Warum Caesar bekannter als die flavische Dynastie?

Waterpolo

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Sehr geehrte Mitglieder,

beschäftige mich gerade mit der römischen Kaiserzeit und stelle mir gerade die Frage, wieso beispielsweise Caesar bekannter ist und deutlich mehr Informationen über ihn zu finden sind als zur Zeit der flavischen Dynastie, wo z.B. Vespasian den Grundstein für die größte Ausdehnung des römischen Reiches in der Geschichte legte.

Liegt es daran, dass zur flavischen Dynastie wenig Quellen gefunden wurden, um diese dann zu rekonstruieren oder die jeweiligen Taten zu belegen? In den meisten Dokumentationen z.B. wird oft kein Wort über die Flavier erwähnt, wenn es um das Kolosseum geht, das heute wohl bekannteste Bauwerk des Altertums. Viele verbinden diese ja auch wegen den ganzen Spielfilmen und flaschen Aussagen sofort mit Caesar.

Liegt es auch einfach nur daran, dass Caesars Werdegang grundsätzlich "filmreifer" war als der ganze Werdegang der darauffolgenden römischen Kaiserzeit? Wer kam überhaupt auf die Idee von den ganzen römischen Herrschern unbedingt Caesar "rauszupicken"? Ist das bekannt?

Freue mich auf eine spannende Diskussion!

Liebe Grüße,
Waterpolo
 
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Wer kam überhaupt auf die Idee von den ganzen römischen Herrschern unbedingt Caesar "rauszupicken"?

Iulius Caesar war ja nicht einer inmitten der Reihe der römischen Kaiser. Sondern seine Diktatur bildete imgrunde den Grundstein zur Einzelherrschaft. Die späte Republik war dabei, sich durch Parteienstreitigkeiten und das Machtstreben vieler einzelner selbst zugrundezurichten. Das Machtstreben Caesars war gewiss nichts Edleres als das seiner Konkurrenten. Aber Caesar schaffte es schließlich, als Diktator aus dem Bürgerkrieg hervorzugehen und bescherte dem Reich somit wenigstens ein paar Jahre, in denen es durchatmen konnte. Augustus setzte das erst begonnene Werk wenig später umso erfolgreicher fort und erschuf eine dauerhafte Einzelherrschaft.
Dass Caesar nach seinem Tode derart berühmt war und blieb, liegt m. E. schon auch ein Stück weit daran, dass sich Oktavian Augustus als Adoptivsohn Caesars und Divi filius legitimierte und Caesar zu einer hellen Lichtgestalt stilisierte. Dieser Blick auf Caesar dürfte in der römischen Geschichtsschreibung auch nachgewirkt haben.
Vespasian und alle anderen Kaiser - soviel sie im einzelnen auch geleistet haben mögen -waren imgrunde nur die Erben dessen, was Augustus als Nachfolger und "Sohn" des vergöttlichten Iulius aufgebaut hatte. Das wäre so ungefähr meine Erklärung, warum Iulius Caesar einen besondern Stand in der römischen Geschichte hat. Seine Persönlichkeit steht an der Grenze von der langsam untergehenden Republik zum glanzvoll aufsteigenden Kaiserreich.

Daneben mag auch noch einige recht banale Gründe geben, warum Caesar noch heute bekannter ist, als viele spätere Römer-Herrscher: z. B. die Asterix-Hefte.:D Spaß beiseite. Wenn mich meine Erinnerung nicht täuscht, war Theodor Mommsen, der mit seiner "Römischen Geschichte" und vielen anderen Arbeiten die nachfolgenden Althistoriker durchaus prägte, ausgemachter Iulius-Caesar-Fan. Auch solche Bewertungen und Sympathien mögen noch nachwirken.
 
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Zur Ergänzung von buschhons:
- Caesars Cognomen wurde zum Titel
- Caesar ist Autor und Gegenstand zahlreicher Werke
 
Ergänzend zu buschhons' Ausführungen:

Liegt es auch einfach nur daran, dass Caesars Werdegang grundsätzlich "filmreifer" war als der ganze Werdegang der darauffolgenden römischen Kaiserzeit? Wer kam überhaupt auf die Idee von den ganzen römischen Herrschern unbedingt Caesar "rauszupicken"? Ist das bekannt?
Caesars Leben war Dramatik pur - ein erfolgreicher Eroberer, der zum Alleinherrscher aufstieg, dann aber in einem dramatischen Finale von Leuten ermordet wurde, die er teils selbst begnadigt hatte, die teils ihm ihre Karriere verdankten. Das mit dem "filmreif" sehe ich auch so, ein Schriftsteller oder Drehbuchautor hätte sich kaum Dramatischeres einfallen lassen können. Caesar faszinierte und fasziniert.
Zugleich wurden er und seine Mörder aber auch immer wieder ambivalent gesehen: Auf der einen Seite Caesar, der teils bewundert (wie schon erwähnt z. B. von Mommsen), teils aber auch als "Tyrann", der die Republik stürzte, abgelehnt wurde. Auf der anderen Seite seine Mörder, die aus mehr (vor allem Marcus Brutus) oder minder hehren (etliche der anderen Verschwörer) Motiven handelten. Ihre Bewertung schwankt(e) zwischen Mörder und Freiheitshelden. Untrennbar mit dieser Bewertungsproblematik verbunden ist die problematische Bewertung der Republik: Je nachdem ob man in ihr einen Hort der Freiheit (oder gar eine Demokratie) oder ein verlottertes System sieht, erschien ein Mord zu ihrer Rettung eher gerechtfertigt oder eben nicht. (Der "Tyrannenmord", also wann die Ermordung eines Herrschers gerechtfertigt oder gar geboten ist, ist generell ein heikles Problem, für das es bis heute keine befriedigende Lösung gibt.) Diese ganze Ambivalenz macht Caesar und seine Ermordung natürlich hochinteressant für literarische Bearbeitungen, allen voran Shakespeares "Julius Caesar". Shakespeare gelang es darin, sowohl Caesar als auch Brutus zu Helden zu machen. Eine sehr eindeutige Meinung hatte hingegen Dante: In seiner "Göttlichen Komödie" lässt er Brutus und Cassius zusammen mit Judas Ischariot im Zentrum der Hölle von Luzifer höchstpersönlich gefoltert werden - er stellte die Ermordung Caesars also auf eine Stufe mit dem Verrat Jesu durch Judas. Diese Ambivalenz machten Caesar und seine Ermordung aber auch interessant für allerlei Theoretiker und Philosophen. Aus der Antike wiederum sind Biographien über Caesar von Sueton und Plutarch erhalten. Dass er und sein Schicksal häufig literarisch bearbeitet oder sonstwie thematisiert wurden, trug natürlich auch dazu bei, ihn in den Köpfen der Menschen präsent zu erhalten.
Daneben war Caesar aber auch selbst Schriftsteller: Viele Generationen von Schülern lasen im Lateinunterricht seine "Commentarii de Bello Gallico" als ideale Einsteigerlektüre, wodurch er auch ihnen geläufiger wurde als etwa Vespasian.

Die Flavier können damit natürlich nicht mithalten. Vespasian war ein tüchtiger Sanierer und Verwalter, Titus regierte nur kurz, und Domitian wurde zwar auch ermordet, allerdings waren sein Leben und sein Tod weit weniger spektakulär als bei Caesar. Alle drei waren letztlich doch nur drei Kaiser unter vielen.
 
Nur als Anmerkung:
Durch seine Beziehung zu Kleopatra war Caesar immer auch für Menschen interessant, welche sich nicht besonders für römische Geschichte interessieren. Hat man einem flavischen Kaiser einen Sandalenfilm gewidmet? Solche moderne Medien prägen heutzutage das Bild einer historischen Persönlichkeit oder geben eine Person der Vergessenheit anheim.

Ansonsten, Zustimmung zu dem zuvor hier Geschriebenen.
 
Hat man einem flavischen Kaiser einen Sandalenfilm gewidmet?
Immerhin gibt es die Mozartoper "Die Großmut des Titus" und auch ein ganz schlimmer italienischer Sandalenfilm handelte von Domitian Der Aufstand der Prätorianer - MDR Sachsen | programm.ARD.de
und auch in dem Film: "Der letzte große Sieg der Daker" tauchte dieser Kaiser auf. Die Josephus-Trilogie von Feuchtwanger ist auch zugleich auch eine Flavier-Trilogie. Ganz so unbekannt sind die Flavier dann doch nicht.
 
Immerhin gibt es die Mozartoper "Die Großmut des Titus" und auch ein ganz schlimmer italienischer Sandalenfilm handelte von Domitian Der Aufstand der Prätorianer - MDR Sachsen | programm.ARD.de
und auch in dem Film: "Der letzte große Sieg der Daker" tauchte dieser Kaiser auf. Die Josephus-Trilogie von Feuchtwanger ist auch zugleich auch eine Flavier-Trilogie. Ganz so unbekannt sind die Flavier dann doch nicht.

Ich meine, dass es im Zeitalter der Sandalenfilme auch mal einen Spielfilm über die Belagerung von Masada gab.
 
Nur als Anmerkung:
Durch seine Beziehung zu Kleopatra war Caesar immer auch für Menschen interessant, welche sich nicht besonders für römische Geschichte interessieren. Hat man einem flavischen Kaiser einen Sandalenfilm gewidmet? Solche moderne Medien prägen heutzutage das Bild einer historischen Persönlichkeit oder geben eine Person der Vergessenheit anheim.

Ansonsten, Zustimmung zu dem zuvor hier Geschriebenen.

Zumindest Titus hat es nicht nur zum Helden einer Oper gebracht. Bei dem Libretto, zu dem Mozart die Musik komponiert hat, handelt es sich um eine Bearbeitung eines Libretto von Metastasio, das (auch in anderen Bearbeitungen) schon vor Mozart von Komponisten vertont wurde.

Mozarts Oper ist die einzige der Opern um Titus und seine Milde, die bis heute bekannt ist, dies aber in erster Linie wegen des Komponisten. (Titus und seine Milde sind in der Oper von Mozart übrigens wesentlich mehr problematisiert, als in der Vorlage, da Mozart und sein Librettist aus dem Mordanschlag gegen Titus als Privatperson (in der Vorlage) einen politisch motivierten Mordanschlag gegen Kaiser Titus machten.)

In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts erlebte Mozarts Oper dann auch als Oper eine Wiederbelebung, einerseits wegen der Mozartjubiläen, und andererseits aufgrund eines Missverständnisses in Bezug auf das Libretto.

Im Libretto will Tito zunächst Servilia, die Schwester eines Freundes heiraten. Nachdem sie ihn gebeten hat, von dieser Heirat Abstand zu nehmen, da sie einen anderen liebt, verzichtet er und will nun Vitellia, die Tochter eines Vorgängers heiraten, mit der er schon früher einmal ein Techtelmechtel gehabt hat, heiraten. Wirklich verliebt ist er offensichtlich in keine der beiden Damen, und dass brachte die Regisseure/innen auf die Idee, dass er in Wirklichkeit homosexuell ist und seine Gefühle Servilias Bruder, Sesto gelten.

Das Ganze ist ein Missverständnis, das darauf zurückzuführen ist, dass im Libretto die Vorgeschichte der Oper nur mehr angedeutet wird. Offensichtlich war sie Mozarts Zeitgenossen noch bekannt. (Sie findet sich auch in den Stoffen der Weltliteratur von Frenzel.) Titus liebt die jüdische Prinzessin Berenike (aus der Familie von Herodes dem Großen), die seine Gefühle erwidert. Da die Römer sie aber nicht als Kaiserin akzeptieren würden, entsagt das Paar aus Gründen der Staatsräson. (Titus geht es in der Oper also nur um eine politisch für sein Volk akzeptable Eheschließung, auf seine wahre Liebe hat er für Rom verzichtet.

Der Titus-Berenike-Stoff wurde in der Barockzeit sowohl von Racine als auch von Corneille als Tragödie gestaltet. Beide Werke sind allerdings heute im Gegensatz zu Shakespeares "Julius Caesar" vergessen.
Hinzu kommt wohl auch, dass der hier als "brav" und pflichtbewusst dargestellte Titus und seine Geliebte, die sich pflichtbewusst in diese Entsagung fügt, aus heutiger Sicht wohl kein besonders interessantes Paar abgeben. (

Und auch in der Oper ist der vergebungsmütige Titus als Figur weniger interessant, als sein innerlich zwischen Liebe und Freundschaft zerrissener Attentäter Sesto, der "heimliche" Held der Oper, oder dessen zwischen Ehrgeiz, Macht und gewissen Gefühlen schwankende Freundin Vitellia.)

Vespasian und seine Lebensgefährtin Caenis sind zwar in dem sympathischen Unterhaltungsroman von Lindsay Davis "Die Gefährtin des Kaisers" z. B. ein erfrischend unkonventionelles Liebespaar, was mit Blick auf andere historische Unterhaltungsromane sicher eine erfreuliche Abwechslung ist, aber ich kann mir gut vorstellen, dass durchschnittliche Leser/innen einen Verehrer bevorzugen, der seiner Angebeten Blumen schenkt statt Lebensmittel.
 
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und er muß irgendwie beeindruckend gewesen sein, die römer haben ihre kaiser nach ihm betitelt und in folge die Deutschen, die Perser, die Russen
 
Das hat aber nichts damit zu tun, dass er "beeindruckend" war. Die Römer haben ja nicht einfach seinen Namen hergenommen und einen Titel daraus gemacht. Da Octavian Caesars Adoptivsohn war, hieß auch er mit Familiennamen Caesar, und das galt in weiterer Folge auch für die vier folgenden Kaiser. Galba war der erste Kaiser, der sich als Kaiser "Caesar" nannte, ohne durch Adoption oder Verwandtschaft irgendwie zu Caesars Familie zu gehören. Zu seiner Zeit wurde "Caesar" also offenbar bereits als essentieller Teil des offiziellen Namens eines Kaisers verstanden. Da war Caesar aber bereits seit über einem Jahrhundert tot.

Welcher persische Kaisertitel soll von Caesar abgeleitet sein? "Schah" wohl kaum. Oder meinst Du, weil im Deutschen auch die Herrscher Persiens als Kaiser bezeichnet wurden? Das hat aber nichts mit deren Eigenbezeichnung zu tun.
 
Galba war der erste Kaiser, der sich als Kaiser "Caesar" nannte, ohne durch Adoption oder Verwandtschaft irgendwie zu Caesars Familie zu gehören.

Falsch. Das war Claudius, als erster nicht in die Gens Iulii adoptierter Claudier. Er hat den Namen Caesar erst nach seiner Inthronisierung in seinen eigenen Namen aufgenommen. Diesem Beispiel waren dann die meisten nachfolgenden Augusti gefolgt, bis "Caesar" schlussendlich ein richtiger Titel geworden war.
 
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