Die Situation wurde noch zusätzlich dadurch verschärft, dass die jungen Seeoffiziere zwar hervorragend ausgebildet waren, wenn sie an Bord der Schiffe kamen. Allerdings nur fachlich. Sie wurden nicht in "Mannschaftsführung" ausgebildet und das verschärfte zusätzlich die ohnehin vorhandenen Gegensätze, wie bei Neddy geschildert.
Die Defizite bei der Versorgung der Mannschaften wurden durch den Chef der Hochseeflotte ab Juli 1917 anerkannt und es folgte die Einrichtung von "Menagekommissionen". Es waren von den Mannschaften gewählte Ausschüsse zur Kontrolle der Verpflegung eingerichtet.
Folgt man Rosenberg dann sahen die Matrosen in diesen Ausschüssen eine Art von Mitbestimmungsrecht und sie interpretierten es als eine Möglichkeit, sich gegen offenkundiges Unrecht zu wehren.
Die einzelnen Menagekommissionen knüpften ab Mitte 1917 Verbindungen zu anderen Schiffen und so kam ein Netz an Kontakten zwischen den Schiffen zustande. Dabei kam der Managekommisssion des Flottenflaggschiffs "Friedrich des Großen" eine besondere Bedeutung zu, da sie in die Rolle einer "Zentrale" hineinwuchs, die die unterschiedlichen Vorstellungen der Menagekommissionen der Schiffe koordinierte.
Der Vorwurf einer von Außen gesteuerten Politisierung, wie beispielsweise bei Regulski (Lieber für die Ideale) als These vorgetragen, widersprechen beispielsweise Rosenberg (Pos. 3067), Deist und Huck (S. 78ff). Es gab Kontaktaufnahmen von Seiten der Matrosen zu den Berliner Parteien (Zentrum, SPD und USPD), allerdings verlief der Prozess von den Matrosen zu den Parteien und nicht anders herum.
Zwei zusätzliche Anmerkungen:
Bei den politischen Unruhen des Jahres 1918 waren es eher die Deckoffiziere, die gemeinsam mit den Mannschaften agierten und: Von den U-Booten kamen deutlich weniger Matrosen, die sich an den politischen Aktionen beteiligt hatten. Die Erklärung liegt wohl in den ähnlichen Lebensumständen auf diesen Boote.
In diesem Sinne war der Widerstand der Matrosen nachvollziehbar und hätte durch eine weniger arrogante, der Realität entrückte Flottenführung spätestens 1917 nachhaltig verändert werden müssen.
Deist, Wilhelm (2009): Militär, Staat und Gesellschaft. Studien zur preußisch-deutschen Militärgeschichte. München: Oldenbourg
Huck, Stephan (2018): Marinestreiks und Matrosenaufstände. In: Sonja Kinzler und Doris Tillmann (Hg.): Die Stunde der Matrosen. Kiel und die deutsche Revolution 1918. Darmstadt: Theiss, S. 78–83.
Rosenberg, Arthur (1977): Entstehung der Weimarer Republik. 17. unveränderte Aufl. Frankfurt am Main: Europäische Verlagsanstalt.