Was lief eigentlich bei der Saba-Exkursion des Augustus schief?

El Quijote

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Anlässlich der Feststellung, dass ein arabisches Wort für 'Gefängnis', nämlich siǧn von dem lateinischen Wort für Feldzeichen (signum) abstammt (Erläuterung bei Jannis Niehoff-Panagiotidis: Romania Graeco-Arabica: lat. signum > gr. σίγνον > arab. siǧn. In Lüdke, Jens: Romania Arabica. Festschrift Reinhold Kontzi, Tübingen 1996.) wird von Jannis Niehoff-Panagiotidis auf drei verschiedene Wege, wie das Wort ins Arabische eingegangen sein könnte, hingewiesen: Über das Koptische, über das Aramäische und Hebräische, wo für die Stadt Zenobia am Euphrat die Bezeichnung bēt siγnē nachgewiesen ist, bzw. als t sygnws in der Mishna (also 'das Haus der Feldzeichen'*, wobei t ein eindeutig semitisches Wort ist ('Haus')), zum anderen nimmt er als möglichen Überlieferungsweg einen Feldzug der Römer ins Ḥiǧāz, also ins westliche Saudi-Arabien an, mit dem Ziel das Rote Meer unter römische Kontrolle zu bringen.

Das Ziel jener römischen Exkursion 25 v. Chr. war es also das Rote Meer unter römische Kontrolle zu bringen, angeblich um einen Seeweg nach Indien zu sichern. Hierzu die Frage: war das Bāb al-Mandab auch damals beliebtes Gebiet der Piraten, ihr Handwerk zu betreiben? Musste man auf diese Weise auch die ägyptische Küste sichern?
Warum scheiterte die Unternehmung? War es nicht möglich die Soldaten von Ägypten aus zu versorgen?





*Das 'Haus der Feldzeichen' war nachweislich häufig eines der ersten festen Gebäude in einem Lager und wurde nicht nur für die Aufbewahrung der Feldzeichen sondern vor allem auch für die Inhaftierung benutzt. (Einzelbelege bei Niehoff-Panagiotidis) Als dann offenbar im Alltagssprachgebrauch der Begriff für Haus ausfiel (Man könnte sich vorstellen: „Steckt ihn zu den Feldzeichen“) begann der Prozess der semantischen Verschiebung (so ähnlich wie bei der Leber in den romanischen Sprachen, ob das Substantiv sich in den Einzelsprachen regelmäßig von dem Partizip-Adjektiv für feigengestopft und nicht vom lateinischen Leberbegriffals eigentlichem Hauptwort der Konstruktion ableitet).
Für Niehoff muss das Wort aber recht frühzeitig ins Arabische gekommen sein, da es bereits im Qur'ān in verbaler Ableitung vorkommt, was aufgrund der morphologischen Struktur der semitischen Sprachen, des Radikalsystems, eine völlige Eingliederung in den Wortschatz notwendig macht.
 
Zum Umfang des Schiffsverkehrs äußert sich Strabo in der Geographie II, 5, 12.

Bei XVI, 4, 22-24 erklärt er das Scheitern der Expedition mit mangelnden Geographischen Kenntnissen, fehlender Aufklärung, Schiffsunglücken und der Instrumentalisierung der Expedition durch den Nabatäischen Minister Syllaeus. Man sollte hier aber bedenken, dass Strabo und Aelius Gallus befreundet waren. Immerhin wurde Syllaeus später in Rom hingerichtet. Und eine Flotte wie die von Strabo beschrieben dürfte sich nicht vor Piraten fürchten müssen.

Bei XVII, 1, 53 betont er nochmals den Verrat des Syllaeus und nennt das unkriegerische Wesen der Araber als einen Erfolg der Expedition.

EDIT: Es muss natürlich 'das Wissen um das unkriegerische Wesen' heißen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ja, Strabo äußert sich ja auch dazu, wie wenig man vor der Expedition wusste.

Aber wenn es darum ging die nordarabischen Zwischenhändler für die Luxusgüter Südarabiens auszuschalten - Strabo redet ja von verhandeln oder unterwerfen - hatte man in diesem Punkt weniger Erfolg. Vielleicht wurde das aber mit der Erforschung des Seeweges durch das rote Meer und die Entdeckung seiner geringen Weite etwas ausgeglichen.

Strabo spricht davon, dass man immer noch nicht wisse, ob einige Güter nicht doch aus Indien kommen. Diese Information mag auch Ziel gewesen sein.

Es fällt natürlich auf, wie naiv Gallus dem Syllaeus vertraute. Die Nabatäer waren ja selbst Zwischenhändler der fraglichen Güter. Aber für solches blauäugiges Vertrauen gibt es ja auch andere Beispiele. In Zusammenhang der Clades Variana wird ja immer wieder darüber diskutiert, um ein Beispiel aus der Zeit des Augustus zu nennen.

Aufgrund des Strabo-Textes bezweifele ich eher, dass der Seeweg nach Indien unmittelbares Ziel der Expedition war, aber, wie gesagt, er war mit Aelius Gallus befreundet und ein Gewinn war das Wissen um die Route und die Kontrolle des Roten Meeres allemal.
 
Immerhin wurde Syllaeus später in Rom hingerichtet.
Bei Syllaios ist natürlich zu hinterfragen, inwieweit er nicht bloß als Sündenbock diente. Die ihm unterstellten Motive sind zwar plausibel, aber letztlich kaum erweislich - auch die Römer konnten wohl kaum mehr als darüber spekulieren. Hingerichtet wurde er - anders als von Strabon suggeriert - weniger wegen dieser Expedition direkt, sondern primär auf Betreiben des Herodes und seines Gehilfen, des Historikers Nikolaos von Damaskus.

Warum scheiterte die Unternehmung? War es nicht möglich die Soldaten von Ägypten aus zu versorgen?
Neben der schwierigen Versorgungslage wegen des Verlustes von Transportschiffen scheinen die Soldaten primär mit dem Klima und der Verpflegung vor Ort nicht zurecht gekommen zu sein. Über die schweren Krankheiten, die das Heer befielen, berichtet neben Strabon auch Cassius Dio. Cassius Dio nennt als Ursache für das Scheitern, dass die durch die Krankheiten geschwächten Römer den Feinden militärisch nicht mehr gewachsen gewesen seien. Strabon schreibt das zwar nicht so ausdrücklich, aber es dürfte aufs selbe hinauslaufen: Nachdem die Römer sechs Tage lang vergeblich in einer wasserarmen Gegend die Stadt Marsiaba bestürmt hatten, wird Gallus am Erfolg des Feldzugs verzweifelt haben und versucht haben, wenigstens noch den Rest des Heeres zu retten.
 
Leider sind wir auf die Quellen angewiesen. Wie prekär das sein kann zeigt schon Cäsar. Aber wenn die Irreführung nicht erlogen ist, war Syllaios der Täter. Wenn man aber von einer so weitgehenden Geschichtsfälschung ausgeht, dass die Irreführung erfunden ist, können wir über den Feldzug nichts sagen. Auch sein Stattfinden müsste angezweifelt werden, da Gallus als Statthalter abgesetzt wurde und Strabo seinem Freund vielleicht sowohl ein Denkmal setzen, als auch von der Verantwortung für die Ereignisse in Ägypten freisprechen wollte.

Allerdings kann vermutet werden, dass nicht alles auf das Konto von Syllaios ging. Auch die Römer werden ein Interesse am Niederhalten der Nachbarn der Nabatäer gehabt haben.

Es fällt auch auf, dass die Expedition ohne Aufklärung und ohne Rücksicht auf die Logistik unternommen wurde. Sie steht damit im Gegensatz zu anderen römischen Aktionen. Es sei denn, es wurde untertrieben, um das Ausmaß des Scheiterns zu kaschieren. Dann könnte in der Tat Syllaios Sündenbock dafür gewesen sein, dass sich die Römer verzettelten. Allerdings dürfte eine Irreführung dann immer noch Anlass hierfür gewesen sein.
 
War es nicht möglich die Soldaten von Ägypten aus zu versorgen?

Ein kurzer Gedanke zu dieser Frage:

Der Stellvertreter u. bald auch Nachfolger des Präfekten Aelius Gallus in Ägypten war Publius Petronius, welcher zwei Kriege gegen die aufmüpfigen Äthiopier zu führen hatte. Der erste Aufstand der Äthiopier kam relativ überraschend für die Römer, sodass sich Petronius' erster Zug in den Süden gegen die Äthiopier zeitlich mit der Arabien-Expedition des Gallus überschnitt. Diese Gleichzeitigkeit scheint alles andere als geplant gewesen zu sein. Vermutlich fehlten in der persönlichen Provinz des Augustus in dieser Situation einfach die Kapazitäten, um Gallus' Truppen mittels Nachschub und Proviantgütern weiter ausreichend unterstützen und versorgen zu können, denn Petronius war ja anderweitig beschäftigt und gebunden.

Die Gleichzeitigkeit ergibt sich übrigens aus:
Augustus: res gestae 26 („wurden etwa zur selben Zeit (eodem fere tempore) zwei Heere gegen Äthiopien und Arabien […] geführt“)
Strabon: geogr. 17, 1, 54 (820) (die Äthiopier seien in den Süden Ägyptens eingefallen, weil sie „übermütig geworden durch den Abzug eines Teils der Streitmacht in Ägypten, mit dem gegen die Araber Krieg führenden Aelius Gallus“)
und Strab.: geogr. 17, 1, 54 (821) („dem eben aus Kantabarien zurückkehrenden Kaiser“)
 
Zuletzt bearbeitet:
Ganz so erfolglos war der Feldzug langfristig dann doch nicht. Wie Speidel in diesem Artikel darlegt, kontrollierte man in Zukunft das Rote Meer und damit einen Seeweg nach Indien.

Unabhängig von der Restflotte, Transport- oder Kriegsschiffe, meine ich auch einen Hinweis gelesen zu haben, dass der massive Aufbau von Kapazitäten im Schiffsbau und die Logistik über die Landwege vom Mittelmeer in Ägypten (zum Roten Meer) wesentliche "Ergebnisse" dieses Feldzuges gewesen sein sollen. Die Logistik hat auch Riothamus angesprochen.

Das wäre gewissermaßen die Basis für die weitere Entwicklung, unabhängig vom Ausgang des Feldzuges. Müsste ich aber nachforschen, woher das stammt.
 
Leider sind wir auf die Quellen angewiesen. Wie prekär das sein kann zeigt schon Cäsar. Aber wenn die Irreführung nicht erlogen ist, war Syllaios der Täter. Wenn man aber von einer so weitgehenden Geschichtsfälschung ausgeht, dass die Irreführung erfunden ist, können wir über den Feldzug nichts sagen. Auch sein Stattfinden müsste angezweifelt werden, da Gallus als Statthalter abgesetzt wurde und Strabo seinem Freund vielleicht sowohl ein Denkmal setzen, als auch von der Verantwortung für die Ereignisse in Ägypten freisprechen wollte.
Man muss doch nicht gleich das Kind mit dem Bade ausschütten. Der Feldzug selbst ist ja gut belegt, außer durch Strabon auch durch Augustus selbst, durch Flavius Iosephus und Cassius Dio.

Aber gerade diese Quellen lassen mich an der überragenden Rolle von Syllaios zweifeln. Obwohl er laut Strabon für das Scheitern der Expedition verantwortlich gewesen sein soll, blieb er noch lange unangefochten. Nicht nur das: Er konnte es sich sogar erlauben, später noch persönlich nach Rom zum Kaiser zu reisen, um dort gegen Herodes zu agitieren. Seine Beschuldigungen gegen Herodes fanden bei Augustus zunächst sogar vollen Glauben. All das spricht doch nicht gerade dafür, dass man in Rom den Syllaios für einen Verräter und einen Feind hielt. Man könnte natürlich vermuten, dass seine Machenschaften erst später ans Licht gekommen seien. Aber als Herodes' Anwalt, der Historiker Nikolaos von Damaskus, in Rom vor Augustus die Verteidigung führte und Anschuldigungen gegen Syllaios erhob, erwähnte er überhaupt nicht dessen angebliche Rolle beim Scheitern der Saba-Expedition. Nikolaos konnte zwar den Herodes reinwaschen, aber Syllaios kam noch einmal davon. Später wurde Syllaios in Rom erneut verschiedener Verbrechen angeklagt (von Herodes' Sohn Antipatros und vom Nabatäerkönig Aretas), aber wieder nicht des Verrats an der Saba-Expedition.
Weder Flavius Iosephus noch Cassius Dio erwähnen überhaupt Syllaios' Verantwortung für den Fehlschlag. Offiziell scheint man in Rom in ihm also nie den Schuldigen gesehen zu haben. Eher scheint mir Strabon versucht zu haben, den Gallus zu entlasten, wenngleich er auch diesem diverse Fehler vorwirft, z. B. dass er Kriegsschiffe gebaut habe, obwohl überhaupt kein Seekrieg in Aussicht stand. Aber auch Strabon bringt nichts Handfestes gegen Syllaios vor, sondern beschränkt sich im Wesentlichen darauf, Syllaios habe bewusst die Römer gegen Nachbarstämme gelenkt, um sie so mit römischer Hilfe niederzuwerfen, und dann versucht, das römische Heer durch falsche Ratschläge und Irreführung zugrundegehen zu lassen. Zumindest der Vorsatz, also die Irreführungs- und Schädigungsabsicht, ist wohl kaum nachzuweisen. Übrigens gibt sogar Strabon selbst zu, dass seine Vorwürfe nur Vermutungen sind. Weiters berichtet Strabon zwar, Syllaios sei verurteilt und hingerichtet worden, aber das fand, wie ich oben dargestellt habe, erst etliche Jahre später statt, und auch Strabon behauptet gar nicht, er sei nur oder primär wegen der Saba-Expedition hingerichtet worden, sondern nur unter anderem neben weiterer Verbrechen.
Somit hat man dem Syllaios also nach dem Scheitern der Saba-Expedition in Rom offenbar jahrelang keinen Vorwurf deswegen gemacht. Nicht einmal Syllaios' Erzfeind Herodes machte ihm diesen Vorwurf. Der Vorwurf scheint, wenn überhaupt, erst ganz zum Schluss, als Syllaios auch wegen anderer Vorwürfe verurteilt wurde, erhoben worden zu sein, was dann aber natürlich die Vermutung nahelegt, dass die Römer, wenn sie ihn ohnehin schon verurteilten, ihm auch gleich noch das Scheitern der Saba-Expedition anlasten wollten.

Ich bezweifle ja gar nicht, dass Syllaios den Römern wirklich als Wegweiser diente, aber seine Schädigungsabsicht halte ich für nicht erweislich, außerdem scheint nur Strabon in ihm den Hauptverantwortlichen für das Scheitern gesehen zu haben. Die sonstigen Schwierigkeiten wie dass die Römer nicht mit dem Klima und der Verpflegung klarkamen und dass sie krank wurden, kann man nicht ernsthaft dem Syllaios anlasten. Was nun den Weg betrifft, so wird es kaum möglich gewesen sein zu klären, inwieweit sich Gallus dabei wirklich fix an Syllaios orientiert hat oder nicht doch auch eigene Entscheidungen traf. Hinterher behaupten, er habe blind auf Syllaios' Ratschläge vertraut, ist leicht.

Es fällt auch auf, dass die Expedition ohne Aufklärung und ohne Rücksicht auf die Logistik unternommen wurde.
Laut Strabon ersetzte Syllaios ja gewissermaßen die Aufklärung. Dann müsste man aber, sofern Strabons Vorwürfe stimmen sollten, Gallus zumindest den Vorwurf machen, dass er sich auf einen fremden Ratgeber verließ. Die Probleme mit der Versorgung fallen ohnehin primär in seine Verantwortung.
 
Ja, da habe ich bei den Konsequenzen etwas übertrieben.

Vielleicht hatten die Römer auch einfach die Entfernung unterschätzt, und Syllaios hat nur keine Schritte unternommen, dies aufzuklären. Denn das Verhalten in der Nähe des Nabatäischen Machtbereichs entsprach ja durchaus der Römischen Strategie, Verbündete über weiter entfernte Völker herrschen zu lassen.
 
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