Warum versäumte es die Hanse eigene oder neue Handelsrouten zu erkunden?

Griffel

Mitglied
Neulich beim Zocken, hatte ich mal wieder eine Eingebung!:cool::confused: (Gut! Ich gebe zu, dass ich meistens eher aktive Spiele, wie Ego Shooter oder Rollenspiele spiele. Aber ab und an steht mir der Sinn auch mal nach was anderem! Deshalb, habe ich gleich 2x mal Patrizier, in meiner Sammlung.) Ich bin mal so ehrlich und sage, dass ich bis heute nicht zum Großkaufmann geschafft habe. Vielleicht bin ich zu ungeduldig.

Aber mir gefällt das Thema! Und als ich so spiele, fällt mir etwas ein bzw. auf! Die Hanse war zu ihrer Zeit, der wohl mächtigste international agierende Handelsverband auf der Welt. Sie war einflussreich, wohlhabend und auch politisch nicht unbedeutend.
https://de.wikipedia.org/wiki/Hanse

Da drängt sich einem die Frage auf, warum es nie den Versuch gab, sich neue "Weidegründe" sprich Märkte zu erschließen? Den der Grundsatz: "Geld stinkt nicht" galt schon damals. Oder frei nach Marx: "Kapital kennt kein Vaterland." Ich gebe zu, das wäre nicht einfach geworden. Aber seit wann schrecken Schwierigkeiten, wagemutige Kaufleute ab? Man denke nur an die Phönizier und ihre Enkel, die Karthager.
Im Mittelmeer, wäre man sich zwangsläufig mit Genua, Venedig usw. in die Quere gekommen. Aber es gab ja auch wechselseitige Interessen. Und im Gewürzhandel, war ja auch viel Geld zu machen. Nicht umsonst wurde Salz, de facto mit Gold aufgewogen. Und sogar als Zahlungsmittel akzeptiert.

Und die Herkunft des wenig freundlichen Ausdruckes Pfeffersack muss ich hier doch wohl keinem erklären, oder? Wieso also haben nicht eine oder mehrere Hansestädte eine Flotte ausgerüstet und sich selbst auf den Weg in den Orient gemacht? Immerhin waren die Fahrten des Christoph Columbus auch diesem Ziel geschuldet.
 
Wieso also haben nicht eine oder mehrere Hansestädte eine Flotte ausgerüstet und sich selbst auf den Weg in den Orient gemacht? Immerhin waren die Fahrten des Christoph Columbus auch diesem Ziel geschuldet.

Columbus glaubte irrtümlich, es gäbe einen einen direkteren Weg nach Indien.

Welchen "direkteren" Weg als den üblichen hätten denn die Hanseaten versuchen sollen?

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Kolumbus-Toscanelli-Problem
Man wusste ungefähr, wie weit die Ostgrenze Asiens reichte und wusste, dass es auf dem Westweg nicht zu erreichen war. Nur wenn man mit Toscanelli den Erdumfang kleinrechnete, konnte man glauben, dass Indien über den Westweg erreichbar sei.

Portugiesische Afrikaumrundung
Das portugiesische Vortasten um Afrika dauerte etwa 80 Jahre, wenn man als Fixpunkte die Entdeckung Madeiras und die Landung von Portugiesen in Kalikut zugrundelegt.
Man befürchtete, dass aufgrund der nach Süden immer weiter steigenden Hitze menschliches Überleben nicht möglich sei. So redet Isidor von Sevilla von einem vierten Kontinent (außer Asien, Afrika und Europa), der aufgrund der Hitze im Süden unbekannt sei:

Extra tres autem partes orbis quarta pars trans Oceanum interior est in meridie, quae solis ardore incognita nobis est; in cuius finibus Antipodes fabulose inhabitare produntur.​

Isidors Etymologien stellen den nach der Bibel häufigsten in mittelalterlichen HSS überlieferten auf uns gekommenen Text dar, zudem finden sich bis hin zur Reformation durch das ganze MA Isidor-Zitate und Paraphrasen, die belegen, wie wichtig Isidor für die mittelalterliche Weltvorstellung war. Der Weg um Afrika herum galt also als nicht befahrbar. Und es nimmt nicht Wunder, dass die Portugiesen 70 Jahre benötigten (gerechnet ab der Entdeckung Madeiras), um das Kap der Guten Hoffnung zu umsegeln, aber nur weitere zehn, um endlich Indien zu erreichen. Das

Italienische Seerepubliken
Du sprichst die ital. Seerepubliken an. Hier ist festzuhalten, dass die sehr eifersüchtig ihre Einflusssphären verteidigten und blutige Kriege untereinander führten. Irgendwann hatte sich zwischen Genua und Neapel ein fragiler Status quo etabliert, der Genua den Zugang zum westlichen, nerdig den zum östlichen Mittelmmer sicherte. Zwischen England und dem Orient lieg der Handel ganz gut über die Hanse und Venedig, da hatten alle etwas davon. Es gab sogar die Idee, den Rheinfall von Schaffhausen zu sprengen, um von den Niederlanden bis in den Alpenrhein fahren zu können.
Für deutsche Händler errichtete der Magistrat von Venedig sogar eine eigene Unterkunft, den Fondaco (< Funduq, arab. ‚Karawanserei‘, heute ‚Hotel‘) dei Tedeschi (als deutsch galten hier auch Polen, Tschechen, Ungarn etc.) die Händler mussten hier absteigen und ihre Waren anbieten, aber das war für beide Seiten lukrativ. Silber aus Böhmen und dem Erzgebirge wurde von Venedig nach Aleppo oder Alexandria kanalisiert und dafür kamen asiatische Luxusgüter nach Venedig und von dort in den Norden. So ähnlich, wie auf Kuba die Stadt Trinidad ein Straßenpflaster aus Steinen aus Sevilla hat, weil man die Steine nur in die eine Richtung als Ballast brauchte, so muss wohl auch in Venedig mancher verbaute Stein aus dem Nahen Osten stammen, weil die Gewürze und Tuche nicht dasselbe Gewicht aufbrachten, wie die Tonnen böhmischen Silbers, die nach Alexandria gingen.

Schlussfolgerung:
Ein Expansionsinteresse der Hanse (die ja nun auch keine politische Organisation in dem Sinne war, sondern ein lockeres Handelsbündnis, das auch mal in Konflikte eingriff aber keineswegs immer ganz geschlossen war) in Atlantik, Mittelmeer oder um Afrika, dürfte angesichts hoher Risiken bei geringen Erfolgsaussichten, negativen Folgen wie etwaigem Krieg und einer schwer einzuschätzenden Gewinnspanne kaum gegeben gewesen sein. Man stellte die Wirtschaftsmacht zwischen London, Bergen, Nowgorod und Venedig dar. Warum das riskieren?
 
Das die ganze Erkunderei nicht ohne Probleme war, ist mir durchaus bekannt gewesen! Und auch in Italien ging es im Mittelalter kräftig rund. Das hieß es jeder gegen jeden. Sehr zum Leidwesen der Italiener.:rolleyes:
Aber zumindest eigene Fahrten in den Orient wären technisch möglich gewesen.

Das östliche Mittelmeer stellte ja den Eingang zum Orient dar! Ich denke da zum Beispiel an Persien. Neben Gewürzen und Weihrauch waren ja vor allem Teppiche schon damals ein Luxusartikel. Den sich die Leute, die es sich leisten konnten, auch etwas kosten ließen.

Und durch das Ausschalten der Zwischenhändler, in diesem Fall der Venezianer, hätte man den Profit sicherlich steigern können. Aber eine andere "Richtung" liegt eigentlich näher. Zur Hanse, gehörten ja auch Städte in Schweden und Norwegen und damit in Skandinavien.

Wenn, man diesen Weg nun nach Westen verlängert, stößt man irgendwann auf Island, und später auf Grönland. Und von dort ist es ja nur "Katzensprung" nach Amerika. Und auf Grönland gab es ja auch Siedler.
https://de.wikipedia.org/wiki/Grönland
Und der amerikanische Kontinent, war ja bekannt durch die Sagas. Insbesondere Leif Eriksson
https://de.wikipedia.org/wiki/Leif_Eriksson

Ich kann mir kaum vorstellen, dass diese Geschichten im 12. und 13. Jhd. schon vergessen waren.
 
Das die ganze Erkunderei nicht ohne Probleme war, ist mir durchaus bekannt gewesen! Und auch in Italien ging es im Mittelalter kräftig rund. Das hieß es jeder gegen jeden. Sehr zum Leidwesen der Italiener.:rolleyes:
Aber zumindest eigene Fahrten in den Orient wären technisch möglich gewesen.

Wären sie das? Man konnte problemlos mit an den Küsten von Nord- und Ostsee gängigen Schiffstypen durch den Atlantik um die iberische Halbinsel herum kommen?
Halte ich für ambitioniert.
Wie schaut es mit Risikokalkulation aus? Welches Startkapital müsste man vorschießen, alleine für die Heuer für die Seeleute für eine derartig lange Reise?
Wie viel Laderaum würde allein der Proviant (sofern man den überhaupt so lange haltbar bekommt) an Bord einnehmen müssen, der nicht mehr für Waren zur Verfügung steht?
Wie kommst du darauf, dass sich die traditionellen Zwischenhändler einfach mal so, gewaltfrei übergehen lassen würden?

Das sind schlicht reichlich fantastische Überlegungen. Genau so könnte man anders herum fragen, warum nicht die Venezianer und Genuesen auf die Idee kamen direkt nach Nowgorod zu fahren um dort Pelze einzukaufen.
Ganz einfach deswegen, weil sich ein signifikantes Handelsvolumen übeer solche Strecken nicht gewinnbringend abwickeln lies und schon gar nicht mit vertretbarem Risiko.


Ähnlich fantastisch ist die Überlegung irgendwelcher Nordexpeditionen.
 
Und durch das Ausschalten der Zwischenhändler, in diesem Fall der Venezianer, hätte man den Profit sicherlich steigern können. Aber eine andere "Richtung" liegt eigentlich näher. Zur Hanse, gehörten ja auch Städte in Schweden und Norwegen und damit in Skandinavien.
[...]
Wenn, man diesen Weg nun nach Westen verlängert, stößt man irgendwann auf Island, und später auf Grönland. Und von dort ist es ja nur "Katzensprung" nach Amerika. Und auf Grönland gab es ja auch Siedler.
https://de.wikipedia.org/wiki/Grönland
Und der amerikanische Kontinent, war ja bekannt durch die Sagas. Insbesondere Leif Eriksson
https://de.wikipedia.org/wiki/Leif_Eriksson

Ich kann mir kaum vorstellen, dass diese Geschichten im 12. und 13. Jhd. schon vergessen waren.
Der amerikanische Kontinent war in Nordeuropa theoretisch bekannt - ich schreibe aber "theoretisch", weil aller Wahrscheinlichkeit nach niemand eine Ahnung von seiner Größe hatte. Die Nordmänner hatten ein paar Landmassen westlich von Grönland gesichtet und auch betreten, aber es gibt keinerlei Hinweise, dass sie jemals auch nur ansatzweise herausfanden, wie weit nach Süden sie reichten und wie riesig sie wirklich waren. Für sie handelte es sich vermutlich nur um ein paar weitere Inseln in der Größenordnung von Island oder Grönland.

Zum Ausschalten der "Zwischenhändler" im Mittelmeer: Glaubst Du, die Genuesen und Venezianer hätten es sich so einfach gefallen lassen, dass Hanse-Schiffe durchs Mittelmeer fahren und ihnen direkte Konkurrenz machen? Beide versuchten ohnehin, einen freien Handel zu verhindern, indem sie bei ihren "Partnern" Handelsniederlassungen errichteten und ihren Handelspartnern exklusive Handelsverträge aufnötigten. Die Hanse hätte wohl schon das ganz praktische Problem gehabt, nach der Umrundung Westeuropas überhaupt lukrative, weder von Genua noch von Venedig kontrollierte Häfen zu finden, in die sie einlaufen und in denen sie Handel treiben konnte. Venedig und Genua führten außerdem zur Durchsetzung ihrer Interessen sogar Krieg gegeneinander, konkurrierten also mit harten Bandagen. Dass die Hanse von der Nordsee aus eine Kriegsflotte ins Mittelmeer schickt und dort - weit entfernt von der Heimat und Nachschub, ohne Stützpunkte - die Seemacht Genuas und Venedigs bricht, wäre vollkommen unrealistisch gewesen.
 
Aber zumindest eigene Fahrten in den Orient wären technisch möglich gewesen.
Technisch vielleicht.

Das östliche Mittelmeer stellte ja den Eingang zum Orient dar! Ich denke da zum Beispiel an Persien. Neben Gewürzen und Weihrauch waren ja vor allem Teppiche schon damals ein Luxusartikel. Den sich die Leute, die es sich leisten konnten, auch etwas kosten ließen.
Erst mal dort hin gelangen. Bevor man überhaupt ins Mittelmeer gekommen wäre, hätte man mehrere Konfliktgebiete durchqueren müssen.
1. Konfliktgebiet Ärmelkanal.
Während des Hundertjährigen Krieges war der Ärmelkanal zwar nominell unter englischer Kontrolle, dennoch war Piraterie und Freibeuterei ein riesiges Problem. Aus Freibeutern wurden schnell Piraten und umgekehrt.

2. Seegebiet Biskaya, Costa da Morte
Die Biskaya und die Todesküste gelten bis heute als anspruchsvolle Segelreviere.
Auch hier fand der Hundertjährige Krieg seinen Widerhall, denn im Zuge der kastilische Thronstreitigkeiten zwischen Pedro I. und seinem illegitimen Halbbruder Heinrich (II.) hatte sich der kastilische Bürgerkrieg in einen Stellvertreterkrieg des Hundertjährigen Krieges gewandelt. Da die mit Frankreich verbündete Seite aus dem Bürgerkrieg nach einigen Rückschlägen siegreich hervorging, war Kastilien fortan mit England im Krieg.

3. Straße von Gibraltar
An der Straße von Gibraltar stießen drei bis vier Herrschaftsgebiete aufeinander: Portugal, seinerseits eine Seemacht, Kastilien, das nasridische Granada und das merinidische Marokko. Genua hatte in verschiedeneren Häfen - z.B. im nasridischen Málaga - seine Händlerkolonien, die mit sehr eifersüchtigen Augen darauf achteten, wer hier Handel trieb.

Und durch das Ausschalten der Zwischenhändler, in diesem Fall der Venezianer, hätte man den Profit sicherlich steigern können.
Ein Problem mag vielleicht darin liegen, dass du die Hanse in erster Linie als Seehandelsverein wahrnimmst. Aber neben Hamburg, Bremen, Rostock und Lübeck waren eben auch Soest, Köln, Münster und Dortmund wichtige Mitglieder der Hanse. Selbst wenn Hamburg, Bremen oder Lübeck ein Interesse daran gehabt hätten, Venedig „auszubooten“ und dies für machbar gehalten hätten: Köln oder Duisburg wäre daran sicher nicht gelegen gewesen. Außerdem war Venedig nicht bloß Zwischenhändler, sondern a) Monopolist im Ostmittelmeer (so wie Genua im Westmittelmeer) und b) durchaus auch Produzent der Luxusware Murano. Das wichtigste aber: Venedig war nicht bloß eine Wirtschaftsmacht, die Stadt beherrschte die dalmatische Adria und die Ägäis nebst Kreta.
Und die Stadt war gut vernetzt.
Als in Alexandria die Nachricht eintraf, das 1498 die Portugiesen das arabische Handelsmonopol mit Indien theoretisch durchbrochen hätten, dauerte es nur wenige Tage, bis die Nachricht davon Venedig erreicht hatte. In dieses eng geknüpfte Beziehungsnetz einzubrechen, hätte die Hansestädte wohl mehr gekostet als es Ihnen eingebracht hätte.


Aber eine andere "Richtung" liegt eigentlich näher. Zur Hanse, gehörten ja auch Städte in Schweden und Norwegen und damit in Skandinavien.

Wenn, man diesen Weg nun nach Westen verlängert, stößt man irgendwann auf Island, und später auf Grönland. Und von dort ist es ja nur "Katzensprung" nach Amerika. Und auf Grönland gab es ja auch Siedler.
https://de.wikipedia.org/wiki/Grönland
Und der amerikanische Kontinent, war ja bekannt durch die Sagas. Insbesondere Leif Eriksson
https://de.wikipedia.org/wiki/Leif_Eriksson

Ich kann mir kaum vorstellen, dass diese Geschichten im 12. und 13. Jhd. schon vergessen waren.

Die grönländische Siedlung war so gut wie gescheitert, auf Island lebten ein paar Bauern, die nichts Nennenswertes zu bieten hatten. Die Sagas beschreiben die gefundenen Inseln nicht gerade als leicht zu erreichendes Händleridyll.
 
Neulich beim Zocken, hatte ich mal wieder eine Eingebung!:cool::confused: (Gut! Ich gebe zu, dass ich meistens eher aktive Spiele, wie Ego Shooter oder Rollenspiele spiele. Aber ab und an steht mir der Sinn auch mal nach was anderem! Deshalb, habe ich gleich 2x mal Patrizier, in meiner Sammlung.) Ich bin mal so ehrlich und sage, dass ich bis heute nicht zum Großkaufmann geschafft habe. Vielleicht bin ich zu ungeduldig.

Aber mir gefällt das Thema! Und als ich so spiele, fällt mir etwas ein bzw. auf! Die Hanse war zu ihrer Zeit, der wohl mächtigste international agierende Handelsverband auf der Welt. Sie war einflussreich, wohlhabend und auch politisch nicht unbedeutend.
https://de.wikipedia.org/wiki/Hanse

Da drängt sich einem die Frage auf, warum es nie den Versuch gab, sich neue "Weidegründe" sprich Märkte zu erschließen? Den der Grundsatz: "Geld stinkt nicht" galt schon damals. Oder frei nach Marx: "Kapital kennt kein Vaterland." Ich gebe zu, das wäre nicht einfach geworden. Aber seit wann schrecken Schwierigkeiten, wagemutige Kaufleute ab? Man denke nur an die Phönizier und ihre Enkel, die Karthager.
Im Mittelmeer, wäre man sich zwangsläufig mit Genua, Venedig usw. in die Quere gekommen. Aber es gab ja auch wechselseitige Interessen. Und im Gewürzhandel, war ja auch viel Geld zu machen. Nicht umsonst wurde Salz, de facto mit Gold aufgewogen. Und sogar als Zahlungsmittel akzeptiert.

Und die Herkunft des wenig freundlichen Ausdruckes Pfeffersack muss ich hier doch wohl keinem erklären, oder? Wieso also haben nicht eine oder mehrere Hansestädte eine Flotte ausgerüstet und sich selbst auf den Weg in den Orient gemacht? Immerhin waren die Fahrten des Christoph Columbus auch diesem Ziel geschuldet.

Köln war zeitweise Mitglied der Hanse, und von Kölner Kaufleuten ist zumindest belegt, dass sie im 16. und 17. Jhd stark in den Handel mit England involviert waren und später wohl auch Produkte handelten wie Tabak oder Baumwolle, die in den englischen Kolonien produziert wurden. Allerdings geht es dabei um das 16. und 17. Jahrhundert, als die großen Zeiten der Hanse längst vorüber waren. Diese Kölner Kaufleute fuhren allerdings nicht selbst nach Amerika. Im 17. Jahrhundert war es weitaus weniger riskant, in England Rohwaren aus Nordamerika zu kaufen oder Fertigwaren, die in England veredelt oder hergestellt waren, die sich mit großem Gewinn im Heiligen Römischen Reich verkaufen ließen.

Ich habe die Autorin Claudia Schnurmann schon in einem anderen Thread zitiert, die zum Englandhandel Kölner Kaufleute publiziert hat:
Claudia Schnurmann, Kommerz und Klüngel-Der Englandhandel Kölner Kaufleute im 16. Jahrhundert.

Sich als Zwischenhändler einzuschalten, war u. U. ebenso lukrativ, wie Fernhandel, nur weit weniger riskant und auch nicht so teuer und kapitalintensiv . Neue Handelswege zu erschließen, erfordert sehr viel Kapital. Mit Widerständen und mächtigen Konkurrenten ist stark zu rechnen, und unterm Strich stellt sich oft heraus, dass solche Projekte zehren, dass Kapital verloren geht. Jacob Fugger waren Ländereien in Südamerika übereignet worden, Venezuela war zeitweise zumindest auf dem Papier eine Privatkolonie der Augsburger Familie Welser. Jakob Fugger hatte aber den richtigen Riecher, als er zögerte, Kapital in überseeische Projekte zu investieren.

Im 17. Jahrhundert machten niederländische Kaufleute gute Geschäfte mit Kaffee. Obwohl sie keine Kaffeeplantagen besaßen, war es ihnen gelungen, sich als Zwischenhändler in der Levante einzuschalten zwischen dem Hafen Mokka und arabischen Metropolen in der Levante.

Wie gesagt, Fernhandel hat große Risiken. Sich zu etablieren, wo man vor Ort keine Faktoreien hat, wo Infrastruktur erst aufgebaut werden muss, wo man es mit mächtigen Konkurrenten, Piraten, Naturgewalten etc. zu tun hat, ist viel Kapital nötig als Investition, um überhaupt erst mal etwas zu verdienen. Oft genug stellt sich heraus, das Profit und Investitionen sich nicht rechnen, dass Risiken zu groß sind.

Es ist daher auch äußerst fraglich, ob die Hanse irgend etwas versäumt hat. Zu ihrer Blütezeit war die Ostsee der lukrative Wirtschaftsraum, dort verfügte die Hanse über Faktoreien, Stapelplätze, soziale und politische Kontakte. Handelsartikel wie Pelze, Holz, Trockenfisch versprachen gute und sichere Gewinne, es bestand kein Anlass, Fernhandel mit dem Orient zu treiben, wenn die Hanse überhaupt keine Verbindungen,, Handelskontakte, Kontore besaß. Als der Seeweg nach Indien und die Amerikas entdeckt wurden, ging es mit der Hanse schon bergab. Außerdem ist zu bedenken, dass die Hanse ein Städtebund war aus sehr heterogenen Städten, die natürlich auch nicht alle die gleichen Interessen hatten.
 
Ich habe die Autorin Claudia Schnurmann schon in einem anderen Thread zitiert, die zum Englandhandel Kölner Kaufleute publiziert hat:
Claudia Schnurmann, Kommerz und Klüngel-Der Englandhandel Kölner Kaufleute im 16. Jahrhundert.
wiki ist nicht gerade der tiefgründigste Hinweisgeber, aber der Artikel zum Londoner Stalhof, einer Niederlassung der Hanse vergleichbar mit dem Fondaco dei Tedeschi in Venedig oder dem Peterhof in Nowgorod, halte ich in diesem Zusammenhang für lesenswert. Kölner Kaufleute scheinen, eine führende Rolle im Stalhof gespielt zu haben.
 
Ein Standbein der Hanse war schon früh die die Baienfahrt – Wikipedia . Ich vermute darum, dass sie den Ärmelkanal und auch die Biskaya einigermaßen im Griff hatten. Weiter ging es dann aber doch nicht.
Siehe auch Historisches (um mal was anderes als Wikipedia zu bemühen).

Der Augsburger Melchior Manlich – Wikipedia war wohl der einzige deutsche Handelsmann, der mit eigenen Schiffen im Mittelmeer tätig war. Es gelang ihm für kurze Zeit von Marseille aus eine Handelsroute in die Levante aufzustellen. Die Venezianer u.a. waren da gerade mit den Osmanen wegen Zypern beschäftigt. Seeschlacht von Lepanto – Wikipedia Er ging mit diesem Unternehmen nach 3 Jahren bankrott, was zeigt, wie hoch das Risiko war.
Das nächste Mal, als deutsche Schiffe durch das Mittelmeer in die Levante fuhren war 1889 mit der Deutsche Levante-Linie – Wikipedia . Da waren die Italiener auch wieder beunruhigt. Weniger wegen des Handels in die Levante, sondern weil die Schiffe in Tripolis einen Zwischenstopp einlegten.
 
im Gewürzhandel, war ja auch viel Geld zu machen. Nicht umsonst wurde Salz, de facto mit Gold aufgewogen. Und sogar als Zahlungsmittel akzeptiert.

Und die Herkunft des wenig freundlichen Ausdruckes Pfeffersack muss ich hier doch wohl keinem erklären, oder?

Einige Gewürze wie Pfeffer, Safran, Zimt oder Nelken waren zeitweise so teuer, dass sie tatsächlich mit Gold aufgewogen wurden.

Aber Salz doch nicht! Salz war doch nur deshalb ein gefragtes Handelsgut, weil man sehr viel davon brauchte, und weil es ein Rohstoff war, der zur Konservierung von Lebensmitteln benötigt wurde.

Salz war in Salinen oder in Bergwerken leicht zu gewinnen, mit Salz machte man keine Geschäfte, weil es so kostbar und wertvoll war, sondern weil es unentbehrlich war und weil man viel davon brauchte.

Die Hanse ist nicht durch Luxusartikel, sondern durch Massenartikel groß geworden.

Salz war nicht besonders kostbar oder wertvoll, schon gar nicht hat man es mit Gold aufgewogen. Salzhering war auch kein Luxusgut, vielmehr eine billige Ware, die sich auch noch der ärmste Schlucker leisten konnte.

Bei Salz als Ware machte es eben die Masse. Nicht, weil es so kostbar, sondern weil es so unentbehrlich war, um Lebensmittel haltbar zu machen war Salz ein Handelsartikel. Man brauchte es, jeder brauchte es, und man brauchte viel davon.

Salz war keineswegs besonders selten oder besonders kostbar. Pfeffer war kostbar, Zimt und Nelken waren kostbar, die überwältigende Mehrheit der Bevölkerung bekam niemals Pfeffer, Zimt, Safran oder Nelken zu schmecken. Das waren Luxusartikel, auch Statussymbole. Salz aber brauchte jeder, aber wirklich jeder, und man brauchte viel davon. Salz war eben unentbehrlich, und bei diesem Handelsartikel, auch bei der "Armenspeise" Hering machte es eben die Masse.
Wäre Salz besonders kostbar oder teuer gewesen, wäre (Salz-)Hering auch niemals zu einem Volksnahrungsmittel geworden.
 
Ich hatte die Hermandad de Marismas/de Cuatro Villas (die Bruderschaft der Seemarschen/der vier ~Seestädte~) noch vergessen zu erwähnen. Das ist eine durchaus auch an der Hanse orientierte Interessenvereinigung von Seehäfen der Kantabrischen Küste gewesen, die einerseits mit Hansestädten Handel trieb, andererseits aber auch eifersüchtig darauf bedacht war, das Vordringen der Hanse zu behindern. (Außerdem stellten sie oft die Flotte bei kastilischen Unternehmungen, etwa bei der Eroberung Sevillas, was wiederum in mehrere Wappen der Cuatro Villas eingegangen ist).

Wappen von Santander:
800px-Escudo_de_Santander.svg.png


Wappen von Laredo:
490px-Escudo_de_Laredo.svg.png


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edit: Der Einfachheit halber habe ich Internetversionen der Wappen herangezogen, die sind natürlich modern. Die historischen Darstellungen der Wappen werden den Goldenen Turm (Torre de Oro) sicherlich nicht so orginialgetreu dargestellt haben, wie ihre modernen Entsprechungen, sondern vermutlich als mehretagigen Turm, sicher auch nicht dezidiert als Turm mit vieeckigem Grundriss, sondern eben als Kettenturm von Sevilla.
 
Zuletzt bearbeitet:
Aber Salz doch nicht! Salz war doch nur deshalb ein gefragtes Handelsgut, weil man sehr viel davon brauchte, und weil es ein Rohstoff war, der zur Konservierung von Lebensmitteln benötigt wurde.

Salz war in Salinen oder in Bergwerken leicht zu gewinnen, mit Salz machte man keine Geschäfte, weil es so kostbar und wertvoll war, sondern weil es unentbehrlich war und weil man viel davon brauchte.

Kleiner Exkurs zum Thema Salz:

Venedig scheint sogar im Mittelalter eine geziehlte Verknappung durch Monopolisierung des Salzhandels und schließung/zerstörung von Salinen in der Adria, durchaus auch in von Venedig selbst beherrschten Gebieten betrieben zu haben um den Preis für Salz künnstlich oben zu halten und den eigenen Händlern durch dadurch garantierte Profite eine Möglichkeit zu geben den risikoreichen und kostenintensiven Levantehandel etwas abzusichern und zu unterstützen.
 
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