Warum entwickelten sich Nord- und Südamerika so unterschiedlich

Viele Länder dieser Welt haben keinen komparativen Vorteil oder nur einen sehr leichten (Rohstofflieferant). Südkorea hatte 1960 absolut keinen Vorteil, ein rohstoffarmes, unfruchtbares Land mit vielen Menschen, Japan das gleiche.
Da kommt bei mir der Verdacht auf, dass das Konzept des komparativen Kostenvorteils nicht verstanden wurde. Dabei geht es gerade darum, dass ein Land auch dann vom internationalen Handel profitiert, wenn es kein einziges Produkt effizienter produzieren kann als das Ausland. Wenn es sich auf Produktion und Export der Güter konzentriert, bei denen der Rückstand am geringsten ist, stellt es sich besser, als wenn es am Welthandel gar nicht teilnimmt.
Natürlich kann man zum Thema Welthandel und ob er für ein Land gut ist noch alles Mögliche sagen, aber dieses grundsätzlich richtige Argument sollte man immer im Auge behalten.
 
Also zur Fragestellung des Fadens, ohne in Details zu gehen: Lateinamerika wurde ja von Portugal und Spanien kolonisiert, die spätere USA und Kanda durch Großbritannien. Es steht doch zu vermuten, dass die Gründe für die schwächere wirtschaftliche Entwicklung (und, würde ich hinzufügen, den schwereren Stand der Demokratie) in Lateinamerika relativ zum Norden die gleichen waren wie die Gründe für den Rückstand der iberischen Länder gegenüber Nordwesteuropa.
 
Da kommt bei mir der Verdacht auf, dass das Konzept des komparativen Kostenvorteils nicht verstanden wurde. Dabei geht es gerade darum, dass ein Land auch dann vom internationalen Handel profitiert, wenn es kein einziges Produkt effizienter produzieren kann als das Ausland. Wenn es sich auf Produktion und Export der Güter konzentriert, bei denen der Rückstand am geringsten ist, stellt es sich besser, als wenn es am Welthandel gar nicht teilnimmt.
Natürlich kann man zum Thema Welthandel und ob er für ein Land gut ist noch alles Mögliche sagen, aber dieses grundsätzlich richtige Argument sollte man immer im Auge behalten.

Ja dieses Model wäre auch richtig, wenn es keine Arbeitslosigkeit gäbe und alle Staaten zu 100 % ausgelastet sind, beides ist nicht der Fall.
 
Ja dieses Model wäre auch richtig, wenn es keine Arbeitslosigkeit gäbe und alle Staaten zu 100 % ausgelastet sind, beides ist nicht der Fall.

So einfach kann man das Argument nicht abtun. Arbeitslosigkeit gibt es natürlich immer, zu 100% ist die Wirtschaft kaum je ausgelastet, und trotzdem ist das Argument des komparativen Kostenvorteils entscheidend, um zu verstehen, warum auch ein Land, das keine Gütergruppe effizienter produziert als irgendein ausländisches, davon profitiert, am Welthandel teilzunehmen.
Es wird dadurch konkurrenzfähig, dass es sich mit niedrigeren Faktorentlohnungen begnügt als die effizienteren ausländischen Produzenten, das haben gerade Korea und Japan lange erfolgreich praktiziert, mittlerweile haben sie das nicht mehr nötig.
 
Lateinamerika wurde ja von Portugal und Spanien kolonisiert, die spätere USA und Kanda durch Großbritannien. Es steht doch zu vermuten, dass die Gründe für die schwächere wirtschaftliche Entwicklung (und, würde ich hinzufügen, den schwereren Stand der Demokratie) in Lateinamerika relativ zum Norden die gleichen waren wie die Gründe für den Rückstand der iberischen Länder gegenüber Nordwesteuropa.
Interessanter Gedanke - aber zur Zeit der Entdeckungen, der beginnenden Kolonisierung, waren Spanien, Portugal und England weder rückständig (eher das Gegenteil) noch demokratische Vorreiter. Von da an bis ins 19. und frühe 20. Jh., Imperialismusepoche, ist viel passiert, war die Geschichte sehr wechselhaft. Für die südamerikanischen Kolonien und Staatsgründungen des 18.&19. Jhs. dürften relative Bevölkerungsarmut bei gleichzeitig riesigen unerschlossenen Gebieten eher Grund für die Rückständigkeit sein.
 
Als die englischen Kolonien im 17. Jarhundert entstanden, gab es schon erhebliche Unterschiede zwischen England auf der einen und Spanien und Portugal auf der anderen Seite. Das hat beispielsweise mit lokaler Selbstverwaltung und dem Schutz von Eigentumsrechten gegenüber der Krone zu tun. Dazu sag ich jetzt aber besser nichts mehr, denn in dem Forum gibt es bestimmt Leute, die darüber viel besser Bescheid wissen.
 
@Shinigami

Nach meiner Meinung hat sich Südamerika langsamer entwickelt als Nordamerika, wegen der Großgrundbesitzer die die südamerikanischen Staaten dominierten.
Diese Großgrundbesitzer hatten/haben keinen Grund für Veränderung und Verbesserungen
Das Gleiche wäre vermult. auch in den Südstaaten der USA passiert.

PS: Das sind jetzt alles Spekulationen.
Wie heißt es so schön, meisten kommt es anders, wie man denkt.

Ich denke doch, das dies die Erklärung ist.
Schliesslich hängt damit auch die Industrialisierung des 19. Jahrhrunderts zusammen.
Die sogenannte "Industrielle Revolution" hat ihre Anfänge gerade nicht in von Grossgrundbesitzern dominierten Regionen. Früh industrialsierte Regionen brauchten zudem mehr Arbeitskräfte auch wenn jetzt das "Lumpenproletariat" nicht wesentlich besser gestellt war als Landarbeiter (Im Falle der Südstaaten-Sklaven natürlich schon). Aber wenn mehr Arbeitskräfte benötigt wurden, wuchs damit naturgemäss auch deren Einfluss, um Forderungen durchzusetzen - und natürlich auch die Möglichkeiten zum sozialen Aufstieg. Und das machte m.E zum Mindesten damals den Unterschied aus.
Die heutige Situation lässt sich aber, so meine ich, damit nicht erklären.
 
An und für sich ist Großgrundbesitz per se nicht innovationshemmend.
Die Frage ist eigentlich viel mehr, sind billige Arbeitskräfte verfügbar?

So lange das der Fall ist, ist ein großer Betrieb in seiner Tendenz sicher weniger inovationsfreundlich als ein Mittlerer.
In dem Moment in dem billige Arbeitskräfte aber nicht in dem Maße vorhanden sind, wie man sie bräuchte, ist auch der Großgrundbesitzer gezwungen sich etwas einfallen zu lassen, wie er entwerder mehr Arbeitskräfte anwerben oder Tätigkeiten so rationalisieren und technisieren kann, dass er mit weniger Personal auskommt.

Na ja,

Ein Großgrundbesitzer kann ja innovationsfreundlich sein und Verbesserungen in seinen Betrieb vornehmen.
Aber dies ist halt nur Einer!

Besteht eine Gesellschaft auf vielen kleineren Betrieben, die auch noch in Konkurrenz zu einander stehen, ist die Wahrscheinlichkeit größer, dass Einer von den Vielen eine Verbesserung einführt, die dann von den anderen Betrieben übernommen werden müssen (wg. der Konkurrenz)

Dies ist auch ein Grund, warum planwirtschaftliche Wirtschaftssysteme auf Dauer nicht konkurrenzfähig sind.
Ich denke doch, das dies die Erklärung ist.
Schliesslich hängt damit auch die Industrialisierung des 19. Jahrhrunderts zusammen.
Die sogenannte "Industrielle Revolution" hat ihre Anfänge gerade nicht in von Grossgrundbesitzern dominierten Regionen. Früh industrialsierte Regionen brauchten zudem mehr Arbeitskräfte auch wenn jetzt das "Lumpenproletariat" nicht wesentlich besser gestellt war als Landarbeiter (Im Falle der Südstaaten-Sklaven natürlich schon). Aber wenn mehr Arbeitskräfte benötigt wurden, wuchs damit naturgemäss auch deren Einfluss, um Forderungen durchzusetzen - und natürlich auch die Möglichkeiten zum sozialen Aufstieg. Und das machte m.E zum Mindesten damals den Unterschied aus.
Die heutige Situation lässt sich aber, so meine ich, damit nicht erklären.


Die Frage ist, warum ausgerechnet in Großbritannien die Industrialisierung begann und nicht z.B: in Spanien und England.

Oder in anderen Worten, warum waren James Watt, George Stephenson usw. Engländer und keine Spanier?

Zugegebener weise waren die wirtschaftliche Entwicklung in Nord- bzw. Südamerika geprägt, durch das gesellschaftliche System in den jeweiligen Mutterländer.
 
Also zur Fragestellung des Fadens, ohne in Details zu gehen: Lateinamerika wurde ja von Portugal und Spanien kolonisiert, die spätere USA und Kanda durch Großbritannien. Es steht doch zu vermuten, dass die Gründe für die schwächere wirtschaftliche Entwicklung (und, würde ich hinzufügen, den schwereren Stand der Demokratie) in Lateinamerika relativ zum Norden die gleichen waren wie die Gründe für den Rückstand der iberischen Länder gegenüber Nordwesteuropa.
Das halte ich für zu einfach gedacht. Denn die Probleme des 18. Jhdts. waren dieselben: Die merkantilistische Metropolis wollte die Kontrolle die die Peripherie beibehalten:
  • Steuern ohne entsprechende Repräsentanz in den jeweiligen Parlamenten bzw. Ständeversammlungen
  • Monopol der Metropole im Handel mit der Kolonie
Den schweren Stand der Demokratie in Lateinamerika hatten die USA zu einem großen Teil nach 1945 mitzuverantworten, vor allem dann, wenn die Demokratie ihnen zu "links" wurde (Guatemala 1954, Grenada 1984, Chile 1973...)
 
Oder in anderen Worten, warum waren James Watt, George Stephenson usw. Engländer und keine Spanier?
James Watt war Schotte. Durch Glasgow und Edinburgh wehte im 18. Jhdt. ein ganz besonderer Geist.

Exemplarisch für Erfinder in Spanien mag man das Schicksal des Flugpioniers Diego Marín Aguilera sehen. Der hat hat die Vögel studiert (insbesondere Raubvögel) und hat eine Art Segelflugzeug gebaut, mit dem er 1793 fast 400 Meter weit geglitten ist. Seinen Absturz erklärte er mit einem defekten Bolzen.
Sein Problem war, dass die Dorfbewohner sein Fluggerät am nächsten Tag verbrannten, weil sie Marín für verrückt hielten und die Inquisition gab den Bewohnern darin recht.
Ein anderer spanischer Erfinder, Ramon Fernandez Reguero, will während der napoleonischen Kriege Vorläufer des Panzers und des Traktors erfunden haben, hat diese aber nie gebaut und erst 1837 seine Erfindungen veröffentlicht.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich hab vor Jahren einiges zur Geschichte Mexikos gelesen. Seit der Unabhängigkeit scheint da eine Politik der Gewaltenteilung, von Demokratie gar nicht zu reden, die längste Zeit keine echte Chance gehabt zu haben.

Und vielleicht noch was zum spanischen Kolonialreich allgemein: unter den Habsburgern fuhr, wenn ich mich recht erinnere, jedes Jahr eine einzige Flotte nach Amerika und wieder zurück. Klar, dass sich da wirtschaftlich keine hohe Dynamik entwickeln konnte.
 
unter den Habsburgern fuhr, wenn ich mich recht erinnere, jedes Jahr eine einzige Flotte nach Amerika und wieder zurück.
Du meinst wahrscheinlich die Silberflotte. Die fuhr aber in der Regel 2x im Jahr und war auch nach dem spanischen Erbfolgekrieg 1714, als keine Habsburger mehr, sondern Bourbonen auf dem spanischen Thron saßen, noch in Betrieb. Neben der Silberflotte bestand aber auch noch weiterer Schiffsverkehr zwischen Spanien und seinen amerikanischen Kolonien.
Der transatlantische Sklavenhandel (Asiento) zu den spanischen Kolonien in Amerika wurde als Folge des spanischen Erbfolgekrieges im Frieden von Utrecht 1713 zu einem britischen Monopol.
 
Das halte ich für zu einfach gedacht. Denn die Probleme des 18. Jhdts. waren dieselben: Die merkantilistische Metropolis wollte die Kontrolle die die Peripherie beibehalten:
  • Steuern ohne entsprechende Repräsentanz in den jeweiligen Parlamenten bzw. Ständeversammlungen
  • Monopol der Metropole im Handel mit der Kolonie
Den schweren Stand der Demokratie in Lateinamerika hatten die USA zu einem großen Teil nach 1945 mitzuverantworten, vor allem dann, wenn die Demokratie ihnen zu "links" wurde (Guatemala 1954, Grenada 1984, Chile 1973...)
Na, ja...

Der Sinn der Kolonien war ja den Wohlstand der Mutterländer zu erhöhen bzw. deren herrschenden Klassen.
Das galt sowohl für England, sorry den Vereinigten Königreich, als auch für Spanien/Portugal.

Die Frage ist, warum entwickelte sich danach Nordamerika anders/besser als Südamerika?

Erst nachdem die USA wirtschaftlich, technologisch so dominierend waren, konnten sie zu der Hegemonialmacht u.a. in Süd- bzw. Mittelamerika aufsteigen.
Sprich dies war ein Resultat der besseren wirtschaftlichen Entwicklung und nicht die Ursache.
 
Die Flotte, die Du meinst war die Silberflotte. Bei der wurde das Silber der Bergwerke in den Anden transportiert. Das war die Flotte des Königs. Wer sagt, das Privatleute keine eigenen Schiffe schickten?
 
Ich hab vor Jahren einiges zur Geschichte Mexikos gelesen. Seit der Unabhängigkeit scheint da eine Politik der Gewaltenteilung, von Demokratie gar nicht zu reden, die längste Zeit keine echte Chance gehabt zu haben.

Und vielleicht noch was zum spanischen Kolonialreich allgemein: unter den Habsburgern fuhr, wenn ich mich recht erinnere, jedes Jahr eine einzige Flotte nach Amerika und wieder zurück. Klar, dass sich da wirtschaftlich keine hohe Dynamik entwickeln konnte.

Warum konnte sich in Südamerika keine eigene wirtschaftliche Eigendynamik entwickeln?
 
Na, ja...

Der Sinn der Kolonien war ja den Wohlstand der Mutterländer zu erhöhen bzw. deren herrschenden Klassen.
Das galt sowohl für England, sorry den Vereinigten Königreich, als auch für Spanien/Portugal.

Die Frage ist, warum entwickelte sich danach Nordamerika anders/besser als Südamerika?

Erst nachdem die USA wirtschaftlich, technologisch so dominierend waren, konnten sie zu der Hegemonialmacht u.a. in Süd- bzw. Mittelamerika aufsteigen.
Sprich dies war ein Resultat der besseren wirtschaftlichen Entwicklung und nicht die Ursache.

Ändert ja nichts an meiner Aussage: die Probleme im 18. Jhdt. waren dieselben, ob in Nordamerika oder in Südamerika. Gegenüber 1776 waren die Lateinamerikaner dann 35 - 45 im Rückstand. Was ich allerdings nicht für einen Teil der Erklärung halte. Zum Thema des Calvinismus habe ich mich schon geäußert.
Die Schwierigkeiten mit der Demokratie in Südamerika - aber machen wir uns nichts vor, das demokratische System der USA ist längst nicht mehr zeitgemäß! - sind teilweise von außen aufgepropft worden.
 
Besteht eine Gesellschaft auf vielen kleineren Betrieben, die auch noch in Konkurrenz zu einander stehen, ist die Wahrscheinlichkeit größer, dass Einer von den Vielen eine Verbesserung einführt, die dann von den anderen Betrieben übernommen werden müssen (wg. der Konkurrenz)
Das Vorhandensein von Großgrundbesitz schließt Konkurrenz ja durchaus nicht aus.
 
Du meinst wahrscheinlich die Silberflotte. Die fuhr aber in der Regel 2x im Jahr und war auch nach dem spanischen Erbfolgekrieg 1714, als keine Habsburger mehr, sondern Bourbonen auf dem spanischen Thron saßen, noch in Betrieb. Neben der Silberflotte bestand aber auch noch weiterer Schiffsverkehr zwischen Spanien und seinen amerikanischen Kolonien.
Der transatlantische Sklavenhandel (Asiento) zu den spanischen Kolonien in Amerika wurde als Folge des spanischen Erbfolgekrieges im Frieden von Utrecht 1713 zu einem britischen Monopol.

Ergänzend wäre noch hinzuzufügen, dass wir im 16. und 17. Jahrhundert auch von einer Zeit reden, in der die Schiffe noch relativ geringe Ladekapazitäten aufwiesen und für eine Atlantiküberquerung Wochen bis Monate benötigten, je nachdem wie die Wetterverhältnisse mitspielten.
Wirtschaftsdynamik in Form des Austauschs von Massenwaren, war mit dieser Technologie schlicht nicht zu machen.
 
Konkurrenz zwischen Großgrundbesitzer gab es sicherlich...
Neid ist ja auch in dieser sozialen Klasse vorhanden.

Allerdings wird sich dieses Konkurrenz mehr in den schöneren größeren Herrensitz usw. geäußert haben, also in technisch-wirtschaftlicher Hinsicht.

Das kommt konkret auf die Umstände an. Sind Arbeitskräfte nicht im benötigten Ausmaß vorhanden, führt das auch unter Großgrundbesitzern zu Konkurrenz darum die Betriebe so zu modernisieren, dass sie effizienter werden.
 
Zurück
Oben