War der unbeschränkte U-Boot-Krieg richtig?

A

amicus

Gast
Hallo zusammen,

am 1. Februar 1917 wurde mit der Unterstützung der Mehrheit des Reichstages der uneingeschränkte U-Boot-Krieg wieder aufgenommen.
Wie bewertet ihr die Entscheidung den unbeschränkten U-Boot-Krieg zu führen?
War das nicht eine grobfahrlässige Entscheidung der Reichsleitung? , denn es hätte den Verantwortlichen klar sein müssen, das dies den Kriegseintritt der USA bedeuten würde.
Waren die Berechnungen des Admiralstabs realistisch, das durch die Erhöhung der Versenkungsziffern auf 600.000 BRT monatlich die Niederlage Englands in 5 bis 6 Monaten erwartete?

Überlegensswert ist auch, das durch die Seeblockade Englands die Bevölkerung erheblich zu leiden hatte, es sind mehrere hunderttausend Menschen verhungert.
Auch war der U-Boot-Krieg nach der internationalen Prisenordnung nnur sehr schwer praktizierbar, da die Engländer ihre Handelsschiffe falsch beflaggten, vorzugsweise mit der US-Flagge, und auch bewaffneten.



Ein kurzer Überblick des Verlauf des U-Bootkrieges:

Zu Beginn des Krieges dachte in Deutschland niemand daran U-Boote gegen Handelsschiffe einzusetzen. Bis Januar 1915 hat man gemäß der Prisenordnung „nur“ sieben Schiffe versenkt.


Die Prisenordnung sah vor, dass das U-Boot aufgetaucht sein muss und die Besatzung des feindlichen Schiffs sich in die Rettungsboote begeben darf. Erst dann durfte das Schiff versenkt werden.


Nun wurde aber langsam die englische Seeblockade spürbar. Am 04.Februar 1915 wurde eine Kriegszone rund um die britischen Inseln gelegt.
Wichtig: Die U-Boote sollten ihre Angriffe aber immer noch gemäß der internationalen Prisenordnung durchführen.


So wurden auf diese Weise bis Ende Mai 1915 von 24 deutschen U-Booten 119 Schiffe versenkt.

Am 07.Mai 1915 wurde die Lusitania nach nur einen Torpedeotreffer versenkt. Es kamen insgeamt 1198 Menschen darunter auch 128 Amerikaner ums Leben. Die Lusitana hatte aber mehre Millionen Schuss Munition und Schrapnellgeschosse an Bord. Das führte zu einem heftigen verbalen Schlagabtausch zwischen den USA und dem Deutschen Reich, mit dem Ergebnis, das Wilhelm anordnete, keine weiteren Passagierschiffe zu versenken.



Im August 1915 bei der Versenkung der Arabic kamen erneut Amerikaner ums Leben. Dies führte wieder zu einen Protest der USA und zu dem Befehl des Kaiser den U-Boot-Krieg rund um die Britischen Inseln einzustellen. Es durften nur noch die feindliche Flotte angegriffen werden.


Der Handelskrieg wurde von England hingegen sehr offensiv geführt. Er war von England als Teil eines umfassenden Wirtschaftskrieges begonnen worden. Kennzeichnend für diesen Wirtschaftskrieg war vor allem, dass ältere Unterscheidungen zwischen den Kriegführenden Staaten und ihren Staatsangehörigen, die trotz des Kriegszustands nicht ohne weiteres rechtlos wurden, ihre Geltungskraft verloren. Nach dem Abbruch der Handelsbeziehungen wurde Schritt für Schritt das Feindeigentum beschlagnahmt; es erging ein umfassendes Zahlungsverbot an Gläubiger feindlicher Nationalität, feindliche Unternehmen wurden beschlagnahmt und schließlich zwangsliquidiert, der gewerbliche Rechtsschutz wie der Schutz von Urheberrechten und Patenten wurde aufgehoben, dies alles unter eifriger Mitwirkung britischer Gerichte.



Kurz nach Kriegsbeginn zeigte sich, das England gewillt war, alle Möglichkeiten, die ihm seine Seeherrschaft bot, offensiv zu nutzen. England erklärte am 02.November 1914 die Nordsee zum Sperrgebiet.
Die Sperrung und Verminung der Nordsee widersprach dem Seekriegsrecht und den Blockaderecht. Hier wurde keinerlei Rücksicht auf die Sicherheit der neutralen Staaten genommen, wenn diese nicht ganz bestimmte vorgeschriebene Routen befuhren. Auf diese Weise konnte England nicht nur die deutschen Häfen blockieren, sondern gleichzeitig den gesamten Handelsverkehr zu den Niederlanden und Skandinavien kontrollieren.


Auch die Freiliste der Waren der Londoner Deklarationen, insbesondere die der Lebensmittel, wurde Schritt für Schritt ausgehöhlt. Das gleiche gilt auch für das Prisenrecht und die Konterbande. So hat dann die Royal Navy völlig hemmungslos neutrale Schiffe gestoppt um Kontrollstationen in London anzulaufen. So gelang es den Alliierten die Lebensmittelimporte Deutschlands weitestgehend zu unterbinden.
Aus praktischen Gründen haben die Alliierten dann 1916 die Londoner Deklarationen einseitig für ungültig erklärt. Dies führte natürlich zu scharfen Protesten der Neutralen, aber das war England egal. Die USA haben auch nichts dagegen unternommen.


Im August 1915 begann die Deutschen mit den ins Mittelmeer verlegten Booten ein U-Boot-Handelskrieg nach der Prisenordnung. Bis Ende 1915 wurden so 105 Schiffe versenkt. 1916 waren es 415.


Angesichts der zunehmenden Bewaffnung und falschen Beflaggung der Handelsschiffe meinte das Kommando der Hochseeflotte, das nur noch der unbeschränkte U-Boot-Krieg zu Erfolgen führt. Die Regierung war strikt dagegen und Tirpitz konnte seinen Hut nehmen.

Unter den Druck der militärischen Lage Ende 1916 kam das Thema unbeschränkter U-Boot-Krieg wieder auf die Tagesordnung mit dem bekannten Resultat.

Grüße
Amicus
 
Angesichts der in Kauf genommen Versenkung von zivilen Schiffen von "richtig" zu sprechen, halte ich für mindestens geschmacklos. War der Hiroshima-Abwurf "richtig"? Oder die Bombadierung Dresdens?

Angemessen, klug oder aussichtsreich finde ich zutreffendere Vokabeln in dem Zusammenhang. Wenn das Wort "richtig" auf Maßnahmen Anwendung findet, die unbeteiligte Menschen willentlich und wissentlich in den Tod brachten, dann habe ich das Wort wohl immer falsch verwendet.

Dass die Gegenseite ebenfalls durch Täuschung absichtlich unbeteiligte Menschen in Gefahr brachte, halte ich für ähnlich schlimm.

Kann man im Krieg überhaupt von "richtig" sprechen? :grübel:
 
Hallo Pope,

Krieg ist schrecklich. Krieg bedeutet Tot und unvorstellbares Leid für Soldaten und Zivilbevölkerung. Da sind wir sicher vollkommen einig.:friends:

Aber hier im Bereich unseres Geschichtsforum "1.Weltkrieg" dürfen und können wir doch solche bedeutenden Entscheidungen für die weitere Entwickung des 1.Weltkrieges wie die Entscheidung zu Führung des unbeschränkten U-Boot-Krieges bestimmt diskutieren und hinterfragen.

Mein Terminus "richtig" soll ganz bestimmt nicht verharmlosen oder verniedlichen.

Grüße
Amicus
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Nun gut, genug zum Grundsätzlichen. Differenzieren wir:

1. War er zum damaligen Zeitpunkt militärisch sinnvoll?
2. War er auf damaliges Recht bezogen rechtskonform?
3. Würde man aus heutiger Sicht genauso verfahren?
 
Grundsätzlich würde ich mich sehr über Postings zu diesem Thread-Thema freuen.:)




Nicht freuen tue ich mich darüber, wenn mein Beitrag

.....
von "richtig" zu sprechen, halte ich für mindestens geschmacklos. War der Hiroshima-Abwurf "richtig"? Oder die Bombadierung Dresdens? [


... so gewürdigt wird oder


Angemessen, klug oder aussichtsreich finde ich zutreffendere Vokabeln in dem Zusammenhang. Wenn das Wort "richtig" auf Maßnahmen Anwendung findet, die unbeteiligte Menschen willentlich und wissentlich in den Tod brachten, dann habe ich das Wort wohl immer falsch verwendet.Dass die Gegenseite ebenfalls durch Täuschung absichtlich unbeteiligte Menschen in Gefahr brachte, halte ich für ähnlich schlimm.Kann man im Krieg überhaupt von "richtig" sprechen? :grübel:


ich so belehrt wird. Es ginge auch freundlicher.

Grüße
Amicus
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Nun, die Zukunft ist im Prinzip unvorhersehbar. Der uneingeschränkte U-Boot-Krieg war zumindest ein plausibler Zug, und niemand wird je wissen, ob er ohne die Zimmermann-Depesche nicht eine kriegsgewinnende Genialität gewesen wäre.
 
Du hast schon Recht, die Zukunft ist nicht vorhersehbar.

War aber aufgrund der bisherigen Auseinandersetzungen zwischen den USA und dem Deutschen Reich wegen des U-Boot-Krieges, Bethmann Hollweg ging fest davon aus, das der Kriegseintritt der USA auf Seiten Englands und Frankreichs erfolgen würde?

Hätte der Admiralsstab nicht vielleicht von einer längeren Zeitspanne als 5 bis 6 Monate, monatlich 600 000 BRT zu versenken, bei seinen Planungen ausgehen müssen? Und weiterhin hätte der Admiralsstab bei seiner optimistischen Überlegungen, dass die USA mit ihren großen Werftkapazitäten und Schiffsraumressourcen die Engländer unterstützen würde?

Grüße
Amicus
 
Grundsätzlich würde ich mich sehr über Postings zu diesem Thread-Thema freuen.:)

Dann will ich einmal daran versuchen...

Ich denke, daß wir uns - gemäß dem, was mW die Historiker dazu sagen - einig sind, daß der "Uneingeschränkte U-Boot-Krieg" als Reaktion bzw. Konter des Deutschen Reiches auf die britische Seeblockade war.

Popes Fragen allerdings erscheinen diesbezüglich ganz interessant...

1. War er zum damaligen Zeitpunkt militärisch sinnvoll?
2. War er auf damaliges Recht bezogen rechtskonform?
3. Würde man aus heutiger Sicht genauso verfahren?

1. Einerseits mochte der "Uneingeschränkte U-Boot-Krieg" militärisch sinnvoll erscheinen, da man auf diesem Wege die alliierte Seeblockade brechen wollte, was bei vorherigen Versuchen (z.B. Doggerbank) fehlgeschlagen war. Auf der anderen Seite kann man ihn jedoch ebenso als Eselei betrachten, da nicht nur alliierte, sondern auch neutrale Schiffe angegriffen wurden, was die Gefahr des Kriegseintritts der USA heraufbeschwor (weswegen er ja zwischenzeitlich 1916 ausgesetzt wurde) sowie dann nach Wiederaufnahme 1917 schließlich endgültig provozierte und mit sich brachte.

2. Nein; der "Uneingeschränkte U-Boot-Krieg" war genauso wenig konform zu den damals geltenden völkerrechtlichen Abkommen wie die britische Seeblockade zuvor auch schon.
Vgl. dazu auch http://www.brandtcomputer.de/Voelkerrecht/

3. Diese Frage ist jedoch kaum eindeutig zu beantworten, und außerdem besteht eine nicht geringe Gefahr, in politische Diskussionen abzurutschen.
 
Auf der anderen Seite kann man ihn jedoch ebenso als Eselei betrachten, da nicht nur alliierte, sondern auch neutrale Schiffe angegriffen wurden, was die Gefahr des Kriegseintritts der USA heraufbeschwor (weswegen er ja zwischenzeitlich 1916 ausgesetzt wurde) sowie dann nach Wiederaufnahme 1917 schließlich endgültig provozierte und mit sich brachte.


Das denke ich auch. Die Planungen waren viel zu optimistisch. Man ging ja davon aus, England bereits "in die Knie gezwungen zu haben" bevor die USA militärisch entscheidend eingreifen konnten. Ich bin auch der Meinung, das ein Zeitansatz von 5 bis 6 Monaten zu knapp bemessen war, denn man hätte in Rechung stellen können und müssen, das die Gegenseiten irgendwann effektive Gegenmaßnahmen (Geleitzüge) in die Wege leitet.

2. Nein; der "Uneingeschränkte U-Boot-Krieg" war genauso wenig konform zu den damals geltenden völkerrechtlichen Abkommen wie die britische Seeblockade zuvor auch schon.


Jeep, volle Zustimmung, wobei man überlegen könnte, ob die Engländer das völkerrechtswidrige Verhalten Deutschalnds durch ihre effektive ebenfalls völkerrechtswidrige Seeblockade teilweise provoziert haben.
Die USA haben sich nämlich nur für die Rechtsbrüche der Deutschen interessiert und reklamiert und das als angebliche neutrale Macht.
Grüße
Amicus
 
1. Einerseits mochte der "Uneingeschränkte U-Boot-Krieg" militärisch sinnvoll erscheinen, da man auf diesem Wege die alliierte Seeblockade brechen wollte, was bei vorherigen Versuchen (z.B. Doggerbank) fehlgeschlagen war. Auf der anderen Seite kann man ihn jedoch ebenso als Eselei betrachten, da nicht nur alliierte, sondern auch neutrale Schiffe angegriffen wurden, was die Gefahr des Kriegseintritts der USA heraufbeschwor (weswegen er ja zwischenzeitlich 1916 ausgesetzt wurde) sowie dann nach Wiederaufnahme 1917 schließlich endgültig provozierte und mit sich brachte.
.

Max von Baden bezeichnet ihn als ganz große Dummheit, wobei er auf den Ende 1916 Anfang 1917 schon absehbaren zusammenbruch Rußlands abhob. Man müsse sich vorstellen, wenn die Alliierten Ende 1917 ohne Verbündete dagestanden wären, schreibt er in seinen Erinnerungen.

So hätte man Wilson den hochwillkommenen Grund geliefert auf der Seite seiner Debitoren in den Krieg einzusteigen.

Grüße Repo
 
Die britische Blockade war völkerrechtlich natürlich ebenso legal wie die Praxis, neutrale Schiffe in englische Häfen zu zwingen, um sie auf Kontrebande zu untersuchen. Doch den Briten gelang es, die neutralen Proteste zu unterlaufen, indem sie dafür sorgten, daß den neutralen Schiffseignern kein finanzieller Schaden entstand.

Die Deutschen verfügten, nachdem ihre Kreuzer von den Meeren verdrängt waren und die Flotte in Wilhelmshaven festlag, tatsächlich nur über die U-Boot Waffe. Doch war die Zahl der U- Boote viel zu gering, um der alliierten Schiffahrt wirksame Schläge zu versetzen, auch die spektakulären Erfolge einzelner U Boote konnten daran nichts ändern.
Wegen der Verletzbarkeit der U Boote war es unmöglich, den Seekrieg nach der Londoner Konvention zu führen. gemäß den Grundlagen des Völkerrechts war nicht nur die Versenkung von Schiffen illegal, da unweigerlich Passagiere betroffen waren, sondern auch die Torpedierung von Schiffen auf hoher See nach erfolgter Durchsuchung und Verwarnung. Versuche der Deutschen, Verständnis für ihre Lage zu gewinnen waren nicht sehr erfolgreich. Taktisch war die U-Bootwaffe sicher das einzige Mittel, das den Deutschen verblieb, wollten sie überhaupt noch im Seekrieg eine Rolle spielen, doch ob der U-Bootkrieg, selbst bei einer viel stärkeren U-Boot Waffe eine operative Entscheidung erzwingen konnte, ist sehr fraglich. Mit den vorhandenen Mitteln war eine Seeblockade Großbritanniens einigermaßen illusorisch. Diplomatisch war der U-Boot Krieg eine Katastrophe, da er die Neutralen brüskierte und Amerika auf den Plan rufen mußte. Bethmann Hollweg sagte durchaus zutreffend, daß das Scheitern des U-Bootkrieges "finis Germaniae" bedeuten würde.
 
Doch war die Zahl der U- Boote viel zu gering, um der alliierten Schiffahrt wirksame Schläge zu versetzen, auch die spektakulären Erfolge einzelner U Boote konnten daran nichts ändern.
Das seh ich auch so.

Wegen der Verletzbarkeit der U Boote war es unmöglich, den Seekrieg nach der Londoner Konvention zu führen. gemäß den Grundlagen des Völkerrechts war nicht nur die Versenkung von Schiffen illegal, da unweigerlich Passagiere betroffen waren, sondern auch die Torpedierung von Schiffen auf hoher See nach erfolgter Durchsuchung und Verwarnung. Versuche der Deutschen, Verständnis für ihre Lage zu gewinnen waren nicht sehr erfolgreich.

Ich kann dir nur zustimmen. Das Problem des Völkerrechts wurde etwas einseitig ausgelegt. Das die Engländer von Anfang des Krieges das Völkerrecht und Blockaderecht verletzt haben, in dem sie beispielsweise die Nordsee verminten und Lebensmitteltransporte nach Deutschland verhinderteten, hat beispielsweise in den "neutralen" USA niemanden groß interessiert. Verständnis für die Situtation Deutschlands, war nicht vorhanden.



Taktisch war die U-Bootwaffe sicher das einzige Mittel, das den Deutschen verblieb, wollten sie überhaupt noch im Seekrieg eine Rolle spielen, doch ob der U-Bootkrieg, selbst bei einer viel stärkeren U-Boot Waffe eine operative Entscheidung erzwingen konnte, ist sehr fraglich

Die OHL, die Marine und die Reichsleitung wollten sogar durch den unbeschränkten U-Boot-Krieg den Krieg gewinnen. Das war schon ziemlich vermessen.

Grüße
Amicus
 
Ich kann dir nur zustimmen. Das Problem des Völkerrechts wurde etwas einseitig ausgelegt. Das die Engländer von Anfang des Krieges das Völkerrecht und Blockaderecht verletzt haben, in dem sie beispielsweise die Nordsee verminten und Lebensmitteltransporte nach Deutschland verhinderteten, hat beispielsweise in den "neutralen" USA niemanden groß interessiert. Verständnis für die Situtation Deutschlands, war nicht vorhanden.
s

Das seht ihr falsch. Es war durchaus Verständnis für die Situatuin Deutschlands vorhanden. Die Amis haben gegen die Blockade auch durchaus Proteste eingelegt. Auch die Deutsch-Amerikaner, damals eine sehr einflussreiche Gruppe, haben sich sehr bemüht.

Aber, seit 1912 hatten die USA zum erstenmal in ihrer Geschichte eine Wirtschaftskrise, die durch die Käufe der Entente-Staaten umgehend zum Super-Boom wurde. Dass die Sympathien dann auf Seiten ihrer Schuldner waren, kann man den Amis nicht übelnehmen.

Ende 1916/Anfang 1917 zeichnete sich, nachdem die Hoffnungen aus Rumäniens-Kriegseintritt sich gar nicht erfüllt hatten, und der Zusammenbruch Rußlands abzusehen war, eine Situation ab, in der erstmals seit September 1914 ein Sieg der Mittelmächte wahrscheinlich schien.

Und in dieser Situation fällt den Berliner Militaristen nichts besseres ein, als Wilson mit dem unbeschränkten U-Bootkrieg den Vorwand für den Kriegseintritt zu liefern.

Finis Germaniae

Grüße Repo
 
Das seht ihr falsch. Es war durchaus Verständnis für die Situatuin Deutschlands vorhanden. Die Amis haben gegen die Blockade auch durchaus Proteste eingelegt. Auch die Deutsch-Amerikaner, damals eine sehr einflussreiche Gruppe, haben sich sehr bemüht.
Die Proteste von Wilson waren wohl sporadischer Natur. Wilson wurde durch den Kongreß veranlaßt gegen die Maßnahmen der Alliierten zu protestieren, weil der Handel darunter zu leiden begann.
Beispielseise hat Wilson, nachdem im März 1916 der französische Dampfe Sussexr, mit vier Amerikaner an Bord, durch deutsche U-Boote versenkt worden war, die Deutschen am 04.05.1916 die Deutschen praktisch dazu gezwungen, den U-Boot-Krieg nur noch nach dem Völkerrecht zu führen.
Die Deutschen wollten aber als Gegenleistung, das das Wilson auch entsprechenden Druck auf die Engländer ausübt, um es zur Einhaltung der völkerrechtlichen Seekriegsegeln zu veranlassen. Wilson hat sich entschieden gegen dieses deutsche Ansinnen verwahrt.

Hat Wilson nicht gerade im Wahlkampf 1916 nicht gegen diese Deutsch-Amerikaner, die er als "Bindestrich-Amerikaner", verunglimpfte, Front gemacht?


Liebe Grüße
Amicus
 
@Amicus:
vorab möchte ich dir das Buch von Joachim Schröder, "Die U-Boote des Kaisers", aus dem Jahr 2003 nahelegen. Bei www.sehepunkte.de/2004/07/5403.html findest Du eine für Deine Fragestellung sehr aufschlußreiche Buchbesprechung.
Nun gut, genug zum Grundsätzlichen. Differenzieren wir:

1. War er zum damaligen Zeitpunkt militärisch sinnvoll?

2. War er auf damaliges Recht bezogen rechtskonform?
Gemäß den Popschen Kriterien komme auch ich in meinem Beitrag auf das Verhältnis von Effektivität und Rechtmässigkeit des U-Boot-Krieges zu sprechen. Allerdings erlaube ich mir, dabei chronologisch vorzugehen.

Ausgangslage Anfang 1915: Im Westen war der der Erste WK ein Stellungskrieg geworden. Der Chef des Generalstabs des Feldheeres Erich von Falkenhayn hielt einen entscheidenden Sieg weder im Osten noch im Westen für möglich. Die Oberwasser-Kriegsflotte war zwar ein Risikofaktor für die britische Flotte aber kein Mittel, um einen solchen entscheidenden Sieg herbeiführen zu können.

Die U-Boote wurden 1914 zunächst im Seekrieg gegen britische Kriegsschiffe eingesetzt. Dabei ging es um die Störung der britischen Truppentransporte auf das französische Festland. Sie erwiesen sich dabei als unerwartet effektiv (Sept. 14: Versenkung der Pathfinder, Cressy, Hogue, Aboukir, etc.).

Der Einsatz von U-Booten gegen Handelsschiffe hatte zunächt keinen Platz in den Plänen der deutschen Marinekriegsführung. Man hielt die U-Boote für nicht geeignet, einen Handelskrieg entsprechend den Regeln der internationalen Prisenordnung zu führen. Da versenkte die U 17 am 20.10.1914 den kleinen englischen Dampfer Glitra bei vorherigem Anhalten und Durchsuchen des Schiffes und vorheriger Rettung der Manschaft - also im Einklang mit der Prisenordnung.

Nun begann sich die deutsche Seekriegsführung Gedanken über die Verwendung der U-Boote gegen feindliche Handelsschiffe zu machen. Da GBs Kriegsindustrie in einem hohen Masse von Importen aus Überseegebieten abhängig war, KONNTE der britische Kriegsgegner durch die U-Boot-Waffe empfindlich getroffen werden. ABER sollte dabei die Prisenordnung beachtet werden?

Schröder weist in seiner Dissertation nach, dass die U-Boot-Kapitäne die U-Boot-Kriegsführung nach der Prisenordnung schon deshalb bevorzugten, weil diese Kriegsführung effektiver war als die Versenkung im Unterwasserangriff. Nur etwa die Hälfte aller Torpedos trafen auch das Ziel, währenddessen das Bordgeschütz zielgenauer und effektiver eingesetzt werden konnte. Dementsprechend sprachen sich die Kapitäne bei der Weiterentwicklung der U-Boot-Waffe für stärkere und bessere Geschütze aus, um noch besser als bisher Oberwasserangriffe ausführen zu können.

Die Marineleitung hingegen lehnte die U-Boot-Kriegsführung nach der Prisenordnung immer entschiedener ab. Als Begründung hierfür diente der Umstand, dass die Briten ihre Handelsschiffe zunehmend bewaffneten und U-Boot-Fallen einrichteten. Hier weist Schröder nach, dass den Briten durch diese Massnahmen zwar anfänglich gewisse Überraschungserfolge gelangen. Nachdem diese Massnahmen jedoch bekannt wurden, gelang ihnen kaum noch ein derartiger Überraschungserfolg. Die Befürchtungen der Marineleitung waren also völlig überzogen! Dort entschied man sich entgegen der Erfahrung der U-Boot-Kapitäne, dass ein rechtmässiger U-Boot-Krieg möglich war, bewusst für den unrechtmäßigen U-Boot-Krieg. Man hatte den irrealen Glauben, dass eine rücksichtslose Kriegsführung die Briten binnen kurzer Zeit in die Knie zwingen würde. Dementsprechend wurde für den warnungslosen Unterwasserangriff die Torpode-Waffe verbessert.

So entstand eine merkwürdige Mixtur: die Marineleitung ließ den rechtswidrigen U-Boot-Krieg zu und die U-Boot-Kapitäne gingen ganz überwiegend nach der Prisenordnung vor.

Im Mai 1915 kam es schließlich zur Versenkung des Passagierdampfers Lusitania. Die Versenkung war - selbst im Lager der Neutralen - ein bis dahin nicht für möglich gehaltener Bruch des Völkerrechts. Sie stand für die rücksichtslose Seekriegsführung der deutschen Marineleitung. Zugleich war sie aber auch eine Ausnahme in dem überwiegend nach der Prisenordnung geführten U-Boot-Krieg. Es kam es zu einem heftigen Notenaustausch zwischen Deutschland und den USA.

Hier deckt Schröder eine kleine "Sensation" auf. Nachdem die USA feststellten, dass die Deutschen nach dem Lusitania-Zwischenfall gegen Handelsschiffe nach der Prisenordnung vorgingen, dachte Wilson, die Deutschen hätten ihre rechtswidrige Befehlslage auf amerikanischen Protest hin geändert. Und so setzte er in seiner dritten Lusitania-Protestnote vom 23.7.1915nicht nur den Protest gegen die Versenkung der Lusitania fort, sondern er stellte auch den Wandel der deutschen Kriegsführung fest, hob ausdrücklich die Rechtmässigkeit eines nach der Prisenordnung geführten U-Boot-Krieges hervor (!) und bot dem Kaiserreich - für die Briten war dies ein Schock! - eine Kooperation mit den USA im Bereich der Seekriegsführung an!!! Für das Deutsche Reich bot sich die Möglichkeit, durch die Anpassung der rechtswidrigen Befehlslage an die überwiegend rechtmäßige Praxis der U-Boot-Kriegsführung auf das amerikanische Kooperationsangebot einzugehen und mit (moralischer) Rückendeckung der USA einen effektiven und rechtmäßigen U-Boot-Krieg gegen GB zu führen.

Doch dem Kaiser gefiel Wilsons moralinsaure Tonlage nicht. Die deutsche Marineleitung wiederum bockte, weil sie lieber gar keinen U-Boot-Krieg führen wollte als einen rechtmässigen. Den unbeschränkten U-Boot-Krieg hingegen lehnten Kaiser und Kanzler ab. Und so zeigte sich mal wieder ein entscheidender Mangel in der Konstruktion des Deutschen Reiches: Es fehlte eine Regierung, die über alle wesentlichen Fragen der Politik informiert war (hier die Praxis der U-Boot-Kriegsführung) und über alle wichtigen Belange der Politik (hier die U-Boot-Kriegsführung) zu entscheiden hatte.

Im August 1915 kamen bei der warnungslosen Versenkung des Dampfers Arabic wieder drei Amerikaner ums Leben. Der Streit zwischen Washington und Berlin verschärfte sich. Im September 1915 befahl KW II. die Einstellung des U-Boot-Krieges. Das deutsche Reich hatte die Chance verpasst, sich um die (moralische) Rückendeckung der neutralen USA zu einer rechtmäßigen Seekriegsführung zu bemühen und gab seine EINZIGE Offensiv-Waffe leichtfertig aus der Hand!!!

Ende 1916 ergriff dann Bethmann-Hollweg die Initiative für einen Friedensschluss. Er wusste, dass die OHL den unbeschränkten U-Boot-Krieg durchsetzen würde, wenn diese Initiative scheitert. Dabei kam er Wilsons Friedensvermittlung zuvor. Als die Friedensbedingungen der Alliierten auf dem Tisch lagen, schien der unbeschränkte U-Boot-Krieg - trotz des damit drohenden Kriegseintritts - verlockender zu sein. Die Marineleitung hatte berechnet, dass GB schneller zusammenbrechen würde als amerikanische Truppen über dem Atlantik herübergebracht wären. Die Rechnung sah so gut aus, dass die Fortsetzung der Friedensbemühungen verworfen wurde. Doch sie ging nicht auf.

Bezüglich dieser Phase des U-Boot-Krieges stellt Schröder fest, dass noch im Februar 1917 als der unbeschränkte U-Boot-Krieg BEFOHLEN wurde, 40 Prozent aller versenkten britischen Handelsschiffe in Übereinstimmung mit der Prisenordnung versenkt wurden. Der Wirkungsgrad der U-Boot-Waffe stieg im unbeschränkten Handelskrieg nur um 11 % (!). Die gewaltigen Versenkungsraten im Frühjahr und Sommer 1917 erklärt sich nicht durch den Übergang zum unbeschränkten U-Boot-Krieg sondern durch den konzentrierten Einsatz von U-Booten im Handelskrieg.

Alles in allem zeigt sich, dass das Deutsche Reich zwischen September 1915 und Februar 1917 eine große Chance verpasst hat, durch einen rechtmäßigen U-Boot-Krieg sich der moralischen Unterstützung der USA im Seekrieg zu vergewissern (mehr war aus deutscher Sicht nicht drin) und auf die Briten einen empfindlichen Druck aufzubauen, sich auf einen Verständigungsfrieden einzulassen!!!

Berlin ging nicht nur auf Wilsons Kooperationsangebot nicht ein. Es liess auch 1917 dessen Vermittlungsbemühungen scheitern. Zugleich entschied man sich für den unbeschränkten U-Boot-Krieg, obwohl man in diesem Fall mit dem Kriegseintritt der USA rechnete. So veränderte sich Wilsons Rolle im Laufe des Krieges beständig. Aus dem möglichen Kooperationspartner wurde ein Vermittler und aus dem gescheiterten Vermittler der Vertreter eines Feindstaates. Mit dieser Rollenveränderung schrumpfte auch Wilsons Einfluss auf den späteren Friedensvertrag. Als Kooperationspartner hätte er GB zwingen können, von der eingeschlagenen k.o.-Strategie auf einen Verständigungsfrieden umzuschwenken. Als Vermittler hätte er schlichten können. Doch Berlin minimalisierte den Einfluss der einzigen westlichen Großmacht ausserhalb Europas, die ja Deutschlands Stärke nicht unmittelbar zu fürchten hatte, erfolgreich auf den eines Feindstaates unter mehreren Feindstaaten. Und so stritt man sich dann 1919 mit Wilson darüber, was dieser unter einem echten "Wilson"-Frieden zu verstehen habe. Auch eine Folge der deutschen U-Boot-Kriegsführung!!!
 
Zuletzt bearbeitet:
vorab möchte ich dir das Buch von Joachim Schröder, "Die U-Boote des Kaisers", aus dem Jahr 2003 nahelegen. Bei www.sehepunkte.de/2004/07/5403.html findest Du eine für Deine Fragestellung sehr aufschlußreiche Buchbesprechung.

Das Buch steht auf meiner Wunschliste. Danke!



Schröder weist in seiner Dissertation nach, dass die U-Boot-Kapitäne die U-Boot-Kriegsführung nach der Prisenordnung schon deshalb bevorzugten, weil diese Kriegsführung effektiver war als die Versenkung im Unterwasserangriff. Nur etwa die Hälfte aller Torpedos trafen auch das Ziel, währenddessen das Bordgeschütz zielgenauer und effektiver eingesetzt werden konnte. Dementsprechend sprachen sich die Kapitäne bei der Weiterentwicklung der U-Boot-Waffe für stärkere und bessere Geschütze aus, um noch besser als bisher Oberwasserangriffe ausführen zu können.

Davon hatte ich bisher keine Kenntnis, aber das ist sehr interessant.

Die Marineleitung hingegen lehnte die U-Boot-Kriegsführung nach der Prisenordnung immer entschiedener ab. Als Begründung hierfür diente der Umstand, dass die Briten ihre Handelsschiffe zunehmend bewaffneten und U-Boot-Fallen einrichteten. Hier weist Schröder nach, dass den Briten durch diese Massnahmen zwar anfänglich gewisse Überraschungserfolge gelangen. Nachdem diese Massnahmen jedoch bekannt wurden, gelang ihnen kaum noch ein derartiger Überraschungserfolg.

Diese Argumentation der Marineleitung hat es ja quasi bis in die Geschichtsbücher geschafft. Das ist ja dann schon fast Geschichtsklitterung.


Die Befürchtungen der Marineleitung waren also völlig überzogen!
Ganz offenkundig!

]Dort entschied man sich entgegen der Erfahrung der U-Boot-Kapitäne, dass ein rechtmässiger U-Boot-Krieg möglich war, bewusst für den unrechtmäßigen U-Boot-Krieg.

Was versprach sich die Marineleitung bloß davon?

Man hatte den irrealen Glauben, dass eine rücksichtslose Kriegsführung die Briten binnen kurzer Zeit in die Knie zwingen würde.
Grundlage für diesen Irrglauben waren die Berechungen des Admiralsstabes, der ja die Meinung vertrat, England innerhalb von 5 bis 6 Monaten bezwingen zu können, unter der Prämisse das monatlich 600.000 BRT versenkt werden. Die Berechnungen haben wohl einfach ein paar Faktoren außer Acht gelassen.


Hier deckt Schröder eine kleine "Sensation" auf. Nachdem die USA feststellten, dass die Deutschen nach dem Lusitania-Zwischenfall gegen Handelsschiffe nach der Prisenordnung vorgingen, dachte Wilson, die Deutschen hätten ihre rechtswidrige Befehlslage auf amerikanischen Protest hin geändert. Und so setzte er in seiner dritten Lusitania-Protestnote vom 23.7.1915nicht nur den Protest gegen die Versenkung der Lusitania fort, sondern er stellte auch den Wandel der deutschen Kriegsführung fest, hob ausdrücklich die Rechtmässigkeit eines nach der Prisenordnung geführten U-Boot-Krieges hervor (!) und bot dem Kaiserreich - für die Briten war dies ein Schock! - eine Kooperation mit den USA im Bereich der Seekriegsführung an!!!

Das ist ein in der Tat ein Hammer!

Für das Deutsche Reich bot sich die Möglichkeit, durch die Anpassung der rechtswidrigen Befehlslage an die überwiegend rechtmäßige Praxis der U-Boot-Kriegsführung auf das amerikanische Kooperationsangebot einzugehen und mit (moralischer) Rückendeckung der USA einen effektiven und rechtmäßigen U-Boot-Krieg gegen GB zu führen.

Umso unbegreifleicher das Verhalten der Reichsleitung.

Berlin ging nicht nur auf Wilsons Kooperationsangebot nicht ein. Es liess auch 1917 dessen Vermittlungsbemühungen scheitern. Zugleich entschied man sich für den unbeschränkten U-Boot-Krieg, obwohl man in diesem Fall mit dem Kriegseintritt der USA rechnete. So veränderte sich Wilsons Rolle im Laufe des Krieges beständig. Aus dem möglichen Kooperationspartner wurde ein Vermittler und aus dem gescheiterten Vermittler der Vertreter eines Feindstaates.

Bei Wilson bin ich doch etwas vorsichtig. Wilson wurde von Lansing beraten und beeinflußt und der war bekanntemaßen kein Freund Deutschlands. Die Allierten wurden ja auch von den USA mit Waffen -und Munitionslieferungen unterstützt. Neutralität sieht anders aus. Oberst House, der Freund des Präsidenten und vertrauter Ratgeber fürchtete nichts mehr als eine Hegemonie des Deutschen Reiches in Europa.

Die Missionen des Oberst House im Sommmer 1916 war nicht wirklich neutral. Im Vorfeld seiner Mission hatte House Grey schriftlich Vorschläge unterbreitet, die der Sache der Alliierten doch entgegenkam. Er hatte eine diplomatische Aktion der USA vorgeschlagen, mit dem Ziel Frieden auf Grundlage festgelegter Bedingungen herbeizuführen. Wenn Deutschland ablehnt, würden die USA auf Seiten der Alliierten in den Krieg eintreten.
Als er dann in Sommer 1916 Berlin, Paris und London besuchte, war folgendes bemerkswert. House schlug vor, das Wilson zu einer Friedenskonferenz einladen sollte. Den zeitpunkt könnten die Alliierten bestimmen. Lehnt Berlin ab, treten die USA auf Seiten der Alliierten in den Krieg ein. Lehnen die Alliierten ab, würden die USA Europa sich selbst überlassen.
Des Weiteren existierte ja auch ein realer deutsch-amerikanischer Antagonismus seit 1898. Die Flottenpropaganda des Reichsmarineamtes arbeitet mit antiamerikanischen Parolen für die eigenen Zwecke. Die deutsche Marineführung nahm aber auch die USA als maritimen Gegner ins Visier. Der Operationsplan III , er sah den Krieg gegen die USA vor, war man durchaus gewillt, die weltpolitischen Ambitionen des Reiches auch gegen den Widerstand der USA durchzusetzen. Die beiden Kriegsziele des Plan III waren die Gewinnung einer militärischen Operationsbasiss für die Marine in Westindien und die Aufhebung der Monroedoktrin. Diese Absicht wurde aber in den USA als Bedrohung verstanden. Aber das wird hier zu OT.

Liebe Grüße
Amicus
 
Die U-Boote wurden 1914 zunächst im Seekrieg gegen britische Kriegsschiffe eingesetzt. Dabei ging es um die Störung der britischen Truppentransporte auf das französische Festland. Sie erwiesen sich dabei als unerwartet effektiv (Sept. 14: Versenkung der Pathfinder, Cressy, Hogue, Aboukir, etc.).
Um es klarer zu formulieren: Die U-Boot-Angriffe waren im Kampf gegen britische Kriegsschiffe sehr erfolgreich, aber nicht bei der Störung der Truppentransporte.

Es fehlte an einem Plan zur systematischen Störung der Truppen- und Materialtransporte im Kanal. Die in ausreichender Anzahl vorhandenen U-Boote wurden nicht in einem abwechselnden Rhytmus eingesetzt, so dass sie im Kanal nicht dauerhaft präsent waren. Ihr Einsatz erfolgte nur sporadisch. Den Briten und Franzosen wurden hierdurch längere Ruhepausen verschafft, in denen sie ihren Heeresverbänden auf dem Festland ungestört Nachschub zukommen lassen konnten. Schröders Fazit: "gleich die erste Phase des U-Boot-Krieges führt damit eindrucksvoll vor Augen, wie verhängnisvoll sich das Fehlen einer Gesamtplanung für Heer und Marine sowie die mangelhafte Koordination der Interessen innerhalb der Marine auswirkten" (Joachim Schröder, Die U-Boote des Kaisers, 2003, S. 69).
Das Buch steht auf meiner Wunschliste. Danke!
Bitteschön!
amicus schrieb:
Was versprach sich die Marineleitung bloß davon?
Man war davon überzeugt, dass der unbeschränkte U-Boot-Krieg noch effektiver sein würde als der U-Boot-Krieg nach Prisenordnung. Deshalb sah die Marineleitung im U-Boot-Krieg nach der Prisenordnung nur eine Vorstufe für den unbeschränkten U-Boot-Krieg. Und man setzte auf die "psychologische Karte". Der unbeschränkte U-Boot-Krieg sollte die britische Kriegsmoral treffen.

Nachdem der Kaiser auf Drängen des Kanzlers den U-Boot-Krieg Anfang 1916 auf den U-Boot-Krieg nach Prisenordnung beschränkte, weigerte sich Scheer (Chef des Flottenkommandos) und Schröder (Befehlshaber des Marinekorps Flandern) den U-Boot-Krieg überhaupt noch weiter fortzusetzen, da sie den U-Boot-Krieg nach Prisenordnung nicht für möglich hielten. Sie stoppten in eigenmächtiger Vorgehensweise den Handelskrieg! Durch diese Vorgehensweise hatten sich diese beiden so weit aus dem Fenster gelehnt, dass sie dem Dogma eines unbeschränkten U-Boot-Krieges nicht mehr abschwören konnten.

Im Mittelmeerraum hingegen ging der U-Boot-Krieg weitgehend nach Prisenordnung weiter. Die dort eingesetzten U-Boote unterstanden dem Admiralstab, der keine Veranlassung sah, den U-Boot-Krieg auf Grund der befohlenen Beschränkungen einzustellen. Der Admiralstab drohte sogar jedem U-Boot-Kapitän, der diese Beschränkungen missachtete, Kriegsgerichtsverfahren an! Und obwohl der U-Boot-Krieg in diesem Raum beschränkt war, war er ausserordentlich erfolgreich:
Juli 1916: 85.000 BRT
August 1916: 129.368 BRT

Einer der erfolgreichsten U-Boot-Kapitäne im Mittelmeerraum war Kapitän v. Arnauld. Er äusserte sich - laut Schröder - wir folgt über seine Rekordfahrt, die zu 54 Versenkungen führte: "Als U-35 mit 54 Siegeswimpfeln in den Kriegshafen von Pola einlief, wurde der ganze Hafen wild. Trotzdem hatten wir keinerlei besondere Abenteuer erlebt. Alles hatte sich routinemäßig abgespielt. Wir hielten die Schiffe an. Die Besatzung ging in die Boote. Wir prüften die Schiffspapiere, gaben den Leuten Segelanweisungen zum nächsten Land und versenkten sodann die eroberte Prise (...)" (zitiert nach Schröder, aaO, S. 233). 54 routinemäßige ritterliche Versenkungen!!!

In der Reichsleitung/Marineleitung entstand freilich Streit über die Frage, ob die "Methode Mittelmeer" nicht einfach auf den Kanal und den Atlantik übertragen werden konnte. Auch hier zeigte sich mal wieder ein Grundproblem des Deutschen Reiches: es gab kein zentrales Entscheidungszentrum, das solche Fragen abschliessend entschieden hätte. So wurden Scheer und Schröder weder für ihre eigenmächtige Einstellung des U-Boot-Kriegs zur Verantwortung gezogen, noch wurde ihnen die Fortsetzung des Handelskriegs nach Prisenordnung befohlen. Im Gegenteil: Scheer und Schröder konnten ihre "Freiräume" dafür benutzen, einen Propagandafeldzug für die Wiederaufnahme des unbeschränkten U-Boot-Krieges zu führen, der dann 1917 Folgen zeigte.
amicus schrieb:
Umso unbegreifleicher das Verhalten der Reichsleitung.
Aufgrund der Einschätzung der Marineleitung, dass ein U-Boot-Krieg nach Prisenordnung nicht möglich war, verkannte die Reichsleitung den Wert und die Realitätsnähe dieses Angebots.
amicus schrieb:
Bei Wilson bin ich doch etwas vorsichtig. (...) Aber das wird hier zu OT.
"Wilson" führt in der Tat zu weit vom Thema weg. Mir ging es eigentlich nur darum, darauf hinzu weisen, wie stark sich Wilsons Rolle im Laufe des Krieges veränderte (Kooperationsangebot 1915, Verittlungsversuch 1916, Kriegseintritt 1917) und dass diese Veränderung auch eine Folge der U-Boot-Kriegsführung war.
 
Zuletzt bearbeitet:
Um es klarer zu formulieren: Die U-Boot-Angriffe waren im Kampf gegen britische Kriegsschiffe sehr erfolgreich, aber nicht bei der Störung der Truppentransporte.

Es fehlte an einem Plan zur systematischen Störung der Truppen- und Materialtransporte im Kanal.

Das überrascht mich nicht, denn die U-Boote sollten ja eigentlich nur zu Aufklärungszwecken eingesetzt werden.


Die in ausreichender Anzahl vorhandenen U-Boote wurden nicht in einem abwechselnden Rhytmus eingesetzt, so dass sie im Kanal nicht dauerhaft präsent waren.
Waren wirklich genügend Boote vorhanden? Ich denke besipielsweise da an Reparaturen der eingesetzten Boote, U-Boot Einsätze zu Ausbildungszwecken , die Kapazitäten der Werften.

Schröders Fazit: "gleich die erste Phase des U-Boot-Krieges führt damit eindrucksvoll vor Augen, wie verhängnisvoll sich das Fehlen einer Gesamtplanung für Heer und Marine sowie die mangelhafte Koordination der Interessen innerhalb der Marine auswirkten
.

Das war in der Tat desaströs, das Marine und Heer ihre Aktivitäten nicht entsprechend koordiniert haben und jeder seinen eigenen Planungen versuchte zu realisieren. Man hätte eigentlich mehr Professionalität von den Deutschen erwarten dürfen.

Man war davon überzeugt, dass der unbeschränkte U-Boot-Krieg noch effektiver sein würde als der U-Boot-Krieg nach Prisenordnung.

Worauf stützte sich diese Überzeugung?, denn die Aussagen der U-Boot Kommandaten gingen ja in eine andere Richtung und die Erfolge gaben ihnen Recht.

Der unbeschränkte U-Boot-Krieg sollte die britische Kriegsmoral treffen.
Wunschdenken!

Nachdem der Kaiser auf Drängen des Kanzlers den U-Boot-Krieg Anfang 1916 auf den U-Boot-Krieg nach Prisenordnung beschränkte, weigerte sich Scheer (Chef des Flottenkommandos) und Schröder (Befehlshaber des Marinekorps Flandern) den U-Boot-Krieg überhaupt noch weiter fortzusetzen, da sie den U-Boot-Krieg nach Prisenordnung nicht für möglich hielten. Sie stoppten in eigenmächtiger Vorgehensweise den Handelskrieg! .

Unerhört! Die Militärs des Kaiserreichs haben sich aber leider grundsätzlich nie um die politischen Prämissen geschert.

Im Mittelmeerraum hingegen ging der U-Boot-Krieg weitgehend nach Prisenordnung weiter. Die dort eingesetzten U-Boote unterstanden dem Admiralstab, der keine Veranlassung sah, den U-Boot-Krieg auf Grund der befohlenen Beschränkungen einzustellen. Der Admiralstab drohte sogar jedem U-Boot-Kapitän, der diese Beschränkungen missachtete, Kriegsgerichtsverfahren an! Und obwohl der U-Boot-Krieg in diesem Raum beschränkt war, war er ausserordentlich erfolgreich:
Juli 1916: 85.000 BRT
August 1916: 129.368 BRT

Wieder was dazu gelernt :hoch:



Einer der erfolgreichsten U-Boot-Kapitäne im Mittelmeerraum war Kapitän v. Arnauld. Er äusserte sich - laut Schröder - wir folgt über seine Rekordfahrt, die zu 54 Versenkungen führte: "Als U-35 mit 54 Siegeswimpfeln in den Kriegshafen von Pola einlief, wurde der ganze Hafen wild. Trotzdem hatten wir keinerlei besondere Abenteuer erlebt. Alles hatte sich routinemäßig abgespielt. Wir hielten die Schiffe an. Die Besatzung ging in die Boote. Wir prüften die Schiffspapiere, gaben den Leuten Segelanweisungen zum nächsten Land und versenkten sodann die eroberte Prise (...)" (zitiert nach Schröder, aaO, S. 233). 54 routinemäßige ritterliche Versenkungen!!!

54 Versenkungen! Eine "extrem erfolgreiche" Fahrt!

Grüße
Amicus
 
Zurück
Oben