Wandmalereien in Siget in der Wart (Burgenland)

Vielleicht ist der Begriff nicht korrekt, aber ich nehme an, du weißt was ich meine. Die in der Genesis dargestellte Schöpfungsgeschichte, die in die "Welt" hineinreicht. Hast du eine andere Erklärung?
 
Warum soll im Raum Siget, das damals zum Königreich Ungarn gehörte, […]
Bist Du da sicher? Das Austria-Forum schreibt zur »Geschichte des Burgenlands«: »In den Friedensverträgen von Ödenburg (1463) und Pressburg (1491) kamen einige westungarische Herrschaften an die Habsburger, die sie meist an österreichische Herren verpfändeten; erst 1647 wurden diese Gebiete wieder an Ungarn reinkorporiert.«

Vor langer Zeit habe ich mal über Matthias gelesen (leider keine Ahnung, in welchem Buch), der ja in Ungarn bis heute als der gute Herrscher hochstilisiert wird, dass sein Einfall in Österreich äußerst brutal gewesen sei. Wenn ich mich richtig erinnere, war daran seine berühmte Schwarze Garde beteiligt, dies allerdings mit Vorbehalt.(Müsste jetzt lange suchen, um Angaben dazu zu finden. Und Bibliotheken sind nicht zugänglich.)

Das mit dem "Bogen" verstehe ich nicht. Was meinst Du mit dem "tiefgezogenen Kasten"?
Mit »tiefgezogenem Kasten« meinte ich eigentlich den über einen tiefen Langbaum hängenden Kasten, der Langbaum stark nach unten gebogen, damit sich der Kasten mehr in Bodennähe befand (wie bspw. am Wagen von Philipp II. von Spanien, heute in Lissabon ausgestellt). Den in der Kirche dargestellten Bogen am Hinterrad könnte aus meiner Sicht entweder die Erinnerung an eine Gurtaufhängung bewirkt haben, oder aber die Form des Langbaumes war ähnlich gestaltet, d.h. federnd (wobei es mir bewusst ist, dass hierzu Überlieferungen aus der Zeit um 1500 fehlen).
Ist aber auch nicht ausschlaggebend, und ich möchte hier keine Bilderschlacht zum ursprünglichen Aussehen der ersten Karossen mit aufgehängtem Kasten auslösen.

Lassen wir also die Frage zum Typus des Wagens und betrachten wir lieber das Wesentliche: im Osten fährt eine Figur in einem Wagen. Auf seinem Kopf hängt was Langes. Im Westen wird eine fette Abgrenzung durch Objekte durchbrochen. Dargestellt sind auch viele Grabsteine, sofern man den Schmuck am inneren Chorbogen so interpretieren mag.
 
Zuletzt bearbeitet:
betrachten wir lieber das Wesentliche: im Osten fährt eine Figur in einem Wagen. Auf seinem Kopf hängt was Langes. Im Westen wird eine fette Abgrenzung durch Objekte durchbrochen. Dargestellt sind auch viele Grabsteine, sofern man den Schmuck am inneren Chorbogen so interpretieren mag.

Wie kommst du auf die Himmelsrichtungen?
Ich sehe auch nicht, dass eine Abgrenzung durchbrochen wird, obgleich ich aufgrund eines früheren Beitrags weiß, welche Stelle du meinst. (~ „vom Wagen abgeschossene“ „Kanonenkugel“... die imho ein Teil des Rankwerks ist)
Die Grabsteininterpretation halte ich ebenso für fraglich.
 
Dass die Kirche geostet sei, hab ich ebenfalls aus Romanische Schätze, wo von der »Westempore« (über dem Eingang) die Rede ist.
Die Mehrheit der Kirchen sind geostet. Es sind eher die Ausnahmen die nicht geostet sind oder moderne Kirchen. Aber wie kommst du auf Ost und West innerhalb der Darstellung in der Apsis?

Du hast geschrieben:

Im Osten fährt eine Figur in einem Wagen. Auf seinem Kopf hängt was Langes. Im Westen wird eine fette Abgrenzung durch Objekte durchbrochen.
Beides befindet sich in der Apsis, nicht auf der Westempore.
 
Bist Du da sicher? Das Austria-Forum schreibt zur »Geschichte des Burgenlands«: »In den Friedensverträgen von Ödenburg (1463) und Pressburg (1491) kamen einige westungarische Herrschaften an die Habsburger, die sie meist an österreichische Herren verpfändeten; erst 1647 wurden diese Gebiete wieder an Ungarn reinkorporiert.«

Das waren mehrere kleine, aber strategisch wichtige Gebiete wie beispielsweise die Burg Landsee oder Eisenstadt mit einigen umliegenden Dörfern. Könnte auch sein, dass die Herrschaft Hornstein dabei war. Aber das sind Orte im Nordburgenland, im Süden des Landes - Siget gehört schon in das Südburgenland - wüsste ich jetzt kein Gebiet, das damals österreichisch geworden ist. 1647 ist beispielsweise die Herrschaft Eisenstadt wieder ungarisch geworden.
Alle Kirchen - mit Ausnahme der protestantischen, aber das ist auch nicht die Regel - sind geostet.

 
In der Wetterau habe ich in einer evangelischen Kirche, Marienkriche in Ortenberg, florale Ornamentik bewundert, die die sogenannten Marienkräuter abgebildet haben. Die Wandmalereien aus der 2.Hälfte des 15.Jahrhunderts wurden nach 2000 freigelegt und restauriert. Neben der Kirche wurde ein Garten mit den abgebildeten Kräutern angelegt.
Florale Muster können daher doch auch über Ornamentik hinaus religiöse Bedeutung haben.

In diesem Fall ist der religiöse Bezug allerdings erst im 21. Jahrhundert hergestellt (und dann auch gleich noch zu den alten Germanen und Kelten weitergeknüpft) worden.

"Ach, das soll eine Akelei sein? Die hätte ich aber nicht erkannt." Friedegard Enders steht in der Marienkirche, betrachtet die Ornamente an der Decke und wundert sich: Nur mit viel Sachkenntnis erkennt man die Pflanzenarten, denn die mittelalterliche Malerei reduziert stark auf die grundsätzlichen Formen und Farben. Den damaligen Künstlern ging es um Symbolik und Verzierung, nicht um ein genaues Abbild der Wirklichkeit.
In Ortenberg ist gegen alles ein Marienkraut gewachsen

Dass sich die florale Ornamentik in einer Marienkirche befindet, hat vermutlich genausoviel zu sagen wie die florale Ornamentik

... in einer Laurentiuskirche:

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... oder in einer Korneliuskirche:

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Lebensbaum und Schlange befinden sich laut Buch Genesis aber nicht im Himmel, sondern im Garten Eden auf der Erde.
Ist der Garten Eden nicht das Paradies?
 
Lebensbaum und Schlange befinden sich laut Buch Genesis aber nicht im Himmel, sondern im Garten Eden auf der Erde.
Ist der Garten Eden nicht das Paradies?

Lies selbst:

"Dann pflanzte Gott, der HERR, in Eden, im Osten, einen Garten und setzte dorthin den Menschen, den er geformt hatte. Gott, der HERR, ließ aus dem Erdboden allerlei Bäume wachsen, begehrenswert anzusehen und köstlich zu essen, in der Mitte des Gartens aber den Baum des Lebens und den Baum der Erkenntnis von Gut und Böse. Ein Strom entspringt in Eden, der den Garten bewässert; dort teilt er sich und wird zu vier Hauptflüssen. Der Name des ersten ist Pischon; er ist es, der das ganze Land Hawila umfließt, wo es Gold gibt. Das Gold jenes Landes ist gut; dort gibt es Bdelliumharz und Karneolsteine. Der Name des zweiten Stromes ist Gihon; er ist es, der das ganze Land Kusch umfließt. Der Name des dritten Stromes ist Tigris; er ist es, der östlich an Assur vorbeifließt. Der vierte Strom ist der Eufrat. Gott, der HERR, nahm den Menschen und gab ihm seinen Wohnsitz im Garten von Eden, damit er ihn bearbeite und hüte. Dann gebot Gott, der HERR, dem Menschen: Von allen Bäumen des Gartens darfst du essen, doch vom Baum der Erkenntnis von Gut und Böse darfst du nicht essen; denn am Tag, da du davon isst, wirst du sterben.
[...]
Die Schlange war schlauer als alle Tiere des Feldes, die Gott, der HERR, gemacht hatte. Sie sagte zu der Frau: Hat Gott wirklich gesagt: Ihr dürft von keinem Baum des Gartens essen? Die Frau entgegnete der Schlange: Von den Früchten der Bäume im Garten dürfen wir essen; nur von den Früchten des Baumes, der in der Mitte des Gartens steht, hat Gott gesagt: Davon dürft ihr nicht essen und daran dürft ihr nicht rühren, sonst werdet ihr sterben. Darauf sagte die Schlange zur Frau: Nein, ihr werdet nicht sterben. Gott weiß vielmehr: Sobald ihr davon esst, gehen euch die Augen auf; ihr werdet wie Gott und erkennt Gut und Böse. Da sah die Frau, dass es köstlich wäre, von dem Baum zu essen, dass der Baum eine Augenweide war und begehrenswert war, um klug zu werden. Sie nahm von seinen Früchten und aß; sie gab auch ihrem Mann, der bei ihr war, und auch er aß. Da gingen beiden die Augen auf und sie erkannten, dass sie nackt waren. Sie hefteten Feigenblätter zusammen und machten sich einen Schurz.
[...]
Da schickte Gott, der HERR, ihn aus dem Garten Eden weg, damit er den Erdboden bearbeite, von dem er genommen war. Er vertrieb den Menschen und ließ östlich vom Garten Eden die Kerubim wohnen und das lodernde Flammenschwert, damit sie den Weg zum Baum des Lebens bewachten."
 
Ja, dann sollte man aber zumindest erkennen, was dargestellt sein soll und das würde ich bei der Kirche in Siget vehement in Abrede stellen wollen.
Zudem sind die floralen Elemente in deinem Beispiel um die Grate und Knoten des gotischen Gewölbes herum gemalt, in Siget ist das alles total chaotisch.
Ich habe bei Siget auch an Kinderzeichnungen gedacht,verzeiht diesen unwissenschaftlichen Beitrag.

@Sepiola: Zur Ortenberger Kirche: meine halbwegs guten Botanikkenntnisse reichten um viele der Pflanzen zu identifizieren - inwieweit eine modernere Auffassung der sog. Marienkräuter eine erfundene Tradition ist, entzieht sich leider meiner Kenntnis - der Besuch der Kirche liegt auch schon ca. zehn Jahre zurück.
 
meine halbwegs guten Botanikkenntnisse reichten um viele der Pflanzen zu identifizieren - inwieweit eine modernere Auffassung der sog. Marienkräuter eine erfundene Tradition ist, entzieht sich leider meiner Kenntnis

Das Schöne an den Marienkräutern ist, dass es keine definierbare Liste gibt. Alles, was irgendwie essbar ist, was zum Würzen taugt, was zu Tee oder Bier oder sonst einem Getränk verarbeitet werden kann, in Medikamenten Verwendung findet oder einfach nur duftet oder schön aussieht, kann als "Marienkraut" fungieren:
Weißkohl, Karotten, Zwiebel, Beifuß, Hopfen, Gerste, Weizen, Roggen, Zwiebel, Salbei, Majoran, Thymian, Minze, Kamille, Sonnenblume, Wermut, Schafgarbe, Königskerze oder Rosen...
 
Aber das sind Orte im Nordburgenland, im Süden des Landes - Siget gehört schon in das Südburgenland - wüsste ich jetzt kein Gebiet, das damals österreichisch geworden ist.
Zur Zugehörigkeit von Siget im späten 15. Jh.:

Der Ort gehörte zu den alten magyarischen Grenzwächtersiedlungen. 1270 erhielten die Bogenschützen eigene Privilegien, im 14. Jahrhundert wurden sie als "adelig" anerkannt. Bis 1441 unterstand der Ort der Schutzherrschaft der Güssinger, dann der Herrschaft Rotenturm.[1]

Nachdem die Herrschaft über das Gebiet[Rotenturm] 1424 an das deutsche Adelsgeschlecht der Ellersbacher verpfändet worden war, bauten diese die in Verfall geratene Burg wieder auf. Unter der Herrschaft der Ellersbacher findet sich auch die erste urkundliche Erwähnung des deutschen Namens Rotenturm (1456).
Nach einem kurzen Zwischenspiel durch den Primas von Ungarn, Tamás Bakócz [1442–1521, Primas erst ab 1497], und eine Verpfändung an die reformierte Grafenfamilie Zrinyis (wodurch auch die Untertanen evangelisch sein mussten) kam das Gebiet Anfang des 17. Jahrhunderts endgültig in den Besitz des ungarischen Magnatengeschlechts Erdődy.
[2]

Siget gehörte demnach direkt vor Hunyadis Besatzungszeit seit 1424 zur Herrschaft Rotenturm unter den Ellersbachern. Oder sehe ich das falsch?


Auch interessant:

Die verhältnismäßige Entvölkerung dieses Gebietes[des Pinkagebietes] während des 15. Jh.-s darf man wohl auch hier in erster Linie dem lange dauernden Kriege zwischen Kaiser Friedrich III. und König Mathias zuschreiben.[3]

1. »Siget in der Wart«, Atlas-Burgenland.at.
2. »Rotenturm an der Pinka«, Wikipedia.
3. Elemér Moór, Westungarn im Mittelalter, S. 298; PDF @ SZTE Repository of Papers and Books.
 
Auch die Güssinger werden von einem deutschen Adelsgeschlecht hergeleitet, genauso wie die Gutkeled u.a. Diese Geschlechter sind bereits im 11. Jh. in das ungarische Grenzgebiet eingewandert und haben unter den ungarischen Königen, weil sie nach deutschem Vorbild die Grenzwehr organisierten rasch Karriere gemacht. Die viel gerühmten Bogenschützen waren nie zuverlässig und wurden auch nach und nach vom König vertrieben. Im Burgenland ist das eine wechselvolle Geschichte. Krieg und Gewalt sind im mittelalterlichen Burgenland keine einmalige Angelegenheit. Da hat es immer wieder Konflikte gegeben. Aber auch wenn für einige Jahre die Ellersbacher die Bevölkerung Rotenturms auspressten (Rotenturm liegt an der Pinka, hier gab es eine Niederungsburg), so blieb das Land - im Gegensatz zu den Gebieten im Nordburgenland - doch in der Hand des ungarischen Königs. Der Zeitabschnitt, der uns im Hinblick auf die Malereien interessiert, beginnt unter den Zrinys.
Der lang andauernde Krieg Friedrichs III. und Mathias Corvinus hat sich in Niederösterreich abgespielt. Ich habe nun nicht die Zeit nachzuprüfen, ob auch das Pinkatal in Mitleidenschaft gezogen wurde. Glaube aber nicht, da werden schon diverse Adelsfehden verantwortlich gewesen sein.
 
Zuletzt bearbeitet:
Glaube nicht, dass ich ungarische und burgenländische Archäologen derartig "abtue".
Aber schau dir die zum Thema verfassten Publikationen einmal an und bilde dir selbst eine Meinung.
 
Ich weiß nicht, auf welchen Beitrag sich balkanese mit „derartig“ bezieht. Bei der Suche danach bin ich über die zunächst berechtigt klingende Kritik gestoßen, dass man Stephan den Heiligen als Zäsur für Kirchbauten im ungarischen Raum bewerte. Davor habe es quasi keine Kirchen (mehr) gegeben, erst danach. Nun war Stephan (*975) König im frühen 11. Jhdt. (1000 - 1038). Insofern ist mir das von dir geäußerte Problem nicht klar, wobei ich hier auch nichts sehe, was die verbal heftig wirkende Kritik balkaneses rechtfertigt.
 
Insofern ist mir das von dir geäußerte Problem nicht klar ...

Das verstehe ich jetzt nicht. An sich ist das Problem klar. Es gibt bis heute im Burgenland (vermutlich auch in Ungarn) immer noch einige aus dem 9. Jh. stammende Kirchen, die in der Literatur dem Zeitraum zwischen dem 11. und 13. Jh. zugeordnet werden. Diese Zuordnung möchte ich - methodisch sauber und auf Fakten begründet - richtig stellen.
 
Insofern ist mir das von dir geäußerte Problem nicht klar ...

Das verstehe ich jetzt nicht. An sich ist das Problem klar. Es gibt bis heute im Burgenland (vermutlich auch in Ungarn) immer noch einige aus dem 9. Jh. stammende Kirchen, die in der Literatur dem Zeitraum zwischen dem 11. und 13. Jh. zugeordnet werden. Diese Zuordnung möchte ich - methodisch sauber und auf Fakten begründet - richtig stellen.
Das mag ja sein, dass es Kirchen aus dem 9. Jhdt. in der Region gibt. Aber wir behandeln hier doch speziell die Kirche von Siget.
 
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