Waren die Reformen Marius' der Anfang vom Ende der Republik?

dss2

Neues Mitglied
Hallo! :winke:

Könnt ihr mir zumindest mal Ansatzpunkte geben bezüglich der Frage im Titel? Für eure Info: Ja, ich weiß, was die Reformen waren...

lg
 
Auf jeden Fall führten die Reformen dazu, dass die Soldaten künftig viel enger an ihren Feldherren gebunden waren, weil sie sich von ihm Beute und Versorgung in Form von Land erwarteten. Außerdem führte die Aufstellung eines Berufsheeres zu einer Entfremdung der Soldaten von der Zivilgesellschaft: 20 Jahre lang war die Legion ihre Heimat. Dadurch wurde es ehrgeizigen Feldherrn mitunter möglich, sie auch in innerrömischen Auseinandersetzungen einzusetzen.

Allerdings kriselte die Republik schon davor gehörig, Stichworte Optimaten vs. Popularen, Entstehung des Proletariats, Entstehung des Großgrundbesitzes und Verweigerung von Landreformen. Die Mariusreform war also zumindest nicht monokausal für das Ende der Republik. Letztlich ist es eine spekulative "Was wäre wenn"-Frage, was geschehen wäre, wenn es keine Mariusreform gegeben hätte.
 
Letztlich ist es eine spekulative "Was wäre wenn"-Frage, was geschehen wäre, wenn es keine Mariusreform gegeben hätte.

Aber eine ziemlich interessante, wie ich meine. Das Proletariat hat es ja auch schon vor den marianischen Reforemen gegeben, die konnte man nun aber als Menschenmaterial in den Kriegen verheizen. Ich würde darauf tippen, dass die Machtkämpfe à la Gracchen weitergegangen wären, möglicher weise wäre die Stadt daran sogar erstickt.
Will sagen, was nachmarianisch per Armeen im Feld ausgetragen wurde hätte sich mglw. auf die Stadt beschränkt und zu eroberungen wie sie Cäsar durchgeführt hat wäre es dann eher nicht gekommen.

Gruß, Theoderich
 
Die Heeresreform des Marius war wichtig für Rom. Ohne die Reform währe Rom schon viel früher untergegangen. Warum?

Rom ist im Rahmen des 2. Punischen Krieges nach Spanien gezogen um unter anderem Neu-Karthago zu unterwerfen. Dabei wurde Rom auch in Innerspanische Kämpfe verwickelt. Und Rom hat sich nach dem Sieg über Karthago nicht aus Spanien zurückgezogen, sondern weiter in Spanien engagiert. Die verlustreichen Kämpfe gingen sogar weiter bis kurz vor den Gallischen Kriegen. Und die Legionen waren mehrere Jahre in Spanien im Einsatz. Dabei bestand das römische Militär vor den Reformen aus Miliztruppen. Die Milizsoldaten konnten in der Zeit im Einsatz natürlich nicht zu Hause die Familie ernähren. Folglich gab es damit auch soziale Spannungen in Rom. Und die Soldaten mussten ja ihre Ausrüstung zum größten Teil selbst bezahlen. Zum anderen wurden Römische Truppen auch nach dem 2. Punischen Krieg in Italien deutlich geschlagen, durch die Kimbern und die Teutonen. Rom hatte somit ein deutliches Problem mit der Stellung der Soldaten. Deshalb waren die Reformen des Marius Überlebenswichtig.

Apvar
 
Also wäre das Ende so oder so gekommen? :ichdoof:

In meinen Augen wäre das Ende der Republik gekommen. Eventuell sogar das Ende von Rom. Aber das Schild unterschreibe ich nicht. Bei uns werden in den Schulen zu viele Einzelfakten gebracht, ohne die Zusammenhänge zu erklären.

Apvar
 
Moment einmal: Die Frage war, ob die Reformen des Marius das Anfang vom Ende der Republik, nicht der Anfang vom Ende Roms waren.
Das römische Reich überlebte die Republik nämlich noch um ein halbes Jahrtausend (27 v. Chr. - 472 n. Chr.) bzw. sogar um anderthalb Jahrtausende (27 v. Chr. - 1453 n. Chr.).
Die Reformen des Marius waren natürlich nicht der Grund für den Untergang der Republik. Im Ggt., sie retardierten diesen.
 
@ El Quijote

Vielleicht habe ich mich missverständlich ausgedrückt. Ohne die Reform des Marius währe die Römische Republik untergegangen. Und die höchst wahrscheinlich Stadt Rom auch.

Apvar
 
@ El Quijote

Vielleicht habe ich mich missverständlich ausgedrückt. Ohne die Reform des Marius währe die Römische Republik untergegangen.

Und mit der Reform ist sie untergegangen.

Aber sie ist nicht die Ursache für das Ende der Republik. Die Ursache würde ich klar in dem Problem sehen, dass eine städtisch organisierte Adelsgesellschaft das entstandene Reich nicht regieren konnte, Konkurrenz und Neid zum Ende der Republik führte.
 
Lasst uns Zeit nehmen für eine kleine Überlegung: in den Jahrhunderten vor der Heeresreform hat die römische Republik bewiesen, dass ihre "Bürgerheere" in der Lage sind, "Söldnerheere" zu schlagen, und zwar nach Strich und Faden – siehe die makedonischen und punischen Kriege bzw. gegen Pyrrhos, Syrakus etc. ... die Bürgerheere waren diszipinierter, tapferer, loyaler und sogar billiger als Söldnerheere. Nicht zuletzt aus diesem Grund kehrte die französische Republik zu Wehrpflicht und "Volksheer" zurück.

Rein militärisch hätte es also keinen Sinn gemacht, die Reform zu vollziehen. Organisatorisch schon – das Heer wurde um antiquierte Strukturen wie z. B. das Manipel bereinigt, in Waffen und Ausrüstung "generalisiert". Wirtschaftlich vollends: erst durch das Berufsheer wurde einerseits die Bildung einer militärisch nicht ausgebeuteten Mittelschicht möglich, die durch ihre Arbeit Wohlstand aggregieren konnte, andererseits hat der hohe Ausbildungsstand der Armee nun für ihren Einsatz z. B. beim Straßen- und Städtebau viel zur Erschließung und "Romanisierung" der eroberten Provinzen getan – und somit zur Schaffung eines kohärenten Reiches.

Politisch war es unter den von anderen schon o. g. Gründen der Selbstmord der Republik.
 
ich würde ein stehendes berufsheer nicht mit einem Söldnerheer gleichsetzen wollen. Söldnerheere kämpfen einzig und allein für Geld oder Beute.
Die Loyalität des römisches Bürgeraufgebotes hingegen blieb auch nach Einführung der Berufsarmee erhalten. Denn die Legioen bestanden immer noch aus Römern und sie kämpften für ihre Heimat und Kultur.
Das Bürhgerheer war also nicht loyaler schon gar nicht disziplinierter, denn die Disziplin ensteht durch den langen Drill der erst in der Berufsarmee vollendet wurde. Billiger war das Bürgerheer auf den ersten Blick schon. Aber nur auf den ersten, die Soldaten wurden zwar nicht bezahlt, aber die Volkswirtschaft litt erheblich darunter, das die Bauern und handwerker nichts mehr erzeugten weil sie lange im Krieg gebunden waren.
Das Bürgerheer hat solange funktioniert wie Rom kurze militärische Operationen in relativer Nähe durchgeführt hat. Als die Kriege immer länger wurden und ein stehendes Heer militärisch notwendig war funktionierte die Kriegsverfassung einfach nicht mehr.
Die Plebejer und Bauern konnten es sich einfach nicht mehr leisten über Jahre im Krieg zu sein und ihre Felder brach liegen zu lassen während die Familie zu Hause saß.
Hinzu kommt das die Entwicklung des Militärs voranschritt und gerade Hannibal den Römern gezeigt hatte, das Masse nicht alles ist. Es war notwendig ein gut geschultes und gedrilltes Heer zu haben das Söldnerheeren gleichwertig war.
 
ich würde ein stehendes berufsheer nicht mit einem Söldnerheer gleichsetzen wollen. Söldnerheere kämpfen einzig und allein für Geld oder Beute.

Na, dann schau dir an was das "Berufsheer" machte, wenn sie das eine und/oder das andere nicht bekam.
Das Bürgerheer der Republik wurde auch dadurch obsolet, dass die Wirtschaft prima mit der Beute und den Sklaven der Kriege, die durch die Bürger gewonnen wurde, auskam, der Wohlstand wuchs exponential, nur hatte das einfache Volk keinen Anteil daran.
Drill und Disziplin im Krieg sind eine andere Sache als z. B. Loyalität und "Bürger-in-Uniform"-Tugenden; so wie die Legionäre einerseits herausragten aus den Kriegern des Altertums, waren sie andererseits wankelmütig, unreif und schnell zu empören.
 
Na, dann schau dir an was das "Berufsheer" machte, wenn sie das eine und/oder das andere nicht bekam.
Das lag daran, dass es sich oft eher dem Feldherrn als dem Staat verpflichtet fühlte. Die Berufssoldaten rebellierten daher manchmal gegen ihren Feldherrn, aber sie zogen normalerweise nicht gegen den Staat an sich. Söldner hingegen konnten zu einer existenziellen Bedrohung für den Staat selbst werden, man denke z. B. an den großen Söldneraufstand gegen Karthago.
 
Ich glaube die loyalität von bürgern in uniform sollte man nicht überschätzen. Auch Bürgerheere haben immer eine strenge Disziplin gehabt.
Bürgerheere funktioinieren zumeist auch nru loyal wen es um Verteidigung geht. Sobald sie irgendwo in die Fremde sollen sieht das schon ganz anders aus.
Außerdem wäre ich vorsichtig mit dem begriff des Kriegers. Die Römer waren keine, sie waren nur gute Soldaten wenn sie gedrillt waren.
Ob die Römer besonders wankelmütig waren, das weiß ich nicht. Mir sind in der Republik und der frühen Kaiserzeit jetzt keine großen Fälle von Meuterei bekannt.
Das eine Armee zumeist nicht aus stoischen Philosophen besteht liegt wohl in der Natur der Sache. ihre Qualitäten liegen nicht in geistiger Stärke und Ihnen wird schließlich auch immer vorgelebt, das Gewalt eine Lösung ist. Das kann man dann als unreif auffassen.
 
Dass auch Bürgersoldaten meutern konnten, sah man an einem Vorfall nach dem 1. Samnitenkrieg, als eine Garnison in Kampanien meuterte.
 
Auf jeden Fall führten die Reformen dazu, dass die Soldaten künftig viel enger an ihren Feldherren gebunden waren, weil sie sich von ihm Beute und Versorgung in Form von Land erwarteten.
Das ist die gängige Interpretation, und den Effekt gab es natürlich.
Aber ich denke, da fehlt ein wichtiger Zwischenschritt: Die Reform führte in erster Linie dazu, daß arme Bürger zum Militär kamen und dort vom Staat ausgerüstet und bezahlt wurden. Das führt erst einmal nicht zu einer engeren Bindung an den jeweiligen Feldherrn (die ja meist im Jahrestakt der Konsulwahl wechselten).

Die Bindung an den Feldherrn entstand erst, als die Republik (d.h. der Senat) eine vernünftige Finanzierung der Armee verweigerten, insbesondere eine angemessene Versorgung der Veteranen mit Land. Wenn nur der politische Druck von Feldherren wie Pompejus Landversorgung sicherstellen konnte, dann mußten die Legionäre natürlich die Ambitionen dieser Feldherren unterstützen.
Und umgekehrt waren Feldherren in der Pflicht, solchen politischen Druck aufzubauen - auch wenn sie vielleicht ursprünglich gar keine weitergehenden politischen Ziele hatten.

Wenn also die zivilen Stellen die Folgen der Reform korrekt umgesetzt hätten, wäre die grundsätzliche Beziehung zwischen Militär und Politik nicht anders gewesen als vorher mit dem Bürgerheer. Die herrschenden Eliten wollten aber die Früchte der Eroberungen alleine für sich behalten, und sich vor den dafür nötigen "Investitionen" in Form von Militärfinanzierung drücken. Und damit haben sie mittelfristig die Republik und ihre eigene Machtstellung ruiniert.
 
Wenn ich sage, dass Marius' Reformen nur zum Ende beigetragen haben, was könnte dann noch das Ende bewirkt haben? Vielleicht die mehr oder weniger fehlgeschlagenen Reformen der Gracchen? :grübel:
 
Generell ist die Republik daran gescheitert, das eine Stadtrepublik einfach zu sehr gewachsen ist als das sie ihre Regierungsform so hätte weiterführen können. Für eine Republik in unserem heutigen Verständnis, also flächenhaft ohne die Alleinstellung der Stadtrom fehlte wohl einfach die nötige Kommunikationsinfrastruktur.
Das System musste angepasst werden um das Reich besthen lassen zu können. Das hat Cäsar dann getan.
Positiv ausgedrückt war also die Marius Reform nicht das Ende von etwas, sondern der beginn der Prolog zum Kaiserreich.
 
Dass die Verfassung nicht für ein Großreich geeignet war, stimmt schon, aber eine wesentliche Ursache für das Scheitern der Republik sehe ich darin nicht. Das Hauptproblem war meiner Meinung nach die Bildung einer Optimatenkaste, die die Macht in den Händen weniger Familien halten wollte, einen aristokratischen Regierungsstil pflegte und sich schamlos bereicherte. Die Masse blieb von der politischen und wirtschaftlichen Partizipation weitgehend ausgeschlossen. Dadurch wurde sie zum willfährigen Helfer einzelner Politiker, die sich mit den Optimaten anlegten. Das waren teils Politiker, die nicht zu den Optimaten gehörten, aber trotzdem den Aufstieg schaffen wollten, teils Politiker, die selbst den Optimaten entstammten, aber nicht nur Teil eines Kollektivs sein wollten. Diese Probleme hätte es im Wesentlichen auch gegeben, wenn Rom eine auf Italien beschränkte Macht geblieben wäre.
 
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