War das Jahr 476 n.Cr. wirklich der Untergang für Rom?

Kiwi

Neues Mitglied
Hi Leute,
konnt ihr mir helfen und ein paar Zusatzinformationen zum Thema UNTERGANG ROMS geben?
Würd mich freuen, wenn ein paar Leute Ahrnung davon haben.:hoch:
 
@Kiwi
Traditionell wurde 476 n. Chr. als das Ende des Westreiches bezeichnet. In der neueren Forschung gehen immer mehr Historiker dazu über, das Ende auf 493 n. Chr. zu setzten.

@Ursi
Einigen deiner Punkt muß ich leider wiedersprechen. Über den Verfall der Sitten wurde schon von Cato maior geklagt. Vielmehr haben sich in der Spätantike die Interessen in Richtung dessen, was für das Mittelalter kennzeichnend ist, verlagert. Der Verfall der Währund deutete sich schon im "Goldenen Zeitalter" an. Nicht umsonst hat Caracalla 212 n. Chr. allen freien Bürgern des Imperium das Bürgerrecht verliehen. Das die Soldaten ihre Generale zum Kaiser erhoben, ist aus dem Aspekt zu sehen, dass die Soldaten ein Bedürfniss nach der "Kaisernähe" hatten. Während dieser Zeit hatte sich herausgestellt, dass ein Kaiser nicht genügt, um ein so großes Reich zu regieren. Die Krise im 3. Jahrhundert wurde überwunden und die Währung teilweise durch Einführung des Solidus rehabilitiert. Das Problem der römischen Gesellschaft im 3. Jahrhundert war, dass sie kein Zusammengehörigkeitsgefühl mehr hatte. Fast jeder Bürger im Imperium ging einer anderen Religion nach. Das die Gladiatorenkämpfe grausamer wurden mag ich zu bezweifeln, viel mehr wird dies wieder "Christliche Propaganda" gewesen sein. Zur Aufnahme bzw. Ansiedlung der Germanen gab es keine Alternative.

Leider habe ich nicht mehr Zeit, auf deine Thesen einzugehen, deshalb verbleibe ich

In diesem Sinne
Be_Real1982
 
Ich möchte eigentlich nicht wissen in welchem Jahr Rom untergegangen ist, sondern ob der eigentliche Untergang Roms wirklich das Ende Roms war.:hoch:
 
Hallo Kiwi,

von einem Ende Roms zu sprechen ist eigentlich gar nicht möglich.
Das Römische Reich war kein Staat im modernen Sinne, der von anderen Staaten besiegt und dann für beendet erkärt wurde - wie z.b. das dritte Reich.
Das Römische Reich ist eigentlich eher "zerfleddert" worden: verschiedene Personen und Völker haben sich nach und nach Römische Titel und Institutuionen angeeignet.
Odoaker z.b. der den letzten Weströmischen Kaiser absetzte, erkannte den oströmischen Kaiser als alleinigen römischen Kaiser an und erbat von diesem den Titel Patricius - und bekam ihn auch. Der Pabst trägt heute noch den Titel "pontifex maximus", den die Römischen Kaiser trugen. Die Franken vertraten die These der "translatio imperii", d.h. das Weströmische Reich sei auf die Franken übergegangen.
Moskau nannte sich selbst das "dritte Rom".
Das Weströmische Reich hörte in der Völkerwanderung auf eine eigenständige militärische und politische Macht zu sein, Byzanz wurde duch die Kreuzüge ruiniert und von den Türken zerstört.
Wenn man den Übergang des Reiches auf die Franken und die katholische Kirche nicht akzeptiert, sondern nur die Byzantischen Kaiser als legitime Träger der römischen Institutionen, dann war das Ende Roms 1453 und das war wirklich ein klares Ende.
Ansonsten lebt Rom sozusagen bis heute - zumindest in der römisch katholischen Kirche.
 
@Ursi
Nun, ich sehe da schon einige Differenzen zwischen unseren Argumentationen. Wenn du den Verfall der Sitten und Dekadenzproblem als Untergangsursache ansiehst, so widerspreche ich dir, indem ich sage, dass schon der Ältere Cato darüber beschwert. Da dieser 149 v. Chr. gestorben ist, scheidet dieser Punkt meines Erachtens nach aus, da sich kein Imperium so lange hätte halten können, wenn es wirklich so Dekadent gewesen wäre. Weiter schreibst du, dass das Reich nicht mehr die notwendigen Finanzmittel zur Verteidigung des Reiches hatte und deswegen später Germanen anwerben musste und ihnen schließlich Siedlungsland überlassen musste, da man sie nicht mehr bezahlen konnte. Auch hier widerspreche ich. Das Imperium hatte noch genügend Geld, um die Reichsverteidigung zu gewährleisten. Vielmehr litt das Imperium nach Einführung des Christentums daran, dass die Bevölkerung pazifistisch eingestellt war und nicht mehr kämpfen wollte. Deswegen mussten die Germanen angworben werdewn. Das noch genügend Geld vorhanden war, zeigt z. B. die Entlohnung von 60.000 Hunnen 425 n. Chr., die Aetius angeworben hatte. Weiterhin erhielten die Germanen meistens zu ihrem Siedlungland noch jährliche Tributzahlungen. Außerdem lief die Ansiedelung der Germanen meisten so ab, dass Germanen ein Stück Land in Beistz nahmen, die Römer nicht fähig waren sie zu vertreiben und ihnen dann das Land unter den Bedingungen eines foedus überließen. Weiters schliderst du die wirtschaftliche Ordnung, die im 3. Jahrhundert völlig zerüttet war. Dies ist zwar richtig, doch wurde diese Wirtschaftkrise größtenteils im 4. Jahrhundert gelöst, außerdem ging man immer mehr dazu über, statt Geld mit Naturalien zu bezahlen. Auch mahne ich dich zur Vorsicht, wenn du christliche Autoren zitierst, da diese meist aus reinen Propaganda gründen bestimmte dinge verbreiteten bzw. in Frage stellten.

@Kiwi
Nun, ich verstehe deine Frage nicht ganz. Meinst du damit Rom als Idee oder die Stadt Rom an sich oder die Einflüsse Roms?
Ich gehe jetzt mal dovn aus, dass du die Stadt Rom an sich meinst. Nun, ganz Untergegangen ist sie nie, das sie ja selbst nach dem Fall des Imperiums - wenn auch in weit geringerem Umfang - bewohnt war.
In der Blütezeit der Stadt, hatte Rom etwa 1 Million Einwohner. Im 4. Jahrhundert besaß Rom laut der "Notitia Urbis" 29 große Straßen, 8 Steinbrücken, 424 Häuserviertel, 46 602 Mietshäuser, 1790 Einzehlhäuser, 290 Getreidespeicher, 12 Märkte, 2 Fleischmärkte, 254 Bäckereien, 2300 Verkaufstische für Olivenöl, 19 Aquädukte, 11 Thermen, 856 Bäder, 15 Nymphäen, 1352 Brunnen, 144 Latrinen, 10 Basiliken, 10 Säulenhallen, 29 Bibliotheken, 45 große Tempel, 23 Reiterstatuen, 80 Götterbilder aus Gold, 84 aus Elfenbein, 3785 sonstigte Standbilder, 6 Obelisken, 36 Marmorbögen, 2 Rennbahnen, 4 kleine Amphitheater, 3 Theater, 1 Odeum, 1 Stadion, 2 Naumachien, 5 Parkanlagen und 16 Friedhöfe.
Rom verlor schon gegen Ende des 3. Jahrhunderts seine Stellung als Kaiserresidenz. Die Kaiser verlegten ihre Höfe in Städte wie Mailand, Trier, Ravenna, Nikomedeia oder Konstantinopel. Während des 4. Jahrhunderts verlor Rom immer mehr Einwohner, nach der Eroberung durch Alarich dürfte die Zahl etwa bei 500.000 Einwohnern gelegen haben, vorher natürlich mehr. Nach dieser ersten Plünderung erholte sich Rom allerdings verhältnissmäßig schnell, bis es 455 von den Wandalen erneut geplündert wurde und endgültig seinen Glanz verlor. Die Bevölkerung schrumpfte weiter und 472 wurde die Stadt zum dritten mal geplündert. Die im 6. Jahrhundert erneue Besetzung durch die Byzantiner und die Kämpfe mit den Barbaren um die Stadt, später die Plünderungen durch die Langobarden und Normanen leiteten den endgültigen Niedergang der Stadt ein - zeitweise war die Stadt nur in der Nähe von einiger Kirchen und vom Tiber bewohnt -, der erst durch den Aufstieg des Papsttums im 11. Jahrhundert wieder gestoppt werden konnte.
Also um deine Frage - die ich hoffentlich richtig interpretiert habe - zu beantworten: Die Stadt Rom ist 476 nicht untergegangen, doch war sie in der Folgezeit nur noch ein Schatten ihrer selbst.

Ciao
Be_Real1982
 
Gib bitte die Quellen an, damit man Deine Aussagen nachprüfen kann. Bei meinem Artikel findest Du unten die Quellen, da kannst Du meine Aussagen nachlesen. :)
 
@Ursi
Hier sind meine Quellen:
A. Demandt, Geschichte der Spätantike
A. Demandt, Der Fall Roms. Die Auflösung des römischen Reiches im Urteil der Nachwelt.
F. Kolb, Diocletian und die erste Tetrarchie
K. Christ, Der Untergang des Römischen Reiches

Ciao
Be_Real1982
 
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