Warum kehrte Napoleon von Elba nach Frankreich zurück?

excideuil

unvergessen
Wenn es um Napoleon geht, schwingt im Hintergrund immer auch ein Stück Legende mit. So zum Beispiel bei seiner Rückkehr von der Insel Elba 1815.
Grund genug, dass ich mir einmal die Frage gestellt habe, warum ist Napoleon von Elba zurückgekehrt.

Seine Biografen stellen sich auch dieser Frage, stellvertretend sei J. Willms zitiert:
„Elba wurde für ihn ein Wartesaal, ein Horchposten, ein Ausguck, von dem aus er mit grimmiger Genugtuung die sich verschlechternden politischen Zustände, die wachsende Unzufriedenheit mit der Bourbonenherrschaft in Frankreich beobachtete, die größer werdenden Risse innerhalb des Lagers der Alliierten registrierte. Daraus sog er Hoffnungen, … dass die „Birne reif“ sei und Napoleon erneut als „Retter“ begrüßt werde, …“ [1]
Willms berichtet, dass N. besonders von „Andeutungen über eine Verschwörung, angeführt von Fouché, die den Sturz der Bourbonen plane“, fasziniert war.
„Auslöser (der Rückkehr) war ein Brief Murats, dass er die Bestätigung von Nachrichten erwarte, der Wiener Kongress sei zu Ende gegangen und der Zar bereits nach Rußland zurückgekehrt.“ [1]

Also das Prinzip Hoffnung? Aber lassen wir den großen Korsen selbst zu Wort kommen:

„Auf der Insel Elba befand ich mich sehr gut. Ich hätte aus Italien Künstler dorthin kommen lassen. Ich war unabhängiger als ein deutscher Fürst; ich hätte in der Festung eine achtmonatige Belagerung aushalten können. Ich wäre dort geblieben, wenn der König gute Minister gehabt hätte; aber man fürchtete mich so wenig, dass man nicht einmal einen Geschäftsträger bei mir beglaubigt hatte. Man beschimpfte mich öffentlich in allen Zeitungen. Mein Gott, ich bin ein Mensch! Ich wollte ihnen zeigen, dass ich noch nicht tot war. Frankreich hätte zu meiner Bewachung zwei Fregatten unterhalten sollen, eine davon immer im Hafen, die andere unter Segeln im Gesichtskreis der Insel. Ich hatte auf Elba noch einen großen Ruf unter den Menschen.“ 25.Feb. 1817 [1a]

„Als ich von Fontainebleau nach der Insel Elba abreiste, hatte ich keine große Hoffnung auf Wiederkehr. Der erste Hoffnungsschimmer kam mir, als ich in den Zeitungen las, dass bei dem Festmahl im Pariser Stadthaus nur Damen von Adligen und keine von Offizieren der Armee zugegen gewesen seien. Da habe ich gedacht, die Bourbonen würden sich nicht behaupten können, und später ist dieser Gedanke nur immer stärker in mir geworden. Ludwig XVIII. hätte sich als Begründer einer fünften Dynastie erklären müssen. Anstatt mich durch Schmähschriften zu reizen, hätte er vernünftig reden und mir mein Jahrgeld bezahlen sollen. Ich an seiner Stelle hätte auf der Insel Elba einen Geschäftsträger gehalten und im Hafen von Portoferraio immer eine Fregatte liegen lassen. Ich hätte sogar Korsika zufrieden gestellt; auf diese Weise hätte ich alle Welt für mich gewonnen. Statt dessen hat er durch die gegen mich geschleuderten Beschimpfungen mir nur Anhänger gewonnen! Er konnte damals sagen: „Ich trete an Napoleons Stelle, weil dieser zuviel unternommen hat.“ Und das ist wahr, denn ich hatte zu viele Sachen gleichzeitig betrieben.
Was mich zur Rückkehr nach Frankreich trieb, war der Vorwurf, ich habe nicht zu sterben gewusst und sei ein Feigling. Kurz, man hatte mich zum Äußersten gebracht. Für meinen Ruhm ist allerdings der jetzige Aufenthalt besser als der auf Elba. Fontainebleau ist ein trauriges Blatt in der französischen Geschichte, aber durch die Kühnheit meiner Rückkehr habe ich alle Pamphletisten zu Boden geschmettert.
Ich hatte allerdings auf die Gefühle des Volkes und des Heeres gerechnet. Und dann befand ich mich auf Elba so schlecht, dass ich nicht viel aufs Spiel setzte: Ich wagte nur mein Leben.“ 11.Sept. 1817 [1b]

Zwischen beiden Statements liegt ein halbes Jahr, wir finden einen Mix aus Langeweile, verletzter Eitelkeit, Hoffnungen und Schuldzuweisungen. Und wohl auch das Gefühl, dass eine Rückkehr völlig unabhängig von der Begründung her wohl in jedem Fall erfolgt wäre.

Trotz aller Euphorie des Zuges Napoleons nach Paris, Aussagen wie: „Überall sah man uns voll Überraschung vorbeimarschieren.“ [1c] oder die Worte, die ein Bürgermeister an Napoleon richtete: „Wir fingen gerade an, glücklich und ruhig zu werden, Sie werden wieder alles in Unordnung bringen!“ [1d] lassen mich eher zu der Überzeugung kommen, dass Napoleon weder erwartet, noch wirklich gewünscht wurde.

Napoleon resümiert auf St. Helena auch die Hundert Tage:
Sätze wie:
„Ich habe unrecht gehabt, Fouché zu behalten, ich hätte ihn fortjagen sollen …“ [1f], "vllt. hätte ich lieber zwei oder drei Wochen mit meinem Angriff warten sollen, …" [1g] oder „Es war ein großer Fehler von mir, Ney wieder zu verwenden“ [1h] zeigen, dass sich die Wahl des Personals nicht verbessert hatte und das Napoleon noch immer in den Kategorien der möglichst großen Anzahl von Bataillonen dachte.

Die folgenden Sätze machen es hingegen deutlich:
„Ich habe die Insel Elba zu früh verlassen. Ich glaubte, der Wiener Kongress gehe auseinander; ich hätte keine Kammern schaffen sollen. Ich musste mich zum Diktator erklären! Aber man konnte hoffen, dass die Alliierten, wenn sie mich die Kammern berufen sähen, Vertrauen zu mir fassen würden. Wenn ich Sieger geblieben wäre, so hätte ich mir den Teufel was aus den Kammern gemacht!“ [1i]

Er hatte weder begriffen, dass die Bourbonen mit einer liberalen Verfassung regierten, noch, dass die Alliierten sich selbst durch unterschiedliche eigene Interessen im Kampf gegen ihn nicht uneins werden würden.

Und so ist wohl die Rückkehr Napoleons von Elba als die Tat eines Abenteurers zu werten. Und es wurde ein Abenteuer, dass Frankreich teuer zu stehen kam.

(Anmerkung: Hervorhebungen sind von mir)

Grüße
excideuil

[1] Willms, Johannes: „Napoleon“, Pantheon, München 2009, (2005) , Seiten 630 -631
[2] Gourgaud: „Napoleon – Erinnerungen und Gedanken – St. Helena 1815 -1818“, bearbeitet von Heinrich Conrad, Wilhelm Goldmann Verlag, München, 1961, a) Seite 74, b) Seite 72-73, c) Seite 79, d) Seite 77, f) Seite 87, g) Seite 88, h) Seite 89, i) Seite 95
 
Ich bin wahrlich kein Experte in Sachen Napoleon, aber war er nicht durch hervorragend über die Situation und die vorhandene Unzufriedenheit in Frankreich durch seine Agenten gut informiert?

Auch war auf Elba ja ein lebhafter Besucherverkehr zu verzeichnen, der Napoleons sein Bedürfnis nach Information sicher Rechung trug. Die Armee war unzufrieden, weil Neueinstellungen und Beförderungen nur den Offizieren von Condé vorbehalten waren. Die Bauern, die Nationalgüter erworben hatten, sahen sich den Hass der ehemaligen Besitzer ausgesetzt. Angeblich waren englische industrielle Produkte für die Arbeitslosigkeit verantwortlich.
Die Bonapartisten nutzten diese Unzufriedenheit. Die Generäle Exelmans und Lefebvre-Desonettes. Im Nain Jaune wurde mit Unterstützung von Fouché Napoleon offen gerühmt, in dem Parolen aus dem Salon des Herzogs von Bassano und der Königin Hortense übernommen worden waren. Wie sollte Napoleon dieser nicht gerade ungünstigen Stimmung widerstehen können?

Tulard, Napoleon
 
@ Turgot

Du hast die Probleme des 1. Restauration gut beschrieben.

Im Grunde traten die Bourbonen das Erbe jahrzehntelanger Eroberungen an. Die Zeiten der "Gloire" waren vorbei.
Sie garantierten Frieden und mit der "Charte constitutionelle" anerkannten sie die bürgerlichen Rechte, was ihnen letztlich auch die Akzeptanz ihrer Herrschaft durch das Bürgertum eintrug.

Richtig, in der Armee gab es Unzufriedenheit. Viele mussten auf Halbsold gesetzt oder entlassen werden. Aber eine so große Armee wie unter Napoleon wurde nicht mehr gebraucht!
Und natürlich wurden hohe Armeestellen jetzt mit Royalisten besetzt. Auch nicht verwunderlich, ähnlich hat Napoleon gehandelt als er die republikanischen Generale der Rheinarmee "entsorgte". Also alles in allem die "normalen Reibungsverluste", die von einem System zum anderen entstehen.
Und als Napoleon 1815 wieder in Paris erschien, gab es erneut ein "Bäumchenwechselspiel" also ist das Ganze im Grunde kein Aufreger.

Dass diese Unzufriedenheit nach Kräften durch Bonapartisten ideologisch ausgenutzt wurde, versteht sich, aber dieses Loben Napoleons bedeutet doch im Grunde, sich wieder den Krieg zu wünschen. Ob das allerdings im Sinne des Volkes war, wage ich zu bezweifeln.

Somit gab es keinen triftigen Grund, aus dem Napoleon erscheinen hätte wollen können!
Deshalb wohl die wagen Hoffnungen an die er sich klammerte. Deshalb wohl auch das vorschieben der verletzten Eitelkeit.

Grüße
excideuil
 
Leider habe ich die Quellen dafuer nicht (ich habe es irgendwo mal gelesen), aber "Vater Veilchen" wagte demnach auch deshalb den Coup, weil man ihm
a) das zugestandene Einkommen nicht bezahlte
und
b) eine "Verschiffung" N's nach einem anderen Ort geplant war. (ich meine sogar, St.Helena war schon damals im Gespræch)
Mit seinen 1.000 Mann hætte er sich da nicht grossartig widersetzen kønnen.

(Vielleicht finden sich ein paar Quellen noch im Laufe der Diskussion)

c) Der Mann hat sich schlicht und ergreifend gelangweilt - sein Inselreich war schnell organisiert, und was fuer eine Tristess im Vergleich zu frueheren Zeiten...

Die "Sehnsucht" der Franzosen nach seiner Rueckkehr war geteilt - besonders in Suedfrankreich gab es ausgesprochen royalistische Gegenden, seine "Route Napoleon" gen Paris ist deshalb so gewæhlt, wie sie ist.
Andererseits, wære die Zustimmung der Franzosen zu den Bourbonen vorhanden gewesen, wære N nicht dieser triumphale Marsch geglueckt.
Niemand zwang die Franzosen zum Jubeln, es war echt.
Freilich, das N = Krieg bedeutet, das wollte ganz sicher niemand wahrhaben, auch N nicht.

Gruss, muheijo
 
„Ich habe die Insel Elba zu früh verlassen. Ich glaubte, der Wiener Kongress gehe auseinander;

Das finde ich uebrigens interessant:
Ich dachte immer, er sei eher zu spæt dran gewesen, weil er gehofft hatte, die Uneinigkeit auf dem Kongress ausnutzen zu kønnen.
Dort war man sich aber schon weitgehend handelseinig geworden.
Wie auch immer, aussenpolitisch gesehen war es eine Rueckkehr zum falschen Zeitpunkt, entweder frueher oder tatsæchlich spæter...

Gruss, muheijo
 
@ muheijo

Deine Erinnerung trügt dich nicht:

a) siehe meinen Eingangsbeitrag, N. moniert die Nichtzahlung der (2 Millionen).

b) Schon kurz nach der Abdankung hatte sich Hardenberg gegen Elba ausgesprochen, von Wien schrieb Talleyrand: "Hier zeigt man die recht entschiedene Absicht, Bonaparte von Elba wegzubringen." In Vorschlag gebracht waren die Azoren: "Ausgezeichnete Idee, diese Azoren!", fand Ludwig XVIII. Castlereagh war einverstanden, aber Lord Liverpool fand, dass man einen entfernteren Ort suchen müsse; "das Kap der Guten Hoffnung oder Sankt Helena wären zu diesem Zweck am meisten geeignet". [1a]

c) langweilig war ihm auch auf St. Helena ...

Ich denke, man muss deutlich zwischen den Franzosen unterscheiden, die ihm zujubelten und denen, die es nicht taten. Auf die royalisten Gebiete hat du schon Bezug genommen:

Der Kaiser fragte den Bürgermeister von Sisteron, welchen Eindruck seine Rückkehr nach Frankreich mache:
"Das Gefühl der Überraschung ist stärker als alle anderen."
Napoleon: "Aber wird man mich gern auf dem Thron sehen wollen?"
"Ich glaube schon", antwortete der Bürgermeister, "wenn man bloß nicht fürchten müsste, dass mit Ihnen die Aushebungen und all die Plagen wiederkommen!" [1b]

Noch deutlicher die Antwort von Fouché:

"Man hat mir erzählt, dass beim Einzug Ludwigs XVIII. die Fenster voller Damen waren, die ihre Taschentücher schwenkten. Woher kommt es, dass ich bei meinem Einzug nichts dergleichen bemerkt habe?"
"Sire", antwortete Fouché, "ich kann wahrlich nichts dafür, dass die Anhänger Ew. Majestät sich lieber mit den Fingern schneuzen." [1c]

Deutlicher kann es nicht gesagt werden. Die Besitzenden und alle, die sich mit den Bourbonen arrangiert hatten, jubelten ihm eben nicht zu. Selbst 10 Monate Restauration ließen sich nicht zurückdrehen.

Grüße
excideuil

[1] Sieburg, Friedrich: „Napoleon – Die Hundert Tage“, Europäischer Buchklub, Stuttgart, Zürich, Salzburg, o.J, a) Seite 147, b) Seite 112, c) Seite 258
 
Wie auch immer, aussenpolitisch gesehen war es eine Rueckkehr zum falschen Zeitpunkt, entweder frueher oder tatsæchlich spæter...
Das ist nur Spekulation:
"Der Vertrag von Chaumont, der am 4. März (1814) unterzeichnet wurde, befasste sich in erster Linie mit der Fortsetzung des Krieges gegen Frankreich. Die vier Verbündeten kamen darin überein, dass jeder 150000 Soldaten ins Feld führen sollte, und Großbritannien erklärte sich sich darüber hinaus bereit, Susidien bis zum Betrag von 5. Millionen Pfund Stirling (über 100 Millionen Franc!) zu zahlen. Die Signaturmächte versprachen, dass keiner von ihnen einen Separatfrieden schließen werde. Soweit handelte es sich um konventionelle Klauseln militärischer Allianzen, die nur wegen des Ausmaßes des britischen Beitrages beachtenswert waren. Die eigentliche Bedeutung des Vertrages von Chaumont lag in der Unterstellung, dass Frankreich auch nach der Niederlage Napoleons weiterhin eine Bedrohung für den Frieden sein würde. Das Bündnis war auf 20 Jahre geschlossen ... Da der Vertrag von Chaumont davon ausging, dass der Frieden letzten Endes mit Napoleon zu schliessen sei, machte dies Bestimmung das Ausmaß des Misstrauen deutlich." [1]

Napoleon sah im Ende des Wiener Kongresses und dem Auseinandergehen der Monarchen einen zeitlichen strategischen Vorteil, was aber auch zeigt, dass er mit Krieg rechnete.

Betrachte man Chaumont, dann war N. außenpolitisch bereits tot, bevor er die Tuilerien erreichte.

Grüße
excideuil

[1] Kissinger, Henry A.: Das Gleichgewicht der Großmächte Metternich, Castlereagh und die Neuordnung Europas 1812 – 1822, Manesse Verlag, Zürich, 1986, Seiten 247-248
 
"Warum kehrte Napoleon von Elba nach Frankreich zurück?"
Weil er es konnte!

Da fällt mir sofort die Frage ein: "Warum wedelt der Hund mit dem Schwanz?"
"Weil er es kann", ist leider falsch.
"Weil der Hund schlauer ist als der Schwanz!", ist richtig.

So richtig schlau war Napoleons Entweichen von Elba nicht. Im Gegenteil, es wurde richtig teuer für Frankreich ...

Insofern ist können können nicht immer Können.

Grüße
excideuil
 
Zuletzt bearbeitet:
"Warum kehrte Napoleon von Elba nach Frankreich zurück?"
Weil er es konnte!

Es drængt sich dann natuerlich die Frage auf: Warum konnte er eigentlich?
Bøse Zungen, Verschwørungstheoretiker und Leute, die Talleyrand alles zutrauen, kønnten meinen, dass es Absicht oder grenzenlose Naivitæt war:

Da hat die engl. Flotte ganz Europa blockieren kønnen, und es gelingt nicht, ein kleines Inselchen zu ueberwachen?
Da wird dem Kaiser auf seiner Insel der Geldhahn abgedreht, seine "Verlegung" in den Suedatlantik angedacht, also gezielt ein Vertrag mit ihm gebrochen, und man glaubt, er liesse sich das gefallen?
Da gibt es Informationen ueber die Zustænde in "seinem" Frankreich, und man glaubt, er schøpft nicht Hoffnung?

Ganz ehrlich, ich meine es wære mehr verwunderlich gewesen, wenn er nicht nochmal alles auf eine Karte gesetzt hætte.

Unterstellt man Absicht, hat man sich halt verspekuliert:
Statt dem nassen Grab im Mittelmeer, einer gezielten Kugel eines frz. Gendarmen oder der Festnahme durch Ney gab es einen triumphalen Einzug in Paris.

Bleibt Naivitæt, die aber gerade bei Talleyrand, Metternich, Bernadotte, vielleicht nicht bei Alexander verwundert.

Und dann sind wir schon beim næchsten Thema:

Wieso eigentlich mussten die Alliierten wieder gegen Frankreich marschieren? N wollte Frieden (in den nun bestehenden Grenzen), er wære (war) auch gar nicht in der Lage gewesen, sich gegen ganz Europa erneut aufzulehnen.
Der Feldzug, der bei Waterloo endete, war ihm letztlich aufgezwungen worden, und das nur, weil die Verbuendeten auf dem Wiener Kongress seine Herrschaft ueber Frankreich nicht mehr (oder besser: nie?) anerkennen wollten.
Dem Buerger in Europa war dies sicherlich egal, und die Franzosen hatten die Bourbonen erneut zum Teufel gejagt. Wozu also N wieder entthronen und dafuer zigtausende Soldaten erneut opfern?

Wegen der "Legitimitæt", die dann aber die Jahre zuvor keine Rolle gespielt haben soll?

Gruss, muheijo
 
1.
Wieso eigentlich mussten die Alliierten wieder gegen Frankreich marschieren? N wollte Frieden (in den nun bestehenden Grenzen), er wære (war) auch gar nicht in der Lage gewesen, sich gegen ganz Europa erneut aufzulehnen.
2.
Dem Buerger in Europa war dies sicherlich egal, und die Franzosen hatten die Bourbonen erneut zum Teufel gejagt. Wozu also N wieder entthronen und dafuer zigtausende Soldaten erneut opfern?
3.
Wegen der "Legitimitæt", die dann aber die Jahre zuvor keine Rolle gespielt haben soll?

Gruss, muheijo
1.
Wieso? Weil sie es konnten. =)
2.
"Die Franzosen" ist ja auch schon wieder so ein Quatsch. Es gab Royalisten, Bonapartisten und Opportunisten. Vielleicht gab es sogar vereinzelt Republikaner, Anhänger des Duc d'Orléans und wen weiß ich. Die Stimmung in der Armee war bonapartistisch. Wie hätte sie auch sonst sein sollen? Hätten die paar tausend Royalisten in den Legionen unter Condé, Mirabeau de tonneau und Co., von denen ein guter Teil elendig in Dtl. oder sonstwo erbärmlich zu Grunde gegangen ist, auf einmal die gesamte - reduzierte - Armee Frankreichs stellen sollen?
Wo waren denn 1815 die Heerscharen von Freiwilligen? Wo waren denn die Hunderttausenden, die wie Anno 1793 zu den Waffen strömten?:grübel:

Die Pariser mögen Bonaparte begrüßt haben, die Pariser deren Wankelmut Bonaparte selber 95 erlebt hatte und die er für ihre Undankbarkeit verachtete (habe ich mal gelesen).

3.
Und wo hat das keine Rolle gespielt?
1805 als sich Österreich am Boden fühlte oder es auch war?
Wer hatte denn die Bourbonen halbwegs gerettet? Hätte man sie nicht an Frankreich ausliefern können und hoffen, dass damit Frieden unter den Völkern wäre?
Natürlich gab es Opportunismus. Vielleicht meinten Spanien und Preußen auch ganz einfach, sie wollen sich auf die faule Haut legen. Preußen konnte Österreichs "Beschäftigung" oder vielmehr Österreichs Kampf um die eigene Haut in den Österr. Niederlanden seelenruhig anschauen. Vielleicht hatte man erstmal besseres zu tun und für die große weltpolitische Wetterlage kamen Österreichs Konkurrenten die Probleme mit Frankreich ganz recht. Haben nicht viele davon profitiert als das HRR den Bach runter ging? Württemberg, Bayern, Preußen ... Endlich konnte man dieses Schreckgespenst mit dem Doppeladler loswerden...
Für Napoleons zweite Gemahlin war es ja schon erstmal eine Unglaublichkeit einen Niemand nur dank dessen Bajonetten ehelichen zu müssen. Wer waren denn die Bonapartes im Vergleich zu den Reußen, Schwarzburgern, Hohenlohern? Vor 1789 hätte man so einen korsischen Kleinadligen belächelt. Nun waren die Würfel anders gefallen und mit Zähneknirschen drückte man alle Augen vor dem nach adliger Selbstauffassung Unmöglichen zu.
Ein hartes Ringen um die Akzeptanz der Tatsachen, welche die franz. Armeen schufen, gab es ja. Musste nicht Napi 1806 Österreich mit erneutem Krieg drohen, dass sich Franz II. zur Niederlegung der Kaiserkrone bequemte? Das war sicherlich schmerzlich und gewiss wollte kein Monarch Europas in dem Moment in der Haut des blamierten Kaisers altehrwürdigen Stammes stecken...
 
Zuletzt bearbeitet:
Wenn Napi an die Franzosen bei seiner Rückkehr gedacht hätte, wer er auf dem halben Weg zurück nach Elba gefahren und hätte lieber sein persönliches Schicksal, das ihm die Alliierten zugedenken würden, erwartet.

Wie wirklichkeitsfremd muss denn Europas großer Stratege gewesen sein?

Er meinte etwa nicht, dass er die Wiederholung der alliierten Lawine von 1814 zu erwarten hätte?:S
Was sollte sich daran ernsthaft geändert haben?
Sollte eine europäische Großmacht sich auf einmal schützend vor Napis Staatsstreich werfen und rufen: "Lasst den kleinen Korsen doch auf dem Thron, von dem ihn hunderttausende Soldaten eben vertrieben haben!" ?
Und auf einmal sollte das verkleinerte und ohne Verbündete dastehende Frankreich ohne Heeresreformen, Levée en Masse oder sonstwas das aufhalten, was es schon ein paar Monate zuvor nicht verhindern konnte?:autsch:

Rational, wenn Napi Staatsmann gewesen wäre, dem Frankreichs oder das Leben der Franzosen wichtig gewesen wäre, lässt sich seine Rückkehr nicht erklären. Das ist meine Meinung. Es lässt sich nur mit der Selbstüberschätzung und der Einschätzung Napoleons, dass wiederum zig- oder hunderttausende Franzosen ihr Leben bereitwillig und mit Freuden für ihren Kaiser hingeben würden, erklären. Es lässt sich nur mit Napoleons Dimensionen des Möglichen erklären. Er hielt die Vernichtung der Alliierten im Oktober 1813 für möglich. Er hielt einen Sieg noch am Jahreswechsel 1813/14 für möglich, als selbst die uneinsichtigsten Rheinbündler die Seiten gewechselt hatten. Nur so ein Mann, der so denkt, konnte diese Rückkehr für ein Unternehmen, das Erfolg versprach halten. Und nur weil es im Militär Frankreichs und in einem Teil der Bevölkerung Leute gab, die seine Ansicht teilten oder nicht bis drei zählen konnten und garnicht weiter dachten ( ;) ), deswegen hatte Bonaparte im Juni 1815 eine Armee zusammen getrommelt, welche wagen sollte, einen Bruchteil von dem, was die Verbündeten aufzubieten fähig und Willens waren, anzugreifen.

Verstehen kann ich Bonaparte dennoch nicht - vielleicht weil ich nicht Bonaparte bin. :confused:
 
Warum kehrte Napoleon von Elba nach Frankreich zurück?
Antwort: In erster Linie weil er ein Meister der Selbsttäuschung UND in der Täuschung von anderen war.

Die meisten Diskutanten, die mir bis jetzt im Hobby oder im Internet begegnet sind, die Napoléon für das Jahr 1815 noch großartige Chancen ausrechneten, waren schlichtweg im Geiste Bonapartisten, die eben genauso wie der Kaiser der Franzosen selber an das Unmögliche glaubten. Denen konnte man sicher auch erzählen, dass sich die ehedem so starke Armee von Blücher nach Ligny praktisch aufgelöst hätte. :autsch:
 
Es drængt sich dann natuerlich die Frage auf: Warum konnte er eigentlich?
Bøse Zungen, Verschwørungstheoretiker und Leute, die Talleyrand alles zutrauen, kønnten meinen, dass es Absicht oder grenzenlose Naivitæt war:

Da hat die engl. Flotte ganz Europa blockieren kønnen, und es gelingt nicht, ein kleines Inselchen zu ueberwachen?
Da wird dem Kaiser auf seiner Insel der Geldhahn abgedreht, seine "Verlegung" in den Suedatlantik angedacht, also gezielt ein Vertrag mit ihm gebrochen, und man glaubt, er liesse sich das gefallen?
Da gibt es Informationen ueber die Zustænde in "seinem" Frankreich, und man glaubt, er schøpft nicht Hoffnung?

Ganz ehrlich, ich meine es wære mehr verwunderlich gewesen, wenn er nicht nochmal alles auf eine Karte gesetzt hætte.

Unterstellt man Absicht, hat man sich halt verspekuliert:
Statt dem nassen Grab im Mittelmeer, einer gezielten Kugel eines frz. Gendarmen oder der Festnahme durch Ney gab es einen triumphalen Einzug in Paris.

Bleibt Naivitæt, die aber gerade bei Talleyrand, Metternich, Bernadotte, vielleicht nicht bei Alexander verwundert.

Die weitsichtigen Politiker waren schon immer gegen Elba! Es ist einzig Alexander I. in seiner unendlichen Großmut und Güte zu "danken", dass Napoleon Elba zugesprochen bekam, wofür er sich von Papa Franz auch kräftig rüffeln lassen musste:
"Da sehen Sie Sire, was bei Ihrer Begünstigung der Jakobiner in Paris herausgekommen ist!" [1]

Wieso eigentlich mussten die Alliierten wieder gegen Frankreich marschieren? N wollte Frieden (in den nun bestehenden Grenzen), er wære (war) auch gar nicht in der Lage gewesen, sich gegen ganz Europa erneut aufzulehnen.
Der Feldzug, der bei Waterloo endete, war ihm letztlich aufgezwungen worden, und das nur, weil die Verbuendeten auf dem Wiener Kongress seine Herrschaft ueber Frankreich nicht mehr (oder besser: nie?) anerkennen wollten.
Dem Buerger in Europa war dies sicherlich egal, und die Franzosen hatten die Bourbonen erneut zum Teufel gejagt. Wozu also N wieder entthronen und dafuer zigtausende Soldaten erneut opfern?

Mein Verweis auf Chaumont in #8 ist dir sicherlich nicht entgangen.
Inzwischen hatten die Absolutisten des Kontinents in Wien gerade Frieden und ein europäisches Gleichgewicht geschaffen, sicher im absolutistischen Sinne.

Auf dem Zug Napoleons nach Paris fielen so alte Parolen wie "Nieder mit Adel und Priestern" u.ä. Das klang doch wie 1789! Mussten die Absolutisten in Wien, London, St. Petersburg und Berlin nicht mit einer neuen Revolution rechnen, die sie doch eben erst mühsam gedeckelt hatten?
Wie gesagt, mit der Erklärung der Alliierten vom 13. März 1815 war Napoleon außenpolitisch mausetot.

Sorry, die Bourbonen sind vor Napoleon geflüchtet, mir ist nicht erinnerlich, dass die Franzosen sie zum Teufel gejagt hätten. Und da du von Franzosen sprichst. Wer waren denn die, die Napoleon begeistert empfingen? Die Besitzenden nämlich nicht. Die hatten sich längst mit den Bourbonen arrangiert, weil sie ihnen die bürgerlichen Rechte in einer liberalen Verfassung und Frieden garantierten. Und dies fiel Napoleon sofort auf die Füße; sehr schnell musste er begreifen, dass ohne Verfassung, ohne Kammern gar nichts ging! Auch 10 Monate Restauration lassen sich nicht zurückdrehen!
Also auf wen konnte er zählen? Auf die Strasse! Und genau das wollte er nicht!
"Ich will nicht der König der Jacquerie sein!“ N. an Benjamin Constant 21. Juni 1815 [2]

Wegen der "Legitimitæt", die dann aber die Jahre zuvor keine Rolle gespielt haben soll?

Ja, das "Zauberwort" wurde von Louis XVIII erfunden, von Talleyrand z.B. gebraucht, um Murats Ansprüche auf dem Kongress in Wien zu torpedieren. Im Grunde aber nur ein diplomatischer Zaubertrick, denn Talleyrand gebrauchte es sehr flexibel, was sich z.B. bei der Teilung Sachsen zeigte.

Grüße
excideuil

[1] Sieburg, Friedrich: „Napoleon – Die Hundert Tage“, Europäischer Buchklub, Stuttgart, Zürich, Salzburg, o.J, Seiten 231-232
[2] Markov, Walter: Grand Empire Sitten und Unsitten der Napoleonzeit, Edition Leipzig, 1984
 
[2] Markov, Walter: Grand Empire Sitten und Unsitten der Napoleonzeit, Edition Leipzig, 1984
War als ich 14 war meine geistige Leib und Magenspeise samt den anderen Werken des Autors. Die waren sogar in den 80ern zusehends unideologischer geworden, auch wenn er wohl seit dem 2. WK überzeugter Sozialist oder Kommunist blieb.:winke:
 
"Ich will nicht der König der Jacquerie sein!“ N. an Benjamin Constant 21. Juni 1815 [2]
Hm, spricht ja nur für meine Argumente.:winke: Mir klingen seine Äußerungen so wie ein 6er-Schüler, der ohne Lernen, quasi durch Zufall, zu einem 1er-Schüler werden will. Wie sollte sich denn am Ausgang etwas ändern, wenn die Grundbedingungen die selben blieben?

Kann mir das jemand erklären?:grübel:
 
Hm, spricht ja nur für meine Argumente.:winke: Mir klingen seine Äußerungen so wie ein 6er-Schüler, der ohne Lernen, quasi durch Zufall, zu einem 1er-Schüler werden will. Wie sollte sich denn am Ausgang etwas ändern, wenn die Grundbedingungen die selben blieben?

Kann mir das jemand erklären?:grübel:

Die Grundbedingungen waren nicht mehr dieselben. 1799 konnte sein Staatsstreich gelingen, weil er die Unterstützung der Besitzenden hatte, die Ordnung, Sicherheit, etc. wünschten.
Das war nicht mehr gegeben.
Napoleon konnte sich nur noch auf die Strasse stützen und seinen Hass gegen die Jakobiner kennen wir.
Sich aber auf die Strasse zu stützen hätte aber im Grunde Revolution bedeutet ...

Grüße
excideuil
 
Die Grundbedingungen waren nicht mehr dieselben. 1799 konnte sein Staatsstreich gelingen, weil er die Unterstützung der Besitzenden hatte, die Ordnung, Sicherheit, etc. wünschten.
Das war nicht mehr gegeben.
Napoleon konnte sich nur noch auf die Strasse stützen und seinen Hass gegen die Jakobiner kennen wir.
Sich aber auf die Strasse zu stützen hätte aber im Grunde Revolution bedeutet ...
Ich habe auch nicht mit 1799 vergleichen wollen, sondern mit 1814.

Aber was anderes. Hätte nicht Ney bspw. auch genauso gut von seinem Posten zurücktreten können, wenn ihm bewusst war, dass seine Truppen nicht auf "ihren" Kaiser schießen würden? Starb er nicht weniger weil er ein Verräter war, sondern weil er dumm war? Weil er die Verhältnisse und Möglichkeiten bonapartistisch-verblendet einschätzte? Musste er sich nicht selber als hoher und über Jahrzehnte erfahrener Militär mit einer kleinen Rechnung ausmalen können, wie diese Rückkehr militärisch enden würde?
Mir ist das alles unbegreiflich. Bonaparte muss eine unglaubliche Überzeugungskraft besessen haben.
Hatte nicht Ney zusammen mit den anderen Marschällen die Unmöglichkeit des Weiterkämpfens im Frühjahr 1814 eingesehen und deswegen den Kaiser zum Rücktritt gedrängt? Und nun? :weinen:
 
Ich habe auch nicht mit 1799 vergleichen wollen, sondern mit 1814.

Aber was anderes. Hätte nicht Ney bspw. auch genauso gut von seinem Posten zurücktreten können, wenn ihm bewusst war, dass seine Truppen nicht auf "ihren" Kaiser schießen würden? Starb er nicht weniger weil er ein Verräter war, sondern weil er dumm war? Weil er die Verhältnisse und Möglichkeiten bonapartistisch-verblendet einschätzte? Musste er sich nicht selber als hoher und über Jahrzehnte erfahrener Militär mit einer kleinen Rechnung ausmalen können, wie diese Rückkehr militärisch enden würde?
Mir ist das alles unbegreiflich. Bonaparte muss eine unglaubliche Überzeugungskraft besessen haben.
Hatte nicht Ney zusammen mit den anderen Marschällen die Unmöglichkeit des Weiterkämpfens im Frühjahr 1814 eingesehen und deswegen den Kaiser zum Rücktritt gedrängt? Und nun? :weinen:

Gut, 1814 war die Nichtmehrunterstützung noch nicht für N. offensichtlich?

Was Ney betrifft, ja, eine gewisse Nichtzurkenntnisnahme der Realitäten muss ihm unterstellt werden. Andere wie McDonald, Marmont etc. hielten sich ja zurück.
Ehrlich gesagt, ich begreife ihn auch nicht. Allerdings laste ich dies eher Napoleon an, gerade wegen seiner Fähigkeit der Manipulation anderer. Die Situation ist oft beschrieben worden: die jubelnden Massen, keiner schießt, da kann selbst so ein hartgesottener General schwach werden.

Aber im Grunde zeigt das Dilemma Ney die ganze Situation. Das Abenteuer N. war eigentlich abgeschlossen. Plötzlich taucht er wieder auf und bringt andere in Gewissenskonflikte.
Und was bringt das Ganze? Frankreich wird richtig abgestraft, Ney erschossen, und der weiße Terror entfacht ...

Im Grunde wurde Frankreich jetzt erst richtig zurückgeworfen. Unbegreiflich, dass es angesichst dieser Tatsachen immer noch Leute gibt, die N. eine Berechtigung zurückzukehren zusprechen.

Grüße
excideuil
 
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