Was haltet ihr von "Die Deutschen"?

AGermanGuy

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Wir hatten die Doku mal vor 5 Jahren im Rahmen des Geschichtsunterrichts der 8. Klasse geschaut, leider haben wir es nicht geschafft sie zu Ende zu schauen. Ich fand sie damals sehr gut und möchte sie mir wieder anschauen (und dieses Mal zu Ende). Was sind denn die Meinungen des Forums über die Doku so?
 
Ist halt eine typische ZDF-Infotainment Produktion aus der Schmiede Knopp. Ich persönlich mag Sendungen dieses Stils nicht, vor allem wenn sie nur aus Schauspielszenen bestehen, die dann von eigeblendeten "berühmten Historikern" kommentiert werden. Mit Dokumentation und Wissensvermittlung hat das dann nur noch wenig gemein.
 
OFF-Topic:
Ich frage mich überhaupt, ob man es aushält diese Art "Dokumentation-Soapoperas" zu sehen, wenn man sich in einem Fachgebiet leidlich auskennt. Ich habe mir auf youtube vor kurzem eine ZDF-Doku (wobei es ursprünglich ein englisches Produkt gewesen sein könnte) zur keltischen Religion angeschaut, trotz reingeschnittenen Professorenstimmen wie Miranda Green mit One-Minute-Statements und einzelnen interessanten gezeigten Funden musste ich nach dem dritten Sonnenuntergang und fünften Totenschädelbildern zu dumpfen Blechblasinstrumententönen das Experiment beenden.
 
Ich breche einmal eine Lanze für Guido Knopp ! Ohne diese Dokus würde sich der Normalmensch nie mit Geschichte befassen. Natürlich sind die Themen so gewählt, dass sie Quote bringen, das müssen sie auch. Ich kann den Dünkel bei der Ablehnung von G.Knopp nicht verstehen. Fachhistoriker habe ich im Verdacht, dass sie auf ihn neidisch sind, wegen seines wirtschaftlichen Erfolgs. Unter allen anderen, die sich sonst mit Geschichte befassen, ist Knopp-Bashing eine Sache, die zum guten Ton gehört.
 
Für mich hat das nichts mit Knopp-Bashing zu tun. Ich betrachte jedes Dokumentationsformat für sich, wer dahinter steht, ist recht gleich. Gibt auch Regisseure, deren eine Dokus mir gut gefallen, aber andere ich ziemlich mies finde. Oftmals ist der künstlerische oder wissenschaftliche Anspruch zwar derselbe, aber die Berater haben von der einen Zeit, die behandelt wird, weniger Ahnung, es ist ein geringeres Budget vorhanden, weniger Drehtage oder auch die Geldgeber bestehen auf bestimmte Themen. Zu einem ordentlichen Vergleich ist es natürlich auch immer nützlich, wenn man die Rahmenbedingungen kennt. Ist viel oder eher wenig Geld vorhanden. Ein Knopp vom ZDF kann ja aus den Vollen schöpfen, eine Geschichtsdoku auf dem Dritten muss schonmal mit einem Zehntel des Budgets auskommen, evtl. sogar mit mehr Sendezeit.
 
Das ist ja nun eine Frage des Adressaten. Und oftmals ist es ja so, dass man erst die falsche Erklärung verstehen muss, um zu erkennen, warum diese nicht stimmen kann.

Aber ich erhebe da ganz andere Vorwürfe:
1. Einige der 'modernes' Dokus sind sterbenslangweilig. Warum? Siehe 2.!
2. Es werden darin teilweise kaum Informationen genannt. Ich habe mal eine Doku, ich meine zu Kelten gesehen, bei der die letzte Viertelstunde nur aus Fragen und hübschen Bildchen bestand. Ich könnte das nicht glauben und habe die Wiederholung auch noch gesehen. Davon hätte man sicher 13/14 Minuten mit Experten oder was auch immer füllen können, ohne dass die Fragen zu kurz gekommen wären.
3. Oft wird einfach Blödsinn erzählt. Oder ein Forschungsstand von Anno Tuck als modern verkauft.
 
Ich breche einmal eine Lanze für Guido Knopp ! Ohne diese Dokus würde sich der Normalmensch nie mit Geschichte befassen. Natürlich sind die Themen so gewählt, dass sie Quote bringen, das müssen sie auch.

Da ist was dran. Und dann nimmt man es auch mal hin, dass ein 10 minütiger Beitrag über Waterloo die Geschehnisse derart verkürzt, dass es schon falsch ist.

Auch ann einem Napoleon sind auch schon viele gescheitert - aber wenn es das Interesse weckt, soll's mir fast jede Doku Recht sein. Der eine oder andere hat dann vielleicht den Wunsch, sein Wissen zu vertiefen/zu überprüfen.

Gruss, muheijo
 
Mir fällt da immer eine ARD-Produktion über die Nibelungen ein, in der als Hauptgewährsmann der Germanist und ausgewiesene Nibelungenliedspezialist Joachim Heinzle immer wieder aufrat. Obwohl Heinzle die alte, auf fragwürdigen Argumenten basierende Höfler-Hypothese, die Siegfriedssage basiere im Kern auf Arminius, als das zurückweist was es ist, nämlich Blödsinn, wurde in dieser ARD-Produktion genau diese These breit vertreten, interessanterweise ohne dabei Heinzle zu zitieren, der sich eher zu literaturwissenschaftlichen Fragestellungen äußerte. Obwohl das ZDF im ÖRTV ungeschlagen ist, was schlechte Dokus angeht. Da denke ich aber weniger an Knopp als an die ganzen Mittelalter-Dokus aus den Reihen Sphinx und/oder Terra X. Knopp mag nicht immer am Foreschungsstand orientiert sein oder auch manchmal extrem konservative Ansichten vertreten, dass er etwas ausdrücklich falsches oder irreführendes (Inszenierung ausgenommen) produziert hätte, ist mir nicht bewusst. Einen lechten Hang zum Gossip hatte er - und wie ich letzthin gesehen habe, führen seine Nachfolger sein Lieblingsworte Menetekel weiterhin im Munde.
 
Ich kenne ein paar Leute, die mit Knopp zusammenarbeiten, und möchte sagen: die schlechtesten sind es nicht ! Es geht auch nicht darum, einen Forschungsstand darzustellen; eine "Wahrheit" gibt es historisch so und so nicht, allein das zu behaupten wäre aus meiner Sicht unwissenschaftlich.

Knopp ist nicht Wissenschaft, Knopp ist Quote und v.a. hilft er, dass Geschichte nicht ganz aus dem Blick gerät. Bzw. half, jetzt ist er ja im Ruhestand. Ich als ganz gewiss nicht Konservativer schätze sein Werk und ziehe den Hut vor solch einer Leistung. Keiner der Kritiker würde etwas Vergleichbares zustandebringen, da kann man sich sicher sein.

Knopp = Histotainment, ein eigenes Genre. Weit mehr, als wenn wir Fachidioten mal wieder ein Büchlein oder schlimmer eine Schwarte auf dem Markt werfen, die, wenn's hochkommt, von ein paarhundert Leuten gelesen wird !!
 
Vielleicht bin ich ein bischen schuld, ich habe eigentlich nicht Knopps Serie kritisiert, sondern knüpfte an das Statement von Joinville an, weil ich gerade von einer ZDF-Info-Dokumentation frustriert war: Joinville beschreibt eine bestimmte Art des Zitierens von Wissenschaftlern abwechselnd mit Schauspielaufnahmen usw.
Genau dies findet in Kelten -Dokumentationen statt, und auch ein vergleichbares Beispiel, strukturell ähnlich zu dem Siegfried-Beispiel EQs fand sich auch in einem Dreit-Teiler zu den Kelten: Bernhard Maier als Keltenexperte sagt, dass man die Kelten nicht als ein Volk bezeichnen könne - im nächsten Moment spricht der Moderator mit gurrendem Timbre in der Stimme wieder vom "geheimnisvollen Volk der Kelten" - da macht es auf mich den Eindruck, dass der dazwischen geschobene Experte nur beweisen soll, dass man sich nicht im Fantasygenre bewegt. Loci horridi, Lucans Beschreibung eines Opferhains als Intro, es mag sein, dass "Kelten" sowieso unter einem besonderen Abenteuer-Gruselentertainmenteffekt zu leiden haben. Natürlich sehe ich auch, Peterchensmond, dass es möglicherweise ein Mittel ist, Menschen für Geschichte zu interessieren, manchmal ist es für den mündigen Zuschauer quälend und beschämend. Wenn ich Harald Meller durch die Gänge des Landesmuseum Halle im Dunkeln mit Taschenlampe laufen sehe, und er dann einen irgendwas aus einem möglichst staubigen Karton kramt (sein Frühstücksbrot? einen Schädel? Einen Opferdolch, von dem noch Blut tropft? Einen Jägermeister?), gleichzeitig darüber aber wunderbare Neonlampen zu sehen sind (oder ist in Halle gerade Stromausfall?), dann ist die Billigkeit der Effekthascherei deprimierend. Sammeln sich die Wissenschaftler dann wie Galileos-Rätselmysteryteam um einen glitzernden und flimmernden Hightech-Glastisch (Unterbau Ikea), unterlegt mit Musik wie aus Ilumminati, dann frage ich mich schon, ob man nicht eher seine Seriösität ruiniert, wenn man wegen Quote jeden Blödsinn mitmacht.
Daher: eigentlich eine übergreifend interessante Diskussion, Geschichtsdokumentation in dem Massenmedien.
 
Zuletzt bearbeitet:
Natürlich sehe ich auch, Peterchensmond, dass es möglicherweise ein Mittel ist, Menschen für Geschichte zu interessieren, manchmal ist es für den mündigen Zuschauer quälend und beschämend.

Sind die, die das gerne sehen un-"mündig"? Eine solche Kategorie auf TV zu übertragen, halte ich für wenig zielführend. Schau mal, was auf RTL oder Sat läuft, das ist in meinen Augen verkappte Dauerwerbung für Produkte und Dienstleistungen, letztlich inhaltsleer.

Mach es besser als Knopp, passend aufs Format, mit den vorhandenen Finanzmitteln, so dass es einen Sendeplatz bekommt. Was an Knopp am meisten kritisiert wird, das gibt Fernsehen nicht her. Man braucht nicht vor der Glotze hocken, wenn man sich wünscht, eigentlich wissenschaftliches ein Buch zu lesen. Es ist Histotainment und auch -marketing.

Wir Historiker sollten einsehen, dass wir eine Kunst bereitstellen, die kaum einer kauft und niemandem nützt, solange sie so betrieben wird, wie sie betrieben wird. Dass es noch Geschichtslehrstühle gibt, das hat man der Gesetzgebung etablierter Parteien zu verdanken, mehr nicht.

Historiker sind steuergeldfinanziert, ob als Beamte in Museen, Unis, Archiven oder Schulen. Man braucht sie nicht. Man könnte sie vom einen auf den andern Tag streichen. Dass das nicht passiert und so etwas wie ein Interesse an Geschichte (noch) da ist, dafür gibt es Leute wie Knopp, sie machen ihre Sache sehr gut, finde ich, auch die Dokus aus Frankreich oder von der BBC sind mE spitze.

Wenn es Dich quält, schalte es ab. Wenn Du Dich schämst, wofür? Hast Du ja nicht gemacht. Ich finde es gut und schäme mich nicht.
 
Historiker sind steuergeldfinanziert, [...] Man braucht sie nicht.
Das sehe ich anders. Die Besucher historischer Museen wie das Angebot haben sich in den letzten zehn Jahren vervielfacht. Das kommt nicht von ungefähr. Historische Fachliteratur (nicht nur Romane) hat einen Markt über die Fachwelt hinaus, wenn auch nicht jeder Bereich gleichermaßen. Der Inhalt des Geschichtsunterrichts in der Schule ist nicht etwa bloß Fach- sondern vor allem über die Geschichte hinausgehendes Methodenwissen. Historiker schaffen einen gesellschaftlichen Mehrwert, wo sie wirken.
 
Das sehe ich anders. Die Besucher historischer Museen wie das Angebot haben sich in den letzten zehn Jahren vervielfacht. Das kommt nicht von ungefähr. Historische Fachliteratur (nicht nur Romane) hat einen Markt über die Fachwelt hinaus, wenn auch nicht jeder Bereich gleichermaßen. Der Inhalt des Geschichtsunterrichts in der Schule ist nicht etwa bloß Fach- sondern vor allem über die Geschichte hinausgehendes Methodenwissen. Historiker schaffen einen gesellschaftlichen Mehrwert, wo sie wirken.

Museen tragen sich selten über Eintrittsgelder von Besuchern, sondern sind zumeist steuergeldfinanzierte Einrichtungen. Romane sind nicht historische Fachliteratur. Den Markt für letztere kenne ich ganz gut, das ist meist alles aus öffentlichen Geldern bezuschusst.

Methodenwissen aus dem Bereich der Geschichtswissenschaft kann in andern Fächern ebenso vermittelt werden, bspw. Politik oder Geografie oder Gesellschaftskunde. Wie soll der "Mehrwert" aus den Geschichtswissenschaften aussehen?
 
Diejenigen "Normalmenschen", die sich nicht für Geschichte interessieren schauen sich auch keinen Knopp an.
Da wäre ich nicht so sicher. Es gibt doch genug Menschen, die sich vor den Fernseher setzen und einfach ansehen, was eben kommt. (Oder herumzappen, bis sie irgendwo hängenbleiben.) Also Menschen, die sich nicht gezielt Sendungen anschauen. Solche Menschen können wohl durchaus auch bei einer Geschichtsdokumentation (insbesondere wenn sie reißerisch gemacht ist) hängen bleiben, obwohl sie nie ein Buch über Geschichte lesen würden.
(Damit will ich jetzt allerdings keine Lanze für reißerische Macharten brechen.)
 
Museen tragen sich selten über Eintrittsgelder von Besuchern, sondern sind zumeist steuergeldfinanzierte Einrichtungen.

Machen wir mal die Gegenprobe: "Straßen sind steuergeldfinanziert. Man braucht sie nicht."

Romane sind nicht historische Fachliteratur.
Kommt auf den Roman an ;) Im Ernst, du wirst wissen, dass ich das nicht gemeint habe.

Methodenwissen aus dem Bereich der Geschichtswissenschaft kann in andern Fächern ebenso vermittelt werden, bspw. Politik oder Geografie oder Gesellschaftskunde. Wie soll der "Mehrwert" aus den Geschichtswissenschaften aussehen?
Aha, also schaffen Politik- oder Geographielehrer einen Mehrwert, Geschichtslehrer aber nicht? ;)
Du gefällst dir in der Rolle des Advocatus adversarii, was?
 
Zuletzt bearbeitet:
Bei Straßen ist mir klar, was sie schaffen: Transport von Mensch und Material, das ist ihr "Mehrwert". Bei Geschichte ist mir das nicht klar. Politik- und Erdkundelehrer tragen dazu bei, gegenwärtige Phänomene zu verstehen, die von jungen Leuten benötigt werden, wenn auch weniger als Mathe, Deutsch oder Sprachen und NatWiss. Wie das bei Geschichtslehrern ausschaut, ist mir nicht klar.
 
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