuche ich nun richtig zu stellen.
 

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Hatte gerade eine ›Eingebung‹, na ja, eine Idee, was die Deckenmalerei evtl. darstellen könnte, worauf mich der Bogen hinten am Wagen, die Himmelsrichtungen und die durchbrochene Mauer brachten.
Bekanntlich stammt ja die Erfindung des gefederten Reisewagens aus Ungarn. Solche Kutschen wurden zuerst zur Regierungszeit von König Matthias zwischen Buda und Wien eingesetzt. Und das Wappentier der Hunyadis war der Rabe.
Nehmen wir also an, dass der Pfau auf dem Dach ein Rabe ist. Zugegeben, der Rabe der Hunyadis wurde meist mit einem Ring im Schnabel dargestellt und die Krone trug der Löwe. Ein kleiner Fauxpas, um aus dem Raben ein königliches Tier zu machen?
Dann aber machen wir aus der Stola eine lange, gewellte Haarpracht (die Wellen schematisch durch Farbsteifen dargestellt), wofür der König ja bekannt war.
Mathias erscheint also aus Osten (die Finger gierig gespreizt; kleiner Scherz natürlich). Im Westen wird eine Mauer durchbrochen, die zu einem Haus führt. Wien etwa?
Auf der Innenseite des Chorbogens, d.h. vom Chor aus richtung Langhaus gesehen sind viele seltsame Rechtecke, jeweils mit einem kleinen Dreieck darüber aufgereiht. Grabmale? (Jedenfalls wichtig genug, um auf der Innenseite die Darstellung der Keilsteine nicht weiterzuführen.)
Wäre dem so, könnte die Malerei etwa aus dem späten 15. Jh. stammen, als der jüngere Hunyadi Österreich terrorisierte.
 
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Kleine Anmerkung zu meiner Vermutung vor dem Zubettgehen:
Ist meine Vermutung richtig, würde ›der nicht allzu naturalistische Stil‹ ein Hinweis darauf sein, dass das Gemälde zur Zeit der Herrschaft von Matthias Hunyadi entstanden war; d.h. aus Angst vor Verfolgung nicht zu eindeutig dargestellt. Hierzu passen täte auch der fehlende Ring im Schnabel des Wappentiers, was offensichtlich auf Corvinus hinweisen würde. Auch die abgebildeten Grabmale hinter dem Chorbogen, welche die Brutalität des Einfalls anprangern, sind mehr oder weniger versteckt.
 
Leider komme ich auch an diese Schrift derzeit nicht heran. Welche der oben genannten Orte sind denn zweifelsfrei lokalisierbar?
Ich leider auch nicht. Ich habe es übers VPN meiner ehem. Uni versucht, habe es aber nicht geschafft.

andere sind durch archäologische Grabungen nachgewiesen. Aber alle halt falsch datiert. Das versuche ich nun richtig zu stellen.
Wieso sind die alle archäologisch falsch datiert?

Hatte gerade eine ›Eingebung‹,...

Ist meine Vermutung richtig, ...

Deine Deutung mutet mir einigermaßen „steil“ an. Aber ich fände es hilfreich, wenn du die einzelnen Deutungen noch mal mit den Bildern, welche du deutest, illustrieren würdest, dann müsste man nicht selber suchen.
 
Ich kann mir das sehr gut vorstellen, namentlich in den reformierten Kirchen (Stichwort: Bilderverbot).
Wenn man auf Farben und Schmuck nicht ganz verzichten wollte, griff man auf Ornamente zurück:
In der Wetterau habe ich in einer evangelischen Kirche, Marienkriche in Ortenberg, florale Ornamentik bewundert, die die sogenannten Marienkräuter abgebildet haben. Die Wandmalereien aus der 2.Hälfte des 15.Jahrhunderts wurden nach 2000 freigelegt und restauriert. Neben der Kirche wurde ein Garten mit den abgebildeten Kräutern angelegt.
Florale Muster können daher doch auch über Ornamentik hinaus religiöse Bedeutung haben.
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