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dattenberger

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Schönen guten Tag!

Nachdem ich gestern im Biergarten eine interessante Diskussion miterleben drufte, bin ich jetzt auf der Suche nach Fakten, dadurch bin ich auch auf dieses Forum gestoßen. Auch haben mich die im Winter ausgestrahlten TV-Serien neugierig gemacht.

Deutschland besteht aus verschiedenen Stämmen, Bayern, Sachsen, Schwaben, Franken usw., die ich auch geografisch zuordnen kann.
Doch was ist der Rheinländer, der zwischen Bonn und Koblenz am Rhein wohnt? Für eine Antwort mit Quelle wäre ich sehr dankbar.


Mit freundlichen Grüßen
Dieter
 
Die beste Antwort auf diese Frage gibt immer noch Harras in Des Teufels General, einem Nachkriegsdrama von Zuckmayer. Harras ist die Titelfigur:

Denken Sie doch - was kann da nicht alles vorgekommen sein in einer alten Familie:Vom Rhein - noch dazu. Vom Rhein. Von der großen Völkermühle. Von der Kelter Europas! Ruhiger Und jetzt stellen Sie sich doch mal Ihre Ahnenreihe vor - seit Christi Geburt. Da war ein römischer Feldhauptmann, ein schwarzer Kerl, braun wie ne reife Olive, der hat einem blonden Mädchen Latein beigebracht. Und dann kam ein jüdischer Gewürzhändler in die Familie, das war ein ernster Mensch, der ist noch vor der Heirat Christ geworden und hat die katholische Haustradition begründet. Und dann kam ein griechischer Arzt dazu, oder ein keltischer Legionär, ein Graubündner Landsknecht, ein schwedischer Reiter, ein Soldat Napoleons, ein desertierter Kosak, ein Schwarzwälder Flözer, ein wandernder Müllerbursch vom Elsaß, ein dicker Schiffer aus Holland, ein Magyar, ein Pandur, ein Offizier aus Wien, ein französischer Schauspieler, ein böhmischer Musikant - das hat alles am Rhein gelebt, gerauft, gesoffen und gesungen und Kinder gezeugt - und - und der der Goethe, der kam aus demselben Topf, und der Beethoven und der Gutenberg, und der Matthias Grünewald und - ach was, schau im Lexikon nach. Es waren die Besten, mein Lieber! Die Besten der Welt! Und warum? Weil sich die Völker dort vermischt haben. Vermischt - wie die Wasser aus Quellen und Bächen und Flüssen, damit sie zu einem großen, lebendigen Strom zusammenrinnen. Vom Rhein - das heißt: vom Abendland. Das ist natürlicher Adel. Das ist Rasse. Seien Sie stolz darauf, Hartmann - und hängen Sie die Papiere Ihrer Großmutter in den Abtritt. Prost.
 
...sudanesische Kantinenwirte, syrische Bauchtänzerinnen, friesische Fischhändler, (noch) jungfräuliche Ubierinnen...usw.
Man quirle das Ganze und - Voila, da haben wir den Rheinländer.

EDIT: Meine Cousine steckt da voll drin, redet nur Kölner Dialekt und schleift mich auch schon mal in eine Stehbierkneipe mit jutem Kölsch. Dabei stammt ihr Vater aus Templin und ihre Mutter aus Wismar.
 
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ElQ,ein ganz großes Zitat vom großen Carl aus Nackenheim,einem ,der zu Unrecht auf seine beiden Stücke "Teufels General " und " Hauptmann von Köpenick" reduziert wird.
Und ein sehr richtiges dazu , das man jedem Pseudo-Ethnogenetiker unter die Nase reiben sollte und das mehrmals täglich bis er´s auswendig kann.
Ich habe mir mal die Mühe gemacht und die Völkerschaften durchgezählt ,die so im Laufe der Geschichte durch mein Heimatdorf , welches direkt am Rhein liegt ,kamen....es waren ungefähr 50 , kleinere Gruppen und Einzelpersonen nicht mitgerechnet.
 
Wer ist der Rheinländer? Und wer ist die Rheinländerin, vor allem die schöne ? Und wer sind wir überhaupt, die wir uns hauptsächlich auf die "Germanen" als unsere Ahnen berufen?

Um es vorweg zu nehmen: Ich denke, wir "Deutschen" sind so ziemlich das kunterbunteste Gengemisch in Mitteleuropa.

Die Römer haben im Zuge ihrer Okkupationen von keltischem Land in Gallien, Rätien, Britannien etc. für die erste multikulturelle Gesellschaft nördlich der Alpen gesorgt. Nicht nur die römische Armee mit ihren Auxiliartruppen , aber auch ihren Legionären als römischen Staatsbürgern aus allen Teilen des Reiches war bereits eine "Multikulti-Truppe", nein, die Römer selbst sorgten dann noch dafür im besetzten Land, daß indigene Volksstämme großzügig umgesiedelt oder auch mal ausgelöscht wurden. Das geschah vor allem unter Caesar und Augustus. Caesar erfand die Begriffe "Gallier" und "Germanen", obwohl v.a. letztere sich kaum als solche sahen, sondern in Stammesdenken verhaftet waren, ähnlich den nordamerikanischen Indianerstämmen des 19. Jh. Germanenstämme östlich des Rheins wurden umgesiedelt auf die Westseite, ebenso Keltenstämme wieder dahin zurückverfrachtet, wo sie urspr. herkamen ( Helvetier z.B.).....

Mit den Römern kamen Menschen aus Spanien, dem heutigen Nahen Osten, vom Balkan, von Afrika nach Mitteleuropa, als Sklaven, als Händler, als Legionäre, als Beamte. Übrigens auch bereits viele Israeliten.

Dort trafen sie dann auf germanische Stämme, die ebenfalls teils Handel mit den Römern trieben, teils als Söldner oder Auxiliartruppen in der röm. Armee dienten.

Man kann sich ausrechnen, daß der ein oder andere "stolze Germane" vielleicht Gefallen an der ein oder anderen hübschen Tochter eines jüdischen Händlers oder spanisch-röm. Legionärs oder Gutsbesitzers fand. Wie auch umgekehrt vllt manche hübsche Germanin sich in einen stolzen röm. Legionär verliebte, der aussah wie George Clooney......

Es entstand also zu dieser Zeit bereits ein bunter Genpool, aus dem sich diese Gesellschaft jahrhundertelang nährte. Die "reinrassigen Germanen" ( und Kelten) dürften nichts anderes als eine Mär sein, die man immer gern auf Tacitus zurückführt. Aber die Realität dürfte so nicht ausgesehen haben und die Germanen bildeten sicherlich nicht DIE geschlossene Gesellschaft, für die so oft gehalten werden.

Die Völkerwanderung mischte dann nochmals alles schön durcheinander, wie auch später noch all die Händler und Soldaten, die durch Deutschlands Regionen marschierten. Ob Schweden im 30j. Krieg, Franzosen in den Erbfolgekriegen und unter Napoleon, Hunnen im 5.-10. Jh., Amerikaner und Briten und Franzosen und Russen im 2. WK.

Nun leben wir wieder in einer römisch angehauchten Multikultiwelt, die Menschen aus aller Herren Länder nach Mitteleuropa "gespült" hat.

Ob wir ein ähnliches Schicksal wie die römische Gesellschaft erleiden werden, steht in den Sternen.............................


PS: Für das Rheinland , Kölner Raum und weiter oben und unten gibt es übrigens ein prima Buch, das die Bevölkerung in vor- und römischer Zeit schildert:

Maureen Carroll : Römer, Kelten und Germanen - Leben in den germanischen Provinzen Roms, Stuttgart 2003, Theiss-Verlag

( mit einer Fallstudie zu Köln: "Kulturelle Beziehungen an der Reichsgrenze")
 
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