Warum wurde Stettin polnisch?

Ich glaube das diese ehemals vorläufige Grenze erst 1994 endgültig seitens Deutschlands anerkannt wurde.
 
Warum Stalin seinem Erzfeind Polen solche Zugeständnisse machte und unterstützte, vielleicht haben die Moskauer Archive noch einiges dazu zu bieten.

Wieso Erzfeind? Stalin hatte doch für eine moskautreue Regierung gesorgt, das Polen, mit dem die Sowjetunion zwischen 1920 und 1939 im (latenten) Kriegszustand lag, gab es 1945 nicht mehr. Zudem hat er Polen ziemlich gewaltsam nach Westen verschoben, da würde ich nicht unbedingt von "Zugeständnissen" sprechen.

Ich glaube das diese ehemals vorläufige Grenze erst 1994 endgültig seitens Deutschlands anerkannt wurde.
Doofe Gegenfrage: Ist die nicht mit den 2+4-Verträgen 1990 endgültig definiert worden? De facto ist da sowieso seit der Kanzlerschaft Brandts nicht mehr ernsthaft dran gerüttelt worden.
 
Ich glaube das diese ehemals vorläufige Grenze erst 1994 endgültig seitens Deutschlands anerkannt wurde.

Die Unverletzlichkeit der bestehenden Grenzen wurde schon in Artikel I des Warschauer Vertrages vom 7.12.1970 anerkannt und dann noch zweimal nach der Wiedervereinigung, nämlich durch den Deutsch-polnischen Grenzvertrag vom 14.11.1990 sowie den Polnisch-Deutschen Nachbarschaftsvertrag vom 17.6.1991.

Das hindert gewisse Politiker freilich nicht, die Grenze immer wieder in Frage zu stellen. --> Tagespolitik.
 
Zuletzt bearbeitet:
Zwischen Yalta und Potsdam war das tatsächlich offen. Grundsätzlich hatten die Westalliierten allerdings schon im Herbst 44 der Grenze an der Lausitzer Neiße zugestimmt.
In Potsdam wurde dann als Teil des Potsdamer Abkommens die Lausitzer Neiße zur "vorläufigen Westgrenze Polens".

Churchill zum Schlesien-Neiße-Problem:
Man solle die polnische Gans nicht so voll deutscher Nahrung stopfen, daß sie Bauchschmerzen bekomme.
 
Wieso Erzfeind? Stalin hatte doch für eine moskautreue Regierung gesorgt, das Polen, mit dem die Sowjetunion zwischen 1920 und 1939 im (latenten) Kriegszustand lag, gab es 1945 nicht mehr. Zudem hat er Polen ziemlich gewaltsam nach Westen verschoben, da würde ich nicht unbedingt von "Zugeständnissen" sprechen.

Die polnischen Ostgebiete sind erst im polnisch-sowjetischen Krieg 1920 entstanden. Insofern machte Stalin schon den Polen Zugeständnisse, wenn er Polens Staatsgrenze nach Westen mit deutschem Gebiet adäquat entlohnte.
 
Ich hatte dabei eher an die russiche ostpreussische Region gedacht, erst 1994 wurde endgültig der Schlußstrich darunter gezogen. Moskau hatte ein paar Mal versucht es zurückzugeben, was aber den Status des polnischen Rests auch beeinflusst hätte. Rechtsgerichtete polnische Kräfte hatten darauf hin in Richtung Galizien geschielt, worauf die Urkaine schon Truppenverlegungen in Richtung Grenze veranlasste. Aber nachdem die Kohlregierung endgültig auf die Rückgabe verzichtete beruhigte es sich auch in Kiew wieder. Leider ist dies damals nur in Randmeldungen durch die Medienlandschaft gerieselt. Neulich gab es eine Reportage über Lemberg und Lublin, dort wurde das Thema nochmal kurz angeschnitten, denn in dieser Gegend sind die verlorenen Ostgebiete (Galzien nicht Schlesien!) immer noch ein heisses Thema.
 
Ich habe mal gelesen, die dt. Kommunisten dachten die Glatzer Neiße wäre gemeint. Dann soll es ziemlich viel Aufregung gegeben haben - wie erklären wir das jetzt? Leider kann ich keine Quelle beisteuern.

Tatsächlich liegt hier wohl eine Entwicklung vor, die den Ausgangspunkt in Teheran nahm.

Über die Grenzziehung wurde gesprochen, die britischen Aktenlage weist klar aus, dass man von der Glatzer Neiße ausging, da im selben Zusammenhang stets von den wesentlichen Teilen des Bezirks Oppeln gesprochen wurde.

Dass unmittelbar danach bereits die "westliche" Neiße angeboten worden sein soll, geht auf die Erinnerungen von Rozek und Kowalski zurück, gestützt auf Akten der polnischen Exilregierung. Der "first account" der westlichen Neiße soll lt. Rozek um den 20.12.1943 seitens Eden erfolgt sein, also unmittelbar nach Teheran und entgegen der dortigen Festlegungen. Das ist höchst unwahrscheinlich. Eden erwähnt das nicht, sondern bezieht sich auf "Bezirk Oppeln", so auch die Aktenlage.

Stalin soll zu diesem Zeitpunkt ebenfalls nur den Oppelner Beziek erwogen haben, wie aus einem unmittelbar nach Teheran geführten Gespräch mit Benes aufgezeichnet ist. Diese Äußerung stimmt mit Churchills Aufzeichnung überein: "major part of Oppeln", Bezug also Glatzer Neiße.

Dementsprechend müßte man - wenn man auch noch die aktenseitig dokumentierten britischen Vorbereitungen vor Teheran hinzuzieht - von einem Mißverständnis in dem Eden-Gespräch ausgehen.


Ebenfalls gesichert ist, dass Stalin dann nach Teheran auf die westliche Neiße in den Zusagen ggü. den polnischen Kommunisten einschwenkte (Memoiren Berling). Das Gespräch läßt sich auf den Zeitraum 5.-8.1.1944 datieren, sehr kurzfritig und überraschend angesetzt (was man so deuten kann, dass sich Stalin erst unmittelbar nach Teheran mit Details zur Greenzziehung beschäftigt haben könnte). Im gleichen Gespräch wurde der Ostseezugang von Stalin festgelegt (westlich Swinemünde-südlich Stettin, mit Lineal von Stalin eingezeichnet), im Süden die westliche Neiße. Die Karte wurde übergeben; zu diesem Zeitpunkt waren die westlichen Alliierten nicht konsultiert worden.

Strittig ist weiterhin in den diplomatischen Auseinandersetzungen ein angebliches britisches Angebot an die polnische Exilregierung bzw. weitere Gespräche betr. die westliche Neiße Anfang 1944 (in Zusammenhang mit den nun eskalierenden Kontroversen um die ostpolnische Grenzziehung). Danach taucht das Problem bis Ende 1944 diplomatisch nicht mehr auf, bis eben die Stalin diese Grenzziehung von den westlichen Alliierten einforderte.

sehr detailliert: Lilge, Die Entstehung der Oder-Neiße-Linie als Nebenprodukt alliierter Großmachtspolitik während des Zweiten Weltkrieges, 1995, Europ. Hochsch. III/650.
 
Wieso Erzfeind? Stalin hatte doch für eine moskautreue Regierung gesorgt, das Polen, mit dem die Sowjetunion zwischen 1920 und 1939 im (latenten) Kriegszustand lag, gab es 1945 nicht mehr. Zudem hat er Polen ziemlich gewaltsam nach Westen verschoben, da würde ich nicht unbedingt von "Zugeständnissen" sprechen.
Territorial nicht, aber es gab bis 1990 in London noch eine polnische Exil-Regierung.
Polnische Exilregierung ? Wikipedia
Doofe Gegenfrage: Ist die nicht mit den 2+4-Verträgen 1990 endgültig definiert worden? De facto ist da sowieso seit der Kanzlerschaft Brandts nicht mehr ernsthaft dran gerüttelt worden.
Stimmt. BRD-seits wurde die Oder-Neiße-Grenze im Ramen des 2+4-Vertrages (12. 9. 1990 unterzeichnet, 15. 3. 1991 in Kraft getreten) offiziell anerkannt, DDR-seits seit dem 6. 7. 1950.

Hurvinek schrieb:
Die polnischen Ostgebiete sind erst im polnisch-sowjetischen Krieg 1920 entstanden. Insofern machte Stalin schon den Polen Zugeständnisse, wenn er Polens Staatsgrenze nach Westen mit deutschem Gebiet adäquat entlohnte.
Die sowjetisch-polnische Grenze wurde aber im Frieden von Riga am 18. 3. 1921 so festgelegt, wurde also von beiden Seiten anerkannt und ist somit für die weitere Geschichte ausschlaggebend.
 
Zuletzt bearbeitet:
Die sowjetisch-polnische Grenze wurde aber im Frieden von Riga am 18. 3. 1921 so festgelegt, wurde also von beiden Seiten anerkannt ...

Dazu gab es dann eine spätere diplomatische Bestätigung dieser Grenze im polnisch-sowjetischen Nichtangriffsvertrag vom Juli 1932. Dieses wird auch als nochmalige Bekräftigung der Grenzziehung des Rigaer Vertrages interpretiert. Ein Staat, der territoriale Revision fordert, setzt sich bei Abschluss eines Nichtangriffsvertrages - der unverletztliche Grenzen mindestens für einen langen Zeitraum vorsieht - in einen inhaltlichen Widerspruch.

Während der Sudetenkrise drohte die SU dann Polen mit der Kündigung des Vertrages aus wichtigem Grund (polnische Gebietsforderungen), das wurde aber nicht in die Tat umgesetzt. Der Vertrag war am 23.8.1939 in Kraft, ebenso wie bei der Westverschiebung Polens.

Allerdings war die polnische Bevölkerung in den östlichen Gebieten in der Minderheit (bis auf bestimmte Gebiete).
 
Ergänzend, weil oft vergessen: Die aktuellen Ostgrenze Polens ist NICHT identisch mit der Hitler-Stalin-Linie. Die Gegend um Bialystok ging 1945, warum auch immer, wieder an Polen. Dass sich Stalin dabei von den Westalliierten leiten ließ, ist schwer vorstellbar, pflegte er doch sonst auch keine Rücksicht zu nehmen.
Curzon-Linie ? Wikipedia
 
[...]Neulich gab es eine Reportage über Lemberg und Lublin, dort wurde das Thema nochmal kurz angeschnitten, denn in dieser Gegend sind die verlorenen Ostgebiete (Galzien nicht Schlesien!) immer noch ein heisses Thema.

Inwiefern? Lublin ist polnisch, in Lemberg (Lwów) existiert nur eine verschwindend geringe polnische Minderheit. Die Minderheit in Weissrussland ist groesser.
Wenn es Menschen gibt, die diesen Gegenden nachhaengen, so sind es meist noch die Vertriebenen. Es ist also wie hier, wenn es um Ostgebiete geht, ein verklaerter Wunsch, weniger heisses Thema.

Ergänzend, weil oft vergessen: Die aktuellen Ostgrenze Polens ist NICHT identisch mit der Hitler-Stalin-Linie. Die Gegend um Bialystok ging 1945, warum auch immer, wieder an Polen. Dass sich Stalin dabei von den Westalliierten leiten ließ, ist schwer vorstellbar, pflegte er doch sonst auch keine Rücksicht zu nehmen.
Curzon-Linie ? Wikipedia

Ueber Białystock bin ich nicht verwundert, heisst es doch in der Erklaerung von Jalta:
''[...]Die drei Regierungschefs sind der Ansicht, dass die Ostgrenze Polens der Curzon-Linie mit Abweichungen in einigen Gebieten von fünf bis acht Kilometer zugunsten Polens folgen soll. Sie erkennen an, dass Polen im Norden und Westen einen beträchtlichen Gebietszuwachs erhalten muss. Sie finden, dass zur gegebenen Zeit die Meinung der neuen Provisorischen Polnischen Regierung Nationaler Einigkeit bezüglich des Ausmasses dieser Gebietserweiterungen festgestellt und die endgültige Festlegung der Westgrenze Polens dann bis zur Friedenskonferenz vertagt werden sollte.[...].
Hier vollstaendig nachzulesen.
 
''[...]Die drei Regierungschefs sind der Ansicht, dass die Ostgrenze Polens der Curzon-Linie mit Abweichungen in einigen Gebieten von fünf bis acht Kilometer zugunsten Polens folgen soll. Sie erkennen an, dass Polen im Norden und Westen einen beträchtlichen Gebietszuwachs erhalten muss. Sie finden, dass zur gegebenen Zeit die Meinung der neuen Provisorischen Polnischen Regierung Nationaler Einigkeit bezüglich des Ausmasses dieser Gebietserweiterungen festgestellt und die endgültige Festlegung der Westgrenze Polens dann bis zur Friedenskonferenz vertagt werden sollte.

Nur dass Stalin und der Westen mit der "Provisorischen Polnischen Regierung" nicht das Gleiche meinten.
 
Nur dass Stalin und der Westen mit der "Provisorischen Polnischen Regierung" nicht das Gleiche meinten.

Stimmt, aber das hat mit Białystock nichts zu tun, da die Ostgrenze in dieser Erklaerung schon grob vorgegeben ist. Und Białystock lliegt weit vor der Curzon-Linie, also definitiv im neuen polnischen Staatsgebiet.
 
Zurück
Oben