War Hitler gläubig?

Es ist tatsächlich belegt, dass in Einzelfällen Menschen statt zu Gott zu Hitler beteten. Daraus aber "das Volk" zu machen,sprengt schon den Rahmen der Übertreibung. Das ist aber gar nicht die Frage. Die Frage ist: War Hitler gläubig? Man kann es wohl so ausdrücken: er war schicksalsgläubig. So sprach er immer wieder von der "Vorsehung", also jener metaphysischen Macht, an die manche Menschen glauben, die wolle, dass er sein Werk vollende.

Zum Jahrestag des Hitler-Ludendorf-Putsches 1943 gab er im Löwenbräukeller folgendes an:

Auch ich bin religiös, und zwar tief innerlich religiös. Und ich glaube, dass diese Vorsehung die Menschen wägt, und dass derjenige, der vor den Prüfungen und unter den Prüfungen der Vorsehung nicht bestehen kann, der an ihnen zerbricht, dass der von der Vorsehung nicht bestimmt ist zu Größerem, dass das eine in der Natur gegebene Notwendigkeit ist, dass nur aus einer Auslese die Stärkeren übrig bleiben. Und ich möchte es hier ruhig aussprechen: Wenn mein eigenes Volk an einer solchen Prüfung zerbrechen würde, könnte ich darüber dann keine Träne weinen, es hätte nichts anderes verdient. Das würde sein eigenes Schicksal sein, das es sich selbst zuzuschreiben hat. Das glaube ich aber nie und nimmer.

Die berühmteste Äußerung über die Vorsehung wird aber die nach dem gescheiterten Attentat am 20. Juli 1944 sein, die vermutlich allen von uns in den Ohren klingt. Die Rede selbst ist allerdings einige Monate jünger:

Es lag in der Hand der Vorsehung, am 20. Juli durch die Bombe, die eineinhalb Meter neben mir krepierte, mich auszulöschen und damit mein Lebenswerk zu beenden. Dass mich der Allmächtige an diesem Tag beschützte, sehe ich als Bekräftigung des mir erteilten Auftrages an. Ich werde daher auch in den kommenden Jahren diesen Weg kompromissloser Vertretung der Interessen meines Volkes weiterwandeln, unbeirrt um jede Not und jeder Gefahr und durchdrungen von der heiligen Überzeugung, dass am Ende der Allmächtige den nicht verlassen wird, der in seinem ganzen Leben nichts anderes wollte, als sein Volk vor einem Schicksal zu retten, das es weder seiner Zahl noch gar seiner Bedeutung nach jemals verdient hat.
 
Es ist tatsächlich belegt, dass in Einzelfällen Menschen statt zu Gott zu Hitler beteten. Daraus aber "das Volk" zu machen,sprengt schon den Rahmen der Übertreibung. Das ist aber gar nicht die Frage. Die Frage ist: War Hitler gläubig? Man kann es wohl so ausdrücken: er war schicksalsgläubig. So sprach er immer wieder von der "Vorsehung", also jener metaphysischen Macht, an die manche Menschen glauben, die wolle, dass er sein Werk vollende.

Zum Jahrestag des Hitler-Ludendorf-Putsches 1943 gab er im Löwenbräukeller folgendes an:



Die berühmteste Äußerung über die Vorsehung wird aber die nach dem gescheiterten Attentat am 20. Juli 1944 sein, die vermutlich allen von uns in den Ohren klingt. Die Rede selbst ist allerdings einige Monate jünger:

Das zeigt meiner Ansicht nach wie clever er oder sein Schreiber war. Denn mit solchen Reden konnte er die Menschen berühren und sie abholen, vor allem viele Frauen konnte er mit diesen religiösen Aussagen für sich gewinnen.

Es sagt aber im Grunde auch noch nicht aus, ob er nun wirklich gläubig war oder nicht.
 
Es sagt aber im Grunde auch noch nicht aus, ob er nun wirklich gläubig war oder nicht.

Ich glaube schon, denn auch in den Tischgesprächen, die ja nicht mehr als Smalltalk zwischen Hitler und seinen Bediensteten waren, und niemals zur Veröffentlichung (ja nicht einmal zum Mitprotokollieren) gedacht, kommt die Vokabel "Vorsehung" des öfteren vor.
 
Die Vorsehung muß nicht heißen, dass er an Gott glaubte. ;) "Vorsehung" ist ein äußerst vielschichtiger Begriff, der mit höchst konträren Deutungsmustern gefüllt werden kann.
 
Nun, er wußte zumindest die Vorsehung für sich zu beanspruchen...

Ob er selbst daran glaubte, steht wieder auf einem anderen Blatt....

Wichtig war ja, dass die Menschen an ihn glaubten....
 
Schon, aber viel interessanter als er es "nur so" (aus machstrategischen Gründen) nutzte, ist die Vorstellung, dass er es tatsächlich glaubte. Und von diesem Punkt aus - was bedeutet so etwas für eine religöse Haltung?

Himmler ist in diesem Fall mit seinen merkwürdigen Anleihen bei diversen "heidnischen" Religionen und ähnlichem auf gewisse Weise sehr konsequent.
Für gläubige Christen, die überzeugte Nationalsozialisten waren, ergab sich doch die skurille Situation, dass die christlichen Werte im Grunde eine Antithese zur politischen Haltung darstellen.
 
Man könnte den Nationalsozialismus als säkulare Religion (Raymond Aron beschrieb den Nationalsozialismus als solche) bezeichnen.
Zitat aus einem Buch von 1923 des hier im Mittelpunkt Stehenden:
So glaube ich heute im Sinne des allmächtigen Schöpfers zu handeln: indem ich mich des Juden erwehre, kämpfe ich für das Werk des Herrn... Die Aufgabe, mit der Christus begann, die er aber nicht zu Ende führte, werde ich vollenden.

Wer also der neue Messias war, hat Hitler 1923 bereits niedergeschrieben.
Und die Ikonographie beherrschten die Nazis perfekt:
Hakenkreuz, SS-Runen, Nazi-Adler, Standarten, Lichtsäulen, Pylonen und Flammenschalen, Führer-Gemälde in verschiedenen gottgebenden Posen
 
Ich glaube schon, denn auch in den Tischgesprächen, die ja nicht mehr als Smalltalk zwischen Hitler und seinen Bediensteten waren, und niemals zur Veröffentlichung (ja nicht einmal zum Mitprotokollieren) gedacht, kommt die Vokabel "Vorsehung" des öfteren vor.

Ganz recht. Aber in den "Tischgesprächen" steht noch viel mehr zum Thema. Ich darf zitieren:

"Ich kümmere mich nicht um Glaubenssätze, aber ich dulde auch nicht, dass ein Pfaffe sich um irdische Sachen kümmert. Die organisierte Lüge muss derart gebrochen werden, dass der Staat absoluter Herr ist!"

"So weit müsste man es bringen, dass auf der Kanzel nur lauter Deppen stehen und vor ihnen nur alte Weiblein sitzen. Die gesunde Jugend ist bei uns!"

"Erst im 6., 7. und 8. Jahrhundert ist unseren Völkern durch die Fürsten, die es mit den Pfaffen hielten, das Christentum aufgezwungen worden. Vorher haben sie ohne diese Religion gelebt. Ich habe sechs SS-Divisionen, die völlig kirchenlos sind und doch mit der größten Seelenruhe sterben."

"Das Christentum ist das Tollste, was je ein Menschengehirn in seinem Wahn hervorgebracht hat, eine Verhöhnung von allem Göttlichen! Ein Neger mit seinem Fetisch ist ja einem, der an das Wunder der Verwandlung glaubt, turmhoch überlegen."

"Unsere religiöse Ebene ist schon die schmächlichste, die es überhaupt gibt!"

Daneben vertrat Hitler die damals von "germanischen Kreisen" gern geäußerte Idee, Jesus sei ein Arier gewesen. Dies wurde damit begründet, dass sein leiblicher Vater ein römischer Soldat (natürlich ein germanischer Held in römischem Sold!) gewesen sein soll. Maria, die diesen "Fehltritt" mit einem Besatzer nicht zugeben konnte, habe dann eine fromme Geschichte über ihr Kind verbreitet...
 
Ich werde die Tischgespräche mal nachlesen.

Wenn man das so anschaut, dann ist Hitlers Haltung ja mehr als widersprüchlich. Die verächtlichen Bemerkungen klingen ganz nach sozialistischem Einfluß, aber dennoch fühlt er sich bemüßigt, Jesus als Arier darzustellen. Unlogisch!!
Vlt ahnte er, dass er - wenn er schon das Christentum nicht verbieten kann - es wenigstens germanisieren / arisieren muß, um es kompatibel zur Ideologie zu machen.

Den unabdingbar jüdischen Kern des Christentums hat der Depp dabei wohl nicht beachtet!
 
Wenn man das so anschaut, dann ist Hitlers Haltung ja mehr als widersprüchlich.

Willst Du wissen, wie einer der größten Massenmörder über die Inquisition dachte, während gleichzeitig schon die Maschinerie des Holocaust angelaufen war?

Tischgespräche schrieb:
Es ist doch erschütternd, zu sehen, wie den Menschen die kirchlichen Dogmen aufgezwungen werden; das konnte ja nur in Blut und Folter enden. Man muss dankbar sein, dass man nicht vor dreihundert Jahren lebt, wo in jedem Ort die Scheiterhaufen brannten. Tausende wertvoller Menschen wurden verbrannt! Diese Brutalität war doch so etwas Entsetzliches. Und wie müssen wir den Menschen dankbar sein, die den Mut hatten, dagegen vorzugehen!
 
Ich glaube schon, dass Hitler "gläubig" war, insofern er sich vom Schicksal bzw der Vorsehung auserlesen fühlte. Die Gründe dafür reichen zurück in seine Zeit als Meldegänger im WK I. Er machte dort seinen Job mitten durch die feindlichen Reihen immerhin so gut, dass er das EK1 bekam. Sein Kommandeur von Tubeuf sagt von ihm:
Unermüdlich dienst- und hilfsbereit gab es keinen Grund und keine Lage, in der er sich nicht stets freiwillig gemeldet hätte zu den schwierigsten, mühevollsten und gefährlichsten Aufträgen, immer bereit, für andere und sein Vaterland Ruhe und Leben zu opfern.
Tatsächlich gab man ihm immer die schwierigsten Aufgaben, gewissermaßen mitten durchs Gefechtsfeuer. Wichtig finde ich allerdings, diesen übertriebenen Heldenmut mit dem zu kontrastieren, was er später Heß während seiner Haft gebeichtet hatte: empfindlichere Nerven als andere habe er, Unbeschreibliches habe sich da in seiner Brust zusammengedrängt - m.a.W. er hatte, wie andere auch oder vielleicht sogar noch mehr, größte Angst vor der Wirklichkeit des Krieges. Während dieser Beichte habe er sogar "geschluchzt".

So, nun komme ich zum Thema selbst. H. hatte also eine riesige Angst, gleichzeitig meldet er sich zu den tollkühnsten Gängen freiwillig - und kehrt immer unverletzt zurück! Wie durch ein Wunder kann er Granaten und MG-Feuer ausweichen! In dieser Situation hat er so etwas wie eine Erleuchtung oder Erweckung oder wie man es nennen will: er fühlt sich als Auserwählter, "als einer, der unter dem Schutz des Herrgotts steht". Schon damals erfährt er eine Art religiöse Verehrung durch seine Kameraden, die da sagen: "Ist der Hitler dabei, da passiert nichts."

Die Fronterfahrung war das einzige in diesem bislang elenden Leben, was diesem Mann Halt und Selbstbewusstsein gab, und noch mehr: eine gewisse "Heiligkeit", ein Nimbus, eine Art Unverletztlichkeit. Ich glaube nicht, dass H. sich selbst als "Gott" oder so gesehen hat, aber als einer der Vollstrecker von Gottes Willen.

(Alle Zitate usw aus Ralf G. Reuth, Hitler. Eine pol. Biographie)
 
Willst Du wissen, wie einer der größten Massenmörder über die Inquisition dachte, während gleichzeitig schon die Maschinerie des Holocaust angelaufen war?
Das ist nur möglich, wenn man wie Hitler Juden nicht als Menschen, sondern als "Parasiten", "Ungeziefer" usw. betrachtet. In diesem Moment verschwindet der Widerspruch.

Es fällt schwer, so etwas zu verstehen oder gar nachzuvollziehen. Aber ein Mensch bekommt so etwas hin, sonst gäbe es keine Morde, Vergewaltigungen u.ä. Der typische Serienmörder z.B. begreift seine Opfer eben nicht als Menschen, sondern als Verkörperungen von etwas anderem, meistens als tote oder zu tötende Objekte. Auch ein Krieg könnte ohne diese Möglichkeit der Persönlichkeitsspaltung nicht existieren: mein Gegenüber ist dann nicht ein Mensch, sondern der Feind - und das ist etwas grundsätzlich anderes. Hitler hat das im 1. Weltkrieg kennengelernt, Millionen mit ihm. Diese gemeinsamen Erfahrungen, meine ich, führen weg vom Menschen H. hin zum System des Nationalsozialismus. Denn zweifellos hat H. selbst keinen einzigen Juden umgebracht, sondern viele andere haben das getan.
 
Wenn man das so anschaut, dann ist Hitlers Haltung ja mehr als widersprüchlich. Die verächtlichen Bemerkungen klingen ganz nach sozialistischem Einfluß, aber dennoch fühlt er sich bemüßigt, Jesus als Arier darzustellen. Unlogisch!!

Na was soll denn an Glauben logisch sein?
 
Ich denke, es war Hitler aus rein machtpolitischen Gründen wichtig, die Kirchen nicht vor den Kopf zu stoßen.

Und warum sollte auf Jesus bezogen nicht gelten: "Wer Jude ist, bestimme ich."?
 
Ich denke, es war Hitler aus rein machtpolitischen Gründen wichtig, die Kirchen nicht vor den Kopf zu stoßen.

Und warum sollte auf Jesus bezogen nicht gelten: "Wer Jude ist, bestimme ich."?

Das sehe ich genauso. Gerade in den 30er Jahren versuchten die Nazis bei den Kirchen Punkte zu sammeln, indem ganze SA- Kohorten geschlossen am sonntäglichen Gottesdienst teilnahmen oder Nazigrößen wie Göring sich kirchlich trauen ließen.
 
Zum Thema, ob die Nazi Garde gläubig war hab ich den Artikel ganz interessant gefunden
Nazis auf dem Dach der Welt - einestages

Zitat:

Auf dem Dach der Welt sollte die Truppe aus Nazi-Deutschland Beweise für die Herkunft der arischen Rasse finden. Der "Reichsführer-SS" Heinrich Himmler war überzeugt, dass sich im Himalaja überlebende "Arier" einer untergegangenen, prä-antiken Zivilisation aus Atlantis über die Jahrtausende gerettet hätten. Als ein krudes Indiz für diese wirre Theorie musste das Hakenkreuz herhalten, im tibetischen Kulturkreis seit Jahrhunderten ein Glückssymbol.

P.S. der Artikel behandelt natürlich noch andere Aspekte, aber dieses Zitat fand ich ganz passend, geht ja schon ins kuriose, verrückte über.
 
Hi,

was weiß man heute über die Gläubigkeit von Hitler?
An was soll der denn geglaubt haben, ausser an sich?

Hitlers Egomanie war letztlich so groß, dass für einen Glauben an Gott, dem er sich als Mensch letztlich hätte unterwerfen müssen, gar kein Platz war. Der Allmächtige, die Vorhersehung, etc. waren gut genug, um Hitler und seine Ansprüche zu legitimieren. ABER das waren keine Kategorien, aus denen sich Einschränkungen für sein Handeln ergeben hätten.
 
Ich möchte 2 Zitate anführen, die ich ganz bemerkenswert finde, obwohhl nur eines mit dem Thema "War Hitler gläubig" direkt zu tun hat.

Das erste ist aus einer Rede von Hitler am 12.4.1922 auf einem NSDAP-Parteitag. Es zeigt, wie gut er seinen Judenhass auf alte christliche Ressentiments aufbauen konnte:
Mein christliches Gefühl weist mich hin auf meinen Herrn und Heiland als Kämpfer. [... ] Es weist mich hin auf den Mann, der einst einsam, nur von wenigen Anhängern umgeben, diese Juden erkannte und zum Kampf gegen sie aufrief, und der, wahrhaftiger Gott, nicht der Größte war als Dulder, sondern der Größte als Streiter! In grenzenloser Liebe lese ich als Christ und Mensch die Stelle durch, die uns verkündet, wie der Herr sich endlich aufraffte und zur Peitsche griff, um die Wucherer, das Nattern- und Otterngezücht, hinauszutreiben aus dem Tempel! [... ] Seinen ungeheueren Kampf aber für die Welt, gegen das jüdische Gift, den erkenne ich heute, nach zweitausend Jahren, in tiefster Ergriffenheit am gewaltigsten an der Tatsache, daß er dafür am Kreuz verbluten mußte.
Das passt gut mit dem Zitat aus Mein Kampf zusammen, das hier http://www.geschichtsforum.de/322008-post5.html schon 2mal http://www.geschichtsforum.de/323455-post29.html zitiert wurde.

Und das zweite ist ein Glaubensbekenntnis aus einem Rundbrief der NSDAP ("Der Schulungsbrief"), 1937 von Robert Ley, das haut mich beinahe um:
Adolf Hitler! Dir sind wir allein verbunden! Wir wollen in dieser Stunde das Gelöbnis erneuern: Wir glauben auf dieser Erde allein an Adolf Hitler. Wir glauben, daß der Nationalsozialismus der allein seligmachende Glaube für unser Volk ist. Wir glauben, daß es einen Herrgott im Himmel gibt, der uns geschaffen hat, der uns führt, der uns lenkt und der uns sichtbarlich segnet. Und wir glauben, daß dieser Herrgott uns Adolf Hitler gesandt hat, damit Deutschland für alle Ewigkeit ein Fundament werde.
Schöner kann man es gar nicht mehr ausdrücken, wie sehr die NS-Ideologie auch Religion sein wollte.
 
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