Was können wir aus historischen Wirtschaftskrisen lernen?

H

Hamtaro

Gast
welche lehrsätze kann man zum beispiel aus der gründerkrise ziehen?
 
Lehrsätze bleiben so lange bestehen bis sie von der Realität überrollt werden.

Meiner Meinung nach zeichnet sich jede (wirtschafts-) Krise dadurch aus, dass die gängigen Vorstellungen und eben Lehrsätze zu relativieren oder zu verwerfen sind und neuen Betrachtungen Platz machen müssen.

Aussagen wie: "Ja genau das hatten wir 19hundert sowieso vor Chr. und darum müssen wir..." kann man vielleicht in der Politik bringen. Für ein erwachsenes Weltbild sind sie nicht zu gebrauchen.

Ich bin Wirtschaftsanalyst und ich gehe mit historischen Beispielen wiefolgt um:
Aufzeigen von Parallelen und Unterschieden zur aktuellen (oder zu der zu vergleichenden) Situation. Analyse, wie sich die Unterschiede auf die Entwicklung auswirken. 3 Szenarien: dramatisch, marginal, Mittelweg. Ev. Gewichtung mit Wahrscheinlichkeiten.

Ansonsten finde ich das Studium von historischen Entwicklungen ausgesprochen lehrreich und es hilft Zusammenhänge zu verstehen. Allerdings sind Geschichte und Wirtschaft keine exakte Wissenschaften und Entwicklungen sind weder zwangsläufig noch zufällig.

In diesem Sinne, viel Spass

Grüsse
Arthur
 
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Gar keine! Wirtschaftskrisen werden sich, wie alle anderen geschichtlichen Ereignisse, wiederholen. Was auch nicht weiter schlimm ist, wo wäre sonst der Spaß?

Jetzt eine etwas gewagte These: Geschichte eine fortgehende Bewegung der Menschheit in der Zeit. Nun die Physik sagt uns, dass alle fortgehende Bewegungen sich im Kreis drehen, wenn Fliehkraft und so nicht helfen tut es die Krümmung von Zeit und Raum. Wenn wir dieses Gesetz von der physikalischen Ebene auf die philosophische erweitern, kommen wir zu dem Schluss, dass die Geschichte sich im Kreis dreht. "Es gibt nichts neues unter der Sonne" sagte (glaube ich) Goethe.
Marx Theorie vom Klassenkampf beruht auf ähnlichen Thesen, nur materialistischer, und Marx hat wiederum auf Hegel aufgebaut,wenn ich mich nicht irre, der idealistischer Gedacht hat.
Warum ich das gut finde? Stillstand ist tot und das wäre der einzige Weg des Entkommens aus dem "Teufelskreis" der Bewegung.


Dies ist natürlich nicht Geschichte im engeren Sinn, aber es ist eine Idee wie man sie deuten und verstehen kann (Geschichtsphilosophie).
 
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Lehrsätze bleiben so lange bestehen bis sie von der Realität überrollt werden.

Das ist wohl richtig, spricht aber nicht unbedingt dagegen, sich an Lehrsätzen zu orientieren. Das zeigt ja auch genau Dein Vorgehen, gegenwärtige Probleme auch vor der Folie eines historischen Vergleichs zu analysieren, ohne die historischen Begebenheiten 1:1 auf die Gegenwart übertragen zu wollen.

Insofern hast Du meine Zustimmung.

Wirtschaftskrisen werden sich, wie alle anderen geschichtlichen Ereignisse, wiederholen. Was auch nicht weiter schlimm ist, wo wäre sonst der Spaß?

Dass Spaß in der Wiederholung der Dinge liegt, wäre mir neu. Es ist wohl eher Stillstand und Langeweile, die sich aus der Wiederholung der ewig gleichen Dinge ergeben. Dass Wirtschaftskrisen

nicht weiter schlimm
seien, kann ich angesichts der Folgen, die diese für weite Teile der Menschheit hatten und haben auch nicht wirklich nachvollziehen.

Jetzt eine etwas gewagte These: Geschichte eine fortgehende Bewegung der Menschheit in der Zeit. Nun die Physik sagt uns, dass alle fortgehende Bewegungen sich im Kreis drehen,

Und ich befürchte fast, dass diese Diskussion den ultimativen Beweis erbringen wird, dass dies so ist, da Dein zukünftiger Einwurf auf meinen Beitrag diese Debatte zurückwerfen wird, so dass diese sich dann im Kreis drehen wird. Es könnte natürlich auch sein, dass sich die ein oder andere Argumentationslinie hier schließlich - dem Gesetz der Schwerkraft folgend - durchsetzt und aufgrund ihres Gewichtes stärker einschlägt als eine andere. Zum Beispiel die, dass das menschliche Denken seit der Antike immer nur unzureichend mit physikalistischen (aber z. B. auch mit biologistischen) Erklärungsmustern erklärt werden konnte und sich mithin mechanistischen Deutungen entzieht.

"Es gibt nichts neues unter der Sonne" sagte (glaube ich) Goethe.

Das steht bereits in der Bibel. Vgl. - Prediger 1 (Luther 1912) und Prediger 1 (Schlachter 1951)

Marx Theorie vom Klassenkampf beruht auf ähnlichen Thesen, nur materialistischer, und Marx hat wiederum auf Hegel aufgebaut,wenn ich mich nicht irre, der idealistischer Gedacht hat.

Hier eine konkrete Kritik von Marx an Hegel:
Hegel bemerkte irgendwo, daß alle großen weltgeschichtlichen Tatsachen und Personen sich sozusagen zweimal ereignen. Er hat vergessen, hinzuzufügen: das eine Mal als Tragödie, das andere Mal als Farce.
Karl Marx - Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte - I

Ob man Marx, Hegel und Goethe allerdings bemühen kann, um Deiner These

Stillstand ist tot und das wäre der einzige Weg des Entkommens aus dem "Teufelskreis" der Bewegung.

zu Nachdruck zu verhelfen, bezweifel ich aber stark, zumal überhaupt nicht deutlich wird, was Du mit dem "Teufelskreis der Bewegung" meinst.

Mit Geschichtsphilosophie hat das alles jedenfalls nichts zu tun. Aber auch die wiederholt sich wohl gern mal als Farce.
 
Aus den vorangegangengen Wirtschaftskrisen hat man sicher etwas gelernt, es wurden meist danach wichtige Lehrsätze erlassen bzw Thesen erstellt wie es zu der Krise kam und wie man sie verhindern hätte können, aber die Gesellschaft ist immer eine andere und entwickelt sich weiter, daher kann man es einfach nicht vergleichen, das ist aber nur mein persönliche Meinung dazu...
 
Grundsätzlich kann man sagen : Konjunkturzyklen entstehen durch Übersteuerung, Krisen durch dramatische Übersteuerung.

Das Phänomen der Übersteuerung wird duch den "Ferkelzyklus" illustriert : Viele Bauern ziehen Schweine auf -> Überangebot, Preise fallen -> Schweineaufzucht wird verringert -> Unterangebot, Preise steigen -> Schweineaufzucht wird lohnender, viele Bauern ziehenSchwein auf ->....

Die Selbststeuerung besteht darin, dass eine Veränderung eine Gegenreaktion auslöst, und die Übersteuerung darin, dass dies mit zeitlicher Verzögerung und (dadurch) zu heftig geschieht.

Ein Krise (wenn sie nicht durch externe Faktoren wie Krieg oder Dürre ausgelöst wird) ist das gleich, nur heftiger. Zu viele Schulden, Tulpen, Zwangsversteigerungen o. ä. auf einmal, die zu schnell gekommen sind, sich aufgestaut haben, kaschiert worden sind, und die nun einen Gegeneffekt auslösen, bevor eine allmähliche Selbstregulierung eintreten kann.

Ich habe mal versucht, diesen Mechanismus als Spiel darzustellen (Java), den Konjunkturzyklus in "Handel", das Prinzip der Selbstregulierung bzw. Übersteuerung in "Heizung" : Die Spielregeln bestimmen das Spielergebnis
 
@Hamburger84

Ein bißchen Sarkasmus muß man sich in Diskussionen gefallen lassen und da sollte man auch die Contenance behalten. BWL, VWL und im übrigen auch Geschichte sind keine exakten Wissenschaften, das wissen wir alle. Medellierungen leben nun einmal von Abstraktionen, auch das wissen wir alle (sic!).

M.E. sollte man bei in der Wirtschaftsgeschichte zwischen Theoriegeschichte und vw Modellierung und der Analyse wirtschaftshistorischer Phänome genau unterscheiden, ansonsten gibt es eine kaum überschaubare Gemengenlage.

Für die Arbeit der Treuhandanstalt gab es seinerzeit keine theoretischen Modelle, wie es in den späten 1980'er und frühen 1990'er Jahren keine Transformationstheorie (sozialistisches Modell => marktwirtschaftliches Modell) gab. In der ex post Betrachtung ist da einiges suboptimal gelaufen, aber da rennst Du nicht nur bei Wirtschaftshistorikern "offene Tore" ein.

Nicht jede zyklische Wirtschaftskrise führt auch zu tiefgreifenden politischen Paradigmenwechsel (wie 1929 - 1933). Nicht jede Wirtschaftskrise ist zyklischen Ursprunges, Wirtschaftskrisen können auch durch exogene Ursachen ausgelöst werden (Kriege, Naturkatastrophen etc.). Auch das "Verpennen", salopp gesagt, von Basisinnovationen ("Lange Wellen"), können in Volkswirtschaften nachhaltige Krisen auslösen.

Z.B. aus der Gründerkrise können wir faktisch nichts lernen, da sie sich unter einmaligen wirtschaftshistorischen Bedingungen entwickelte, die nicht wiederholbar sind, z.B. Aktienrechtsnovellierung, Sieg im deutsch-französischen Krieg, mit seinen Rückkoppelungen, Herstellung der nationalstaatlichen Einigung, Novellierung des Zolltarifes etc., mit Sicherheit auch zykische Ursachen.

M.
 
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@Hamburger84
Ein bißchen Sarkasmus muß man sich in Diskussionen gefallen lassen und da sollte man auch die Contenance behalten. BWL, VWL und im übrigen auch Geschichte sind keine exakten Wissenschaften, das wissen wir alle. Medellierungen leben nun einmal von Abstraktionen, auch das wissen wir alle (sic!).
M.E. sollte man bei in der Wirtschaftsgeschichte zwischen Theoriegeschichte und vw Modellierung und der Analyse wirtschaftshistorischer Phänome genau unterscheiden, ansonsten gibt es eine kaum überschaubare Gemengenlage.

Das kann man nur unterstreichen. Das Wahren der Contenance wird auch dadurch unterstützt, Erklärungsansätze und Modelle nicht zu Dogmen zu erheben, sondern in einer offenen Diskussion kritisch abzuwägen.

In den 80ern war es zB Mode, mit den gesteigerten datentechnischen Möglichkeiten ökonomische Wirkungsketten - den man empirisch einige Zuverlässigkeit aufgrund von Vergangenheitsanalysen zusprach - in Gleichungsmodelle zu packen. Möglichst viele Gleichungen versprachen dabei, Steuerungsmodelle zu entwickeln, die gesamtwirtschaftliche Prognosen versprachen. Das war wohl auch nicht der Weisheit letzter Schluss, wie die Entwicklungen zeigten.
 
Grundsätzlich kann man sagen : Konjunkturzyklen entstehen durch Übersteuerung, Krisen durch dramatische Übersteuerung.

Das Phänomen der Übersteuerung wird duch den "Ferkelzyklus" illustriert : Viele Bauern ziehen Schweine auf -> Überangebot, Preise fallen -> Schweineaufzucht wird verringert -> Unterangebot, Preise steigen -> Schweineaufzucht wird lohnender, viele Bauern ziehenSchwein auf ->....

Die Selbststeuerung besteht darin, dass eine Veränderung eine Gegenreaktion auslöst, und die Übersteuerung darin, dass dies mit zeitlicher Verzögerung und (dadurch) zu heftig geschieht.

Ein Krise (wenn sie nicht durch externe Faktoren wie Krieg oder Dürre ausgelöst wird) ist das gleich, nur heftiger. Zu viele Schulden, Tulpen, Zwangsversteigerungen o. ä. auf einmal, die zu schnell gekommen sind, sich aufgestaut haben, kaschiert worden sind, und die nun einen Gegeneffekt auslösen, bevor eine allmähliche Selbstregulierung eintreten kann.

Ich habe mal versucht, diesen Mechanismus als Spiel darzustellen (Java), den Konjunkturzyklus in "Handel", das Prinzip der Selbstregulierung bzw. Übersteuerung in "Heizung" : Die Spielregeln bestimmen das Spielergebnis

Der Schweinezyklus ist keineswegs das Erklärungsmodell für wirtschaftliche Zusammenhänge. Er ist eine von vielen Grundlagentheorien der Mikroökonomie* und ist lediglich für einige wenige wirtschaftliche Zusammenhänge bedeutend. Mindestens so bedeutend sind aber auch Eigenschaften des Menschen wie Herdentrieb, den man besonders 1929 sehen konnte (Aktienverkäufe, Bank-Run) oder Wirtschaftsblasen, die auf günstigen Krediten oder schlicht nicht vorhandenen Werten basieren (2000 dotcom). Dein Spiel ist ein ganz praktischer Mikroökonomischer Ansatz, ist aber Makroökonomisch, also gesamtwirtschaftlich nicht zu halten und möchte mit einem Zitat von Hayek schließen:

The curious task of economics is to demonstrate to men how little they really know about what they imagine they can design.
*Ich erspare euch einmal die ganzen wirtschaftswissenschaftlichen Erläuterungen, die dazu noch folgen müssten, da das hier kein Wirtschafts- sondern immer noch ein Geschichtsforum ist.

edit: Zitatzuschreibung korrigiert.
 
Ich hatte gestern wieder das Thema was können wir aus den vorangegangen Wirtschaftskrisen lernen, in einem Seminar an der Uni. Und da meinte unser Prof so, dass man sicher immer wieder was darausgelernt hat, nur ist es halt fraglich in wie weit dieses gelernte auch anwendbar ist.
Sicherlich wichtig ist, dass nach solchen Krisen immer wieder "Auffangnetze" eingebaut wurden, die jetzt auch greifen und auch sicherlich nach dieser Krise wieder neue eingestetzt werden. Nur die Gesellschaft entwicklet sich einfach weiter!
 
Sicherlich wichtig ist, dass nach solchen Krisen immer wieder "Auffangnetze" eingebaut wurden, die jetzt auch greifen und auch sicherlich nach dieser Krise wieder neue eingestetzt werden. Nur die Gesellschaft entwickelt sich einfach weiter!

Man hat manchmal den Eindruck, dass Dinge auch schlicht vergessen bzw. igrnoriert werden.
 
Selbstverständlich könnten die Leute aus vergangenen Krisen lernen, nur wenn versprochen wird, das ohne Leistung der Lebensunterhalt zu fristen wäre, und das jedes Jahr leichter, setzte regelmäßig der Verstand aus.
Von den Nachahmern der Fugger über .... bis heute. Wahrscheinlich auch schon sehr viel früher ...

Seltsamerweise tauchen "Schneeballsysteme" so alle ~20 Jahre auf, die dann unter "großem Krach" die "Wirtschaft" zusammenbrechen lassen. Und komischerweise fällt die Menschheit nach so einem Krach nicht in die Subsistenzwirtschaft zurück, was ja ein echter Zusammenbruch einer Kreislaufwirtschaft /arbeitsteiligen Wirtschaft wäre.

"Schneeballsysteme": eine ansich wertlose Ware (Tulpenzwiebeln, Anteilscheine, Aktien) soll gegen reelle Werte erworben werden, um sie später wieder gegen noch mehr reelle Werte einzutauschen. Wenn dann plötzlich alle "Kasse machen" wollen, ist das der "Zusammenbruch der Wirtschaft"
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Der erste Schritt wäre das Verständnis der historischen Krise, und dafür benötigt der Wirtschaftshistoriker Daten.

Nimmt man das Beispiel "Gründerkrise", so haben in den letzten Jahren einige Untersuchungen neue Erkenntnisse ans Licht gebracht. Bislang basierten gerade die Abschätzungen des industriellen Wachstums auf dem Standardwerk von Hoffmann. Hoffmann wiederum hatte eine Vielzahl von Schätzungen verarbeitet.

Statistische Analysen (zB Burhop) belegen nun, dass Hoffmann den industriellen Output 1913 etwa 15% zu niedrig ermittelt hat, und den von 1871 etwa um 48% zu niedrig. Gleichzeitig waren Fehlschätzungen der Änderungsraten des industriellen Outputs während der Gründerkrise enthalten, die im Wesentlichen "nur" eine "Fertigungskrise" war, während diverse industrielle Branchen keine Rückgänge, sondern Wachstum aufwiesen. Hoffmann schätzte auch das Wachstum des vorausgegangenen "Gründerbooms" nach Bismarcks Reichseinigung zu hoch ein. Ebenso daneben liegt wohl die bisherige Einschätzung der "Great Depression" für die 1880er (Korrekturen für Großbritannien sind schon etwas länger auf dem Tisch), die nicht mehr nachweisbar ist.

Beide Fehlschätzungen kombiniert verzerrten den Blick auf die Gründerkrise, die nämlich hierdurch dramatisiert wurde (was allerdings auch der Perzeption der Zeitgenossen entsprach). Die Lage war besser als die Meinung darüber. Die Krise wurde lange als typischer Fall von Überhitzung einer Wirtschaft gesehen, von der Sonderkonjunktur der marxistischen "Endzeit-"Analysen des 19. Jahrhunderts ganz abgesehen.

Wie man an der Korrektur der "Hoffmann-Daten" sieht, ist das mit dem Lernen aus Krisen eine spannende Sache für sich.:winke:
 
Zuletzt bearbeitet:
Tja, die Ökonomen haben schon versucht daraus zu lernen.
Nehmen wir mal einen der wichtigsten heraus: John Maynard Keynes.
Er sagte: Der Staat solle regulierend eingreifen um die Zyklen abzufedern,
bzw. in der Krise Schulden aufnehmen um zu investieren und in guten Zeiten die Schulden wieder abbauen.

Indem man sich dann mit den Thesen von Keynes Gegnern beschäftigt, die eher freie Märkte unterstützen, kommt man der Sache näher.

Geschichtlich gesehen hatten wir bis in die 1980iger Jahre viele Anhänger von Keynes in der BRD. Das drehte sich dann aber plötzlich und die Neoliberalen setzten sich durch.
Es ist inzwischen z.B. im allgemeinen Denken, dass Staatschulden was sehr schlimmes wären. Auch da könnten wir geschichtlich lernen und mal einen Herrn Heinrich Brüning anschauen. Er hat geglaubt mit sparen kommt man aus der Krise.
Das ging aber etwas in die Hose. :)
 
Lehrsätze bleiben so lange bestehen bis sie von der Realität überrollt werden.

Sollte so sein, ist aber nicht so. Die Ursachen sind dabei vielfältig. Teils ist es das ideologisch begründete Interesse eine Formulierung einer Mikro- oder Makro-Ökonomischen Theorie zu verwenden, die nicht so "neutral" ist, wie gerne suggeriert.

Economics of Good and Evil: The Quest for Economic Meaning from Gilgamesh to ... - Tomáš Sedláček - Google Books

Zudem werden Konstrukte zur Beschreibung der Märkte verwendet, die einer deutlichen Kritik hinsichtlich ihrer theoretischen Annahmen und der empirischen Evidenz unterliegen.

Zwei der wichtigsten Konstrukte für die Annahmen über die Märkte und die Handlungsweise der Marktteilnehmer sind:

Unsichtbare Hand ? Wikipedia

Homo oeconomicus ? Wikipedia

Im Rahmen von zeitreihenanalytischen Modellen bzw. der ökonometrischer Modelle wurde versucht, komplexe empirische Modelle (die auch auf obige Modellannahmen bzw. Konstrukte im Rahmen formalisierter Gleichungen zurückgreifen mußten) zu testen. Silesia verwies auf den Teilerfolg dieser Studien.

Zeitreihenanalyse ? Wikipedia

Ökonometrie ? Wikipedia

Eine umfassende, sehr aktuelle, formalisierte mathematische Diskussion unterschiedlicher Wachstums-Modelle befindet sich u.a. bei Acemoglu und zeigt den hohen (und nicht immer realistischen) Abstraktionsgrad der Annahmen über das Verhalten von Volkswirtschaften.

Introduction to Modern Economic Growth - Daron Acemoglu - Google Books

Tja, die Ökonomen haben schon versucht daraus zu lernen.

Das Problem ist nur, dass sie zu völlig unterschiedlichen Ergebnisse kommen. Dabei ist Keynes ja nur einer, der sich der Thematik angenommen hat.

Neoliberalismus, z.B.
Friedrich August von Hayek ? Wikipedia

Milton Friedman ? Wikipedia

Paul A. Samuelson ? Wikipedia

Daron Acemo?lu ? Wikipedia

Vor allem Stiglitz und Krugman stellen die Unvollkommenheit der Märkte (mangelhafte Information und die damit zusammenhängende Rationalität der Entscheidung) in das Zentrum ihrer Kritik, ohne die Bedeutung der freien Märkte als solche in Frage zu stellen.

Post-Neo- Keynes, z.B.
Joseph E. Stiglitz ? Wikipedia

Paul Krugman ? Wikipedia

Letzlich ist es nicht eine Frage der Wirtschaftstheorie, was sie lernen will aus bisherigen Krisen, sondern primär eine politische Beurteilung über die Rolle des Staates in diesem Prozess und somit fallen die Antworten immer unterschiedlich aus.

Und es ist, m.E. eine völlig offene und auch grundsätzliche Frage, in welchem Umfang politisch-ökonomische Entscheidungen durch historische Erfahrungen geprägt sein können.
 
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Und es ist, m.E. eine völlig offene und auch grundsätzliche Frage, in welchem Umfang politisch-ökonomische Entscheidungen durch historische Erfahrungen geprägt sein können.

Ganz richtig. Und diese Einflüsse in den verhaltensorientierten Ansätzen sind wenig bekannt, treten neben die grundsätzlich unvollkommene Information der Marktteilnehmer in unvollkommenen Märkte, Informationslage-Asymmetrien, usw. usf.

Schließlich ist es die Frage solcher historischen Lehren bzw. Annahmen über Marktmechanismen und Wirkungsketten (gerade die Ökonometrie ist eigentlich im Kern Wirtschaftsgeschichte, und versucht sich anhand von Vergangenheitsdaten an Krisenerklärungen), ob entsprechende Meinungen auch gehört werden.

Ohne sehr in die Tagespolitik abzugleiten, möchte ich da auf Rajan oder Roubini als Beispiele verweisen, deren Publikationen gerade guten Absatz finden. Das waren einige der Warner, als die Fed nach 9/11 und Dotcom-Krise die Geldmärkte mit Liquidität geradezu flutete.
 
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Recherchetipp: wenn ihr in der englischsprachigen Wiki "crisis of 1" in die Suchfunktion eingebt, bekommt ihr eine sehr schöne Liste von Finanzkrisen des zweiten Jahrtausends.

Ich glaub, das geht so einfach in der deutschen nicht?!
 
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