Was genau ist Stalinismus?

Ich stimme hier Scarlett zu.
Wenn man überhaupt diese Frage stellt, dann eher anders herum - also: Ist der Stalinismus eine Spiellart des Faschismus, der m. E. als Oberbegriff stehen muß.
Ich denke auch nein, denn obwohl sich die Regime oft auch in ihrem Aufbau bzw. in ihrem Unterdrückungssystem sehr ähneln, so ist doch die Ideologie eine ganz andere, bzw. bei einigen faschistischen Militärdiktaturen ist eine Ideologie gar nicht erkennbar und dient einzig der absoluten Machausübung. Diese Form der Machtausübung einer einzelnen Person oder einer sehr kleinen Gruppe von Personen ist aber der Zweck jeder Diktatur und ist damit bei allen gleich.
Wichtiges Unterscheidungskriterum ist also nur, wie eine absolute Machtausübung gerechtfertigt wird. Bei den Kommunisten war es die Lehre von Marx, Engels und Lenin - also die angebliche Gesetzmäßigkeit der Entstehung einer kommunistischen Gesellschaftsordnung, bei Hitler war es die "Lehre" des sogenannten "Herrenvolkes", das angeblich durch einen höheren Entwicklungsstand über allen anderen Völkern stehen sollte und somit das angebliche moralische Recht haben sollte, andere Völker nach belieben zu versklaven oder auszurotten - so zu sagen nach dem Gesetz der Natur - der Stärkere setzt sich durch. Bei Mussolini und bei den Japanern dürfte das ähnlich gewesen sein.

Also Stalinismus und Faschismus weisen zwar Parallelen auf, besitzen aber doch große entscheidene Unterschiede. Im Faschismus wird das private Eigentum an Produktionsmittel grundsätzlich nicht in Frage gestellt. Die politisch Herrschenden haben sich vielmehr mit den Besitzern dieser Produktionsmittel arrangiert, oder umgekehrt. Meistens ist sogar die Unterstützung der faschistischen Bewegung/Partei durch entsprechende Industrielle eine Voraussetzung für die Machtergreifung. Man benutzt sich gegenseitig zur Erreichung seiner Ziele.
Daraus resultierend, war es dann einigen Industriellen möglich, gewaltige Profite aus dieser Zusammenarbeit zu erzielen.
Ganz anders im Stalinismus. Die Enteignung der privaten Produktionsmittel gehört dagegen zum Kern einer sozialistischen/kommunistischen Gesellschaftsordnung. Niemals würden sich die politisch Herrschenden mit den Besitzern an Produktionsmitteln an einen Tisch setzen. Ein privates Eigentum an Produktionsmittel und Boden (in größerem Umfang) existierte im Stalinismus nicht, die ehemaligen Eigentümer wurden verfolgt. Man stand sich feindlich gegenüber. Bedingt durch diese gravierenden Unterschiede in den Machtstrukturen, denn Besitz an Produktionsmitteln bietet auch die Möglichkeit der Teilhabe an der politischen Macht, ergeben sich dann auch unterschiedliche Triebkräfte, die in diesen Gesellschaftssystemen wirkten. Auswirkungen dessen kann man sowohl in der Innen- wie auch in der Aussenpolitik wahrnehmen.

Interessant ist dabei, daß der Stalinismus in der UdSSR und seinen Satelliten auch nach dem Tod von Stalin weiter existierte - zumindest von der Regierungsform her, auch wenn der Name Stalins weitgehend von der Bildfläche verschwand, also bei Straßen und Städten der Name Stalin getilgt wurde.
Für mich ist der Stalinismus eine besonders schlimme Fehlentwicklung beim Versuch des Aufbaus eines sozialistischen/kommunistischen Gesellschaftssystems.
Definitiv ist er keine eigenständiges Gesellschaftssystem. Daraus resultiert dann auch, das nach dem Tod Stalins die Grundzüge dieses Systems unangetastet blieben. Versucht wurde lediglich die erkannten Fehlentwicklungen (übersteigerter Personenkult, blinde und willkürliche Verfolgung, Verfolgung aus ethnischen Aspekten) zu korrigieren. Für mich existierte der Stalinismus dann auch nach Stalins Tod nicht mehr. Selbstverständlich war das ein längerer Prozess der in den betroffenen Ländern mit unterschiedlicher Geschwindigkeit und Tiefe vollzogen wurde.
 
Warum ist der Stalinismus Zeit seines Bestehens über so stabil?
Ich denke, weil er mit Einschüchterung und einem äußerst stark ausgeprägten Terror- und Spitzelsystem in der Lage war, jede Opposition (auch eine mögliche Opposition in der eigenen Partei) und jeglichen Widerspruch bzw. Kritik an der Politik im Keim zu ersticken.
Auch bei uns in der "DDR" war das so und man hielt sich für unfehlbar. Es gab auch ein Propaganda-Lied mit der Textzeile:
"Die Partei, die Partei, die hat immer recht..."
 
Ich denke, weil er mit Einschüchterung und einem äußerst stark ausgeprägten Terror- und Spitzelsystem in der Lage war, jede Opposition (auch eine mögliche Opposition in der eigenen Partei) und jeglichen Widerspruch bzw. Kritik an der Politik im Keim zu ersticken.
Auch bei uns in der "DDR" war das so und man hielt sich für unfehlbar. Es gab auch ein Propaganda-Lied mit der Textzeile:
"Die Partei, die Partei, die hat immer recht..."

Gut, der Terror ist zweifellos ein Faktor, und gerade auch ihr angehörige Organisationen, wie der jeweiligen Geheimpolizei.

Allerdings gab es in der DDR ja z.B. auch einen Aufstand mit dem 17. Juni 1953, in Ungarn 1956, In der CSSR gab es 1968 den Prager Frühling.

In der UdSSR scheint der "Aufbau des Sozialismus" weithin ohne größere Widerstände abgelaufen zu sein und dies von Beginn an (also noch vor Stalin) recht gewaltsam.
Ich fand in einem Aufsatz den Denkansatz der sogenannten historischen Erblast, die nahelegt, dass die fast widerstandslose Hinnahme der Umstürzungen auch ein speziell russisches Phänomen sein, da die der Peripherie möglicherweise fremden Entscheidungen der Zentralgewalt auch schon früher gewaltsam durchgesetzt worden sein. Zudem weisen etwa die von Stalin durchgepeitschte Fünfjahrespläne (einen Riesenabstand zu den westlichen eruopäischen Staaten hatte die SU ja) durchaus Parallelen zur von staatlicher Seite forcierten Industrialisierung zu Zeiten der Zaren auf.
Auch gibt es Vergleiche zwischen der Zwangskollektivierung und der Leibeigenschaft..
Finde ich einen sehr interessanten Gedanken.

Vielleicht spielt hier auch noch etwas anderes eine Rolle - der Einfluß der Ideologie und ihr Wirken auf das Bewußtsein der Menschen? Dass es also scheinbar genug Menschen gab, die tatsächlich vom sozialistischen Projekt überzeugt waren (böse formuliert: Überzeugungstäter), neben den sich profillierenden Aufsteigern, und dieses auch in allen Konsequenzen mittrugen. Eventuell spielte hierbei der Aufbau des Feindbildes eines pösen (verzeiht mir die Polemik) kapitalistischen Westen, welches umso wirksamer bei der fast hermetisch abgeschotteten Sowjetunion war.
 
Ich denke, weil er mit Einschüchterung und einem äußerst stark ausgeprägten Terror- und Spitzelsystem in der Lage war, jede Opposition und jeglichen Widerspruch bzw. Kritik an der Politik im Keim zu ersticken.
Das Ersticken erfolgte dann durch Liquidation oder im sibirischen Straf- und Arbeitslagersystem. Das Wort "über Leichen gehen" könnte in der Praxis der Machterhaltung Stalins fast eine Verniedlichung darstellen.

Neben der Partei würde ich die umfassenden Säuberungen der Roten Armee bzw. ihrer Führungskader anführen, um selbst potentielle Gegner in diesem beachtlichen Machtapparat zu eliminieren (ungeachtet der Rückholung zahlreicher Betroffener in der Stunde der Not, nämlich des deutschen Angriffs).
 
...In der UdSSR scheint der "Aufbau des Sozialismus" weithin ohne größere Widerstände abgelaufen zu sein und dies von Beginn an (also noch vor Stalin) recht gewaltsam.
Ich fand in einem Aufsatz den Denkansatz der sogenannten historischen Erblast, die nahelegt, dass die fast widerstandslose Hinnahme der Umstürzungen auch ein speziell russisches Phänomen sein, da die der Peripherie möglicherweise fremden Entscheidungen der Zentralgewalt auch schon früher gewaltsam durchgesetzt worden sein...
Oh - klitzekleiner Widerspruch!
Widerstand gegen die Revolution unter Lenin gab es schon genug - jedenfalls am Anfang, aber dieser Widerstand - sprich: "Weiße Armee" - war zum Ende des Bügerkrieges 1920 dann wohl nachhaltig gebrochen.
 
Oh - klitzekleiner Widerspruch!
Widerstand gegen die Revolution unter Lenin gab es schon genug - jedenfalls am Anfang, aber dieser Widerstand - sprich: "Weiße Armee" - war zum Ende des Bügerkrieges 1920 dann wohl nachhaltig gebrochen.

Gut, den Bürgerkrieg habe ich nicht in meinen Gedankengang miteinbezogen, das ist wahr, eventuell weil zu diesem Zeitpunkt das sowjetische Regime noch recht instabil war - sich im Grunde noch in der Konsoloidierung befand.

Warum aber danach kein Widerstand mehr?
 
Warum ist der Stalinismus Zeit seines Bestehens über so stabil?
Weil er die üblichen Machtsicherungsmaßnahmen jeder Autokratie einsetzt - durchaus mit manchen den Rahmebedingungen geschuldeten Eigenheiten, aber im Grunde funktionierte die Diktatur genauso wie alle anderen auch.

Und das bedeutet m. E. auch, daß der Begriff "Stalinismus" irreführend, um nicht zu sagen verharmlosend ist.
Letztlich ist es nämlich NICHT so, daß die Person an der Spitze den entscheidenden Unterschied machte.
Das kommunistische System war vor Stalin schon etabliert und es funktionierte nach seinem Tod genauso weiter.

Der Begriff "Stalinismus" suggeriert, es wäre ein Einzeltäter am Werke gewesen.
So wie manche Leute so tun, als wäre Hitler 1933 wie ein Marsmännchen in Deutschland gelandet, hätte im Alleingang Millionen Leute ermordet um dann 1945 ein Volk von überzeugten Nazigegnern zurückzulassen, die von all dem nichts gewußt haben.

Stalin war aber genauso wenig ein Einzeltäter wie Hitler. Er war Chef einer ganzen Partei mit Leuten, die so dachten wie er, die seine Maßnahmen billigten und unterstützen.
Und die nach seinem Tod plötzlich alle so taten, als wäre das alles in ihrer Abwesenheit passiert.

Ich sehe insgesamt überhaupt keine Berechtigung, von "Stalinismus" zu sprechen.
Stalin war eine wichtige historische Person und hat natürlich viele wichtige Weichenstellungen veranlaßt. Aber das System war kommunistisch, nicht "stalinistisch". Genau wie das dritte Reich ein Nazi- oder faschistisches System war, kein "hitleristisches".
 
Nun ja, ich würde vielmehr auf den Sinn und Zweck des Begriffes abstellen. Und dieser ist doch, mit dem Begriff "Stalinismus" eine qualitative Änderung verglichen mit der Ära Lenin zu kennzeichnen.

Im Besonderen der Massenterror ist hier meines Erachtens zu nennen, Terror, der selbst die eigenen Leute nicht verschonte, willkürlich war und vor allem eine unglaubliche Anzahl an Todesopfern gekostet hat.
Deshalb ist der Ausdruck "Stalinismus" schon gerechtfertigt, auch deshalb, weil Stalin ja auf eine besondere Art herrschte, Barberowski spricht hier etwa von der Logik der Räuberbande, die auf Stalins biographischen Hintergrund zurückführen ist - etwa das krude Verständnis von Loyalität, die sich etwa darin äußert, daß sich der innere Machtzirkel immer wieder durch - aus heutiger Sich unverständlichen - Treuebeweisen profilieren sollte / mußte. Ich denke da etwa an die Verschickung von Molotovs Ehefrau nach Sibirien.
Wenn man sich diese speziellen Merkmale bewußt macht, dann ist Stalinismus schon ein richtiger Begriff, weil eben das
System Stalin eine markante Zäsur in der sowjetischen Geschichte darstellt.

Was Deine Kritik an dem Begriff bezüglich einer unterstellten Einzeltäterschaft betrifft, die kann ich schon nachvollziehen.
Jedoch sehe ich hier auch nicht zwingend einen Widerspruch, denn wenn man davon ausgeht, daß etwa aus dem Kreml die
Initialzündung für den Terror, gegen welche Gruppe sie letztendlich auch immer gerichtet war, dann ist die konzentrische
Verbreitung des Terrors nur möglich, weil es genug willige Mittäter gab.
Dies mag auch daran gelegen haben, dass sich Stalins spezifische Machtausübung im kleinen bis in die Peripherien des
riesigen sowjetischen Reiches kopiert wurden, es gab wohl einige regionale Führer, die sich als kleine Stailns aufspielten.
Und sicher schließt das einen weiten Täterkreis ein, die entweder aus Überzeugung (die Rolle der Ideologie würde ich hier nicht unterschätzen!) handeln

Neben der exzessiven Gewaltausübung bedeutete die gewaltige Kraftanstrengung auf ökonomischer Ebene zudem auch,
dass die Sowjetunion in die Riege der führenden Industrienationen aufstieg - freilich zu einem entsetzlich hohen Preis.

Und Du hast recht, es ist und bleibt, ob mit Lenin oder Stalin oder später Chruschtschow oder Breschnew, ein kommunistisches System mit seinen menschenverachtenden Zügen (die mich im übrigen dazu veranlassen, Reagans Charakterisierung der SU als "evil empire" zuzustimmen), aber die Intensität etwa der Gewaltausübung, die spezifischen Merkmale rechtfertigen hier die Kennzeichung der Ära Stalin eben als Stalinismus.
Eine Reduzierung des stalinistischen Systems allein auf Stalin läßt sich, wenn man die oberflächliche Ebene verläßt, sich
etwa die Peripherie der SU betrachtet, nicht aufrechterhalten, das ist nur gegeben, wenn man die SU unzureichend nur vom Kreml aus "analysiert".

P.S. Ich glaub, ich schrieb es schon, aber Stalinismus ist in seinem Ursprung eigentlich ein Kampfbegriff, den die Wissenschaft lediglich übernommen hat.
 
Zuletzt bearbeitet:
Nun ja, ich würde vielmehr auf den Sinn und Zweck des Begriffes abstellen.
Da gibt es nun mehrere Möglichkeiten.
Wie Du selbst schon geschrieben hast, ist dieser Begriff ursprünglich mit einer politischen Wertung geprägt worden.
Man kann ihn auch sinnvoll in einem wissenschaftlichen Zusammenhang benutzen, das sehe ich sehr wohl - aber die Gefahr von Mißverständnissen oder Falschinterpretationen ist dann hoch.

Und dieser ist doch, mit dem Begriff "Stalinismus" eine qualitative Änderung verglichen mit der Ära Lenin zu kennzeichnen.
Natürlich gab es Änderungen, als Stalin von Lenin die Macht übernahm.

Aber wieviel davon kann man wirklich mit Stalin verknüpfen - schließlich änderten sich parallel auch die Rahmenbedingungen, auch Lenins Politik hätte sich entsprechend ändern müssen.

Im Besonderen der Massenterror ist hier meines Erachtens zu nennen, Terror, der selbst die eigenen Leute nicht verschonte, willkürlich war und vor allem eine unglaubliche Anzahl an Todesopfern gekostet hat.
Die Zahl der Opfer ist deutlich gestiegen.
Ansonsten war und ist Terror - auch und gerade gegen "eigene Leute", d.h. potentielle Machtkonkurrenten - eine normale Sache in kommunistischen Diktaturen.
Schon unter Lenin forderte der Terror einige Millionen Tote und wurden Gulags eingerichtet. Und auch nach Stalin gab es Terror, sowohl in der SU wie auch in anderen kommunistischen Ländern.

Und vor allem: Die Regierungszeit Stalins umfaßt ja mehrere sehr unterschiedliche Phasen, auch in Bezug auf den Terror.
Da muß man sich fragen, ob der Begriff "Stalinismus" nicht eine Einheitlichkeit suggeriert, die nicht weiterhilft.

etwa das krude Verständnis von Loyalität, die sich etwa darin äußert, daß sich der innere Machtzirkel immer wieder durch - aus heutiger Sich unverständlichen - Treuebeweisen profilieren sollte / mußte.
Ich bin jetzt nicht der Spezialist für solche Fragen. Aber ähnliche Verhaltensweise habe ich schon von vielen Autokraten gelesen. Z. B. war Saddam Hussain für so etwas berüchtigt.

Dies mag auch daran gelegen haben, dass sich Stalins spezifische Machtausübung im kleinen bis in die Peripherien des
riesigen sowjetischen Reiches kopiert wurden, es gab wohl einige regionale Führer, die sich als kleine Stailns aufspielten.
Auch hier die Frage (die ich nur stellen, aber mangels Detailkenntnissen nicht wirklich beantworten kann): Ist das jetzt wirklich eine Besonderheit Stalins?
Oder ist es nicht normal, daß in einer auf Gewalt gegründeten Diktatur auch die unteren Chargen sich ähnlich verhalten wie der Chef.
Denn auch diese regionalen Führer waren nur dadurch an die Macht gekommen, daß sie Konkurrenten ermorden ließen und konnten sich nur halten, in dem sie ihre Untergebenen in Furcht und Schrecken hielten.

Falls man mal diverse ähnliche Diktaturen vergleichend untersucht, würde Stalin (wie seine "Kollegen") natürlich immer noch eine "persönliche Handschrift" haben, aber ob diese Unterschiede eine eigenständige Bezeichnung rechtfertigen, da zweifele ich doch.
Und befürchte eben, daß man durch Verwendung dieses Begriffs dazu tendiert, einer Person Sachen in die Schuhe zu schieben, die ziemlich ähnlich passiert wären, wenn jemand anders Lenins Nachfolge angetreten hätte.
 
Bisher haben wir den "stalinistischen" Terror betrachtet, der ohne Zweifel eine der wichtigsten Stützen des Systems war. Die vielen Arbeitslager in Sibirien sind in dem Zusammenhang auch noch zu nennen, in die alle Unbequemen kamen, die nicht gleich liquidiert wurden und natürlich auch die Kriegsgefangenen des 2. WK.

Ein anderer wichtiger Aspekt wurde aber noch nicht beleuchtet.
Außer dem Terror gab es eine Staatsmaschinerie, die jeden dort einband, der sich gut mit dem System stellte oder sich zumindest unauffällig verhielt. Das Organ, daß für die "sozialistische Erziehung" der Kinder und Jugendlichen verantwortlich war, war der "Komsomol". Hier wurde jedes Kind und jeder Jungendliche eingebunden. Das sah in der Praxis dann so aus, daß die Kinder morgens natürlich erst in die Schule gingen und danach in einer Art Hort weiterbeschäftigt wurden. So war eigentlich kein Kind oder Jugendlicher tagsüber auf der Straße zu sehen. Das habe ich selbst in Moskau bei einer Klassenfahrt 1985 gesehen und wir haben auch einen Komsomol besucht.
Auch das war natürlich eine Politik, die keinen Spielraum für irgendeine Opposition oder auch nur ein Andersdenken zuließ.
 
Ein anderer wichtiger Aspekt wurde aber noch nicht beleuchtet.
Außer dem Terror gab es eine Staatsmaschinerie, die jeden dort einband, der sich gut mit dem System stellte oder sich zumindest unauffällig verhielt. Das Organ, daß für die "sozialistische Erziehung" der Kinder und Jugendlichen verantwortlich war, war der "Komsomol". Hier wurde jedes Kind und jeder Jungendliche eingebunden. Das sah in der Praxis dann so aus, daß die Kinder morgens natürlich erst in die Schule gingen und danach in einer Art Hort weiterbeschäftigt wurden. So war eigentlich kein Kind oder Jugendlicher tagsüber auf der Straße zu sehen. Das habe ich selbst in Moskau bei einer Klassenfahrt 1985 gesehen und wir haben auch einen Komsomol besucht.
Auch das war natürlich eine Politik, die keinen Spielraum für irgendeine Opposition oder auch nur ein Andersdenken zuließ.

Das ist kein Merkmal des Stalinismus. Der Komsomol wurde am 29.Oktober 1918 gegründet und heißt Wsessojusny Leninski Kommunistitscheski Sojus Molodjoschi. Das hat erstmal noch nichts mit Stalin zu tun. Die Staatsmaschinerie geht zu großen Teilen auf Lenin zurück. DIe Arbeiter- und Bauerninspektion wurde auch von Lenin ins Leben gerufen, um die Korruption/Bürokratie zu bekämpfen. Dass sich das zwar ins Gegenteil umkehrte, ist eine andere Geschichte. Stalin wurde Vorsitzender jener Inspektion.
Wie kann sowas ein Merkmal des Stalinismus sein, wenn Stalin anfangs gar nichts damit oder wenig zu tun hat? Das Prinzip des Zentralismus wurde zwar auch bereits früh von Stalin vertreten, besonders bei der Entstehng der Verfassung, aber die Aushebung der Apparate geht auf Lenin zurück.


P.S. Ich bin wieder da. Der Umzug war hart, aber nun geht das Internet wieder.
 
...Wie kann sowas ein Merkmal des Stalinismus sein, wenn Stalin anfangs gar nichts damit oder wenig zu tun hat? Das Prinzip des Zentralismus wurde zwar auch bereits früh von Stalin vertreten, besonders bei der Entstehng der Verfassung, aber die Aushebung der Apparate geht auf Lenin zurück.


P.S. Ich bin wieder da. Der Umzug war hart, aber nun geht das Internet wieder.
Erst mal von mir ein Hallo!

Wie sowas ein Merkmal sein kann? Weil Stalin auch bereits bestehende Organe für seine Zwecke benutzt hat. Stalin hat ja auch nicht durch einen Putsch die absolute Macht in der Partei ergriffen sondern es war hier ein fließender Übergang durch eine oder mehrere "Säuberungswellen".
 
Aber diese Säuberungen gehen anfangs auf Lenin zurück. Und der Aufstieg zur Macht ist doch nichts stalinistisches. Stalin war immer sehr fleißig und sin Aufstieg ist doch nicht ausschließlich durch Säuberungen, Intrigen o.ä. zustande gekommen. Er war sicherlich kein guter Theoretiker, aber hart gearbeitet hat er stets und ständig. Kurzum, das Nutzen von bereits bestehenden Organen ist nichts Stalinistisches. Die Organe hat Lenin geschaffen, also eher was Leninsches. Stalinismus muss doch was einzigartiges beschreiben, was total auf ihn zurückfällt. Dann könnte man ja behaupten, die Elektrisierung des Landes wäre stalinistisch oder irgendwie sowas in der Art. Es geht um ganz bestimmte Merkmale. Und die Bürokratie ist nicht Stalinismus.
 
Aber diese Säuberungen gehen anfangs auf Lenin zurück. Und der Aufstieg zur Macht ist doch nichts stalinistisches. Stalin war immer sehr fleißig und sin Aufstieg ist doch nicht ausschließlich durch Säuberungen, Intrigen o.ä. zustande gekommen. Er war sicherlich kein guter Theoretiker, aber hart gearbeitet hat er stets und ständig. Kurzum, das Nutzen von bereits bestehenden Organen ist nichts Stalinistisches. Die Organe hat Lenin geschaffen, also eher was Leninsches. Stalinismus muss doch was einzigartiges beschreiben, was total auf ihn zurückfällt. Dann könnte man ja behaupten, die Elektrisierung des Landes wäre stalinistisch oder irgendwie sowas in der Art. Es geht um ganz bestimmte Merkmale. Und die Bürokratie ist nicht Stalinismus.
Also ich sehe das so:
Lenin hat natürlich die SU gegründet und alle Partei- und Staatsorgane nach seiner Überzeugung geformt. Auch unter Lenin gab es bereits politische Verfolgungen Andersdenkender und auch Morde - siehe die Zarenfamilie, die komplett ausgerottet wurde wobei auch kleine Kinder ermordet wurden.

Stalin trieb das Ganze jedoch nach dem Tod Lenins auf die Spitze. Zuerst brachte er die Partei auf den Kurs, den er wollte und schaltete alle vermeintlichen Widersacher aus - sehr oft wurden sie liquidiert. Auch der ganze Staatsapparat und auch die Rote Armee war von diesen "Säuberungen" betroffen. M. Gorbatschow hat übrigens Ende der 80´er Jahre zugegeben, daß diese Handlungsweise des Stalin sowohl die Partei als auch die Armee - was angesichts der damaligen Weltlage besonders fatal war - enorm schwächte.

Zum Zweiten entstand unter Stalin - und das ist wahrscheinlich das besonders Charakterische des Stalinismus - ein extremes >in den Vordergrund stellen der Person Stalins<, was man allgemein mit dem Begriff "Personenkult" umschreibt. Die Person Stalins wurde dadurch unantastbar, unfehlbar und überall präsent. Das alles geschah unter dem Deckmantel der kommunistischen Ideologie, obwohl das sicher nur noch wenig damit zu tun hatte. Fest steht jedoch, daß bereits Lenin diese Diktatur gegründet hat und es war nur eine Frage der Zeit, bis so ein brutaler Despot, wie es Stalin war, die Macht an sich riß, weil es demokratische Kontrollorgane, wie z. B. eine parlamentarische Opposition oder eine freie Presse nicht gab.
 
Klar, Stalin war ein ehrenwerter Mensch. Warum wurde das auf dem 20. Parteitag der KPdSU 1956 überhaupt nicht in Betracht gezogen. Genosse Chruschtschow hielt da eine Geheimrede, die deshalb geheim bleiben mußte, weil seine Anschuldigungen Stalins völlig aus der Luft gegriffen waren.
Dennoch gab es im Anschluß an diesen Parteitag eine Entstalinisierung.
 
Stalin war immer sehr fleißig und sin Aufstieg ist doch nicht ausschließlich durch Säuberungen, Intrigen o.ä. zustande gekommen. Er war sicherlich kein guter Theoretiker, aber hart gearbeitet hat er stets und ständig.

Hart gearbeitet. Soso. Soso war übrigens der Kosename des kleinen Jossif von seiner Mutter.
Seine Mitgliedschaft in das ZK der Bolschewisten ab 1912 war ein Zufall, weil kein anderer Nicht-Russe habhaft war. Stalin war in dieser Zeit tatsächlich sehr fleißig, er raubte Banken aus und finanzierte damit Lenins und anderen Bolschewisten ihre Exiljahre in Europa und Amerika. Hinterfrag mal, ob all die Exilanten im jahrelangen Exil einer Arbeit nachgingen, um in Hotels und ähnlichem abzusteigen. Auch die Parteitage der in Russland verbotenen SDAPR (Bolschewiki/Menschewiki) in Europa mussten finanziert werden durch die Banküberfälle.
Ab 1918 übernahm er eine Funktion innerhalb der Partei, der man zu dem Zeitpunkt keine große Bedeutung beimaß: er war praktisch Geschäftsführer der Partei und somit erster Mann, bei dem alle Infos/Mitteilungen/Festlegungen von Mitgliedern der Partei eingingen. Nebenher war er ebenso fleißig ein stalinsches Netzwerk innerhalb der Partei aufzubauen, was darin mündete, dass er als Feldherr den desaströsen Polenfeldzug der Roten Armee zu verantworten hatte indem er statt Warschau Lemberg angreifen ließ. Vorher hatte er die Schlacht um Zaryzin verloren. Schliesslich wurde er als Feldherr seines Amtes enthoben, da er mehr mit Mauscheleien gegen andere Parteimitglieder/Generäle zu tun hatte, statt Schlachten erfolgreich zu organisieren.
Die sowjetische Geschichtsfälschung im Jahre 1929 war im Grunde genommen auch harte Arbeit. Mich wundert, dass hier im Forum "Stalinwerke" verlinkt sind. An anderer Stelle habe ich bereits geschrieben, welchen Wert diese Schinken haben. Die anschliessenden Vernichtungsfeldzüge gegen die eigenen Zivilisten (und dann auch gegen das Offizierskorps der Roten Armee) sollten auch als stalinscher Fleiss und harte Arbeit nicht unerwähnt bleiben. Wobei die Säuberungswellen schon zu einer Zeit begannen, wo Stalin nicht allein entschied sondern mit Lenin und Trotzki u.v.a. zusammen.

Zur Frage: was denn Stalinismus sei: Stalinismus ist nichts weiter als Leninismus mit Diktator. So gesehen also ein Versuch der kommunistischen Welt, ihre Ideen und Visionen weiter aufrecht zu erhalten und zu suggerieren, der bisherige Sozialismus wurde nur falsch durchgeführt. Trotzki, Lenin, Stalin und wie sie alle hiessen, haben im Kriegskommunismus 1918-1922 gezeigt, dass sie alle aus demselben kommunistischen Stall kommen.
 
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