Waren die Römer anders?

E

Etymologe

Gast
Hallo liebe Leute,

die Ausgangsfrage dieses Threads ist vielleicht ein bisschen pauschalisierend, aber macht dennoch Sinn.

1. Fast jede Kultur, die versucht hat, die Welt um sie herum mit Erzählungen und visionären Bildern zu erklären, beginnt ihre Erzählungen mit der Entstehung der Welt, mit Göttern, die eine Art von Ordnung vorgeben, zumeist in Anspielung an den Wechsel der Jahreszeiten und die Wanderung der Sternbilder, oft übertragen auf politische Vorstellungen wie die Legitimation der Herrschaft(systeme) an sich. Der griechische Schöpfungsmythos reiht sich hier ein, genauso wie die Vorstellungen von Kulturen in südamerikanischen und asiatischen Raum. Diese Mythen sind universal, denn sie berichten vom entstehen des Universums und des Menschen darin.
Dann erzählen die Mythen auch Geschichten über einzeln Herrschergeschlechter (griechische Adlige sollen ihren Stammbaum teilweise aus den Besatzungslisten der Illias abgeleitet haben).
Bei den Römern fehlen solche Komos- und Naturmythen ganz und es finden sich nur Mythen über die Entstehung der Stadt Rom und deren frühe Geschichte.

2. Die römische Religion ist mehr oder weniger eine Variante der griechischen. Sie scheinen kein Bedürfnis gehabt zu haben, besondere Kultpraxen zu entwickeln, die von anderen abweichen.

3. Genauso gibt es in der römischen Geschichtsschreibung kaum Platz für eine Universalgeschichte, sondern fast nur Raum für eine Nabelschau der eigenen, die dazu in einer Legitimations und Sinnsuche ausartet. (Was für andere antike Geschichtsschreibungen auch gilt, aber Herodots Botschaft z. B. ist allgemein.)

4. War die römische Philosophie nicht auch vom griechischen Vorbild gerpägt? Hat sie dort nicht alle wesentlichen Systeme übernommen?
5. Genauso auch Theater, Literatur usw., haben die Römer neue Genre hervorgebracht?

Kann man daraus folgern, dass die Römer irgendwie besonders waren? Vielleicht einen "Sonderfall" in der Geschichte darstellten?
 
2. Die römische Religion ist mehr oder weniger eine Variante der griechischen. Sie scheinen kein Bedürfnis gehabt zu haben, besondere Kultpraxen zu entwickeln, die von anderen abweichen.
Das stimmt so nicht. Die Römer hatten ursprünglich eine eigenständige italische Religion, die aber von Anfang an fremden Einflüssen ausgesetzt war, zuerst vor allem sabinischen und etruskischen, später dann griechischen. Die römischen Götter, wie wir sie heute kennen, sind tatsächlich weitgehend griechischen Entsprechungen angepasst. Trotzdem darf man nicht vergessen, dass sie erst im Laufe der Zeit angepasst wurden und ursprünglich teilweise deutlich von ihren griechischen Gegenstücken abwichen. Außerdem muss man natürlich bedenken, dass sowohl Römer als auch Griechen Indogermanen waren und daher gewisse religiöse Vorstellungen schon ein gemeinsames Erbe waren. Weiters darf man aber auch nicht übersehen, dass unser "Wissen" über die römische Götterwelt zu einem großen Teil von Dichtern und Künstlern stammt, die - ebenso wie ihre griechischen Kollegen - eine Tendenz hatten, ihre Werke möglichst reich auszuschmücken. Mit dem Glauben des einfachen Bürgers hatten diese Geschichtchen und Charakterisierungen nicht unbedingt viel zu tun. Vor allem aber bestanden trotzdem erhebliche Unterschiede zur griechischen Religion. Die Römer kannten eine Fülle von Göttern (z. B. Ianus, aber vor allem eine Fülle von Landwirtschaftsgöttern) ohne griechische Entsprechung. Für die römischen Literaten, die der griechischen Literatur nacheiferten, waren diese Götter wenig interessant, für die einfachen Menschen aber schon. Die Römer hatten aber auch eine Fülle uralter Kulte, Zeremonien und Kultbrüderschaften und heimische Feste, ich verweise beispielsweise auf die Arvalbrüder und die Fetialen, auf Feste wie die Lupercalien oder den Vestakult mit den Vestalinnen. Außerdem spielte bei den Römern der häusliche Kult eine größere Rolle als bei den Griechen, ebenso (öffentliche) Gelübde anlässlich bevorstehender Unternehmungen.

1. Fast jede Kultur, die versucht hat, die Welt um sie herum mit Erzählungen und visionären Bildern zu erklären, beginnt ihre Erzählungen mit der Entstehung der Welt, mit Göttern, die eine Art von Ordnung vorgeben, zumeist in Anspielung an den Wechsel der Jahreszeiten und die Wanderung der Sternbilder, oft übertragen auf politische Vorstellungen wie die Legitimation der Herrschaft(systeme) an sich. Der griechische Schöpfungsmythos reiht sich hier ein, genauso wie die Vorstellungen von Kulturen in südamerikanischen und asiatischen Raum. Diese Mythen sind universal, denn sie berichten vom entstehen des Universums und des Menschen darin.
Dann erzählen die Mythen auch Geschichten über einzeln Herrschergeschlechter (griechische Adlige sollen ihren Stammbaum teilweise aus den Besatzungslisten der Illias abgeleitet haben).
Bei den Römern fehlen solche Komos- und Naturmythen ganz und es finden sich nur Mythen über die Entstehung der Stadt Rom und deren frühe Geschichte.
Da haben wir das Problem mangelnder Quellen. Wir wissen kaum etwas über die Mythen der frührömischen Zeit, da wir aus dieser Zeit fast keine schriftlichen Überlieferungen haben. Später, in der Zeit der beginnenden Literatur, wurden die allenfalls vorhandenen römischen Schöpfungsmythen bereits durch die der Griechen verdrängt.

3. Genauso gibt es in der römischen Geschichtsschreibung kaum Platz für eine Universalgeschichte, sondern fast nur Raum für eine Nabelschau der eigenen, die dazu in einer Legitimations und Sinnsuche ausartet. (Was für andere antike Geschichtsschreibungen auch gilt, aber Herodots Botschaft z. B. ist allgemein.)
Ich verweise auf Historiker wie Curtius Rufus mit seiner Geschichte Alexanders des Großen, Cornelius Nepos mit seinen Biographien vor allem großer Griechen, aber auch "Barbaren", und vor allem Pompeius Trogus, der durchaus eine "Universalgeschichte" wie Diodor verfasste.

4. War die römische Philosophie nicht auch vom griechischen Vorbild gerpägt? Hat sie dort nicht alle wesentlichen Systeme übernommen?
Das stimmt allerdings tatsächlich im Wesentlichen.

5. Genauso auch Theater, Literatur usw., haben die Römer neue Genre hervorgebracht?
Das römische Theater war keineswegs dem griechischen abgekupfert, sondern hatte - soweit es die Komödie betraf - italische Wurzeln. Die römische Komödie wurde erst durch Autoren wie Plautus und Terentius, die griechische Vorbilder bearbeiteten, zunehmend der griechischen angeglichen.
Und was die Genres betrifft: Es gab zwar auch griechische Satiriker, aber ihre Blüte erlebte die Satire erst durch römische Autoren. Noch mehr gilt das für juristische Fachliteratur.

Kann man daraus folgern, dass die Römer irgendwie besonders waren? Vielleicht einen "Sonderfall" in der Geschichte darstellten?
Sieh' Dir an, wie weit es der einstige Stadtstaat gebracht hat ...
 
Und was die Genres betrifft: Es gab zwar auch griechische Satiriker, aber ihre Blüte erlebte die Satire erst durch römische Autoren. Noch mehr gilt das für juristische Fachliteratur.
man denke nur an Petronius´ leider fragmentarisch überlieferten satirischen Roman Satyricon, den mehr als ein Jahrtausend später noch Heine in den höchsten Tönen lobte

@Etymologe
wie lange währte die Geschichte der röm. Republik und anschließend des röm. Kaiserreichs? ...nun, es ist doch sehr unwahrscheinlich, dass in diesem Zeitraum kaum kulturelle und technische Leistungen stattfanden :winke:
 
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