Warum gab es keine Ständige Vertretung auf Taiwan.

Griffel

Mitglied
:) Einen schönen Sonntag! Ich hoffe, es geht allen anderen gut und wir sind coronafrei!

Ich hatte mal wieder etwas Zeit zum Nachdenken. Dabei ist mir etwas aufgefallen:

Ich glaube bis etwa 1971, bin mir nicht ganz sicher, war es ja so, dass die Republik China, also Taiwan von allen Staaten als Vertreter von China anerkannt wurde! Dann wurde offenbar so eine Art Gutachten oder so was von der UNO erstellt und Taiwan musste mit der Volksrepublik die Plätze tauschen.

Und stand seitdem im Abseits. Auch die Bundesrepublik, hat sich ja an diesem Spiel beteiligt. Was ja vonseiten der KPCh die Vorbedingung war, um überhaupt diplomatische Beziehungen aufzunehmen. Stichwort Ein-China Politik. Dabei wundert mich dann eine Sache doch? Faktisch, war ja die Situation in China, die Gleiche, wie in Deutschland oder Korea. Da gab es ja auch nur ein Land und ein Volk aber aus unterschiedlichen Gründen jeweils 2 Staaten!

Auch wenn, die Sache mit der internationalen Anerkennung, so eine Sache war bzw. ist. Im Falle von Deutschland, vertrat man ja im Westen auch die Ansicht, dass man das alleinige Recht habe, für Deutschland zu sprechen. Ich denke die Hallstein-Doktrin sagt allen hier etwas. Das änderte sich ja erst mit dem Grundlagenvertrag. Um aber die Teilung nicht zu legitimieren, benutzte man ja den Trick, in dem jeweils anderen Teil von Deutschland keine Botschaft, sondern eine sogenannte ständige Vertretung zu errichten bzw. zu nutzen!:cool: Warum also, hat die BRD nicht das Gleiche auf Taiwan oder besser gesagt bei der Regierung von Taiwan getan. Die aktuelle Situation, mit diesen Kulturbüros finde ich etwas billig.

Allerdings gebe ich gerne zu, dass ich mich mit den Feinheiten internationaler Juristerei nicht auskenne.:confused:
Wobei ich den Begriff eigentlich schöner finde. Wer meint, dass es sich lohnt, meine Bildungslücke zu füllen, der tue sich keinen Zwang an.
 
Faktisch, war ja die Situation in China, die Gleiche, wie in Deutschland oder Korea. Da gab es ja auch nur ein Land und ein Volk aber aus unterschiedlichen Gründen jeweils 2 Staaten!
Das kann man nicht vergleichen. Die Volksrepublik China betrachtet Taiwan als Teil ihres Staatsgebiets, als abtrünnige Provinz. Umgekehrt erhebt aber auch die Republik China (auf Taiwan) (theoretisch) den Anspruch, die legitime Vertretung ganz Chinas zu sein (wenngleich es in jüngerer Vergangenheit bei einer der beiden großen Parteien Taiwans auch Bestrebungen gibt, die Unabhängigkeit Taiwans zu erklären). Aus Sicht der Volksrepublik existiert also kein Staat Taiwan, und auch Taiwan selbst nimmt für sich nicht in Anspruch, ein von China unabhängiger eigenständiger Staat zu sein.
Somit ist es auch nicht verwunderlich, dass die Volksrepublik arg empfindlich reagiert, wenn ein fremder Staat Beziehungen mit Taiwan (also einer - aus Pekings Sicht - abtrünnigen Provinz) unterhält. Das gilt aber ebenso für Taiwan. Die beiden rivalisierenden Systeme betreiben einen Wettbewerb, von anderen Staaten als das "offizielle" China anerkannt zu werden, vor allem im Pazifikraum, aber auch in Lateinamerika, wobei sie sich mitunter die Anerkennung faktisch erkaufen, und manche Staaten auch gerne mal zwischen den beiden Chinas hin und her wechseln, um dafür belohnt zu werden. Eine diplomatische Anerkennung der Republik China führt zum Bruch mit der Volksrepublik China, und eine diplomatische Anerkennung der Volksrepublik China bedeutet, dass man die Republik China nicht mehr diplomatisch anerkennt.
 
Aus Sicht der Volksrepublik existiert also kein Staat Taiwan, und auch Taiwan selbst nimmt für sich nicht in Anspruch, ein von China unabhängiger eigenständiger Staat zu sein.
Bis 1991 saßen in der Nationalversammlung der Republik China (Taiwan) Abgeordnete, die 1946 auf dem Festland in der heutigen Volksrepublik China. Danach fand eine Demokratisierung des Systems in Taiwan statt. Die DDP (Demokratische Fortschrittspartei) fordert im Gegensatz zur Kuomintang, die bis 1991 alle Präsidneten stellte, keine Wiedervereinigung mit dem Festland. Eine offizielle Unabhängigkeitserklärung Taiwans (von China) wird dort diskutiert, aber bislang nicht praktiziert, um Peking damit nicht zu provozieren.

Taiwan hat keine Botschaft, keine diplomatische Vertretung in der Bundesrepublik, aber konsularische Vertretungen in Berlin, Frankfurt, Hamburg und München. In Österreich hat Taiwan die "Ständige Beobachtermission bei der IAEO (Taipei Wirtschafts- und Kulturbüro - Institut für Chinesische Kultur)" mit Sitz in Wien als Vertretung.

Die Volksrepublik China verhindert aber, dass Taiwan in internationalen Organisationen wie der UNO oder WHO z.B. anerkannt wird. Taiwan hätte hingegen nichts gegen eine Mitgliedschaft "beider" Chinas, wenn es denn nur zur Aufnahme in diesen Organisationen käme.
 
Die Sicht der VR China zum "One-China-Principle"

White Paper--The One-China Principle and the Taiwan Issue .

In diesem Sinne gilt aus der Sicht der VR: "The Chinese government firmly defends the One-China Principle. The Chinese government and people have always maintained sharp vigilance and fought resolutely against the secessionist activities of the Taiwan separatists, represented by Lee Teng-hui."

Unabhängig davon, sieht man die Literatur dazu durch wird deutlich, dass die VR China bereit ist, bei einer einseitigen Unabhängigkeit, das Problem durch einen Krieg zu lösen. Wie in der Vergangenheit durchaus vorgenommen.

Zwischenfall am Ussuri – Wikipedia

Faktisch ist es allerdings auch so, dass mittlerweile die wirtschaftliche Integration beider Staaten voranschreitet. Das wird an der hohen Direktinvestition aus Taiwan in der VR deutlich.

Eine eigenständige Politik der BRD in Richtung der Anerkennung von Taiwan wäre diplomatisch unsinnig gewesen und hätte vermutlich Taiwan mehr geschadet wie geholfen.
 
Um aber die Teilung nicht zu legitimieren, benutzte man ja den Trick, in dem jeweils anderen Teil von Deutschland keine Botschaft, sondern eine sogenannte ständige Vertretung zu errichten bzw. zu nutzen! Warum also, hat die BRD nicht das Gleiche auf Taiwan oder besser gesagt bei der Regierung von Taiwan getan. Die aktuelle Situation, mit diesen Kulturbüros finde ich etwas billig.
Wo ist denn deiner Meinung nach der Unterschied zwischen der ständigen Vertretung der Bundesrepublik in der damaligen DDR und dem heutigen Deutschen Institut Taipei, der deutschen Auslandsvertretung in Taiwan?
 
Wie gesagt, ich wundere mich nur, dass man im Falle von Taiwan, dieses neue Konstrukt eines Instituts gewählt hat. Wo doch die Einrichtung einer "Ständigen Vertretung", gängige Praxis ist.:confused: Bei der EU, UNO oder Nato, haben wir ja auch eine "Ständige Vertretung" anstatt einer Botschaft.

https://de.wikipedia.org/wiki/Ständige_Vertretung

Mir ist durchaus klar, dass die VR, was Fragen der Souveränität angeht, empfindlich ist! Auf der einen Seite, wer kann es Ihr verdenken, nachdem was China im 19. Jhd. passiert ist. Auf der anderen Seite, kann man an dem Fakt nicht vorbei, dass es auf dieser Inselgruppe einen 2. chinesischen Staat gibt. Dorthin haben sich die Nationalchinesen geflüchtet, nachdem Sie den Bürgerkrieg verloren hatten. Selbstverständlich wird die VR, nicht darauf verzichten, sich ihre 23. Provinz, wiederzubeschaffen! Das kann Sie schon aus Gründen des Ansehens nicht riskieren.

Es bleibt aber die Frage, was die Taiwan-Chinesen darüber denken! Denn wenn, man sich die aktuelle Lage in Hongkong anschaut, dürften sich die meisten Bewohner der Inseln nicht gerade auf die "Wiedervereinigung" freuen. Das Leben unter kommunistischer Herrschaft ist alles andere als angenehm. Allerdings mache ich mir keine Illusionen! Sofern, die USA, nicht felsenfest zu ihrer Zusage steht, Taiwan zu verteidigen, dürfte sich das Thema in naher Zukunft erledigt haben.:rolleyes: Es sei denn natürlich, dass die Regierung Biden so weit geht, wegen der Uiguren und der Wirtschaftsspionage, Taiwan einen anderen Status zu geben! Aber das glaube ich nicht wirklich. Die Konsequenzen in den bilateralen Beziehungen wären zu gravierend. Vom Rest der Region mal ganz zu schweigen.

Ich glaube kaum, dass den USA die Uiguren und die anderen Minderheiten, so viel Ärger wert sind! Nicht zu reden davon, dass als Folge eines der oben genannten Schritte, sich die Lage der Minderheiten und ich meine aller Minderheiten in China, drastisch verschlechtern würde!:( Falls das überhaupt noch geht!

Wie auch immer, man hat einen Weg gefunden, in Kontakt zu bleiben. Sofern es keine anderen Interessenten mehr gibt, kann man das Thema gerne beenden. Wir müssen ja nicht unnötig Speicher verschwenden. Selbstverständlich überlasse ich die Entscheidung der Mehrheit. Was mich angeht, war es das zu dem Thema. Danke nochmals.
 
Auf der anderen Seite, kann man an dem Fakt nicht vorbei, dass es auf dieser Inselgruppe einen 2. chinesischen Staat gibt.
Genauer gesagt gibt es nicht 2 chinesische Staaten, sondern 2 chinesische Regierungen (mitsamt Verfassungen), von denen eine das Festland und eine Taiwan kontrolliert, die aber beide (wobei man sich im Fall der Republik China zunehmend mit der Realität abfindet) den Anspruch erheben, die legitimen Regierungen ganz Chinas zu sein. Taiwan beansprucht jedenfalls (bislang) nicht, ein zweiter chinesischer Staat zu sein.
 
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