Warum durften römische Soldaten nicht heiraten

G

Gast

Gast
Warum durften Soldaten im Römischen Reich nicht Heiraten ?
Diese Frage wird meinem Sohn 6 Klasse gestellt.

Wäre für Hilfe Dankbar
 
Dass Soldaten nicht heiraten durften, ist ein Charakteristikum vieler Armeen der mittelalterlichen Ritterorden, der Janitscharen oder auch der Preußen, die die noch vor dem 1. weltkrieg die Erlaubnis des Königs benötigten. In der Neuzeit betrachteten die Militärs verheiratete Soldaten aus disziplinarischen Gründen mit Argwohn, und das wird auch der Hauptgrund gewesen sein, dass die Legionäre nicht heiraten durften.

Es wird wohl die Überlegung eine Rolle gespielt haben, dass man vermeiden wollte, dass die professionellen Berufssoldaten auf Dauer zu Wehrbauern wurden, wie es dann in der Soldatenkaiserzeit tatsächlich der Fall wurde. Septimius Severus legalisierte bestehende Verbindingungen der Legionäre und erlaubte ihnen zu heiraten.
 
Unverheiratete Soldaten haben kein persönliches Umfeld um das sie sich Sorgen machen müssten. Die Legionäre konnten relativ problemlos von Britannien nach dem Irak verlegt werden und dann nach Marokko, wenn es notwendig war. In unserem Beispiel wäre der Legionär, der zuvor mit seiner Frau in Britannien gestanden hätte gewiss in Sorge, wenn ihn im Orient die Nachricht erreicht, dass die Pikten einen Einfall in Britannien begonnen hätten....

Nachdem die Ehe während der regulären Dienstzeit erlaubt war, sind einige Fälle bekannt, bei denen Legionäre forderten zur Sicherung ihrer bedrohten Heimat zurückkehren zu können. Der Motivationsschub bei Verteidigung der Heimat drehte sich damit um. Es kam auch Meutereien deswegen vor.

Außerdem belasteten mitziehende Angehörige bei marschierenden Truppen zusätzlich den Tross und die Versorgung und verlangsamten somit die Geschwindigkeiten der Truppen.
Das sind alles harte, aber m.E. recht leicht nachvollziehbare Überlegungen für eine Berufsarmee.
 
Meines Wissens nach gibt es da im Bezug auf die Römische Armee verschiedene Theorien warum Heirat lange Zeit verboten war, einige davon schon von @ scorpio und @ tejason angesprochen. Andere Theorien beziehen sich auf die Sorge, daß die Soldaten sich mit lokal ansässigen Frauen verheirateten und ihre Loyalitäten in Konflikt geraten könnten. Dann wäre noch in Betracht zu ziehen, daß man sich nicht der Versorgung der Soldatenfamilien annehmen wollte, und Colin Wells (1998) schlägt vor, daß es darum ging die Depopularisierung Italiens zu verhindern, da seiner Ansicht nach alle Ehefrauen mit ihren Familien ihren Männern gefolgt wären.

Phang (2002) versucht es eher kulturell und organisatorisch zu erklären, indem sie theoretisiert, daß es in erster Linie um Disziplin und Entbehrung ging, will heißen, ihrer Ansicht nach hatte das Heiratsverbot damit zu tun, daß Frauen als Luxus zu einer Verweichlichung der Soldaten und damit zu Disziplinlosigkeit führten, die im direkten Gegensatz zu virtus und disciplina militarus standen. Sie behauptet, daß es eine der Maßnahme um der Disziplinlosigkeit entgegenzuwirken war, alle Frauen aus einem Armeelager zu vertreiben. So habe Scipio Aemilianus 134 BC alle Prostituierten aus einem demoralisierten Armeelager im heutigen Spanien vertreiben lassen. Zusammenfassend scheint Phang (2002) die Ansicht zu vertreten, daß nach Römischer Auffassung für lange Zeit, Frauen bei der Armee einfach nichts zu suchen hatten, auch nicht als Ehefrauen.

Meines Erachtens nach spielten alle diese Erwägungen eine Rolle, auch wenn ich persönlich Colin Wells (1998) Theorie für etwas überzogen halte.


Quellen:

Sara Elise Phang (2002) 'The Families of Roman Soldiers (First and Second Centuries AD): Culture, Law and Practice' in Journal of Family History 27/4, Sage Publications

C.M. Wells (1998) 'Celibate Soldiers: Augustus and the Army' in American Journal of Ancient History 14/2
 
Zurück
Oben