Wir hatten schon viele und sehr interessante Diskussionen zum Thema im Forum.
Die Antwort liegt meiner Meinung nach bei den Karthagern zu finden, die ihre spektakulären Anfangserfolge nicht in einen politischen Ausgleich oder Sieg umzumünzen verstanden. Ein Ausgleich war mit Rom letztlich auch nicht möglich, daher wohl auch der „Stellvertreterkrieg“ gegen die Bundesgenossen.
Was meiner Ansicht nach eines der größten Probleme bei Hannibals Ermattungsstrategie in Italien für Karthago war, ist seine mangelnde militärische Stärke um all die Optionen angehen zu können, die sich rein strategisch angeboten hätten. Dazu kamen die dramatische Verkennung der römischen Ressourcen, sowie der fehlende Wille eigene "politische Nachkriegsordnungen" für die Zeit nach dem Sieg aufzuzeigen. Hannibal versprach den Italiern die Freiheit von Roms Vorherrschaft und diese nicht durch eine karthagische Oberhoheit ersetzen zu wollen. Er hielt sich zu seinem Nachteil genau an dieses „Programm“. Auf diese Weise gab es keine gemeinsamen Kriegsanstrengungen seiner italischen Verbündeten mit ihm für höhere gemeinsame Ziele, die seine militärische Kraft gestärkt hätte. Stattdessen schwächten ihn diese Verbündeten indirekt, indem sie helfende Garnisonen erbaten und bei Gefahr um Hilfe riefen, was seine Bewegungsfreiheit weiter einschränkte.
Zu wirklich Zielgerichteten gemeinsamen Aktionen kam es zwischen Karthagern und Italiern gegen Rom nicht. Das hätte auch die hartnäckige und keine Verluste scheuende Belagerung von widerstrebenden Städten bedeutet. Vor allem von römischen oder latinischen Kolonien auf dem Gebiet der einstigen römischen Bundesgenossen. Aber gerade vor Belagerungen scheute Hannibal regelmäßig zurück! Dabei boten gerade die griechischen Städte das dazu notwendige Knowhow und die abtrünnigen Italier ein Potential, aus dem man hätte schöpfen können?
Rom dagegen nahm kurzfristige Rückschläge in Italien hin, wich den Gegenstößen Hannibals aus, indem es sich auf befestigte Plätze zurückzog und griff die Abtrünnigen ohne Rücksicht auf Verluste an, sobald Hannibals Armee wieder verschwunden war. Gleichzeitig erhielt es den römischen Druck in den karthagischen Machtbereich (vor allem Spanien) aufrecht, wobei der Schwerpunkt auf die Dominanz über die eigenen Bundesgenossen und Bestrafung der Abtrünnigen legte. Eine Ermattungsstrategie also auf beiden Seiten, bei der die Römer aber deutlich energischer, rücksichtsloser und Zielgerichteter vorgingen als ihre Gegner und sich auch Rückschläge leisten konnten. Nachdem in Spanien die Entscheidung gefallen war, war Rom nicht mehr zu stoppen, während alle Erfolge Hannibals in Italien durch Gegenmaßnahmen eingedämmt oder rückgängig gemacht werden konnten.
Ich ziehe als Fazit für das Scheitern Karthagos einen Mangel an politischer Weitsicht und militärischer Entschlossenheit gegenüber Rom. Als wolle die Handelsmacht aus Afrika zeigen, dass sie anders als Rom keine umfassende Herrschaft anstrebe?