War die Schreckensherrschaft nötig?

Ich meinte damit, dass sich die Geschichte mitsamt den Tatsachen sozusagen verselbstständigt hat. Wer weiß wieviel, selbst im gedruckten Tagebuch dann noch der Wahrheit entspricht. :)
 
Hab den Film nicht gesehen, aber jetzt darüber gelesen. Ich weiss warum ich solche Filme nicht schaue Solche Filme führen meiner Ansicht nach zu Mytenbildungen - das wird dann tatsächlich geglaubt.
Erstmal anschauen, dann urteilen! Bitte!

Das wäre neben Wajdas "Danton" nämlich einer der Filme, den ich für den Schulunterricht empfehlen würde, wobei beide erst wegen der Brutalität ab der 10. zu empfehlen wären.
 
Ich meinte damit, dass sich die Geschichte mitsamt den Tatsachen sozusagen verselbstständigt hat. Wer weiß wieviel, selbst im gedruckten Tagebuch dann noch der Wahrheit entspricht.
Niemand.

Es ist eine Sicht der Dinge. Wenn man dazu sagt, dass es eben auf persönlichen Erinnerungen beruht, weiß doch der Zuseher, dass das Bild daraus auf subjektiven Betrachtungen beruhen muss. Das ändert aber nichts daran, dass es interessant ist.

Ich glaube, ich habe schon drei Versionen gelesen wie Talleyrand in die Gunst von Barras und Co. aufstieg und jeweils von Zeitgenossen geschrieben und jeweils sehr unterschiedlich. Na und?
 
Wenn nur etwa 750 Gardisten überhaupt in den Tuilerien waren, dann sind die Zahlen der Toten und Überlebenden auf dem genannten Denkmal weit übertrieben - es sei denn, bei den Opfern wurden die Nicht-Schweizerischen! - Adligen mitgerechnet, die die Tuilerien mit verteidigten.

Gruß
 
Wenn nur etwa 750 Gardisten überhaupt in den Tuilerien waren, dann sind die Zahlen der Toten und Überlebenden auf dem genannten Denkmal weit übertrieben - es sei denn, bei den Opfern wurden die Nicht-Schweizerischen! - Adligen mitgerechnet, die die Tuilerien mit verteidigten.

Gruß

Hier gibt es Infos vom Löwendenkmal:

Luzern - Löwendenkmal

Auf die PDF Dokumentation klicken.

Hier ist noch die Inschrift:

http://www.gletschergarten.ch/de/info/2_loewe/1.html
 
Zuletzt bearbeitet:
Wenn nur etwa 750 Gardisten überhaupt in den Tuilerien waren, dann sind die Zahlen der Toten und Überlebenden auf dem genannten Denkmal weit übertrieben - es sei denn, bei den Opfern wurden die Nicht-Schweizerischen! - Adligen mitgerechnet, die die Tuilerien mit verteidigten.

Gruß
Bei Kirchberger fand ich die Angabe von etwa 1000 gefallenen Schweizern und 400 getöteten "Demonstranten", wobei mir das auch ziemlich hoch gegriffen scheint. Aber die Zahlen variieren ja immer mal. Das haben wir ja gerade am Beispiel der Septembermorde und in dem Falle sogar noch viel krasser gesehen.
 
Ich denke mal, das Wort "Schreckensherrschaft" allein ist schon ein parteilicher Begriff.

Nämlich aus Sicht derer, die vom "Schrecken" betroffen waren.

Die auf der anderen Seite - die Revolutionäre - werden es anders gesehen - und bezeichnet! - haben.
Das habe ich ganz anders in Erinnerung.
M. W. haben die Revolutionäre (genauer gesagt: Die radikalen Revolutionäre) diesen Begriff geprägt und sehr positiv gesehen.
Dazu paßt ja gerade das von Dir gebrachte Robespierre-Zitat.
 
Aber ich halte mich jetzt raus aus dieser Diskussion - ist ja nicht mein Schwerpunktthema
Ich denke, es muss sich keiner raushalten nur weil es nicht just das Schwerpunktthema von ihm/ihr ist. Ich finde sogar, wenn jemand aus einer anderen Richtung kommt, hat er bisweilen einen weniger verstellten Blick, als diejenigen, die drin stecken.


Wenn man sich eine Weile mit der Revolution beschäftigt hat, dann ist man ja auch durch die Autoren, die man dazu las, immer wieder befangen.:rotwerd:
 
M. W. haben die Revolutionäre (genauer gesagt: Die radikalen Revolutionäre) diesen Begriff geprägt und sehr positiv gesehen.

Das stimmt! Das ist auch Gegenstand dieses Artikels (Terreur et représentation - Google Buchsuche), dessen Feinheiten ich leider wegen nur oberflächlicher Sprachkenntnis nicht würdigen kann.

Ich habe in einem Buch aus der Versicherungsbranche (!) den richtigen Hinweis gefunden, dass "Terror" (terreur) eben auch als ein Mittel der Systemstützung begriffen werden kann (Versicherungstechnische Bewertung ... - Google Buchsuche).
 
Man muss dabei aber schon aufpassen, dass man nicht Mytenbildung betreibt.
Ich meinte damit, dass sich die Geschichte mitsamt den Tatsachen sozusagen verselbstständigt hat. Wer weiß wieviel, selbst im gedruckten Tagebuch dann noch der Wahrheit entspricht.
Das ist tatsächlich ein großes Problem, wie schon Jules Michelet gewusst hat (Geschichte..., Bd. 2, S. 430):
"Ich kenne keine einzige Begebenheit aus alter oder neuer Zeit, die mehr entstellt worden ist als der 10. August, in ihren wesentlichen Umständen mehr verändert, mehr mit legendärem oder lügenhaftem Beiwerk beladen und verdunkelt worden wäre."
Ann Rigney beleuchtet das Problem anhand eines Vergleichs zwischen den Darstellung von Michelet, Lamertine und Blanc (Auszüge: The Rhetoric of Historical ... - Google Buchsuche). Man kann gut erkennen, wie wichtig der Stand-Ort (wörtlich genommen!) des Erzählers ist, wie er die "Events" miteinander verknüpft usw.

Bei Kirchberger fand ich die Angabe von etwa 1000 gefallenen Schweizern und 400 getöteten "Demonstranten"...
Michelet nennt in Bezug auf die "Demonstranten" noch weitaus höhere Zahlen: Allein im Hof seien zu Beginn 300-400 von ihnen, "fast unbewaffnete", von den Schweizern erschossen worden, ohne selbst einen einzigen Schuss zurückgegeben zu haben (S. 454). Der Autor bestätigt die Zahl von 700 getöteten Schweizern, fährt aber fort (S. 475):
"Die Zahl der Toten war aber auf Seiten der Aufständischen bei weitem größer. Die Schweizer hatten meist hinter guten Mauern hervorgeschossen; die anderen konnten nur mit ihrer Brust die Kugeln auffangen; elfhundert Aufständische waren umgekommen..."​
 
Ich möchte vorausschicken, daß die Französische Revolution nicht gerade zu meinen präferierten Themen gehört, muß aber dennoch - etwas verspätet - einige Anmerkungen treffen...

Ich denke mal, das Wort "Schreckensherrschaft" allein ist schon ein parteilicher Begriff.

Sagen wir es so: in diesem Begriff steckt natürlich eine (Be-)Wertung.

Nämlich aus Sicht derer, die vom "Schrecken" betroffen waren.

Das mag sein, doch wurde die Charakterisierung auch von Zeitgenossen übernommen, welche nicht davon betroffen waren und zudem der Revolution auch nicht gerade feindlich gesonnen waren.
Dafür ist bekanntlich Friedrich Schiller ein Beispiel, der seinem Abscheu dem terreur gegenüber im Lied von der Glocke in den Versen 342 bis 381sowie - wenn auch indirekt - im Wilhelm Tell im 2. Akt Ausdruck verlieh.

Die auf der anderen Seite - die Revolutionäre - werden es anders gesehen - und bezeichnet! - haben.

Aus Sicht der Revolution war diese Zeitperiode ein Versuch, das Errungene zu festigen und zu bewahren.

Dazu ein Zitat von Macchiavelli:

"Um die Machtausübung zu bewahren, ist es notwendig, sich zu gewissen Zeiten des Terrors zu bedienen."

In der "Schreckens"-Herrschaft der Jakobiner sah Robespierre nicht nur eine politische Notwendigkeit, um die politischen Ziele, sondern auch, um die moralischen und sozialen Ziele der Revolution durchzusetzen.

Dazu ein Zitat von Robespierre:

"Terror ist nichts anderes als Justiz, prompt, scharf und unbeugsam. Er ist daher ein Ausdruck der Tugend!"

R.A. hat bereits zu Recht darauf verwiesen, daß die Revolutionäre um Maximilien de Robespierre den Begriff terreur wortwörtlich benutzten - wenn auch zugegebenermaßen positivistisch besetzt.

Übrigens hatte in seinem Leviathan bereits Thomas Hobbes - der dem Staat durchaus Terror als legitimes Mittel der Macht zugestanden hat - mehr als 100 Jahre vorher auf die zwei Seiten des Terrors hingewiesen, als er von terror of legal punishment (gesetzliche Strafmaßnahmen des Staates) einerseits sowie terror of some power (Schrecken der Macht) andererseits schrieb.

Auch interessant erscheint mir in diesem Kontext die Sicht der Aufklärer zu sein - gerade eben auch in Frankreich: Voltaire hatte bereits zwanzig Jahre vor der Revolution in seiner bekannt scharfzüngigen Art (was meinerseits auch übrigens nicht despektierlich gemeint ist) den Terror des Staates gegeißelt, was im Vorfeld der Revolution mW nochmals aufgegriffen bzw. wiederholt wurde.

Was dabei nicht ganz vergessen werden sollte ist, dass es in der Zeit davor mehrere Verschwörungen gegen die Revolution gegeben hatte und die europäischen Feudalstaaten nach wie vor versuchten, Frankreich militärisch zu besiegen und ihm ein - von der breiten Masse der Bevölkerung nicht gewolltes! - politisches System (wieder) aufzuzwingen.

Das darf sicher keinesfalls vergessen werden, muß aber auch in seinen Differenzierungen betrachtet werden...

Natürlich gab es gegenrevolutionäre Kräfte - wie in jeder Revolution -, und ganz gewiß gingen dabei Bestrebungen jener Adligen, welche ins Ausland emigriert waren, dahin, das Ancien Regime wieder zu installieren oder zumindest die neue Ordnung zu destabilisieren - wobei allerdings hinzuzufügen ist, daß die Unterstützung seitens europäischer Fürstenhäuser zunächst hinsichtlich militärischen Eingreifens sehr verhalten war.
In Frankreich selbst formierte sich der Widerstand gegen die Revolution insbesondere, nachdem der Klerus den Eid auf die neue Verfassung leisten sollte, was sowohl den Klerus wie auch die Gläubigen in zwei Lager spaltete: diejenigen, welche den Eid leisteten und zur Revolution standen, und diejenigen, welche den Eid verweigerten und damit Gegenrevolutionäre wurden - sowie eben die Gläubigen, welche den eidverweigernden Priestern folgten.

Die Koalition gegen das revolutionäre Frankreich - zunächst Österreich und Preußen, dazu dann noch Piemont-Sardinien - formierte sich natürlich nicht wegen der Revolution an sich, sondern infolge der Flucht von Louis XVI. und der dadurch entstandenen Frage um die Absetzung des Königs bzw. die Abschaffung der Monarchie. Die folgende Kriegserklärung am 20. April 1792 ging dann jedoch von Frankreich an die Koalition und nicht umgekehrt.
Anm. dazu: Die Interessenlage erscheint mir dabei bzgl. Österreich relativ klar; schließlich war durch die eheliche Verbindung mit dem Haus Bourbon der etwa 300 Jahre alte Gegensatz Habsburg-Frankreich auch symbolisch beendet worden.

Die Koalition erweiterte sich nach der Hinrichtung des Königs - die war bekanntlich am 21.01. 1793 - um Großbritannien, Spanien, die Niederlande und Neapel. Ob diese allesamt deswegen automatisch für die Wiederherstellung des Ancien Regime waren, erscheint dennoch fraglich, denn dazu waren jene europäischen Mächte auch hinsichtlich ihrer Motivationen zu inhomogen.

Was das von der breiten Masse gewollte bzw. ungewollte System betrifft, so wäre mE der Eindruck doch etwas verzerrt, wenn man sagt "Die Mehrheit der Bevölkerung war mit dem Tun von Robespierre und seinem Umfeld vollkommen einverstanden." Bereits bei der Entscheidung darüber, welches Urteil über Louis XVI. verhängt werden sollte, wurde nicht über das Plebiszit gegangen, sondern der Konvent entschied.
Und auch der Umstand, daß der terreur schon bald sämtliche früheren Standesgrenzen überwand und wirkliche wie vermeintliche Konterrevolutionäre (und egal, ob vormals 1., 2. oder 3. Stand) traf - nach dem Prinzip: Wer vom Kurs der Revolutionsregierung abweicht, begeht Hochverrat -, darf dabei keinesfalls übersehen werden.
 
Hallo alle zusammen :)
ich sitze in einem Leistungskurs für Geschichte
und unser Lehrer hat uns aufgetragen zuhause über folgendes
nachzudenken:

War der Terror vielleicht in der vorliegenden Situation nötig um die Revoltion durchzusetzten?

ich würde mich über Anregungen freuen.
mfg
 
Meiner Meinung nach hat der Terror die Revolution ad absurdum geführt, da er ihre Werte wie Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit usw. mit Füßen getreten hat.

Zum Machterhalt war er vielleicht das richtige Mittel, aber die Ideale der Revolution waren so sicherlich nicht durchzusetzen.

Falls du Argumente suchst, die dafür sprechen:

Die äußere Gefahr durch die ausländischen Armeen und die royalistischen Aufstände im Landesinnern erforderten konsequente Maßnahme, um die die Verteidigungskraft zu maximieren und alle Kräfte zu mobilisieren.
 
Es ist ein bei Revolutionären weit verbreiteter Glaube, dass man zur Änderung der Macht- bzw. Besitzverhältnisse die echten oder vermeintlichen Inhaber von Macht bzw. Besitz umbringen muss.

Das gilt für die Adligen bei den Jakobinern, für die Kapitlisten & Kulaken bei Lenin, für die (vermeintlich die Wirtschaft beherrschenden) Juden bei den Nazis oder die Arbeitgeberpräsidenten & Bankdirektoren bei der RAF.

Dieses Feindbild ist leicht zu verstehen und zu vermitteln, ganz im Gegensatz zu den wahren Strukturen. Wenn man also "die Massen" mobilisieren möchte, empfiehlt es sich, die Energien gegen reale Personen zu richten, anstatt gegen wirtschaftswissenschaftliche Gleichungen.

So gesehen war die Schreckensherrschaft eine gute idee.
 
ich denke, dass rheinländer im grunde recht hat.
die radikalisierung der revolution führte am ende so weit, dass durch den "grande terreur" die ideale und werte der revolution verfehlt wurden.

trotzdem war der terror meiner meinung nach eine logische konsequenz aus der gescheiterten jakobiner-verfassung von 1793 und der grundlehre robespierres (also ein gerechtes wahlrecht einzuführen und die idee dass tugend ohne terror machtlos sei).

um diese ziele durchzusetzen war der terror durch aus nötig.

die theorie der revolution besagt nämlich u.a., dass erste erfolge immer gleich verteidigt werden müssen (also dass z.B eine neue verfassung entsteht), um eine konterrevolution zu verhindern.


ich denke ein problem in der aufgabenstellung liegt ganz einfach darin, dass niemand sagen kann was ohne den terror passiert wäre.
das führt dann nämlich zu wilden spekulationen;)
 
Folgt man G. Stöckl, einem durchaus konservativen Historiker, dann hielt sich der Terror der "Roten" und der Terror der "Weißen" durchaus die Waage.

Insofern ist die eingangs vermutete Prämisse, dass lediglich die - vemutlich sind die Bolschewiki gemeint - Revolutionäre zum Mittel des Terrors gegriffen haben, nicht korrekt.

Die Ausübung von Gewalt nach "Innen" ist außerdem nicht automatisch gleich zu setzen mit "Terror". Es ist erforderlich, dass eine Reihe von zusätzlichen Bedingungen erfüllt sind.

Und im Rahmen von Bürgerkriegen ist regelmäßig zu sehen, dass die Gewaltexzesse heftiger ausfallen wie im Rahmen "normaler" Kriegshandlungen.

Und Gewalt wird von allen Seiten im Rahmen eines Bürgerkriegs unter der machiavellistischen Perspektive gesehen, dass der Zweck die Mittel heiligt. Da unterscheiden sich die Teilnehmer an "rechten" Staatsstreichen nicht von Teilnehmern "linker" Revolutionen und handeln in der Regel entsprechend skrupellos.

Meine persönliche Meinung zu der Fragestellung ist, dass sie hochgrad suggestiv ist und man sie eigentlich nur mit nein beantworten kann.

Die Frage, ob eine Revolution ohne Anwendung von Gewalt auskommt, ist eine wesentlich neutralere Formulierung, die differenzierte Anworten ermöglicht. Zumal sie die Frage zuläßt, wer in einer bürgerkriegsähnlichen Situation legitimerweise das Gewaltmonopol (das normalerweis ja nur der Staatsmacht zusteht) ausüben darf und welche Instanzen vorhanden sein müssen, eine unkontrollierte Ausübung von Gewalt, sprich "Terror" zu verhindern.

Ebenso ermöglicht sie die Analyse der Auswirkungen von "Terror" im Gegensatz oder als Ergänzung zum Einsatz von "reinen" Gewaltmitteln. Welche Ziele können mit dem einen Mittel erreicht werden und welche mit dem anderen und ebenso welche Nachteile bietet das eine oder das andere Mittel an.
 
Zuletzt bearbeitet:
Insofern ist die eingangs vermutete Prämisse, dass lediglich die - vemutlich sind die Bolschewiki gemeint - Revolutionäre zum Mittel des Terrors gegriffen haben, nicht korrekt.
Da wir uns im Unterforum "französische Revolution und Napoleonische Epoche" befinden, sind sicherlich nicht die Bolschewiki gemeint.
 
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