Was haben Adelige eigentlich so gemacht?

Als Ehemann der damaligen Zeit hätte ich meiner Frau allerdings erst einen Liebhaber gestattet, nachdem sie mir mindestens einen rechtmäßigen Erben geschenkt hätte. Sonst hätte man ja nachher ein "Kuckuckskind" in seiner Erblinie... Oder hat man das etwa auch nicht so eng gesehen?
 
Hallo Comtesse,

Als Ehemann der damaligen Zeit hätte ich meiner Frau allerdings erst einen Liebhaber gestattet, nachdem sie mir mindestens einen rechtmäßigen Erben geschenkt hätte.
das glaube ich auch.

In den beiden von Brissotin erwaehnten und mir ausgefuehrten Faellen war es so: Der alte Comte de Flahaut de la Billarderie war schon einmal verheiratet, und zwar mit Francoise-Louise Poisson, die angeblich eine Schwester der Madame Pompadour war (ob das stimmt, kann ich nicht sagen) - jedenfalls starb sie so gegen 1775, das Paar blieb kinderlos. Als seine neue junge Frau vom Abbe de Perigord schwanger war, koennte ihm das durchaus entgegen gekommen sein: Zwar war es jedem klar, dass er nicht der Vater war/sein konnte, aber er erkannte das Kind gerne als seines an - weil er seine junge Frau gerne hatte und ihr die "Schande" eines unehelichen Kindes ersparen wollte, aber auch, weil er sich damit die Erbfolge zu sichern glaubte (und vielleicht auch ein bisschen aus Eitelkeit: seht her, ich bin zwar alt und kann mich kaum noch ruehren, aber Kinder kann ich noch zeugen). Charles de Flahaut wusste zwar (mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit), wer sein biologischer Vater war, verhielt sich aber ganz so, als sei er tatsaechlich der Sohn des alten Comte de Flahaut - die Aktion, das Kind als sein eigenes anzuerkennen, obwohl es das ganz augenscheinlich nicht war, kam also allen Beteiligten zugute, auch dem gehoernten Ehemann.

Bei Germaine de Stael war das erste Kind (ein kleines Maedchen, das im Alter von 2 Jahren starb) vermutlich tatsaechlich das Kind von ihrem Ehemann (ganz sicher ist man sich da aber auch nicht). Als Vaeter fuer das naechste kommen Narbonne (sehr wahrscheinlich sogar fuer die naechsten zwei) und Talleyrand (zeitlich eher unwahrscheinlich) in Frage, und dann wohl Benjamin Constant. Aber das weiss man alles nicht so genau. Jedenfalls hat da der Ehemann vermutlich tatsaechlich zumindest das erste Kind gezeugt (und dann wohl aufgegeben, nachdem sie einfach nicht mehr mit ihm geschlafen hat).

Der Normalfall wird aber wohl so gewesen sein, wie Du sagst.

Viele Gruesse,
gnlwth
 
Zuletzt bearbeitet:
Die Hauptsache war ja, dass ein Erbe da war. Von wem der nun väterlicherseits Stammte war relativ egal - DNA-Tests über die Vaterschaft gab es ja schließlich nicht, man konnte (und musste) also in den meisten Fällen stillschweigend jedes Kind als das "eigene" akzeptieren, wenn man nicht aus versehen sicher wusste, dass man doch die letzten 10 Monate garnicht ... egal.

Wie lasch das mit der Treue gehandhabt wurde erkennt man z.B. an den Gepflogenheiten derer von Thurn und Taxis.
Dort war es üblich, dass der Ehegatte sich bei seiner Frau (also deren Zofe etc)anmeldete, bevor er hereinkam - man wohnte ja gewissermaßen getrennt - und sie ihn auch durchaus zurückweisen konnte (ala - Ich hab Migräne).
Das erleichtert Affären natürlich ungemein - solange sich beide Seiten an die Spielregeln hielten war ein "in flagranti - erwischt-Szenario" kaum möglich.
 
man konnte (und musste) also in den meisten Fällen stillschweigend jedes Kind als das "eigene" akzeptieren, wenn man nicht aus versehen sicher wusste, dass man doch die letzten 10 Monate garnicht ... egal.
Manchmal auch, obwohl man wusste, dass man in den letzten 10 Monaten garnicht... Zum Beispiel bei Eugene Delacroix (dem Maler, der u.a. das beruehmte Bild gemalt hat, auf der die barbruestige Marianne mit der Tricolore ueber die Barrikaden steigt, http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/a/a7/Eug%C3%A8ne_Delacroix_-_La_libert%C3%A9_guidant_le_peuple.jpg) - Eugene Delacroix ist noch ein (unehelicher) Sohn von Talleyrand. Das weiss man, weil seine Mutter zur Zeit seiner Empfaengnis ein Verhaeltnis mit Talleyrand hatte, der "Vater", Charles-Francois Delacroix (noch ein Charles-Francois) aber eine riesige Geschwulst an seinen Genitalien, was erstens niemandem verborgen blieb (auch, weil Talleyrand nach der Geburt seines Sohnes einen Zeitungsartikel diesbezueglich im Moniteur schaltete), zweitens jeglichen Geschlechsverkehr vollstaendig verhinderte. Trotzdem hat auch Charles-Francois Delacroix die Vaterschaft anerkannt (wohl auch, um damit die peinliche Offenlegung seiner gesundheitlichen Probleme zu dementieren). Dass Eugene Delacroix Talleyrands Sohn war, hat dieser zwar niemals oeffentlich anerkannt, aber der Zeitungsartikel und die Tatsache, dass er ihn als Kuenstler sehr protegiert hat, sprechen fuer sich. Ausserdem sah auch Delacroix Talleyrand aehnlich:

Father_and_Son.jpg



Also, selbst wenn es jedem klar ist, dass der Vater nicht der Vater sein kann, gibt es Faelle, in denen es diesem (und anderen) lieber ist, wenn einfach allle so tun, als waere er es.

Viele Gruesse,
Gnlwth
 
Von wem der nun väterlicherseits Stammte war relativ egal - DNA-Tests über die Vaterschaft gab es ja schließlich nicht...
Das zwar nicht, aber wenn das Kind dann sommersprossig- rothaarig wie Madams Reitlehrer war...
Da muss der rechtmäßige Mann schon mit dem Klammerbeutel gepudert gewesen sein, wenn er keinen Verdacht schöpfte. Dass Kinder Merkmale von beiden biologischen Eltenteilen haben, wusste man auch ohne Kenntnis der DNA-Doppelhelix und Mendelschen Gesetze.
 
Zuletzt bearbeitet:
Als Ehemann der damaligen Zeit hätte ich meiner Frau allerdings erst einen Liebhaber gestattet, nachdem sie mir mindestens einen rechtmäßigen Erben geschenkt hätte. Sonst hätte man ja nachher ein "Kuckuckskind" in seiner Erblinie... Oder hat man das etwa auch nicht so eng gesehen?

Im 18./19. Jhdt. hat man die ja häufig ohne großes Aufheben abgefunden.
 
Charles-Francois de Flahaut de La Billarderie war geschlagene 36 Jahre aelter als seine Frau; als er sie heiratete, war er 54 Jahre alt, sie 18 - man kann sich wohl vorstellen, dass sie verhaeltnismaessig wenig begeistert war.

Solche enormen Altersunterschiede sind mir schon desöfteren untergekommen.

Manchmal frage ich mich dann, wie z.B. ein alter General, der bis kurz vor die 70 noch nicht auf den Gedanken gekommen war zu heiraten, dann auf einmal nichts anderes im Sinne hat.

Bei Fürsten spielte freilich die Zeugung des Erben eine große Rolle. Man denke an den Kurfürsten Carl Theodor von der Pfalz, der 1795 die 18-jährige Maria Leopoldine von Österreich-Este ehelichte. Der Kurfürst selbst war bereits 70. Da fragte ich mich schon, wie ernsthaft denn da versucht wurde einen Erben zu zeugen. Die Ehe blieb kinderlos. Carl Theodor hatte aber einige Kinder zuvor mit Mätresse gehabt, welche er neben seiner Gemahlin Elisabeth Auguste hatte.

Zum Teil scheint eine Rolle gespielt zu haben, dass der Fürst einfach daran gewöhnt war, verheiratet zu sein und ein Leben "allein" nicht in seiner Vorstellungswelt lag. Auch wenn man bei Hofe oder überhaupt im adeligen Alltag einen eher distanzierten Umgang mit dem Ehepartner pflegte, scheint dennoch bisweilen das Bedürfnis nach einer gewissen ehelichen Geborgenheit bestanden zu haben. Soetwas vermittelt bspw. eine Aufzeichnung von König Friedrich I. in Preußen, der auch ein drittes Mal noch heiratete, als er bereits älter und hinfällig war.


Wenn der Adelige nicht gerade Offizier war oder ein Hof- oder Verwaltungsamt bekleidete, scheint das Leben auf seinem Schloss das Übliche gewesen zu sein.
Die "Gefährlichen Liebschaften" skizzieren recht schön den Zeitvertreib der Adeligen um 1780.

Der Tagesablauf war auf dem Lande von der morgendlichen Jagd gekennzeichnet, welche je nach zeitlichen und räumlichen Umfang und Aufwand den weiteren Tag des Adeligen bestimmte. Hatte der König von Frankreich eine stattliche Entourage, welche er mit auf die Jagd nahm und die wie er (es war in England ganz ähnlich) in Jagduniformen gekleidet war, so verfügte der Adelige je nach Jagdrechten, Größe des Jagdrevieres etc. über eine mehr oder weniger große Gesellschaft. Für den Niederadel scheint das Übliche eine Jagd des Adeligen zusammen mit seinem Jäger (in "Gefährliche Liebschaften" Roux Azolan mit Namen) gewesen zu sein.

Ärmere Adelige, denen nur ein einziger männl. Dienstbote zur Verfügung stand, scheinen sich mit dem einen begnügt zu haben, so dass er gleich mehrere Aufgaben übernehmen musste, die sonst auf viele verschiedene Dienstbotenchargen (Jäger, Leibdiener, Livreediener usw.) aufgeteilt waren.

Die Damen beteiligten sich angelegentlich an den Jagden, aber vor allem, wenn es sich um größere Gesellschaftsjagden handelte. Es gibt viele Gemälde, welche auch Damen mit Flinten oder besonders edel mit Greifvögeln auf der behandschuhten Hand bei der Jagd mit Vögeln zeigen.

Die wesentlichen übrigen Tages"geschäfte", welche terminlich recht fixiert waren, das waren natürlich die Mahlzeiten.
Das Frühstück wurde damals in der Regel in privatem Rahmen, so das die Verhältnisse erlaubten, im eigenen Zimmer eingenommen. Diners und Soupers hingegen waren oftmals Anlässe, wenn sogar die Ehepaare zusammen kamen. Das musste aber nicht sein. Evtl. gab der Gatte auch ein Essen nur für seine männlichen Freunde und die Gemahlin war dabei nicht anwesend.
Die Uhrzeit für das Frühstück war sehr variabel, je nach den Tagesgeschäften.
Das Diner wurde in Frankreich am frühen Abend, gegen 17 Uhr, eingenommen. Es war ursprünglich die Hauptmahlzeit. (In Dtl. ging der Begriff im 18.Jh. auf das Mittagessen über, das man gegen 13 Uhr oder früher bzw. später aß.)
Das Souper verdrängte von der Bedeutung her das Diner und wurde in Frankreich bald zu DEM gesellschaftlichen Tageshöhepunkt. Je nachdem wie sehr man sich an den Hof zur Orientierung hielt, konnte das Souper früher oder später sein, war aber häufig ein wahres Nachtessen, das man zwischen 22 und 23 Uhr begann. (In Dtl. ging der Begriff schlicht auf das Abendessen über.) War das Souper früher, wie schon der Begriff nahelegt, eine leichte Abendspeise, wurde es mit der Zeit nicht nur üppiger, sondern auch umfänglich oppulenter.

Der Abend wurde ganz stark mit Kartenspielen und dergleichen zugebracht. In Frankreich war das beliebteste Spiel wohl das l'Hombre-Spiel ( http://www.geschichtsforum.de/f72/kartenspiele-vor-1800-a-12883/ ), was u.a. daher kam, dass die Königin (Maria Leszczyńska) es über alles mochte. Abarten des l'Hombre kamen auf, auch war das englische Whist in der zweiten Hälfte des 18.Jh. zunehmend in Frankreich beliebter.

Nach dem Lever und vor dem Diner brachten die Eheleute je nach Interessen den Tag hin. Oftmals spielte wie oben erwähnt die Musik oder andere Künste eine Rolle. Über die Kunst lernte man gern bei Lehrern, auch wenn der Hofmeister bzw. die Gouvernante, welche die Jugend begleitet hatte bereits aus dem Hause war. Man denke an den Chevalier Danceny, der als Musiklehrer in den "Gefährlichen Liebschaften" Eintritt ins Haus seiner späteren Angebeteten Cécile de Volanges und ihrer Mutter erhielt.
Der Musikunterricht im Erwachsenenalter spielte allerdings für beiderlei Geschlecht eine Rolle.

So man verwaltungsmäßig etwas zu tun hatte, so schloss sich dies für die Herren m.W. in der Regel an die Jagd an.

Beiderlei Geschlecht war stark mit der Korrespondenz beschäftigt. Überhaupt darf das 18.Jh. als eines einer extrem umfangreichen Privatkorrespondenz gelten. Briefe wurden zu den reinsten Kunstwerken. Sie waren geschliffen, geübte, möglichst gelungen. Briefe wurden in Büchern veröffentlicht, eigene Briefe oder welche die man erhielt und für stilistisch gut befand, las man auch in der Gesellschaft vor. Man denke schon an die hervorragenden Briefe der Mme. de Sévigné aus dem 17.Jh., welche zu Recht eine große Beliebtheit errungen haben. Nicht umsonst erfreuten sich Briefromane einer großen Beliebtheit oder fiktive Briefe rahmten doch eine Haupthandlung ein (wie in "Die Nonne" von Diderot). Bei dem damaligen Umfang der täglichen Briefwechsel - derjenige der Mme. de Pompadour mag dennoch ein Extrem sein, das von ihrer gesellschaftlichen Bedeutung herrührt - muss dieser Teil der Beschäftigung oftmals einen großen Zeitraum jeden Tag eingenommen haben.
Neben den Briefen gab es auch kurze Billets, womit man sich bspw. für einen Besuch ankündigte.

Für den städtischen Adel waren natürlich auch die Besuche kutureller Stätten wie v.a. Opern und Theater oder Vergnügungslokalitäten (z.B. "Vauxhalls Gardens" in London) je nach dem wichtig. Manch einer ging beinahe täglich in Oper oder Theater, wie die Aufzeichnungen von Zeitgenossen nahelegen.
Der Besuch von Bällen richtete sich entweder nach bestimmten Anlässen (Geburts- oder Namenstage, Feiertage, Karneval) oder wurde auch schon in einer Art Klub organisiert.

Man könnte die Liste üblicher Aktivitäten quasi schier unendlich fortsetzen. Freilich hingen sie von den individuellen Gewohnheiten, finanziellen Möglichkeiten oder Vorlieben ab. Auch konnte es gesundheitliche Gründe geben. Man denke an die berühmten Kur- und Badeorte (wie Aachen), welche sich auch schon im 18.Jh. großer Beliebtheit erfreuten und je nach dem auch sehr exklusiv sein konnten.
 
Nicht ganz vergessen werden sollte, dass ein nicht gerade geringer Teil männlicher Adeliger Offiziere waren. Deren Tagesablauf war im wesentlichen von militärischen Belangen geprägt. Ähnlich sah das bei den vielen adeligen Damen aus, die sich ihrer oder einer (wohltätigen) Stiftung widmeten. Bei den Damen kommt noch hinzu, dass alleine die Morgentoilette durchaus sehr viel Zeit in Anspruch nahm.
 
Auf die Offizierslaufbahn wurde von Brissotin ja schon hingewiesen.
Wichtiger ist eher die landwirtschaftliche und unternehmerische Tätigkeit des Adels. Im Leben vieler Adliger spielte eben auch die Verwaltung von Gütern (!), Salinen, Bergwerken und Manufakturen eine große Rolle. Gerade zu Erntezeiten konnte ein landwirtschaftliches Gut viel Stress bedeuten. Für einen "typischen" Tagesablauf müsste man zwischen Stadt/Land, Vermögen, Region, Religion, usw. differenzieren.
Die in "Gefährliche Liebschaften" gezeigten Formen des Zeitvertreibs sind vermutlich eher spezifisch für eine wohlhabende Gruppe des französischen Adels, da nicht jeder Adlige es sich leisten konnte seinen Tag mit Müßiggang zu füllen.
Den Großteil der Adelsnachlässe, die ich bereits gesehen habe, nehmen wirtschaftliche Akten ein. Quasi alles mögliche, unter anderem gerichtliche Streitigkeiten. Private Korrespondenzen bilden da eher einen kleinen Anteil und sind oft nicht sonderlich ausgearbeitet, mit recht banalem Inhalt. Teilweise dreht es sich in den Korrespondenzen aber auch wieder um Rechnungen, Ernten, Schulden und ähnliches.

Die verarmten Teile des Adels lasse ich mal außen vor. Es wäre aber sicher förderlich, wenn es ungefähre Zahlen für deren Anteil an der Gesamtheit des Adels gäbe.

Hinzufügen könnte man noch Unterricht bei Fecht-, Tanz- und Musiklehrern, wird bei Molières Bourgeois Gentilhomme ganz schön gezeigt. Einige Adlige, um nur Friedrich den Großen als prominentes Beispiel zu aufzuführen, waren technisch versierte Musiker. Dafür bedurfte es intensiven täglichen Übungsstunden.
 
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Auf die Offizierslaufbahn wurde von Brissotin ja schon hingewiesen.
Wichtiger ist eher die landwirtschaftliche und unternehmerische Tätigkeit des Adels. Im Leben vieler Adliger spielte eben auch die Verwaltung von Gütern (!), Salinen, Bergwerken und Manufakturen eine große Rolle. Gerade zu Erntezeiten konnte ein landwirtschaftliches Gut viel Stress bedeuten.
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Für einen "typischen" Tagesablauf müsste man zwischen Stadt/Land, Vermögen, Region, Religion, usw. differenzieren.
Die in "Gefährliche Liebschaften" gezeigten Formen des Zeitvertreibs sind vermutlich eher spezifisch für eine wohlhabende Gruppe des französischen Adels, da nicht jeder Adlige es sich leisten konnte seinen Tag mit Müßiggang zu füllen.
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Den Großteil der Adelsnachlässe, die ich bereits gesehen habe, nehmen wirtschaftliche Akten ein. Quasi alles mögliche, unter anderem gerichtliche Streitigkeiten. Private Korrespondenzen bilden da eher einen kleinen Anteil und sind oft nicht sonderlich ausgearbeitet, mit recht banalem Inhalt. Teilweise dreht es sich in den Korrespondenzen aber auch wieder um Rechnungen, Ernten, Schulden und ähnliches.
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Die verarmten Teile des Adels lasse ich mal außen vor. Es wäre aber sicher förderlich, wenn es ungefähre Zahlen für deren Anteil an der Gesamtheit des Adels gäbe.
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In Frankreich spielte die Offizierslaufbahn jedenfalls weit weniger anteilig eine Rolle als in Preußen. Irgendwo habe ich das auch schon mal in Zahlen verdeutlicht.
2.
Der von mir skizzierte Tagesablauf orientiert sich an dem Roman "Gefährliche Liebschaften", soweit man darin einen kompletten Tagesablauf entnehmen kann. Zu einem großen Teil wird dieser im Roman nunmal von den Intrigen eingenommen.
Die Gruppe des darin geschilderten Adels würde ich als einen wohlhabenden Adel ansehen, der sich aber offenbar nicht bei Hofe aufhält.
3.
Das Endlose Prozessieren ist ja immer wieder Teil der Memoiren (wie die vom Trenck) oder der Romane ("Gefährliche Liebschaften", "Liebesfrühling").
4.
Für manche Regionen, wo der Anteil besonders groß war, hatte ich das schon hier aufgeführt. Hier sind auch ein paar Zahlen: http://www.geschichtsforum.de/489112-post15.html Der Anteil des armen Adels war, wenn ich mich recht entsinne, jedenfalls in der Bretagne am größten.

Es dürfte schwierig sein, den Tagesablauf des armen Adels zu umreißen.
 
Guten Tag,

vielleicht koennte man noch die Salonkultur als einen wesentlichen Teil des gesellschaftlichen Umgangs nennen, der einige Zeit in Anspruch nahm - viele Adelige (vor allem Damen) unterhielten einen Salon, das hiess, sie hatten einen Jour fixe, einen bestimmten Tag, an dem man sich bei dort traf (wenn "man" eingeladen war, beziehungsweise "dazu gehoerte"), um ueber alles moegliche zu diskutieren - Politik, Kunst, Wissenschaft, Literatur... Oft gab jemand etwas zum Besten, spielte Klavier, sang etwas, las etwas vor, spielte (selbstgeschriebene) Theaterstuecke. Es gab also einfach auch sehr viel selbstgemachte kulturelle Unterhaltung.

Ich habe den Eindruck, man hat sich einfach auch sehr gerne und oft getroffen, eben um Gesellschaft und Unterhaltung zu haben, aber auch, um sich ueber alles Moegliche auszutauschen. In einer Zeit ohne Fernsehen und Radio war es schon allein um Informationen und Neuigkeiten zu bekommen, um zu verfolgen, was in der Welt so vor sich ging, von groesster Bedeutung, einfach dort hinzugehen, wo jemand vielleicht etwas Spannendes zu sagen hatte.


Inwiefern "Gefaehrliche Liebschaften" repaesentativ sind, ist aber schwer zu sagen, finde ich - es ist ja doch auch als Gesellschaftskritik zu verstehen und daher sicher ueberspitzt und ueberzogen. Als Vorbild fuer den Vicomte de Valmont soll ja Alexandre de Beauharnais gedient haben, aber ob das stimmt? Keine Ahnung. Choderlos de Laclos war jedenfalls gerne und haeufig gesehener Gast beim Abbe de Perigord, der - anstelle eines abendlichen Salons - eine regelmaessig stattfindende Fruehstuecksrunde unterhielt: Auch das eine Art, auf angenehme und unterhaltsame Weise seine Zeit zu verbringen. Dort trafen sich dann auch allerhand sehr unterschiedliche Leute zum gemeinsamen Brunch, neben einer wilden Mischung aus Bankern, Kuenstlern, Wissenschaftlern und Literaten darunter auch solche Leute wie der Duc d'Orleans, Mirabeau und Lafayette: Man kann sich vorstellen, ueber was die da so diskutiert haben.

In einer Zeit, in der die (absolute) Macht des Koenigs langsam nachliess und der (potentielle) Einfluss des Einzelnen auf die Staatsgeschaefte wuchs, nahm die Beschaeftigung mit Politik fuer viele Leute auch eine Menge Zeit in Anspruch, denke ich mal.


Viele Gruesse,
Gnlwth
 
Inwiefern "Gefaehrliche Liebschaften" repaesentativ sind, ist aber schwer zu sagen, finde ich - es ist ja doch auch als Gesellschaftskritik zu verstehen und daher sicher ueberspitzt und ueberzogen. Als Vorbild fuer den Vicomte de Valmont soll ja Alexandre de Beauharnais gedient haben, aber ob das stimmt? Keine Ahnung. Choderlos de Laclos war jedenfalls gerne und haeufig gesehener Gast beim Abbe de Perigord, der - anstelle eines abendlichen Salons - eine regelmaessig stattfindende Fruehstuecksrunde unterhielt:
War er das schon 1780/81? Er hielt sich zu der Zeit ja entweder als Offizier bei Rochefort, wenn er nicht in Paris weilte.

Ich denke schon, dass er aufzeichnete, was er um sich herum "erlebte". Das ändert natürlich nichts daran, dass der Vicomte de Valmont und die Marquise de Merteuil ziemliche Extreme darstellen.

Das Leben des Offiziers in Garnison war sicherlich nicht so spannend wie das seiner Romanhelden, wobei anzumerken ist, dass eine Nebenfigur auch immerhin Offizier ist (der auf Korsika weilt).
Das Leben des berühmtesten Vicomte de Mirabeau war hingegen fast so spannend wie das seiner oder anderer Autoren Romanfiguren (man denke an "Die Abenteuer des Chevalier de Faublas"!).

Die Welt des reichen Adels, bzw. des Adels welche auf Pump so lebte wie der Vicomte de Valmont, war sicherlich etwas, was Choderlos de Laclos vor dem Verfassen des Romanes von außen betrachten konnte. Er war zwar selber adelig, aber aus keinem großen oder sonderlich reichen Hause.


Interessant wäre wie groß der Anteil des städtischen Adels war, welcher an den Salons von Holbach, Mme. Geoffrin oder Julie de Lespinasse teilnahm.
 
War er das schon 1780/81? Er hielt sich zu der Zeit ja entweder als Offizier bei Rochefort, wenn er nicht in Paris weilte.


Ja, das war 1780/81. Chloderlos de Laclos war gerade dabei, die "Gefaehrlichen Liebschaften" zu schreiben, als er beim Abbe de Perigord fruehstuecken ging. In wieweit das, was er dort erlebte, seinen Roman beeinflusste, weiss ich aber nicht.

Viele Gruesse,
Gnlwth
 
das darf man nie so sehen der Adel ist eine sehr differenzierte Schicht.Es gibt "reiche Adelige"(Herzöge,Fürsten,Grafen etc.),und"arme Adelige"die garnichts hatten manchmal nur ihren Titel oder nur sehr wenig Land das oft nicht reichte die Familie zu ernähren Adel ist nicht gleich Adel anders die Souveränen Dynastien(Habsburg,Hohenzollern,Winsor,Romanow)die hatten meist keine Geldprobleme.
 
das darf man nie so sehen der Adel ist eine sehr differenzierte Schicht.Es gibt "reiche Adelige"(Herzöge,Fürsten,Grafen etc.),und"arme Adelige"die garnichts hatten manchmal nur ihren Titel oder nur sehr wenig Land das oft nicht reichte die Familie zu ernähren Adel ist nicht gleich Adel anders die Souveränen Dynastien(Habsburg,Hohenzollern,Winsor,Romanow)die hatten meist keine Geldprobleme.
Worauf beziehst Du Dich?:confused::confused::confused:
 
Hallo!

Ich habe auch mal eine Frage zum Adel!
Ich schreibe gerade an einer Geschichte, die Ende des 16./Anfang des 17. Jahrhunderts in England/Irland spielt.
Ich hab hier gelesen, dass Adelige eigentlich nur beim Militär, in der Kirche oder bei Hof anzutreffen waren. Ist eine reiche adelige Handels-/Geschäftsfamilie unrealistisch?

Gruß
:)
 
Ich habe auch mal eine Frage zum Adel!
Ich schreibe gerade an einer Geschichte, die Ende des 16./Anfang des 17. Jahrhunderts in England/Irland spielt.
Ich hab hier gelesen, dass Adelige eigentlich nur beim Militär, in der Kirche oder bei Hof anzutreffen waren. Ist eine reiche adelige Handels-/Geschäftsfamilie unrealistisch?
Da müsste ich nochmal nachschlagen wie es in England zu der Zeit war. In Frankreich öffnete sich der Adel nur allmählich Betätigungsfeldern wie dem Handel und das war eher ab der 2. Hälfte des 17.Jh..

Was Du auf jeden Fall machen kannst, ist dass die Familie eventuell durch den Handel zu Reichtum kam und später ein Vertreter z.B. zum Ritter geschlagen wurde und dann das Leben als Kaufmann hinter sich ließ. Das wäre plausibel.
 
Da müsste ich nochmal nachschlagen wie es in England zu der Zeit war. In Frankreich öffnete sich der Adel nur allmählich Betätigungsfeldern wie dem Handel und das war eher ab der 2. Hälfte des 17.Jh..

Was Du auf jeden Fall machen kannst, ist dass die Familie eventuell durch den Handel zu Reichtum kam und später ein Vertreter z.B. zum Ritter geschlagen wurde und dann das Leben als Kaufmann hinter sich ließ. Das wäre plausibel.
Hallo! Danke für die schnelle Antwort!

Also die politische Umrahmung meiner Geschichte sind die "Plantations" und ich dachte mir, dass ein reicher erfolgreicher Geschäftsmann gut als Großgrundbesitzer in Irland passen würde. Und er kommt halt aus einer "Händlerfamilie", okay, er muss nicht unbedingt adelig sein, aber wäre schön gewesen :D

Wo ich grade schon so einen kompetenten Ansprechpartner habe: Wofür wurde man denn eigentlich in den Adelsstand erhoben? Die Adeltitel waren ja vererbbar, so wie ich gelesen habe. Wir wurden die Kinder von adeligen Personen denn angeredet? Also ich bezieh mich hier auf das Peerage of England, beim Peerage of Scotland z.B. hatte ich gelesen, dass Kinder eines Lord of Parliament mit Master/Mistress angesprochen wurden. Gabs das für alle Adelsstände? Oder gabs nicht wirklich besondere Anreden für die Kinder?
 
Zum 16. Jh. weiß ich leider nicht soviel. :red:

Generell ist es so, dass man natürlich für Verdienste für den Staat geadelt werden konnte. Typisch ist das also für Beamte, die z.B. besonders tüchtig gearbeitet haben oder eben Soldaten, in dem Fall dann wohl Offiziere, welche sich im Krieg ausgezeichnet haben. Als Beispiel: ein Offizier hat mit großem persönlichen Mut dazu beigetragen in einer Schlacht eine wichtige Stellung zu erobern oder aber Kanonen zu erbeuten.
In der Frühen Neuzeit gab es später (also im 17. und 18.Jh.) auch die Tendenz, dass mit bestimmten Funktionen die Erhebung in den Adelsstand verbunden war, z.B. mit einem gewissen Posten in der Finanzverwaltung.

Oft liest man aus der Frühen Neuzeit, dass Adelstitel gekauft wurden. Das hieß natürlich, dass man mit quasi Bestechung (später dann bspw. in Frankreich schon beinahe institutionalisiert) auf die "Verdienste" eines Bürgerlichen hinweis, damit dieser geadelt wurde.
Da weiß ich aber noch nicht so genau, wie das in der von Dir anvisierten Zeit der Fall war.

Bei Deiner Erwähnung der "Plantations" musste ich auch auf Anhieb eher an "Moll Flanders" von Defoe denken.:D
 
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