Warum bekam Belgien Eupen und Malmedy zugesprochen?

shingen

Mitglied
Warum bekam Belgien nach dem 1 . weltkrieg Eupen -Malmedy zugesprochen ?
hatte es alte rechte darauf ? oder leben da nur Belgier ,oder war es kriegsbeute der Belgier ?
 
Hallo,

zu Beginn:
http://en.wikipedia.org/wiki/East_Cantons

Irgendwo hab ich noch Schärer, Martin, Deutsche Annexionspolitik im Westen, Die Wiedereingliederung Eupen-Malmedys im Zweiten Weltkrieg herumliegen. Darin war - so hab ich das in Erinnerung - auch die Vorgeschichte und die Volksverteilungen sowie die Geheimgespräche zur Rückübertragung, die an Frankreichs Widerstand wegen der dann notwendigen Korrektur des Versailler Vertrages gescheitert sind, dargestellt.

Grüße
Thomas
 
den wiki-artikel gibts auch in deutsch...

alte rechte, naja, das gebiet gehörte seit 1815 zu preussen, belgien als staat ist erst 1830 gegründet worden (und hat da auch nicht alle "historischen" gebiete der habsburgischen niederlande erhalten).

da belgien aber neben frankreich die hauptlast an der westfront trug, hat man es so (auch) "entschädigen" wollen. und da ein kleines gebiet um malmedy französischsprachig war, hat man halt dieses gebiet den belgiern zugesprochen (nebst einer bahnlinie über deutsches gebiet, die diese ortschaften miteinander verband).
 
Hallo,

um auf die Gründe zurück zu kommen: Nach Schärer waren es zwei:

- wirtschaftliche Gründe (grosser Waldreichtum)
- militärische Gründe (Stärkung des Vorfeldes des Lütticher Festungsgürtels).

Belgien wurde vom Völkerbund zu Abstimmungen aufgefordert, ausgeschlossen waren die praktisch unbewohnten Teile (von Preußisch-Moresnet) und die Teile ohne deutsche Bevölkerung (Neutral-Moresnet). Beide Seiten agierten Kräften in den Abstimmungskreisen., die vom Reich unterstütze prodeutsche Propaganda brachte jedoch auch aufgrund des von Belgien ausgeübten Drucks auf die Eintragungswilligen nicht den erhofften Erfolg.

Dabei ist beachtenswert, das Belgien dem Gebiet auch bessere wirtschaftliche aussichten als das Nachkriegsdeutschland bieten konnte. So wurden bei einem Generalstreik ausgesprochene Forderungen von Belgien großzügig erfüllt. somit trugen sich nur 271 Personen, 0,8% der Stimmberechtigten, in die Wahllisten ein, darunter 202 abzuziehende deutsche Beamte.

Belgien bezeichnete die Ostkantone als "wiedergewonnene Kantone", Cantons rédimés, mit der Begründung, die Grenzziehung von 1815 habe die einst zusammen gehörenden Gebiete des burgundischen Reiches, als dessen Erbe Belgien sich fühlte, willkürlich getrennt.

Rückgabeverhandlungen in den zwanziger Jahren, nachdem Belgien das Gebiet zunehmend als Belastung in den Beziehungen mit Deutschland empfand, gekoppelt mit einer deutschen Finanzhilfe, scheiterten an dem Widerstand Frankreichs, das "auf den Höhen des Venns verteidigt sein wollte".

Alles nach Schärer, siehe oben, mit Verweis auf weitere Quellen.
 
Zuletzt bearbeitet:
nein, wozu auch? man hat vielmehr sehr erfolgreich die bemühungen der deutschsprachigen minderheit nach gleichberechtigung in belgien unterstützt.
 

Aus dem ganz einfachen Grund, weil es deutsches Gebiet war. Wenn eine wirklich repräsentierende Volksabtimmung sich für Belgien ausgesprochen hätte, hätte man ja aufgrund des Selbstbestimmnugsrechts der Völker durchaus das Gebiet abgeben können (s. Nordschleswig), aber von einer fairen Volksabtimmung kann keine Rede sein.

Der Weimarer Republik war es doch damals auch ein Anliegen, die Ostgebiete wieder zu bekommen, auch wenn dort große Teile polnisch besiedelt waren (Westpreußen, Posen). Diese "Revisionspolitik mit friedlichen Mitteln" wurde ja auch unter allen Parteien des Parlaments vertreten.

Warum dann im Fall Eupen-Malmedy nicht?
 
Aus dem ganz einfachen Grund, weil es deutsches Gebiet war. Wenn eine wirklich repräsentierende Volksabtimmung sich für Belgien ausgesprochen hätte, hätte man ja aufgrund des Selbstbestimmnugsrechts der Völker durchaus das Gebiet abgeben können (s. Nordschleswig), aber von einer fairen Volksabtimmung kann keine Rede sein.

Der Weimarer Republik war es doch damals auch ein Anliegen, die Ostgebiete wieder zu bekommen, auch wenn dort große Teile polnisch besiedelt waren (Westpreußen, Posen). Diese "Revisionspolitik mit friedlichen Mitteln" wurde ja auch unter allen Parteien des Parlaments vertreten.

Warum dann im Fall Eupen-Malmedy nicht?

hallo...?!

du hattest nicht von der weimarer republik, sondern von der "brd" gesprochen. und diese hat, soweit mir bekannt, in keinem einzigen fall versucht, den versailler vertrag und die darin festgelegten grenzen zu revidieren (selbst, als die oder-neisse-linie nicht anerkannt war, ging es "nur" um die grenzen von 1937!). wie wäre auch nach dem 2. weltkrieg ein solcher anspruch zu rechtfertigen gewesen?

was erfolgreich war, ist die rückgabe einiger gebiete, die die niederlande und frankreich nach dem 2. wk annektiert hatten (ich meine jetzt nicht das saarland). belgien hatte seine gebietsansprüche bereits vor der gründung der bundesrepublik aufgegeben.

die weimarer republik hat, wie silesia schon geschrieben hat, erfolglos mit belgien über die rückgabe eines teil des gebiets verhandelt. die französischsprachigen ortschaften um st. vieth wären wohl selbst dann belgisch geblieben.
 
Vielen Dank! :winke:

Welche Gebiete haben denn die Niederlande und Frankreich nach dem 2. Weltkrieg annektiert [abgesehen vom Saarland, das ja später wieder an Deutschland nach Volksabstimmung übergeben wurde]?
 
zu den niederländischen annexionen schau hier mal nach (da wird auch was zu belgischen und luxemburgischen plänen erwähnt).

frankreich hatte kehl annektiert, welches stück für stück bis 1953 zurückgegeben wurde (ausserdem wohl noch etwas wald zur pfalz, m.w. ist da später ein vertrag abgeschlossen worden).
 
Interessant zu dem Thema ist der Film " Die letzte Reise des Mathi Schenk".
Die Eupener wurden im 2. Weltkrieg wieder Deutsche und wurden zum Großteil zwangsweise zur SS eingezogen.
Die Hauptperson des Films landete bei der Niederschlagung des Warschauer Aufstandes und dessertierte nach seinen Erlebnissen dort.
Polen versteckten ihn bis zum Kriegsende.
Die anderen Eupener landeten nach Beendigung ihrer SS Zeit in belgischer Festungshaft wegen Kollabration.
Soweit ich weiß machten die belgischen Behörden sich keine große Mühe prsönliche Schuld oder Unschuld festzustellen.

Joß
 
Im Gebiet von Eupen und Malmédy fand keine Abstimmung statt, war auch nicht vorgesehen.

Laut Versailler Vertrag ist das richtig.
Allerdings schreibt 1920 der belgische Ministerpräsident an den "kolonialen Gouverneur" Eupen-Malmedys General Baltia:"Prenez soin que tout marche sans problème et que les coûts restent raisonnables. Vous serez comme le gouverneur d'une colonie qui est directement en contact avec la patrie."
Siehe Freddy Cremer / Werner Mießen: Spuren. Materialien zur Geschichte der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens, Eupen 1995
Es fand eine "Volksbefragung" als Protestzugeständnis zwischen 26.1. und 23.7.1920 statt. Das Resultat der "Volksbefragung": von den ca.33000 Stimmberechtigten trugen sich letztlich nur 271 Personen in die öffentlichen Protestlisten ein. Die Angst vor Repressalien liess diese "Volksbefragung" ein vollen Erfolg für Belgien verbuchen.
Siehe J.P.D. van Banning: Gebiedsovergang en zijn gevolgen, getoest aan de praktijk van de inlijving van Eupen Malmedy door Belgie, Schaesberg 1949; Klaus Pabst: Eupen-Malmedy in der belgischen Regierungs- und Parteienpolitik 1914-1940
 
Ich verstehe nicht ganz, was du uns mit diesem Beitrag sagen willst, und inwiefern es mein obiges Posting relativieren würde. :confused:

Ich bin zwar nicht der "Pressesprecher" von Hurvinek, aber:
Es geht wohl nicht um eine Relativierung, sondern Ergänzung.
Da shingen meinte, es habe eine Abstimmung stattgefunden, was du zu Recht bestritten hast, wollte Hurvinek offenkundig sagen, dass es eine Befragung war. Und das ist doch interessant.
 
Ich verstehe nicht ganz, was du uns mit diesem Beitrag sagen willst, und inwiefern es mein obiges Posting relativieren würde. :confused:

Auch wenn mein "designierter Pressesprecher" bereits eine Antwort gegeben hat, will ich es mit eigenen Worten noch einmal wiedergeben.

Ich relativiere nicht, ich ergänze unser Geschichtswissen.
Im Versailler Vertrag war ein Volksentscheid nicht vorgesehen sondern eine 5-jährige Übergangsfrist unter belgischer Verwaltung und danach Überführung ins belgische Staatsgebiet.
Trotzdem hat die belgische Übergangsverwaltung eine "Volksbefragung" durchgeführt. Selbst wenn die "Volksbefragung" anders geendet hätte, wäre dieser Teil Deutschlands nach der 5-jährigen belgischen Übergangsverwaltung an Belgien übergegangen.
Also eine überflüssige "Befragung", denn sie hat letztendlich die Freiheit der Bürger karikiert. Wer gibt denn seinen Namen und Anschrift her, um ein Ergebnis des Versailler Vertrag in Frage zu stellen, wenn eh keine rechtliche Handhabe gegen den Versailler Vertrag bestand?
 
Also eine überflüssige "Befragung", denn sie hat letztendlich die Freiheit der Bürger karikiert. Wer gibt denn seinen Namen und Anschrift her, um ein Ergebnis des Versailler Vertrag in Frage zu stellen, wenn eh keine rechtliche Handhabe gegen den Versailler Vertrag bestand?
Danke Hurvinek für diese ergänzenden Worte. Diese Wissensergänzung ist natürlich interessant, mir scheint aber die Herausstellung der "Überflüssigkeit" dieser Befragung ein wichtiger Punkt. Deswegen hatte ich nachgehakt. :)

Wir hatten doch vor ein paar Wochen die Möglichkeit der Rückgabe dieser Gebiete auf bilateraler Ebene in einem anderen Thread gestreift, wenn ich mich nicht irre. Kamen wir da eigentlich zu einem Ergebnis? :grübel:
 
Wir hatten doch vor ein paar Wochen die Möglichkeit der Rückgabe dieser Gebiete auf bilateraler Ebene in einem anderen Thread gestreift, wenn ich mich nicht irre. Kamen wir da eigentlich zu einem Ergebnis? :grübel:

http://www.geschichtsforum.de/f62/eupen-malmedy-warum-15091/#post239494

Hallo Tekker, meinst Du das?


nach Schärer:
Belgien wurde vom Völkerbund zu Abstimmungen aufgefordert, ausgeschlossen waren die praktisch unbewohnten Teile (von Preußisch-Moresnet) und die Teile ohne deutsche Bevölkerung (Neutral-Moresnet).
 
nach Schärer:
Belgien wurde vom Völkerbund zu Abstimmungen aufgefordert, ausgeschlossen waren die praktisch unbewohnten Teile (von Preußisch-Moresnet) und die Teile ohne deutsche Bevölkerung (Neutral-Moresnet).

Hierzu der Versailler Vertrag III. Abschnitt I, Art.34:
Deutschland verzichtet außerdem zugunsten Belgiens auf alle Rechte und Ansprüche auf das gesamte Gebiet der Kreise Eupen und Malmedy.
Während sechs Monaten nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags werden von der belgischen Behörde in Eupen und Malmedy Listen ausgelegt; die Einwohner dieser Gebiete sind berechtigt, darin schriftlich den Wunsch auszudrücken, daß diese Gebiete ganz oder teilweise unter deutscher Souveränität verbleiben.
Es ist Sache der belgischen Regierung, das Ergebnis dieser [engl. Text: dieser öffentlichen] Äußerung der Bevölkerung zur Kenntnis des Völkerbundes zu bringen, dessen Entscheidung anzunehmen sich Belgien verpflichtet.

Es ist von keiner Volksabstimmung die Rede. Dann wäre nämlich der vollständige Verzicht Deutschlands um Eupen-Malmedy im Artikel des Vertrages politischer Unfug.
 
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